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Philosophische Anmerkungen.

Zu Locke

 

Locke, Vol. I (Lond. 12th edition) p. 120 giebt den Unterschied zwischen Mensch und Thier vollkommen richtig an. Vergleiche Leibnitz essay sur l'entendement p. 99.

p. 133, 134, vortreffliche Stelle gegen den Begriff Substanz.

p. 185. Richtige Erklärung von Gut und Böse. Aber vergl. p. 325, §. 5.

p. 345 seq. zu vergleichen mit p. 97 seq. Seine Eintheilung in primary und secondary qualities, von denen ersteren allein wir adäquate Ideen haben, da sie das Seyn, hingegen die anderen nur das Wirken der Dinge enthalten, obwohl diese Eintheilung falsch und schlecht gemacht ist, entspricht doch gewissermaßen der Einteilung Kant's in reine und empirische Erkenntniß.

p. 356 sagt er sehr richtig, daß allein Urtheile falsch oder wahr sind.

Vol. II.

p. 12, §. 11 nebst Anmerkung ist vielleicht das letzte ernstliche Scharmützel, so zwischen Realisten und Nominalisten vorgefallen. Auch alles folgende, besonders das Kapitel on the Names of substances enthält lebhafte Vertheidigung des Nominalismus, ebenso das 6te Kapitel des 4ten Buches » universal propositions«.

p. 168 (Lib. 4, c. 3, §. 6). Das hier Gesagte scheint Kant's Antinomien veranlaßt zu haben: wenigstens enthält es das Wesentliche derselben.

p. 186 (Lib. 4, c. 4, §. 4). Dies scheint mir die Stelle, wo Hume's Skepticism sich an Locke's empirischen Dogmatism anknüpft: denn hier wird die Realität der Außenwelt nach dem Satz vom Grunde bewiesen. – Cap. 6, on universal propositions mag Kant veranlaßt haben zu seiner Untersuchung über analytische und synthetische Urtheile. Ebenfalls Cap. 8.

p. 276. There is much more falsehood & error among men, than truth & knowledge.

p. 338 Lib. 4, cap. 20, §. 18). Vortreffliche wahre Stelle über die Jämmerlichkeit der Verfechter von Lehren und Meinungen: daß diese nämlich meistens nie ernstlich an die Frage gedacht haben, über die sie Zeit Lebens streiten, geschweige wirklich die Meinung haben, die sie vertheidigen: sondern bloß Interesse und Gewöhnung macht, daß sie dieser oder jener Partei angehören und schreien. –

 

Joh. Lockius, de Intellectu humano. Lond. 1701.

Lib. I, cap. 2, § 9. Ratio (si modo fides hisce hominibus habenda sit) nihil aliud est, quam facultas veritates incognitas a principiis sive propositionibus cognitis inferendi.

Lib. II, cap. 21, §§. 22, 23, 24 L[ockius], cum de libertate disputat, infert se nullum ens imaginari nec concipere posse, quod omnino non velit; homini quidem liberum esse hoc vel illud velle, non autem proinde omnino non velle: quibus omnibus manifestat hominis & cujusvis entis intelligentis essentiam ipsam in volitione esse positam; licet Lockius ipse hoc non perspexit.

Lib. III, cap. 8, §. 1. Quum dicimus homo est rationalis, sensus est, hominem habere rationalitatis essentiam, sive potentiam ratiocinandi.

 

Ueber Locke.

Seine Hauptfehler sind:

1) Daß er nach dem Gesetz der Kausalität auf Gegenstände der Einwirkung auf uns schließt, ohne vorher den Ursprung unsrer Kenntniß jenes Gesetzes nachzuweisen; diesen zwar nachher in die Erfahrung setzt; aber eben dadurch die Erfahrung aus der Kausalität und diese aus jener erklärt.

2) Daß er sekundäre und primäre Eigenschaften unterscheidet, ohne den Grund dieser Unterscheidung anzugeben (die primären sind die transscendentalen Eigenschaften der Scholastiker), dann die sekundären erklärt für abgeleitet aus den primären, jene dem Dinge an sich abspricht, diese aber ihm zuschreibt (welches am besten zu sehn Buch 2, Chap. 31, §. 2), ohne irgend hiezu eine Berechtigung zu zeigen, noch anzugeben warum nicht etwan umgekehrt jene die primären und diese die sekundären Eigenschaften wären, oder wodurch denn eigentlich die primären berechtigen, sie für objektiv zu halten.

3) Seine Theorie des Erkennens, welches bestehn soll im Gewahren des Zusammenpassens zweier Ideen; und des Beweisens, welches geschieht, indem zwei Ideen nicht unmittelbar verglichen werden können, ob sie zusammenpassen; dann andre Zwischen-Ideen, die an einander passen und deren Extremitäten mit jenen beiden zusammenpassen, gefunden werden – zeigt, daß er durchaus nichts sich anders als durch mechanisches Wirken und Berühren denken kann, und daher auf dieses hier das Erkennen, wie dort die sekundären Qualitäten zurückführen will.

Gegen Kant gehalten ist Locke seicht, nüchtern und unbesonnen.


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