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Trostschrift an Marcia

1. Wenn ich nicht wüßte, Marcia, daß du von der Schwäche eines weibischen Gemütes ebensoweit entfernt bist, als von übrigen Fehlern, und daß man in deinem Charakter gleichsam ein Musterbild alter Zeit erblickt, so würde ich es nicht wagen, deinem Schmerze entgegen zu treten, dem selbst Männer gern nachhängen, und ich würde nie die Hoffnung gefaßt haben, es bei so ungünstiger Zeit, vor einem so feindseligen Richter und bei einer so schweren Beschuldigung bewirken zu können, daß du dein Geschick von der Anklage frei sprächest. Vertrauen gab mir deine schon bewährte Seelenstärke und deine schwer erprobte moralische Größe. Es ist ja allgemein bekannt, wie du dich gegen deinen Vater verhalten hast, den du nicht weniger als deine Kinder geliebt, ausgenommen, daß du nicht wünschtest, er möchte sie überleben; aber ich weiß nicht, ob du nicht sogar das gewünscht hast. Große kindliche Liebe kann wohl auch einmal das zulässige Maß überschreiten. Du hast, so viel du konntest, den Tod des Aulus Cremutius Cordus, deines Vaters, zu verhindern gesucht. Als es dir jedoch klar geworden war, daß ihm, umgeben von den Schergen des Sejanus, nur der eine Weg offen stehe, der Knechtschaft zu entfliehen, hast du seinen Vorsatz, sich selbst zu töten, freilich nicht begünstigt, aber doch besiegt ihm die Hand gereicht und deine Tränen fließen lassen; öffentlich hast du zwar deine Seufzer zurückgedrängt, jedoch nicht durch eine heitere Stirn verhehlt, und das in einer Zeit, wo es schon für große kindliche Liebe galt, nichts geradezu Liebloses zu tun. Sobald aber die veränderten Zeiten nur einige Gelegenheit darboten, hast du den Geist deines Vaters – er eigentlich sollte vernichtet werden – der Menschheit zurückgegeben und ihn vom wahren Tode gerettet, indem du die Bücher, die jener mutige Mann mit seinem Blute geschrieben hatte, als ein geschichtliches Denkmal des Staates wieder herausgegeben hast. Du hast dich dadurch um die römische Literatur aufs höchste verdient gemacht; denn ein großer Teil derselben hatte schon gebrannt; aufs höchste um die Nachwelt, auf welche eine unverfälschte und treue Darstellung der Geschichte kommen wird, die ihrem Verfasser so hoch angerechnet worden ist; aufs höchste um ihn selbst, dessen Andenken lebt und leben wird, so lange es noch einen Wert haben wird, die römische Geschichte kennen zu lernen, so lange es noch jemanden geben wird, der zu den Taten der Vorfahren zurückzukehren, der zu wissen wünscht, was ein römischer Mann sei, was, nachdem die Nacken aller gebeugt und unter das Sejanische Joch geschmiegt waren, ein unbezwungener Mann, frei im Denken, im Wollen und im Handeln. Wahrlich, einen großen Verlust hätte der Staat erlitten, wenn du ihn, der seines Freimuts wegen in die Vergessenheit verstoßen war, nicht von da herausgezogen hättest. Jetzt wird er gelesen, steht in Ansehen; in die Hände, in die Herzen der Menschen ausgenommen, wird er nie veralten. Was dagegen jene Henker betrifft, so wird man selbst von ihren Verbrechen, dem einzigen, wodurch sie im Andenken zu bleiben verdienten, sehr bald nicht mehr sprechen. Diese Größe deines Geistes verbot mir, auf dein Geschlecht Rücksicht zu nehmen und auf deine Gesichtszüge, worin die ununterbrochene Traurigkeit so vieler Jahre eingeprägt ist. Auch siehe, wie ich mich nicht etwa bei dir einschmeicheln will, noch dein Gemüt zu täuschen gedenke. Ein Unglück früherer Zeit habe ich dir ins Gedächtnis zurückgerufen, und willst du wissen, wie auch dieser Schlag, der Verlust deines Sohnes, geheilt werden kann? Ich zeigte dir die Narbe einer ebenso großen Wunde. Mögen daher andere immerhin gelind und einschmeichelnd verfahren; ich habe beschlossen, mit deiner Traurigkeit einen Kampf zu beginnen, und ich will den ermüdeten und erschöpften Augen, die, wenn du die Wahrheit hören willst, schon mehr aus Gewohnheit, als aus wirklichem Schmerze die Tränen fließen lassen, Einhalt tun, womöglich so, daß du selbst dich mit den angewendeten Heilmitteln befreundest, wo nicht, selbst gegen deinen Willen. Halte immerhin deinen Schmerz fest, der dir an deines Sohnes Stelle fortleben soll. Denn wann wird er ein Ende nehmen? Alles ist vergebens versucht worden; ermüdet ist der Zuspruch der Freunde, der Rat großer und dir verwandter Männer; die Studien, ein vom Vater angeerbtes Gut, gehen mit vergeblichem und kaum für die kurze Zeit der Beschäftigung mit ihnen wirkendem Troste an tauben Ohren vorüber. Selbst das natürliche Heilmittel der Zeit, das selbst den größten Kummer zu beschwichtigen pflegt, hat an dir seine Kraft verloren. Schon ist das dritte Jahr verstrichen, ohne daß inzwischen die Heftigkeit des Schmerzes etwas nachgelassen hat; er erneuert sich und stärkt täglich die Trauer, er hat sich durch die Länge der Zeit bereits ein Recht erworben und ist schon so weit gediehen, daß er es für schimpflich hält, dich zu verlassen. Wie alle Fehler sich tief im Innern festsetzen, wenn sie nicht im Entstehen unterdrückt worden sind, so nährt sich auch diese Traurigkeit, dieses Elend, dieses Wüten gegen sich selbst zuletzt durch seine Bitterkeit selbst, und der Schmerz wird für das unglückselige Gemüt eine verkehrte Lust. Deshalb hätte ich gewünscht, gleich in der ersten Zeit zu dieser Heilung schreiten zu können; mit leichteren Mitteln hätte die noch im Entstehen begriffene Gewalt beschränkt werden können; mit größerer Kraft muß man gegen ein veraltetes Übel kämpfen. Denn auch die Heilung von Wunden ist leicht, wenn sie noch frisch vom Blute sind; da kann man brennen, die Sonde einführen und verbinden; sind sie aber vernachlässigt und vereitert, so werden sie schwerer geheilt. Jetzt kann ich einem so unbeugsamen Schmerze nicht mehr mit Nachgiebigkeit und Gelindigkeit beikommen; er muß gebrochen werden.

2. Ich weiß, daß alle, die ermahnen wollen, mit Lehren anfangen und mit Beispielen aufhören. Bisweilen aber ist es geraten, diesen Gebrauch zu ändern; denn mit dem einen muß man anders verfahren als mit dem andern. Manche lassen sich durch Vernunftgründe leiten; manchen muß man berühmte Namen entgegenhalten und ein Ansehen, das den dadurch geblendeten Geist nicht sich selbst überläßt. Zwei der größten Muster sowohl deines Geschlechts als deiner Zeit will ich dir vor Augen stellen, das eine einer Frau, die sich dem Zuge ihres Schmerzes hingab, das andere einer solchen, die, von gleichem Unfall und noch größerem Schaden betroffen, dennoch dem Unglück keine lange Herrschaft über sich gestattete, sondern ihr Gemüt schnell wieder in seine Ruhe zurückversetzte. Oktavia und Livia, jene die Schwester, diese die Gemahlin des Augustus, verloren beide im Jünglingsalter stehende Söhne, beide in der sichern Hoffnung, daß sie einst Herrscher sein würden; Octavia den Marcellus, auf dessen Schultern sich der Oheim und Schwiegervater zu stützen, dem er die Last der Regierung aufzulegen begonnen hatte, einen Jüngling feurigen Geistes und gewaltigen Talentes und von einer bei solchem Alter und bei solchen Mitteln nicht wenig zu bewundernden Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung, Anstrengungen gewachsen, den Wollüsten abhold und bereit, alles zu tragen, was der Oheim ihm auflegen und, mich so auszudrücken, auf ihn bauen wollte. Er hatte sehr gut einen Grund gewählt, der keiner Last nachgeben würde. Die ganze Zeit ihres Lebens hindurch machte sie ihren Tränen, ihren Seufzern kein Ende, und lieh keinen Worten ihr Ohr, die etwas Heilendes brachten. Nicht einmal für kurze Zeit ließ sie sich davon abbringen; nur auf den einen Gegenstand achtend und mit ganzer Seele daran gefesselt, blieb sie ihr ganzes Leben lang so, wie sie beim Begräbnis gewesen war, und geschweige, daß sie gewagt hätte, sich zu erheben, verschmähte sie es auch, sich aufrichten zu lassen, und hielt es für ein zweites Verwaistsein, sich der Tränen zu enthalten. Kein Bild des teuern Sohnes wollte sie besitzen, nie desselben Erwähnung getan hören. Sie haßte alle Mütter und war besonders auf die Livia wütend, weil das ihr verheißene Glück auf deren Sohn übergegangen zu sein schien. Ihr Leben in Dunkel und Einsamkeit verbringend und selbst ihrem Bruder keinen Blick schenkend, verschmähte sie die zur Feier von Marcellus Andenken verfaßten Gedichte und andere Ehrenbezeugungen der Zuneigung und verschloß ihre Ohren jedem Troste. Sie zog sich zurück von den herkömmlichen Beileidsbezeugungen, und selbst das die Größe ihres Bruders allzusehr umglänzende Glück hassend, vergrub und verbarg sie sich. Von Kindern und Enkeln umgeben, legte sie doch das Trauerkleid nie ab, eigentlich eine Beleidigung für alle die Ihrigen, bei deren blühendem Leben sie sich doch verwaist vorkam.

3. Livia hatte ihren Sohn Drusus verloren, der ein großer Fürst zu werden versprach und bereits ein großer Feldherr war. Er war tief in Germanien eingedrungen, und die Römer hatten unter ihm ihre Fahnen da aufgepflanzt, wo man von Römern kaum etwas wußte. Auf dem Feldzuge war er als Sieger gestorben, indem die Feinde selbst ihm in seiner Krankheit Verehrung und Friedfertigkeit bewiesen und nicht zu wünschen wagten, was doch ihr Vorteil war. Sein Tod, den er für den Staat erlitten hatte, erregte das größte Bedauern der Bürger, der Provinzen und ganz Italiens; alle Munizipien und Kolonien strömten zu dem Trauerdienste herbei, und machten die Überführung seiner Leiche in die Stadt zu einem Triumphzug. Der Mutter war es nicht vergönnt gewesen, die letzten Küsse des Sohnes und die lieben Worte des sterbenden Mundes aufzufangen. Eine weite Strecke hatte sie die irdischen Überreste ihres Sohnes begleitet, aber, obgleich durch so viele in ganz Italien brennende Scheiterhaufen so aufgeregt, als müßte sie ihn ebenso oft verlieren, begrub sie doch, sobald sie ihn in den Grabhügel versenkte, mit ihm zugleich auch ihren Schmerz und trauerte nicht mehr, als es sich geziemte beim Tode eines kaiserlichen Prinzen und für eine Mutter. Sie hörte nicht auf, den Namen ihres Drusus zu feiern, sich ihn überall zu Hause und öffentlich zu vergegenwärtigen, sehr gern von ihm zu sprechen und von ihm sprechen zu hören, während das Andenken an den andern niemand bewahren oder erneuern konnte, ohne die Octavia zu betrüben.

Wähle also, welches von diesen beiden Beispielen du für lobenswerter halten willst: willst du dem ersteren folgen, so schließest du dich aus der Zahl der Lebenden aus; du wirst sowohl gegen andere Kinder, als gegen deine eigenen Abneigung fühlen und, dich bloß nach ihm sehnend, allen Müttern als eine Erscheinung von trauriger Vorbedeutung entgegentreten. Ehrbare und erlaubte Freuden wirst du, als unvereinbar mit deinem Geschick, zurückweisen, von einem dir verhaßten Leben wirst du festgehalten werden, erbittert gegen dein Alter, daß es dich nicht jählings vernichte und ein Ende mache, und, was deiner von einer bessern Seite bekannten Gesinnung ganz und gar widerspricht, du wirst zeigen, daß du nicht leben magst und doch nicht sterben kannst. Hältst du dich dagegen an das Beispiel jener andern großen Frau, so wirst du in deinem Kummer gemäßigter und milder sein und dich nicht in Qualen abhärmen. Denn welch ein Unsinn ist es, sich selbst für sein Unglück zu strafen und seine Leiden zu vermehren! Du wirst die Tüchtigkeit und Ehrbarkeit des Charakters, die du in deinem ganzen Leben behauptet hast, auch in diesem Falle bewähren. Selbst bei der Trauer über jenen Jüngling gibt es ein gewisses Maß; indem du immer von ihm redest, immer an ihn denkst, wird er dir die würdigste Ruhe verschaffen. Du wirst ihm eine höhere Stelle anweisen, wenn er seiner Mutter so, wie er es im Leben tat, heiter und mit Freude entgegentritt.

4. Und ich will nicht noch härtere Forderungen an dich stellen, indem ich dich Menschliches auf übermenschliche Weise ertragen, am Begräbnistage selbst die Augen der Mutter trocken bleiben hieße; ich will dir selbst die Entscheidung überlassen: das sei die Frage unter uns, ob der Schmerz groß oder unaufhörlich sein soll. Ich zweifle nicht, daß dir das Beispiel der Kaiserin Livia, die du als vertraute Freundin verehrt hast, besser gefallen wird. Diese lieh in der ersten Aufwallung, wo alle Trübsal am unerträglichsten und heftigsten ist, dem Areus, dem Philosophen ihres Gatten, ihr Ohr und gestand, daß ihr dies sehr geholfen habe, mehr als der Gedanke an das römische Volk, das sie durch ihre Traurigkeit nicht verstimmen wollte; mehr als Augustus, der, nachdem ihm diese eine Stütze entzogen war, wankte und durch die Trauer der Seinen nicht noch mehr gebeugt werden durfte; mehr als ihr Sohn Tiberius, dessen kindliche Liebe bewirkte, daß sie bei jenem bittern und von den Völkern beweinten Todesfalle nur das eine empfand: daß die Zahl ihrer Söhne nicht mehr voll sei. Dies war, wie ich glaube, der Eingang, dies der Anfang seiner Rede an jene Frau, welche die sorgfältigste Hüterin der guten Meinung war, in der sie stand: »Bis auf diesen Tag, Livia, hast du dir (wenigstens so viel ich, der beständige Begleiter deines Gemahls, weiß, dem nicht bloß bekannt ist, was vors Publikum gebracht wird, sondern auch alle geheimeren Regungen eurer Herzen) stets Mühe gegeben, daß sich nichts an dir fände, was jemand tadeln könnte. Und nicht nur bei wichtigeren Dingen, sondern auch bei den geringfügigsten hast du darauf geachtet, daß du nie etwas tatest, wovon du hättest wünschen müssen, daß der Ruf, der freimütigste Beurteiler der Großen, es dir verzeihe. Und ich glaube, daß es nichts Schöneres gibt, als wenn die auf die höchste Höhe des Lebens Gestellten vielen Dingen Verzeihung schenken, für keines sie begehren. Daher mußt du auch in diesem Falle deine Sitte beibehalten und dir nichts erlauben, wovon du wünschen müßtest, daß es gar nicht oder anders geschehen wäre.«

5. »Sodann bitte und beschwöre ich dich, daß du dich gegen die Freunde nicht unzugänglich und ungefügig zeigst. Denn es kann dir nicht entgehen, daß diese alle nicht wissen, wie sie sich benehmen sollen, ob sie in deiner Gegenwart vom Drusus sprechen sollen oder nicht, damit nicht das Vergessen des herrlichen Jünglings eine Unbill gegen ihn, seine Erwähnung aber gegen dich sei. Wenn wir uns zurückgezogen haben und beisammen sind, feiern wir seine Taten und seine Worte mit der Bewunderung, die sie verdienen; in deiner Gegenwart beobachten wir ein tiefes Stillschweigen über ihn. So entbehrst du das größte Vergnügen, das Lob deines Sohnes, das du doch ohne Zweifel selbst mit Aufopferung deines Lebens, wenn es dir möglich wäre, auf alle Zeiten verlängern möchtest. Daher verstatte, ja veranlasse solche Gespräche, in welchen von ihm erzählt wird, und leihe dem Namen und dem Gedächtnisse deines Sohnes offene Ohren, und halte dies nicht für schwer nach der Sitte derer, die bei einem solchen Unfälle es für einen Teil des Unglücks halten, Trostworte zu hören. Jetzt hast du dich ganz der einen Seite zugewendet, und das Gute vergessend, siehst du nur das Schlimme. Du denkst nicht an den früheren Umgang mit deinem Sohne und an sein erfreuliches Begegnen, nicht an seine kindlichen und süßen Schmeichelworte, nicht an seine Fortschritte in Kenntnissen, du hältst nur jene letzte Gestaltung der Dinge fest; auf sie häufst du, als wäre sie nicht schon an sich schrecklich genug, alles, was du nur kannst. Trachte doch nicht, ich beschwöre dich, nach dem ganz verkehrten Ruhme, für die Unglücklichste gehalten zu werden. Zugleich bedenke, daß es durchaus nichts Großes ist, sich in günstigen Verhältnissen stark zu zeigen, wenn das Leben in glücklicher Fahrt verläuft; auch die Kunst des Steuermanns zeigt sich nicht bei ruhiger See und günstigem Winde; etwas Widerwärtiges muß eintreten, das den Mut bewähre. Daher laß dich nicht werfen, nein, im Gegenteil stelle dich festen Fußes hin, und welche Last auch über dich herfällt, trage sie, wenn auch durch den ersten Lärm erschreckt. Nichts macht ein schlimmes Geschick erträglicher, als Gleichmut.« Hierauf verweist er sie auf den noch lebenden Sohn und die vom Verlorenen gezeugten Enkel.

6. Auch deine Sache, Marcia, ist damals verhandelt worden, an deiner Seite hat Areus gesessen; verändere die Person, und er hat dich getröstet. Doch glaube immer, es sei dir mehr entrissen worden, als je eine Mutter verloren hat (ich schone dich nicht, ich verkleinere dein Unglück nicht): wenn das Geschick durch Tränen besiegt wird, so laß sie uns vereinigen, der ganze Tag gehe unter Trauerklagen dahin, auch die ohne Schlaf verrinnende Nacht möge die Trauer ausfüllen; laß uns die Brust zerschlagen und das Antlitz zermartern, und in jeder Art der Grausamkeit versuche sich die Traurigkeit, wenn sie nur etwas dadurch erreicht. Wenn aber die Gestorbenen durch kein Zerschlagen der Brust zurückgerufen werden, wenn das unbewegliche und in Ewigkeit feststehende Geschick durch kein Jammern geändert wird und der Tod alles, was er dahingerafft hat, zurückzugeben sich weigert, so höre der Schmerz auf, der ja doch vergeblich ist. Wir wollen uns beherrschen, und jene Gewalt soll uns nicht querfeldein mit sich fortreißen. Das ist ein schmählicher Lenker eines Schiffes, dem die Fluten das Steuer entreißen, der die flatternden Segel verläßt und das Fahrzeug dem Wind und Wetter preisgibt; der aber ist selbst beim Schiffbruch zu preisen, den das Meer begräbt, während er das Steuerruder festhält und sich gegen die Wogen stemmt.

7. »Aber die Sehnsucht nach den Seinigen ist doch etwas ganz Natürliches.« Wer leugnet es, solange sie nicht übermäßig ist? Denn schon ein Weggang, nicht bloß der Verlust der uns Teuersten tut notwendig weh und preßt auch die festesten Herzen zusammen. Allein, was die Einbildung hinzufügt, ist mehr, als was die Natur geboten hat. Siehe, wie heftig bei den unvernünftigen Tieren die Sehnsucht nach ihren Verlorenen ist, und dennoch wie kurz! Man hört das Gebrüll der Kühe einen und noch einen zweiten Tag lang, und nicht länger dauert auch das unsinnige Hin- und Herlaufen der Stuten. Das Wild, wenn es die Spur der Jungen verfolgt und die Wälder durchirrt hat, wenn es mehrmals zu der ausgeraubten Lagerstätte zurückgekehrt ist, stillt dennoch seine Wut in kurzer Zeit. Die Vögel umflattern ihre ausgeleerten Nester mit großem Geschrei; jedoch in einem Augenblick beruhigt, beginnen sie wieder ihre gewöhnlichen Ausflüge. Bei keinem lebenden Geschöpfe ist die Sehnsucht nach den verlorenen Jungen von so langer Dauer als bei dem Menschen, der seinem Schmerze nachhängt und nicht bloß in dem Maße davon ergriffen wird, als er ihn wirklich fühlt, sondern als er ihn zu fühlen sich vorgenommen hat. Um dich aber zu überzeugen, daß es nicht naturgemäß sei, sich durch Trauer niederschlagen zu lassen, so beachte, daß derselbe Verlust mehr die Frauen als die Männer, mehr Barbaren als Leute einer gesitteten und gebildeten Nation, Ungebildete mehr als Gebildete verwundet. Und so behauptet denn das, was seine Kraft von der Natur empfangen hat, dieselbe auch in allen Fällen. Es ist offenbar, daß nicht naturgemäß ist, was sich öfters ändert. Das Feuer wird jedes Lebensalter, Bürger jeder Stadt, sowohl Männer als Weiber, gleichmäßig brennen; das Eisen wird an jedem Körper seine Kraft zu zerschneiden bewähren; weshalb? weil ihm seine Kräfte von der Natur verliehen sind, die keine Rücksicht auf Personen nimmt. Armut aber, Trauerfälle, Ehrgeiz empfindet der eine so, der andere anders, je nachdem die Gewohnheit ihn damit vertraut gemacht hat, und das schreckende Vorurteil in bezug auf Dinge, die nicht zu fürchten sind, macht ihn schwach und unfähig zum Ertragen.

8. Sodann nimmt, was natürlich ist, mit der Zeit nicht ab; den Schmerz aber verzehrt die lange Zeit. Mag er noch so hartnäckig sein, sich täglich neu erheben und gegen die Heilmittel aufbrausen, dennoch entnervt ihn die Zeit, das wirksamste Mittel, den Trotz zu bändigen. Zwar hält bei dir, o Marcia, auch jetzt noch die heftige Trauer an und scheint gleichsam schon eine harte Haut bekommen zu haben, zwar nicht so aufgeregt, wie sie bei jener, der Oktavia, war, aber doch hartnäckig und eigensinnig; und dennoch wird auch sie die Zeit nach und nach dir abnehmen. So oft du etwas anderes tust, wird sich dein Gemüt erholen: jetzt beschäftigst du dich bloß mit dir selbst, hängst bloß deinem Schmerze nach. Es ist aber ein großer Unterschied, ob du dir zu trauern erlaubst oder gebietest. Um wieviel mehr aber geziemt es der Schönheit deines Charakters, ein Ende zu machen, als es abzuwarten und nicht auf den Tag zu harren, wo der Schmerz wider deinen Willen aufhört. Entsage ihm selbst.

9. »Woher also rührt bei uns die große Hartnäckigkeit in dem Beklagen unseres Zustandes, wenn es nicht auf Geheiß der Natur geschieht?« Daher, weil wir uns kein Übel vorstellen, ehe es eintritt; als ob wir selbst sicher und ruhiger als andere unsre Straße gingen, lassen wir uns durch fremde Unfälle nicht daran erinnern, daß sie eben so gut auch uns treffen können. So viele Leichenzüge gehen an unserem Hause vorüber, und wir denken doch nicht an den Tod; es ereignen sich so viele herbe Todesfälle, und wir beschäftigen uns in Gedanken mit der Toga unserer Kinder D. h. denken an die Zeit, wo unsere Söhne aus dem Knabenalter heraustreten und die Erlaubnis erhalten werden, die Toga (ein schlichtes, weißwollenes Oberkleid ohne Ärmel und Knöpfe, das mantelartig über den Körper geworfen wurde, so daß der rechte Arm frei heraushing) anzulegen, was gewöhnlich im siebzehnten Jahre geschah., mit ihrem Kriegsdienste und mit ihrem Antritt der väterlichen Erbschaft; so vieler Reichen plötzliche Verarmung fällt uns in die Augen, und doch kommt es uns nie in den Sinn, daß auch unser Vermögen auf eben so unsicherem Boden steht. Notwendig müssen wir daher um so mehr zusammenstürzen, wenn wir gleichsam unvermutet einen Schlag bekommen. Was man lange vorher in Gedanken durchlaufen hat, überfällt einen nicht so plötzlich. Willst du dich überzeugen, daß du allen Schlägen des Schicksals ausgesetzt dastehst, und daß die Geschosse, welche andere getroffen haben, auch dich umrauscht haben? Als ob du dich unbewaffnet einer Mauer oder einem von vielen Feinden besetzten und schwer zu ersteigenden Orte nähertest, erwarte eine Wunde und denke dir alle von oben herabfliegenden Steine, Pfeile und Wurfspieße als gegen deinen Körper geschleudert. So oft sie dir zur Seite oder hinter deinem Rücken niederfallen, so rufe aus: »Du täuschest mich nicht, Schicksal, und wirst mich nicht als sorglos oder unachtsam überraschen; ich weiß, was du im Schilde führst; einen andern zwar hast du getroffen, aber auf mich es abgesehen«. Wer hat je seine Habe angeblickt, als ob er sterben werde? wer von euch hat je an Verbannung, an Armut, an Todesfälle zu denken gewagt? wer, der daran erinnert wird, weist es nicht wie eine gräßliche Vorbedeutung von sich ab und heißt es auf das Haupt seiner Feinde oder des lässigen Mahners selbst übergehen? »Ich habe nie geglaubt, daß es geschehen werde.« Wie? du glaubst nicht, daß es geschehen werde, da du doch weißt, daß es bei vielen geschehen kann, und siehst, daß es schon vielen begegnet ist? höre einen herrlichen und eines Verfassers wie Publius würdigen Vers: »Was einem begegnet, kann jedermann begegnen«. Jener hat Kinder verloren: auch du kannst sie verlieren. Jener ist verurteilt worden: auch deiner Unschuld droht ein Schlag. Der Schrecken täuscht uns, er verweichlicht uns, wenn wir etwas erleiden, wovon wir nie ahnten, daß wir es erleiden könnten. Wer aber in die Zukunft hinausschaut, der entzieht dem Übel, wenn es da ist, seine Kraft.

10. Was auch, Marcia, uns von außen zufällt, Kinder, Ehrenstellen, Reichtümer, geräumige Paläste und von Klienten wimmelnde Vorhöfe, eine berühmte, vornehme oder schöne Gattin und was sonst vom unsichern und veränderlichen Glück abhängt, alles das ist fremder und uns nur geliehener Prunk. Nichts davon wird uns als Geschenk gegeben; nur wie mit zusammengeliehenem und zu seinem Eigentümer wieder zurückkehrendem Gerät wird die Bühne des Lebens geschmückt. Das eine davon wird am ersten, das andere am zweiten Tage wieder fortgetragen werden, nur wenig bleibt uns bis zum Ende. Daher haben wir keine Ursache, uns zu brüsten, als säßen wir in unserem Eigentum; wir haben es bloß geliehen bekommen. Die Nutznießung ist unser; auf wie lange Zeit, bestimmt der, welcher Herr über sein Geschenk ist; wir müssen bereit halten, was uns auf einen unbestimmten Termin gegeben ward und es, aufgefordert, ohne Klage zurückgeben. Ein schlechter Schuldner, der seinen Gläubigern Grobheiten sagt. Daher müssen wir alle die Unsrigen, sowohl die, von welchen wir nach dem Gesetz der Geburt wünschen, daß sie uns überleben mögen, als auch die, deren gerechtester Wunsch es ist, uns voranzugehen, so lieben, als sei uns über ihren beständigen, ja, selbst über ihren langen Besitz nichts zugesagt. Immer müssen wir unser Herz daran erinnern, daß jene Dinge, die wir lieben, wieder entweichen werden, ja, schon bereits entweichen. Alles, was das Glück dir gegeben hat, besitze wie etwas, das keinen berechtigten Eigentümer hat. Erhaschet die Genüsse des Kinderbesitzes, gebt euch dagegen euern Kindern zu genießen hin, ergreifet ohne Aufschub jede Freude. Ihr wisset nicht, ob der heutige Tag ja nur die jetzige Stunde euer ist. Es gilt zu eilen; schon steht der Tod im Rücken, gleich wird dieses Gefolge sich zerstreuen, gleich wird sich das Band dieser Genossenschaft auf den Ruf zum Aufbruch lösen. Alle Dinge sind durch Raub erworben, und ihr Unglücklichen versteht nicht, auf der Flucht zu leben. Wenn es dich schmerzt, daß dir der Sohn gestorben ist, so ist dies ein Vorwurf gegen die Zeit, da er geboren wurde; denn der Tod wurde ihm schon bei der Geburt angekündigt. Auf diese Bedingung hin wurde er dir gegeben; dies Geschick verfolgte ihn gleich von Mutterleib an. Unter die Herrschaft des Schicksals, und zwar eine harte und unwiderstehliche, sind wir gekommen, um nach seiner Willkür Verdientes und Unverdientes zu erdulden. Unserem Körper wird es auf zügellose, schmähliche und grausame Weise mitspielen; die einen wird es mit Feuer brennen, sei es zur Strafe, sei es zur Heilung, andere wird es in Fesseln schlagen, und dies bald einem Feinde, bald einem Mitbürger gestatten; andere wird es nackt auf unsicheren Meeren herumwerfen und, nachdem sie mit den Fluten gerungen, nicht einmal auf eine Sandbank oder das Ufer auswerfen, sondern in dem Bauche eines riesigen Seetieres begraben. Andere wird es von Krankheiten verschiedener Art abgezehrt lange mitten zwischen Leben und Tod schweben lassen. Wie eine veränderliche und eigensinnige Herrin, die ihre Sklaven vernachlässigt, wird es in Strafen und Belohnungen irren. Was braucht man einzelne Teile zu beweinen? Das ganze Leben ist beweinenswert. Neue Widerwärtigkeiten werden dich quälen, ehe du den alten Genüge getan. Daher ist Maß zu halten, besonders von euch Frauen, die ihr in der Trauer leicht das Maß überschreitet, und man muß das menschliche Herz zwischen Furcht und Schmerz teilen.

11. Wie kann man doch sein eigenes und das allgemeine Los so vergessen? Sterblich bist du geboren, Sterbliche hast du zur Welt gebracht; du, ein morscher und hinfälliger Leib und wiederholt von Krankheiten heimgesucht, glaubst in einem so schwächlichen Stoffe etwas Festes und Ewiges zu tragen? Dein Sohn ist gestorben, d. h. er ist an das Ziel gelangt, dem alle zueilen, die du für glücklicher hältst als deine Leibesfrucht. Dahin wandert, nur ungleichen Schrittes, jener ganze Haufe, der auf dem Forum Prozesse führt, in den Theatern sitzt, in den Tempeln betet. Sowohl was du liebst, als was du verachtest, wird zu Asche und einander gleich werden. Darauf zielt jene Aufschrift des Pythischen Orakels: »Lerne dich selbst kennen.« Was ist der Mensch? ein zerbrechliches Gefäß, das umhergestoßen wird; keines heftigen Sturmes bedarf es und du zerschellst. Wo du anstößest, da fällst du auseinander. Was ist der Mensch? ein schwacher zerbrechlicher Körper, nackt, von Natur wehrlos, fremder Hilfe bedürftig, jeder Mißhandlung des Schicksals preisgegeben, und, hat er auch seine Arme noch so gut geübt, dennoch das Futter und das Opfer jeder Bestie, aus schwachem und lockerem Stoffe zusammengewebt, und nur den äußeren Umrissen nach schön anzuschauen, aber Kälte, Hitze, Anstrengung zu ertragen unfähig, schon durch das ruhige Daliegen und Nichtstun selbst der Verwesung wieder entgegengehend, seine eigenen Nahrungsmittel fürchtend, da er bald durch ihren Überfluß, bald durch ihren Mangel zugrunde geht, ein Gegenstand ängstlicher und besorgter Hut, mit erbetteltem und leicht stockendem Atem, den ihm ein den Ohren unerträglicher Ton, wenn er ihn etwas plötzlich und unvermutet hört, benimmt. Und da wundern wir uns über den Tod eines einzigen, da doch alle sterben müssen. Ist es denn etwa eine Sache großer Anstrengung, daß er zusammenfalle? Schon Geruch und Geschmack, Ermüdung und Nachtwachen, Trank und Speise und alles, ohne das er nicht leben kann, ist tötlich für ihn. Wohin er sich bewegt, wird er sich sogleich seiner Schwachheit bewußt, da er nicht jedes Klima zu ertragen fähig ist, nicht jedes Wasser, nicht einen Luftzug, an den er nicht gewöhnt ist; die geringfügigsten Ursachen und Anstöße machen ihn krank, morsch, gebrechlich; mit Weinen ist er ins Leben eingetreten – und doch welchen Lärm erregt dabei dies verächtliche Geschöpf? auf welche Gedanken gerät es, seiner Natur vergessend? Unsterbliches, Ewiges bewegt er in seinem Geiste und trifft Anordnungen für Enkel und Urenkel, während ihn, indem er so weitgreifende Pläne entwirft, der Tod überrascht; und was man ein hohes Alter nennt, ist der Kreislauf weniger Jahre.

12. Berücksichtigt dein Schmerz, Marcia, wenn er überhaupt einen überlegten Grund hat, das eigene Ungemach oder das des Dahingeschiedenen? Regt er sich bei dem Verlust deines Sohnes darum, weil du von ihm keinen Genuß gehabt hast oder weil du einen größeren hättest haben können, wenn er länger gelebt hätte? Sagst du, du habest keinen gehabt, so machst du dadurch seinen Verlust erträglicher; denn die Menschen sehnen sich weniger nach dem, wovon sie keine Freude, keine Wonne genossen haben. Gestehst du aber, du habest große Freuden durch ihn genossen, so darfst du nicht darüber klagen, was dir entzogen worden ist, sondern mußt für das danken, was du geerntet hast. Ein großer Lohn für deine Bemühungen ist dir schon aus der Erziehung selbst erwachsen: Wer junge Hunde und Vögel mit größter Sorgfalt pflegt, genießt schon durch das Anschauen, das Betasten und die schmeichelnden Liebkosungen so unvernünftiger Geschöpfe ein Vergnügen; denen aber, die Kinder aufziehen, sollte nicht schon die Erziehung selbst ein Lohn der Erziehung sein? Möchte dir daher auch seine Tätigkeit nichts eingetragen, seine Sorgfalt nichts bewahrt, seine Klugheit nichts geraten haben: schon daß du ihn hattest, daß du ihn liebtest, war ein Gewinn. »Aber, sagst du, der Genuß hätte länger und größer sein können.« Dein Los war dennoch besser, als wenn er dir gar nicht zuteil geworden wäre; wenn einem die Wahl gelassen wird, ob es besser sei, nicht lange glücklich zu sein oder überhaupt niemals, so ist es doch besser, daß einem ein wieder entschwindendes Glück zuteil wird als gar keines. Möchtest du wohl lieber einen ungeratenen Sohn gehabt haben, der nur den Namen eines Sohnes ausgefüllt hätte, als einen von solchem Charakter, wie der deinige war? Ein Jüngling, früh verständig, früh liebevoll, früh Gatte, früh Vater, früh jeder Pflicht beflissen, früh Priester, alles gleichsam jählings. Fast keinem werden große und zugleich lang dauernde Güter zuteil; nur ein allmähliches Glück hat Dauer und bleibt bis ans Ende. Weil dir die Götter deinen Sohn nicht auf lange Zeit geben wollten, so gaben sie dir ihn gleich so, wie man nur in langer Zeit werden kann. Auch das nicht einmal kannst du sagen, du seiest von den Göttern dazu auserlesen gewesen, deinen Sohn nicht genießen zu können. Laß deine Blicke durch den ganzen Kreis von Bekannten und Unbekannten schweifen: überall werden dir Leute begegnen, die noch Größeres erduldet haben. Das haben große Feldherrn, das haben Fürsten erfahren; selbst die Götter hat die Sage nicht verschont gelassen, ich glaube, damit es bei unsern Todesfällen ein Linderungsmittel sein sollte, daß auch das Göttliche zusammenstürze. Blicke umher auf alle, sage ich, du wirst mir kein unglückliches Haus nennen können, das nicht in einem noch unglücklicheren seinen Trost fände. Wahrhaftig, ich denke von deinem Charakter nicht so schlecht, daß ich glaubte, du könntest deinen Unfall leichter ertragen, wenn ich dir die gewaltige Zahl von Trauernden vorführte: die große Menge der Unglücklichen ist eine Art von schadenfrohem Trost; einige aber will ich dennoch anführen, nicht damit du einsehest, daß dies den Menschen zu treffen pflegt – denn es ist lächerlich, Beispiele der Sterblichkeit zusammen zu suchen – sondern damit du dich überzeugst, es habe viele gegeben, die ein hartes Schicksal durch geduldiges Ertragen milder machten. Bei dem Glücklichsten will ich beginnen. Lucius Sulla verlor einen Sohn; dieser Umstand hat jedoch weder seiner Kriegstätigkeit und seiner so hitzigen Tapferkeit gegen Feinde und Mitbürger Abbruch getan, noch hat er vermuten lassen, er habe sich den Beinamen des »Glücklichen«, den er erst nach Verlust seines Sohnes annahm, noch bei Lebzeiten desselben beigelegt; und er fürchtete dabei weder den Haß der Menschen, auf deren Unglück sein allzu großes Glück sich gründete, noch den Neid der Götter, die ihm gerade das zum Vorwurf machten, daß er so glücklich sei. Doch möge als eine noch unentschiedene Frage unerörtert bleiben, von welchem Charakter Sulla gewesen sei; selbst seine Feinde aber werden eingestehen, daß er die Waffen geschickt ergriffen, geschickt niedergelegt habe. Das, wovon hier gehandelt wird, bleibt ausgemacht: was auch über die Glücklichsten kommt, ist nicht das größte Übel.

13. Daß Griechenland jenen Vater nicht mehr allzusehr bewundert, der, als ihm bei einem Opfer der Tod seines Sohnes gemeldet wurde, nur dem Flötenbläser zu schweigen befahl und den Kranz vom Haupte nahm, das Übrige aber dem Herkommen gemäß vollführte, hat der Pontifex Pulvillus bewirkt, dem, während er den Tempelpfosten hielt und das Kapitol einweihte, der Tod seines Sohnes gemeldet wurde; er tat, als ob er es gar nicht gehört hätte, und sprach die feierlichen Worte der Weiheformel, ohne daß ein Seufzer sein Gebet unterbrach, und beim Namen seines Sohnes flehte er um Jupiters Gnade. Man sollte glauben, eine solche Trauer müsse wohl ein Ende finden, deren erster Tag, deren erster Überfall einen Vater von dem öffentlichen Altare und dem Segen erflehenden Gebete nicht entfernte. Wahrhaftig, dieser Mann war würdig der merkwürdigen Tempelweihe, würdig des angesehensten Priesteramtes, der selbst die erzürnten Götter zu verehren nicht abließ. Derselbe ließ zwar, als er nach Hause zurückgekehrt war, Tränen seine Augen netzen und stieß einige Klageworte aus; als jedoch vollbracht war, was die Sitte den Toten zu leisten gebot, nahm er die Miene vom Kapitol wieder an. Paullus gab in den Tagen jenes so berühmten Triumphes, bei welchem er den Perseus gefesselt vor seinem Wagen herführte, zwei Söhne als Adoptivkinder ab; die, welche er für sich behalten, trug er zu Grabe. Von welcher Art, glaubst du, daß die Zurückgehaltenen gewesen, da unter den Abgegebenen Scipio war? Nicht ohne Rührung sah das römische Volk des Paullus Wagen leer; er jedoch hielt seine Rede ans Volk und dankte den Göttern, daß er Gewährung seines Wunsches erhalten; er hatte nämlich gefleht, daß, wenn seines ungeheuern Sieges wegen dem Neide etwas zu entrichten sei, dies lieber mit seinem als mit des Staates Nachteil bezahlt werden sollte. Siehst du, mit welchem großen Geiste er sein Schicksal ertrug? Er hat sich seiner Kinderlosigkeit wegen Glück gewünscht. Und wen konnte eine so große Wandelung mehr ergreifen? Trost und Stütze verlor er zugleich; und doch hatte Perseus nicht die Freude, den Paullus traurig zu sehen.

14. Wozu soll ich dich nun durch unzählige Beispiele großer Männer hindurchführen und Unglückliche aufsuchen, als ob es nicht schwerer wäre, Glückliche zu finden? Denn wie viele Häuser haben wohl bis ans Ende in allen ihren Teilen festgestanden, ohne daß nicht irgendeine Störung darin vorgefallen wäre? Nimm das erste beste Jahr und rufe die obrigkeitlichen Personen aus ihm vor, den Marcus Bibulus, wenn du willst, und den Cajus Cäsar, und du wirst bei den einander feindseligsten Amtsgenossen ein übereinstimmendes Schicksal sehen. Dem Marcus Bibulus, einem mehr guten als tapfern Manne, wurden zugleich zwei Söhne getötet, die der Kurzweil eines ägyptischen Soldaten zum Opfer fielen, so daß nicht weniger als der Verlust der Söhne selbst auch der Urheber desselben eine gerechte Veranlassung zu Tränen war. Bibulus jedoch, der sich das ganze Jahr seines Ehrenamtes hindurch der Mißgunst seines Amtsgenossen wegen zu Hause verborgen gehalten hatte, ging den Tag darauf, nachdem ihm der doppelte Todesfall gemeldet worden war, an seine gewohnten Amtsgeschäfte. Konnte er zwei Söhnen weniger als einen Tag widmen? So schnell endete derselbe Mann die Trauer um seine Kinder, der ein ganzes Jahr lang um den Staat getrauert hatte. Cajus Cäsar hörte, als er Britannien durchzog und sein Glück selbst nicht vom Ozean beschränkt wissen mochte, daß seine Tochter gestorben sei, an die sich das Schicksal des Staates knüpfte. Schon hatte er den Cnejus Pompejus ins Auge gefaßt, der es nicht gleichgültig mit ansehen würde, daß noch ein anderer im Staate groß sei, und der dem Wachstum des andern, das ihm lästig erschien, Schranken setzen würde, wenn sie auch miteinander an Einfluß wuchsen: und dennoch hat er sich nach drei Tagen seinen Feldherrngeschäften wieder gewidmet und den Schmerz ebenso schnell besiegt, wie er alles zu besiegen pflegte.

15. Was soll ich dir die Todesfälle in den Familien anderer Cäsaren aufzählen? Ich glaube, daß das Schicksal sie deshalb zuweilen verwundet, damit sie auch so dem Menschengeschlecht nützen, indem sie zeigen, daß auch sie, welche Göttersöhne und Göttererzeuger genannt werden, ihr eigenes Schicksal nicht so in ihrer Gewalt haben wie das anderer. Der vergötterte Augustus hat nach Verlust seiner Kinder und Enkel, nachdem die zahlreiche Kaiserfamilie ausgestorben war, dem verödeten Hause durch Adoption neue Stützen gegeben. Er ertrug es jedoch standhaft, wie einer, um dessen Sache es sich schon jetzt handelt und dem sehr viel daran gelegen sein muß, daß niemand sich über die Götter beklage. Weil er selbst nach seinem Tode unter die Götter versetzt zu werden erwartete. Der Kaiser Tiberius verlor beide Söhne, sowohl den selbst erzeugten als den adoptierten; er selbst hielt jedoch auf der Rednertribüne seinem Sohne eine Lobrede, stand im Angesichte des vor ihm aufgestellten Leichnams, nur daß eine Hülle darüber geworfen war, welche den Blick des Pontifex von der Leiche abhalten sollte, und verzog, während das Volk Tränen vergoß, keine Miene; er gab dem ihm zur Seite stehenden Sejanus den Beweis, wie standhaft er den Verlust der Seinen ertragen könne. Siehst du nun, welche Menge der größten Männer es gibt, mit welchen jenes alles niederwerfende Geschick keine Ausnahme machte, obgleich so viele Güter der Seele, so viele Zierden des öffentlichen wie des Privatlebens auf sie gehäuft waren? So aber, siehst du wohl, nimmt jener Sturm seinen Kreislauf und verheert ohne Auswahl alles und führt es mit sich fort wie das Seinige. Heiße jeden Einzelnen sein Los mit andern vergleichen: keinem ist das günstige gefallen, unsterblich geboren zu werden.

16. Ich weiß, was du sagen wirst: »Du hast vergessen, daß du ein Weib tröstest: du zählst mir Beispiele von Männern auf.« Wer aber hat je behauptet, die Natur sei mit den Gemütern der Frauen mißgünstig verfahren und habe ihre Tugenden auf enge Grenzen beschränkt? Sie haben, glaube mir, gleiche Kraft, gleiche Fähigkeit zu dem Sittlichguten, wenn sie nur wollen; Schmerz und Anstrengung ertragen sie, wenn sie sich daran gewöhnt haben, auf gleiche Weise. In welcher Stadt, gute Götter, spreche ich dies? da, wo Lucretia und Brutus einen König gestürzt haben; dem Brutus verdanken wir die Freiheit, der Lucretia den Brutus; da, wo wir die Clölia, die Feind und Strom verachtete Im Kriege mit Porsenna schwamm Clölia, die sich unter den römischen Geiseln befand, um sich zu befreien, zu Pferde durch den Tiber und nahm noch andere Jungfrauen, die ihr Los teilten, mit sich., ihrer ausgezeichneten Kühnheit wegen beinahe unter die Männer rechnen. Auf einer Bildsäule zu Pferde sitzend an der heiligen Straße, an einem stark besuchten Platze, macht Clölia unsern jungen Männern, die auf das Polster der Sänften steigen, Vorwürfe, daß sie in derselben Stadt so ihren Weg machen, wo wir selbst Frauen mit einem Rosse beschenkt haben. Willst du, daß ich dir Beispiele von Frauen aufzähle, die den Verlust der Ihrigen standhaft ertragen haben, so brauche ich sie nicht von Haus zu Haus aufzusuchen: aus einer Familie will ich dir zwei Cornelien nennen; zuerst die Tochter Scipios, die Mutter der Gracchen. Sie hat sich die Erinnerung an zwölf Geburten durch ebensoviele Leichen zurückgerufen; und war dies auch bei den übrigen ein Leichtes, deren Geburt sowohl als deren Verlust der Staat nicht merkte, so hat sie doch auch den Tiberius und Cajus Gracchus, von denen selbst derjenige, der sie nicht für gute Männer erklärt, doch gestehen wird, daß sie große waren, getötet und unbegraben gesehen; und dennoch sagte sie zu denen, die sie trösteten und unglücklich nannten: »Nie werde ich mich unglücklich nennen, da ich die Gracchen geboren habe.« Cornelia, die Gattin des Livius Drusus, hatte ihren Sohn, einen ausgezeichneten jungen Mann von vortrefflichen Anlagen, der auf den Fußstapfen der Gracchen einherschritt, und nach so manchen unausgeführten Gesetzesvorschlägen in seinem eigenen Hause ermordet wurde, verloren, ohne daß man den Urheber des Mordes kannte: dennoch hat sie den nicht bloß bittern, sondern auch ungerächten Tod ihres Sohnes mit demselben hohen Geiste ertragen, in welchem er seine Gesetzesvorschläge gemacht hatte. Nun wirst du dich mit dem Schicksal aussöhnen, Marcia, wenn es die Pfeile, die es gegen die Scipionen und der Scipionen Mütter und Söhne absendete, und die es auf die Kaiser richtete, auch gegen dich nicht zurückhielt. Voll von mancherlei Unfällen ist das Leben: niemand hat lange Frieden vor ihnen, kaum einen Waffenstillstand.

Vier Kinder hast du geboren, Marcia: kein Geschoß, sagt man, fällt vergebens, wenn es gegen einen dichtgedrängten Haufen abgeschossen wurde. Ist es ein Wunder, wenn eine solche Anzahl nicht ohne Anfechtung und Verlust davon kommen konnte? »Aber darin, sagt du, war das Schicksal unbilliger, daß es mir die Söhne nicht bloß genommen, sondern herausgelesen hat.« Niemals jedoch wird man es ein Unrecht nennen können, zu gleichen Teilen mit einem Mächtigern teilen zu müssen. Zwei Töchter hat es dir gelassen und die Enkel von ihnen, und selbst den, welchen du am meisten betrauerst, hat es dir nicht ganz genommen; du hast zwei Töchter von ihm, die, wenn du den Verlust unwillig erträgst, eine große Last, wenn du ihn willig erträgst, ein großer Trost für dich sind. Wenn du sie erblickst, solltest du an deinen Sohn, aber nicht an deinen Schmerz erinnert werden. Wenn einem Landmann Bäume zugrunde gegangen sind, die entweder der Sturm mit den Wurzeln ausgerissen oder ein Wirbelwind durch einen plötzlichen Anfall abgeknickt hat, so hegt er die übriggebliebenen Sprossen oder steckt von den verlorenen sogleich wieder Samen und Pflanzen, und im Augenblicke – denn die Zeit ist wie zur Vernichtung, so zum Wachstum reißend schnell – wachsen sie fröhlicher als die verlorenen empor. So setze denn nun diese Töchter deines Metilius an seine Stelle und fülle durch sie die leere Stelle aus. Lindre dir den einen Schmerz durch doppelten Trost. Freilich ist die Natur der Sterblichen so, daß ihnen nichts mehr gefällt, als was verloren ist; aus Sehnsucht nach dem uns Entrissenen sind wir unbilliger gegen das uns Verbliebene; wenn du aber erwägen willst, wie schonend das Schicksal mit dir verfahren ist, auch als es wütete, so wirst du dich überzeugen, daß du mehr als Trost besitzest: blicke auf die vielen Enkel und auf deine beiden Töchter.

17. Sage dir auch folgendes, Marcia: »Es würde mir zu Gemüte gehen, wenn das Schicksal eines jeden seinen Sitten entspräche und niemals Leiden die Guten verfolgten: nun aber sehe ich, daß Böse und Gute ohne allen Unterschied auf dieselbe Weise herumgeschleudert werden. Dennoch ist es hart, einen Jüngling zu verlieren, den man erzogen und der schon der Mutter, schon dem Vater eine Stütze und Zierde geworden war.« Wer leugnet denn, daß es hart sei? aber es ist Menschenlos. Dazu bist du geboren, daß du verlierst, daß du vergehst, daß du hoffst, fürchtest, andere und dich selbst beunruhigst, den Tod sowohl fürchtest als wünschest und, was das Schlimmste ist, nie weißt, wie dein eigentlicher Zustand ist. Es ist, als wenn man zu einem, der nach Syrakus reisen will, sagte: »Lerne erst alle Beschwerden und alle Annehmlichkeiten deiner bevorstehenden Reise kennen, und dann segle ab. Was du bewundern könntest, ist folgendes: Zuerst wirst du die Insel selbst sehen, wie sie durch eine enge Straße von Italien losgerissen ist, mit dessen Festland sie, wie bekannt ist, einst zusammenhing. Auf einmal brach das Meer herein und trennte den Sikulerstrand vom Hesperischen. Sodann wirst du – denn du kannst bei jenem so raubgierigen Meeresstrudel vorbeistreifen – jene fabelhafte Charybdis schauen, wie sie ruhig hingestreckt liegt, so lange sie vor dem Südwind Ruhe hat, wie sie aber, sobald von dorther ein heftigeres Wehen sich erhebt, in ihren großen und tiefen Schlund die Schiffe hinabschlingt. Du wirst die in Gedichten hochgefeierte Arethusa, die Quelle eines spiegelhellen und bis auf den Grund durchsichtigen Sees, ihr sehr kaltes Gewässer ausgießen sehen, mag sie nun dasselbe erst dort entstehend gefunden haben, oder mag sie selbst ein unterhalb so vieler Meere ungestört fortströmender und von der Vermischung mit schlechterem Wasser frei gebliebener Fluß wieder ans Licht der Erde gebracht haben. Du wirst den Hafen von Syrakus erblicken, den ruhigsten von allen, die entweder die Natur zum Schutze der Flotten geschaffen, oder denen die Menschenhand nachgeholfen hat, so sicher, daß selbst die Wut der größten Stürme keinen Spielraum in ihm hat. Du wirst die Stelle sehen, wo Athens Macht gebrochen wurde, wo jener natürliche Kerker von unendlich tief ausgehöhlten Felsen so viele Tausende von Gefangenen umschlossen hatte; dann die ungeheure Stadt selbst und ihr Ackergebiet, das sich weiter erstreckt als die Grenzen vieler Städte, mit einem sehr lauen Winter, wo kein Tag ohne allen Sonnenschein ist. Wenn du aber dies alles dort gefunden haben wirst, so macht ein beschwerlicher und ungesunder Sommer die Wohltaten des Winterklimas wieder zu nichte. Es wird sich der Tyrann Dionysius dort zeigen, dieses Verderben der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Gesetzmäßigkeit, herrschbegierig auch noch, nachdem Plato bei ihm gewesen, lebenslustig auch noch nach seiner Verbannung. Er wird die einen brennen, die andern geißeln, wieder andere eines geringen Verstoßes wegen enthaupten lassen; er wird Männer und Weiber zur Befriedigung der Wollust herbeiholen lassen, und seiner königlichen Unersättlichkeit wird es nicht genügen, sich immer mit Zweien zugleich zu beschäftigen. Du hast nun vernommen, was dich einladen, was dich abschrecken kann; nun so gehe denn zu Schiffe oder bleibe zurück.« Hätte einer nach solcher Darstellung erklärt, er wolle Syrakus betreten: könnte er dann wohl über irgend jemanden, als allein über sich selbst, gerechte Klage führen, da er nicht zufällig in jene Verhältnisse geraten, sondern mit Wissen und Willen hineingekommen wäre? Die Natur spricht zu uns allen: Ich hintergehe keinen; wenn du Söhne geboren hast, so kannst du wohlgestaltete, aber vielleicht auch mißgestaltete haben; wenn dir viele geboren werden, so kann unter ihnen ebensogut ein Verräter als ein Retter des Vaterlandes sein. Du hast keinen Grund, der Hoffnung zu entsagen, daß sie einst in solcher Achtung stehen werden, daß dich niemand ihretwegen zu beschimpfen wagt; stelle dir jedoch vor, daß sie auch in solche Schande kommen können, daß sie selbst ein Schimpf für dich sind. Nichts verbietet, daß sie dir die letzte Ehre erweisen, daß dir deine Kinder die Grabrede halten sollten; aber bereite dich so vor, als ob du einen als Knaben oder als Jüngling oder als Greis auf den Scheiterhaufen legen solltest. Denn die Jahre tun nichts zur Sache, weil jeder Leichenzug, dem die Eltern folgen müssen, ein herber Gang ist. Gebierst du nach solchen dir vorgelegten Bedingungen Kinder, so sprichst du die Götter von allem Übelwollen frei, da sie dir ja nichts Bestimmtes verbürgt haben.

18. Mit Rücksicht auf dieses Gleichnis laß uns den Eintritt ins Leben überhaupt betrachten. Während du noch überlegtest, ob du Syrakus besuchen wolltest, habe ich dir alles auseinandergesetzt, was dich dort ergötzen, was dir lästig fallen könnte; denke dir nun einmal, ich käme, um dir bei deiner Geburt einen Rat zu erteilen. Du bist im Begriff, in einen Götter und Menschen umfassenden Staat einzutreten, der alles in sich faßt, der an bestimmte und ewige Gesetze gebunden ist, der unermüdet dem Dienst der Himmlischen obliegt. Dort wirst du unzählige Sterne erblicken, wirst erstaunen, daß von einem einzigen Gestirn alles durchdrungen wird, daß die Sonne durch ihren täglichen Lauf die Zeiten des Tages und der Nacht abgrenzt und durch ihren jährlichen Lauf Sommer und Winter noch gleichmäßiger abteilt. Du wirst des Mondes nächtliche Wechselfolge schauen, wie sie von der schwesterlichen Begegnung ein sanftes und mattes Licht erborgt, bald verborgen, bald mit vollem Antlitz der Erde zugewendet, im Zu- und Abnehmen veränderlich und stets der nächstvorhergegangenen Erscheinung unähnlich. Du wirst fünf Gestirne Außer der Sonne und dem Monde, die sie mit zu den Planeten rechneten, nahmen die Alten nur noch 5 Planeten an, den Merkur, die Venus, den Mars, den Jupiter und den Saturn. schauen, die verschiedene Bahnen wandeln und einen der übrigen Welt entgegenstrebenden Lauf haben; von ihren leisesten Bewegungen hängt das Geschick der Völker ab, nach ihnen gestaltet sich das Größte wie das Kleinste, je nachdem der Lauf des Gestirns ein günstiger oder ungünstiger gewesen. Du wirst das zusammengehäufte Regengewölk anstaunen und die herabstürzenden Wassergüsse und die schräg zuckenden Blitze und das Krachen des Himmels. Wenn du die durch den Anblick des Oberen gesättigten Augen auf die Erde herabwendest, so erwarten dich andere und auf andere Art bewundernswürdige Dinge. Hier eine ausgedehnte Fläche unendlicher Gefilde, dort die gen Himmel ragenden Gipfel von Gebirgen, die sich mit mächtigen und schneebedeckten Rücken erheben; Wasserfälle und Ströme, die sich aus einer Quelle nach Ost und West ergießen; auf hohen Bergspitzen sich wiegende Haine und eine Masse von Wäldern mit den ihnen eigenen Tieren und dem verschieden tönenden Gesang der Vögel; die verschiedene Lage der Städte und durch Unzugänglichkeit der Gegenden abgeschlossene Völkerschaften, von denen einige sich auf die Bergeshöhen zurückziehen, andere von Ufern, Seen und Tälern umschlossen sind; zum Lebensunterhalt Früchte, die Produkte der Kultur, und Gesträuch ohne Pflege ihrer wilden Natur; der sanfte Schlangenlauf der Bäche durch Wiesen, anmutige Buchten und Ufer, die, Häfen bildend, zurücktreten, so viele auf der weiten See zerstreute Inseln, die das Einerlei unterbrechen. Ferner der Glanz von Steinen und Edelsteinen, das im Sande reißender Waldbäche herschwimmende Gold, die mitten in den Ländern und ebenso mitten im Meere die Menschen erschreckenden Feuermeteore und das Band der Länder, das Weltmeer, das den Zusammenhang der Völker durch einen dreifachen Meerbusen trennt und mit gewaltiger Ungebundenheit aufbraust. In diesem unruhigen und auch ohne Wind wogenden Gewässer wirst du auch durch ihre ungeheure Größe erschreckende Tiere herumschwimmen sehen, manche schwerfällig und nur unter fremder Leitung sich bewegend, Plinius Hist. nat. IX, 62, 88 und XI, 37, 62 berichtet, daß dem Walfische ein kleinerer Fisch, musculus marinus genannt, als Wegweiser voranschwimme, damit er nicht auf Untiefen und Sandbänke gerate. manche rasch und behender als schnell segelnde Schiffe, manche die Fluten einschlürfend und zu großer Gefahr der Vorüberschiffenden wieder ausspritzend. Du wirst hier Schiffe sehen, welche noch unbekannte Länder aufsuchen; du wirst sehen, wie die menschliche Kühnheit nichts unversucht läßt, und wirst nicht bloß Zuschauerin sein, sondern auch selbst an den Unternehmungen wesentlichen Anteil nehmen. Du wirst mancherlei Künste lernen und lehren, einige, die das Leben versorgen, andere, die es schmücken, andere, die es regeln. Da werden aber auch tausend für Körper und Seele verderbliche Dinge sein, Krieg und Straßenraub und Gift und Schiffbruch und Unregelmäßigkeit der Witterung und des Körperzustandes und der bittere Verlust der Teuersten und der Tod, von dem es ungewiß ist, ob er ein leichter oder zur Strafe und Qual verhängter sein wird. Überlege nun bei dir und erwäge, was du wünschest: um zu jenem zu gelangen, mußt du den Weg durch dieses zurücklegen. Wirst du antworten, du wollest leben? Warum nicht? Doch nein, du wirst dich, glaube ich, nicht in etwas einlassen, wobei dir so mancher Schmerz und Verlust droht. Indes lebe nur, wie einmal die Übereinkunft lautet. Du sagst: »Es hat uns ja niemand darüber befragt.« O ja, unsere Eltern sind unsertwegen befragt worden; obgleich sie die Bedingungen des Lebens kannten, haben sie uns doch für dasselbe gezeugt.

19. Doch um auf die Trostgründe zu kommen, so laß uns zuerst betrachten, was wir ins Auge fassen müssen, und sodann, wie. Den Trauernden bekümmert die Entbehrung dessen, den er geliebt hat. Es muß klar werden, daß diese an und für sich erträglich ist; denn um Abwesende oder solche, die abwesend sein werden, weinen wir nicht, wenn sie nur leben, obgleich uns aller Umgang mit ihnen und ihr Anblick geraubt ist. Die Vorstellung also ist es, welche uns quält, und jedes Übel ist nur so groß, als wir es anschlagen; Gegenmittel haben wir in unserer Gewalt. Laß uns denken, sie seien abwesend, und damit uns selbst täuschen. Wir haben sie weggeschickt, ja wir haben sie vorausgeschickt, um sie einzuholen. Es bekümmert den Trauernden auch der Gedanke: Es wird niemand da sein, der mich verteidigt, der mich vor Verachtung schützt. Um mich eines wenig einleuchtenden, aber wahren Trostgrundes zu bedienen: in unserm Staate verschafft das Verwaistsein eher Gunst, als daß es sie entzieht. Ja selbst die Greise führt das Verlassensein, das sonst zerstörend zu wirken pflegte, zur Macht, so daß manche Haß gegen ihre Söhne erheucheln, ihre Kinder eidlich verleugnen und sich auf eigene Hand kinderlos machen. Ich weiß, was du sagen wirst: Meine Verluste bekümmern mich nicht; denn der ist des Trostes nicht wert, den der Tod eines Sohnes nicht anders wie der eines Sklaven schmerzt, und der dabei Muße hat, noch an etwas anderes zu denken, als eben an den Sohn. Was also bekümmert dich, Marcia? Daß dein Sohn gestorben ist, oder daß er nicht lange gelebt hat? Wenn der Umstand, daß er gestorben ist, so mußtest du beständig trauern, denn du wußtest stets, daß er sterbe. Bedenke, daß der Gestorbene von keinem Übel berührt wird; daß das, was uns die Unterwelt furchtbar macht, Erdichtung ist; daß den Toten keine Finsternis droht, kein Kerker, keine Feuerströme, kein Fluß der Vergessenheit, keine Richter und Ankläger und bei jener so schrankenlosen Freiheit nicht abermals Tyrannen. Das haben nur die Dichter gefabelt und uns durch leere Schreckbilder beunruhigt. Der Tod ist die Befreiung und das Ende von allen Übeln, über ihn gehen unsere Leiden nicht hinaus; er versetzt uns in jene Ruhe zurück, in der wir lagen, ehe wir geboren wurden. Wenn einer die Toten bemitleidet, so muß er auch die noch nicht Geborenen bemitleiden. Der Tod ist weder ein Gut, noch ein Übel. Denn nur das kann entweder ein Gut oder ein Übel sein, was überhaupt etwas ist; was aber selbst ein Nichts ist und alles in nichts zurückführt, gibt uns keinem Schicksal preis. Denn Übel und Güter finden sich nur an irgend einem Stoffe. Das Schicksal kann das nicht festhalten, was die Natur entlassen hat, und der kann nicht elend sein, der überhaupt gar nicht ist. Dein Sohn hat die Schranken überschritten, innerhalb deren man ein Sklave ist; es hat ihn ein großer und ewiger Friede aufgenommen. Nicht von Furcht vor Armut, nicht von Sorge für den Reichtum, nicht von dem Stachel der den Geist durch wollüstigen Genuß schwächenden Sinnlichkeit wird er angefochten, nicht berührt von dem Neide über fremdes Glück, nicht gedrückt von dem anderer über sein eigenes, nicht einmal von Schmähungen werden seine zartfühlenden Ohren verletzt, er sieht kein öffentliches, kein häusliches Unglück drohen, auch hängt er nicht, um die Zukunft bekümmert, vom Ausgange ab, der immer im Ungewissen liegt. Endlich steht er da, von wo ihn nichts mehr vertreibt, wo ihn nichts mehr erschreckt.

20. O wie unbekannt mit ihrem Elend sind die, welche den Tod nicht als die beste Erfindung der Natur preisen und erwarten; denn mag er ein Glück endigen oder ein Unglück, mag er dem Lebensüberdruß und der Erschöpfung des Greises ein Ziel setzen oder ein jugendliches Alter, von dem man noch Schöneres hofft, in der Blüte entführen, oder die Kindheit abrufen, ehe die härteren Altersstufen kommen: allen ist er ein Ende, vielen eine Hilfe, manchen ein Wunsch, und macht sich um keinen mehr verdient als um den, zu welchem er kommt, ehe er gerufen wurde. Er entläßt die Sklaven wider den Willen des Herrn, er löst die Ketten der Gefangenen, er führt aus dem Kerker, wem unbändige Herrschergewalt den Ausgang daraus verboten hatte; er zeigt dem Verbannten, der Herz und Augen beständig dem Vaterlande zuwendet, daß es gleich sei, unter welcher Erde er ruhe; wenn das Schicksal die gemeinsamen Güter ungerecht verteilt und die mit gleichem Rechte Geborenen ungleich beschenkt hat, – er gleicht alles aus; er ist's, der nie etwas nach eines andern Willkür tut, er ist's, bei dem niemand seine Niedrigkeit fühlt, er ist's, der keinem unzugänglich war, er ist's, Marcia, nach dem dein Vater verlangt hat. Er ist's, sage ich, der da macht, daß es keine Strafe ist, geboren zu werden, der bewirkt, daß ich nicht erliege bei den Drohungen des Mißgeschicks, daß ich meinen Geist unverletzt und seiner mächtig erhalten kann; denn da habe ich einen Platz, wo ich landen kann. Dort erblicke ich Marterhölzer, und zwar nicht von einer Art, sondern von dem einen so, von dem andern anders gebildet. Einige hingen die Leute mit zur Erde gekehrtem Kopfe auf, andere trieben den Pfahl durch den Leib, noch andere dehnten die Arme am Galgen aus. Ich sehe Folterseile, ich sehe Geißelhiebe und besondere Maschinen für jedes einzelne Glied und Gelenk; aber ich sehe auch den Tod. Dort sind blutdürstige Feinde, übermütige Bürger; aber ich sehe dort auch den Tod. Da ist es nicht lästig, zu dienen, wo man, wenn man des Herrn überdrüssig ist, mit einem einzigen Schritte zur Freiheit gelangen kann. Leben, ich liebe dich um der Wohltat des Todes willen. Bedenke, wieviel Gutes der Tod zu gelegener Zeit hat, wie vielen es geschadet hat, daß sie länger lebten. Hätte den Cnejus Pompejus, jene Zierde und Stütze des Reichs, zu Neapel die Krankheit hingerafft, so wäre er unbezweifelt als der Erste des Römischen Reichs gestorben. So aber hat ihn der Zusatz einer kurzen Zeit von seiner Höhe herabgestürzt. Er sah noch die Legionen vor seinen Augen niedergemetzelt, und ein wie unglückseliger Überrest aus jener Schlacht, in welcher der Senat das erste Treffen bildete, war es, daß der Feldherr selbst noch übrig geblieben war! Er sah noch den ägyptischen Henker und überließ seinen Leib, den die Sieger für unantastbar gehalten, einem Trabanten, und hätte, auch wenn er unverletzt geblieben wäre, seine Rettung dennoch nur bedauern können. Denn was wäre schimpflicher gewesen, als wenn Pompejus durch die Gnade eines Königs gelebt hätte? Wäre Marcus Cicero zu der Zeit gefallen, wo er Catilinas Dolchen entging, die auf ihn wie auf das Vaterland gerichtet waren, so hätte er nach Befreiung des Staats als Retter desselben, und wäre er auch erst der Leiche seiner Tochter im Tode gefolgt, so hätte er auch da noch als ein glücklicher Mann sterben können. Er hätte nicht die auf die Häupter seiner Mitbürger gezückten Schwerter gesehen, noch die Verteilung der Güter der Gemordeten an die Mörder, so daß jene sogar ihren Tod bezahlen mußten, nicht die Lanze, bei welcher die konsularische Beute verkauft wurde Bei öffentlichen Versteigerungen wurde als Zeichen des Verkaufs eine Lanze ausgesteckt. Daher der Ausdruck sub hasta vendere, subhastieren., noch das Blutvergießen und die öffentliche Verpachtung des Raubes, die Kriege, Räubereien, eine solche Menge von Catilinas. Wenn den Marcus Cato bei seiner Rückkehr aus Cypern und von der Regulierung der königlichen Erbschaft das Meer verschlungen hätte, auch mit dem Gelde selbst, das er als Sold für den Bürgerkrieg brachte, wäre es nicht wohl um ihn bestellt gewesen? Er hätte wenigstens das davon gehabt, daß niemand gewagt hätte, vor Catos Augen zu freveln. Nun aber hat der Zusatz sehr weniger Jahre den nicht bloß für seine eigene, sondern für die allgemeine Freiheit geborenen Mann gezwungen, vor Cäsar zu fliehen und dem Pompejus zu folgen. Deinem Sohne hat also der zu frühzeitige Tod kein Unglück gebracht; er hat ihm sogar die Erduldung aller Übel erlassen. »Doch er starb gar zu schnell und noch nicht reif für den Tod.« Nimm an, er wäre am Leben geblieben; nimm das längste Lebensziel, bis zu welchem dem Menschen zu gelangen verstattet ist, wie kurz ist es! Für eine überaus kurze Zeit geboren, um bald wieder abzutreten von einem Orte, der uns nur auf diese Bedingung hin überlassen ist, sehen wir uns nach einer Herberge um. Ich spreche von unserer Lebensdauer, von der es bekannt ist, mit wie unglaublicher Schnelligkeit sie dahinfliegt. Überschlage doch die Zeitalter der Städte, und du wirst sehen, wie selbst die, welche sich ihres Alters rühmen, gar nicht lange gestanden haben. Alles Menschliche ist kurz und hinfällig und nimmt von der unendlichen Zeit einen Teil ein, der ein Nichts ist. Diese Erde mit ihren Städten und Völkerschaften, ihren Flüssen und dem Umfange des Meeres betrachten wir als einen Punkt, wenn wir sie mit dem Weltall vergleichen; einen noch kleineren Teil aber, als ein Punkt, nimmt unsere Lebensdauer ein, wenn wir sie mit der ganzen Zeit vergleichen, deren Maß größer ist als das der Welt, da ja diese so oft ihre Bahn aufs neue durchmißt. Was also liegt daran, das weiter auszudehnen, dessen Zuwachs, wie groß er auch immer sein möge, doch nicht weit von nichts entfernt sein wird? Nur in einem Falle ist, was wir durchleben, viel: wenn es uns genug ist. Magst du mir, wenn dir's gefällig ist, Männer von einem als denkwürdig aufgezeichneten hohen Greisenalter nennen, indem du hundertundzehn Jahre aufzählst: wenn du deine Gedanken auf die ganze Zeit richtest, so wird zwischen der kürzesten und der längsten Lebensdauer kein Unterschied sein, sobald du nach Betrachtung der langen Zeit, die einer lebte, damit die lange Zeit vergleichst, die er nicht gelebt hat. Wenn er zu frühzeitig starb, so war ihm eben nichts mehr zu leben übrig, denn er lebte, so lange er leben sollte. Die Menschen haben nicht einerlei Greisenalter, wie selbst die Tiere nicht. Manche von ihnen sind schon vor dem vierzehnten Jahre entkräftet, und ihr längstes Lebensalter ist, was bei dem Menschen die erste Stufe ist. Einem jeden ist eine verschiedene Lebenskraft gegeben: niemand stirbt zu früh, weil er nicht länger leben sollte, als er gelebt hat. Einem jeden ist seine Grenze fest bestimmt, sie wird stets bleiben, wo sie einmal gesteckt ist, und keine Sorgfalt oder Kunst wird sie weiter hinausrücken. Er hat sein Teil dahin und gelangt zum Ziel des beschiedenen Alters. Du hast also keinen Grund, dir es durch den Gedanken schwer zu machen: Er hätte länger leben können. Sein Leben ist nicht abgebrochen, und nie hat sich ein Zufall zwischen die Lebensjahre hineingeworfen. Es wird gehalten, was einem jeden versprochen war. Das Los geht seinen Gang nach eignem Triebe und fügt weder etwas hinzu, noch nimmt es von dem Zugesagten auch nur ein einziges Mal etwas hinweg: vergeblich sind Wünsche und Bemühungen. Ein jeder wird so viel bekommen, als ihm der erste Tag zugeschrieben hat. Von dem Augenblicke an, wo er zuerst das Licht erblickte, hat er die Bahn des Todes betreten und ist seinem Verhängnis immer näher gerückt, und selbst jene Jahre, die dem Jünglingsalter zugelegt wurden, werden vom Leben abgezogen. Wir alle befinden uns in dem Irrtums, daß wir glauben, nur schon Bejahrte und gebückt Einhergehende schritten dem Tode zu, während doch sofort die Kindheit und die Jugend, kurz jedes Lebensalter dahin führt. Das Schicksal tut, was seines Amtes ist; es benimmt uns den Gedanken an unsern Tod, und um uns desto leichter zu beschleichen, verbirgt sich der Tod unter dem Namen des Lebens. Das unmündige Kind wird zum Knaben verwandelt, das Knabenalter vom Mannesalter, das Mannesalter vom Greisenalter dahingerafft. Das Wachstum selbst ist, wenn man es recht betrachtet, ein Abnehmen.

21. Du klagst, Marcia, daß dein Sohn nicht so lange gelebt habe, als er hätte leben können? Woher weißt du denn, ob es ihm länger gefrommt hätte? ob dieser Tod nicht sein Glück war? Wen kannst du heutzutage finden, dessen Verhältnisse so gut bestellt und begründet wären, daß er im Verlaufe der Zeit nichts zu fürchten hätte? Alles Menschliche gleitet und fließt dahin, und kein Teil unseres Lebens ist so verwundbar und zart als der, welcher uns der liebste ist. Daher ist den Glücklichsten der Tod zu wünschen, weil bei der so großen Unbeständigkeit und Verwirrung der Verhältnisse nichts gewiß ist, als was vorüber ist. Wer bürgte dir dafür, daß der so schöne und in einer üppigen Stadt so keusch erhaltene Körper deines Sohnes den Krankheiten so hätte entgehen können, daß er seine Schönheit unversehrt bis ins Greisenalter hinüber getragen hätte?

22. Bedenke die tausend Seuchen der Seele; denn auch wohlausgestattete Naturen erhalten die Hoffnungen, die sie in der Jugend erregten, nicht bis zum Greisenalter wach, sondern dieselben werden meist vernichtet. Entweder bemächtigt sich ihrer eine späte und um so häßlichere Üppigkeit und nötigt sie, den herrlichen Anfang zu schänden, oder sie fröhnen der Garküche und dem Magen, und ihre größte Sorge ist, was sie essen, was sie trinken sollen. Nimm dazu Feuersbrünste, Einsturz, Schiffbruch, Zerfleischungen durch die Ärzte, die den noch Lebenden die Knochen zusammenlesen, mit der ganzen Hand in die Eingeweide hineingreifen und mit außerordentlichen Schmerzen ihre Kuren machen. Sodann Verbannung: unschuldiger war dein Sohn doch nicht als Rutilius; Gefängnis: weiser war er doch nicht als Sokrates; eine durch freiwilligen Todesstoß durchbohrte Brust: unsträflicher war er doch nicht als Cato. Wenn du solches betrachtest, so wirst du erkennen, daß es denen am besten geht, welche die Natur, weil ihrer ein solcher Lohn des Lebens wartete, schnell in Sicherheit gebracht hat. Nichts ist so trügerisch als das Menschenleben, nichts so voll Hinterhalt; wahrhaftig, niemand würde es angenommen haben, wenn man es nicht wider Wissen bekäme. Wenn es daher das allergrößte Glück ist, nicht geboren zu werden, so halte ich es für das nächst größte, nach Überstehung eines kurzen Lebens schnell in den früheren unangefochtenen Zustand zurückversetzt zu werden. Stelle dir jene bittere Zeit vor, wo Sejanus deinen Vater seinem Schützlinge Satrius Secundus zur beliebigen Verwendung gab. Er zürnte ihm wegen irgendeiner freimütigen Äußerung, weil jener es nicht stillschweigend ertragen konnte, daß uns ein Sejanus nicht einmal erst auf den Nacken gesetzt werde, sondern selbst hinaufsteige. Es wurde beschlossen, ihm eine Bildsäule im Theater des Pompejus zu setzen, welches der Kaiser nach dem Brande wieder herstellen ließ. Da rief Cordus aus: »jetzt erst geht das Theater in Wahrheit zugrunde.« Wie? hätte er nicht vor Ärger darüber bersten sollen, daß über der Asche des Cnejus Pompejus ein Sejanus aufgestellt und in dem Denkmal des größten Feldherrn das Standbild eines treulosen Soldaten geweiht wurde? Und sie wurde geweiht durch die Anklage, und die bissigen Hunde, die jener, um sie gegen sich allein zahm, gegen alle anderen wild zu haben, mit Menschenblut nährte, fingen sogleich an, auch jenen dem Tode geweihten Mann anzubellen. Was sollte er machen? Wollte er leben, so mußte er den Sejanus bitten; wollte er sterben, seine Tochter, beide wohl unerbittlich. So beschloß er denn, seine Tochter zu täuschen: und nachdem er ein warmes Bad genommen, begab er sich in sein Zimmer, als wollte er etwas essen, und nachdem er die Diener fortgeschickt hatte, warf er einiges, damit es scheinen sollte, als habe er gegessen, zum Fenster hinaus, enthielt sich dann der Hauptmahlzeit, als habe er sich schon in seinem Zimmer satt gegessen und machte es am zweiten und dritten Tage ebenso. Der vierte verriet ihn durch die Kraftlosigkeit seines Körpers selbst. Daher umarmte er dich und sprach: »Teuerste Tochter, der ich in meinem ganzen Leben nur dies eine verhehlt habe, ich habe den Todesweg betreten und schon beinahe die Mitte erreicht. Zurückrufen darfst und kannst du mich nicht.« Und so gebot er denn, allem Lichte den Zutritt zu verschließen und verbarg sich in Finsternis. Als sein Entschluß bekannt wurde, war allgemeine Freude, daß dem Rachen der heißhungrigen Wölfe die Beute entrissen wurde. Die Ankläger wenden sich auf Betrieb des Sejanus an den Richterstuhl der Konsuln, sie klagen, daß Cordus sterbe, um zu hintertreiben, wozu sie selbst ihn gezwungen hätten; so sehr glaubten sie, Cordus werde ihnen entgehen. Eine wichtige Frage bei der Untersuchung war, ob sich Angeklagte durch den Tod der Strafe entziehen dürften. Während beratschlagt wird, während die Ankläger sich zum zweiten Male an die Konsuln wenden, hatte sich jener frei gemacht. Siehst du, Marcia, welcher Wechsel ungünstiger Zeitumstände unerwartet eintritt? Du weinst, weil einer der Deinen sterben mußte? Ihm wäre es beinahe nicht gestattet worden.

23. Abgesehen davon, daß alles Zukünftige ungewiß ist und nur das Schlimmere etwas gewisser, ist der Weg zum Himmel den Seelen leichter, die bei Zeiten von dem Verkehr mit den Menschen frei werden; denn sie haben noch sehr wenig von Hefen und beschwerender Masse in sich aufgenommen. Noch ehe sie sich damit überzogen und den irdischen Stoff tiefer in sich aufnahmen, schweben sie befreit wieder zu ihrem Ursprung empor und spülen alles Häßliche, was ihnen anklebt, leichter ab. Und nie ist großen Geistern ein langer Aufenthalt im Körper angenehm; sie sehnen sich, herauszukommen und auszubrechen, und sie, die emporgetragen unstät das Weltall durchschweifen und gewohnt sind, aus der Höhe auf die Menschenwelt herabzuschauen, ertragen nur ungern diese Einengung. Daher ruft Plato aus: »die Seele des Weisen neigt sich ganz dem Tode zu; das wolle, darauf sinne sie, von dieser Sehnsucht werde sie getrieben, stets nach außen hin strebend.« Wie konntest du, Marcia, da du in dem Jünglinge die Weisheit eines Greises sähest, einen Geist, der alle Lüste besiegte, der geläutert und frei von Lastern war, der nach Reichtum ohne Habsucht, nach Ehrenstellen ohne Ehrsucht, nach Vergnügen ohne Üppigkeit strebte, wie konntest du glauben, daß er dir lange erhalten bleiben werde? Alles, was seinen Höhepunkt erreicht hat, ist seinem Ende nahe. Vollendete Tugend entreißt sich und entschwindet unsern Augen, und was schon im Anfange gereift ist, wartet nicht auf die äußerste Zeit. Ein Feuer verlischt um so schneller, je heller seine Flamme lodert; ein längeres Leben hat es, wenn es mit zähem und schwer brennendem Stoffe vereinigt und vom Rauche niedergedrückt in schmutziger Farbe leuchtet; denn dieselbe Ursache, die es wenig nährt, hält es auch auf. So sind auch Geister: je heller sie sind, von um so kürzerer Dauer sind sie; denn wo kein Wachstum mehr, da ist der Untergang nahe. Fabianus berichtet, was auch unsere Eltern selbst gesehen, es sei zu Rom ein Knabe von der Statur eines riesig großen Mannes gewesen: aber er starb sehr bald, und jeder Verständige sagte es voraus, daß er in kurzem sterben werde; denn er konnte unmöglich bis zu dem Alter gelangen, das er schon vor der Zeit erreicht hatte. So ist die Reife ein Zeichen des nahen Todes und das Ende kommt heran, wenn das Wachstum erschöpft ist.

24. Fange einmal an, ihn nach Tugenden, nicht nach Jahren zu schätzen: dann hat er lange genug gelebt. Unmündig vom Vater hinterlassen, war er bis zum vierzehnten Jahre unter der Aufsicht von Vormündern, immer aber unter der Pflege der Mutter. Obgleich er seine eigenen Hausgötter hatte, wollte er doch die deinigen nicht verlassen, und blieb, während sonst Kinder kaum das Zusammenwohnen mit dem Vater ertragen, in der Wohnung der Mutter. Als ein Jüngling, durch Wuchs, Schönheit und sonstige Körperkraft fürs Feldlager geschaffen, verschmähte er doch den Kriegsdienst, um sich nicht von dir trennen zu müssen. Erwäge, Marcia, wie selten Mütter, die in andern Häusern wohnen, ihre Kinder zu sehen bekommen, bedenke, daß so viele Jahre den Müttern verloren gehen und in Sorgen hingebracht werden, als sie ihre Söhne beim Heere haben: und du wirst einsehen, daß das ein langer Zeitraum war, von welchem du nicht das mindeste eingebüßt hast. Nie hat er sich deinem Anblick entzogen; unter deinen Augen hat er die Ausbildung seines ausgezeichneten Talents betrieben, worin er seinem Großvater gleichgekommen sein würde, wenn nicht seine Bescheidenheit im Wege gestanden hätte, welche die Fortschritte vieler in Stillschweigen begraben hat. Als Jüngling von höchst seltener Schönheit hat er unter der so großen Schar von Weibern, welche die Männer zu verführen suchen, keiner je Hoffnung auf seine Person gemacht, und als die Verdorbenheit einiger so weit ging, ihn zu versuchen, errötete er, als ob er schon dadurch gesündigt hätte, daß er gefallen hatte. Durch diese Unsträflichkeit der Sitten bewirkte er, daß er, noch sehr jung, eines Priesteramtes für würdig gehalten wurde, ohne Zweifel auf mütterliche Verwendung; aber selbst die Mutter hätte nichts vermocht, außer für einen so tugendhaften Bewerber. Durch Betrachtung dieser Tugenden setze dich mit deinem Sohne in Verbindung, als ob er dir gerade jetzt noch mehr angehörte. Jetzt hat er nichts mehr, was ihn von dir wegriefe; nie wird er dir Kummer, nie Gram verursachen. Das einzige, was dich an einem so trefflichen Sohne schmerzen konnte, sein Tod, das hat dich geschmerzt; das übrige ist vor Unfällen sicher und voll von Genuß, wenn du nur mit deinem Sohne umzugehen verstehst, wenn du nur einsiehst, was an ihm das Kostbarste gewesen. Nur das Bild deines Sohnes und eine nicht eben sehr ähnliche Abbildung ist dahin: er selbst ist ewig und jetzt in einem besseren Zustande, entladen von fremder Bürde und ganz sich selbst überlassen. Die Gebeine, die man sieht, die Nerven und die darüber gezogene Haut, das Gesicht und die dienenden Hände und das übrige, worin wir gehüllt sind, sind nur Fesseln und Verdunkelungen des Geistes. Die Seele wird damit verdeckt, verdunkelt, angesteckt, abgehalten von dem Wahren und ihr Eigentümlichen und in Irrtümer hineingestürzt: das ist ihr ganzer Kampf mit diesem sie beschwerenden Fleische, daß sie nicht irregeführt werde, sondern fest bleibe. Sie strebt dahin, von wo sie entlassen ist; dort wartet ihrer ewige Ruhe, indem sie nach dem Verworrenen und Grobmassigen das Reine und Klare anschaut.

25. Daher brauchst du nicht nach dem Grabe deines Sohnes zu laufen: das Schlechteste und ihm selbst Lästigste liegt dort, Gebeine und Asche, was ebensowenig Teile von ihm sind als Kleider und andere Körperhüllen. Unversehrt und nichts auf Erden zurücklassend ist er entflohen und ganz von hier geschieden, und wenn er ein Weilchen über uns geweilt haben wird, bis er geläutert ist und die ihm anhängenden Gebrechen und allen Wust des sterblichen Lebens abgestreift hat, so wandelt er dann, zu den höheren Regionen erhoben, unter seligen Geistern und unter Verächtern des Lebens und durch des Todes Wohltat Befreiten. Dein Vater, Marcia, zieht dort, obgleich daselbst allen alles verwandt ist, den Enkel an seine Seite, der sich des neuen Lichtes freut, und lehrt ihn die Bahnen der benachbarten Gestirne kennen; und ihrer aller nicht mehr bloß durch Vermutung, sondern nach ihrer wahren Natur kundig, führt er ihn mit Freuden in die Geheimnisse der Natur ein. Und so wie ein Wegweiser in unbekannten Städten dem Fremdling willkommen ist, so dem, welcher nach den Verhältnissen der Himmelskörper forscht, ein Erklärer, der darin zu Hause ist und gewöhnt, seinen Scharfblick in die Tiefe der Erdenwelt hinabzusenden; denn es erfreut, von einer Höhe aus auf den verlassenen Raum zurückzuschauen. Benimm dich demnach so, Marcia, als ständest du unter den Augen deines Vaters und deines Sohnes, nicht jener, die du kanntest, sondern die weit erhabener sind und auf größter Höhe stehen; erröte über alles Niedrige und Gemeine und auch darüber, daß du die zu besseren Wesen verwandelten Deinen beweinst. In das ewige All durch freie und weite Räume entsendet, werden sie durch keine dazwischen flutenden Meere, noch durch Bergeshöhen oder unwegsame Talklüfte und Untiefen unsicherer Syrten gehemmt; überall ebene Pfade bieten sich ihnen dar, die sich leicht verändern lassen, wohl gebahnt, einer in den andern auslaufend und zwischen Gestirnen dahin führend.

26. Denke dir also, Marcia, dein Vater, der so viel bei dir galt als du bei deinem Sohne, spräche von jener Himmelsburg herab nicht in jenem Geiste, womit er die Bürgerkriege beweinte und die, welche Achtungen verhängten, selbst auf ewig geächtet hat, sondern in einem um so viel erhabenern, als er jetzt selbst erhabener ist, also zu dir: »Warum fesselt dich, meine Tochter, ein so langer Kummer? warum schwebst du in einer solchen Unkenntnis des Wahren, daß du meinst, es stehe übel um deinen Sohn, daß er sich bei vollem Wohlsein seines Hauses, bei vollem Wohlsein deiner selbst zu seinen Ahnen zurückgezogen hat? Weißt du denn nicht, durch was für Stürme das Schicksal alles durcheinander wirft? wie es sich noch gegen niemanden wohlwollend und gefällig erwies, als wer sich am wenigsten mit ihm eingelassen hatte? Soll ich dir die Könige nennen, die höchst glücklich gewesen wären, wenn sie der Tod den ihnen bevorstehenden Unfällen früher entrückt hätte? oder römische Feldherrn, zu deren Größe nichts fehlen würde, wenn man von ihrer Lebenszeit einiges abziehen könnte? oder die edelsten und berühmtesten Männer, die ihren Nacken dem Streiche des Soldatenschwertes beugend dargestellt sind? Denke zurück an deinen Vater und Großvater. Dieser verfiel der Willkür eines andern, der ihn mordete; ich selbst habe nie einem andern Gewalt über mich gegeben und dadurch, daß ich mir die Speise versagte, gezeigt, wie es mich freute, mit so hohem Mute geschrieben zu haben. Warum soll in unserm Hause der am längsten betrauert werden, der am glücklichsten stirbt? Wir treten alle zusammen und sehen, keineswegs von tiefer Nacht umgeben, bei euch nichts Wünschenswertes, wofür ihr es haltet, nichts Erhabenes, nichts Glänzendes, sondern lauter Niedriges und Beschwerliches und Angstvolles und ach! welch' kleinen Teil von unserm Lichte seht ihr doch! Brauche ist erst zu sagen, daß hier keine Waffen in blutigem Zusammenstoß wüten, nicht Flotten von Flotten zerstört werden, kein Vatermord bereitet oder auch nur gedacht, kein Forum den ganzen Tag lang von Rechtsstreitigkeiten durchtost wird, daß nichts im Verborgenen geschieht, daß die Gesinnungen aufgedeckt, die Herzen offen daliegen, daß das Leben ein öffentliches, den Blicken aller ausgesetztes ist, und ein Überschauen jedes Zeitalters und der noch kommenden stattfindet? Es machte mir Freude, die Ereignisse eines einzigen Jahrhunderts aufzuzeichnen, welche im letzten Teile des Weltalls und nur unter sehr wenigen vorfielen; jetzt ist mir vergönnt, soviele Jahrhunderte und den Zusammenhang, die Reihenfolge so vieler Zeitalter und alle Jahre, so viele es deren gibt, zu überschauen; ich kann hinblicken auf die Reiche, die sich erheben, auf die Reiche, die versinken werden, auf den Untergang großer Städte und auf neue Bahnen des Meeres. Denn (wenn dir das gemeinsame Schicksal ein Trost für deine Sehnsucht sein kann) es wird nichts an der Stelle stehen bleiben, wo es jetzt steht, das Alter wird alles niederwerfen und mit sich fortraffen; und nicht nur mit Menschen (denn ein wie kleiner Teil sind doch diese von dem, worüber dem Zufall Macht gegeben ist!), sondern mit Gegenden, mit Landstrichen, mit Weltteilen wird es sein Spiel treiben; viele Berge wird es niederdrücken und an andern Stellen neue Felsen in die Höhe treiben; Meere wird es verschlingen, Ströme aus ihrer Bahn lenken und den Völkerverkehr durchbrechend die Verbindung und Gemeinschaft des menschlichen Geschlechts auflösen. Anderswo wird es Städte in ungeheure Schlünde hinabziehen, sie durch Erdbeben erschüttern und aus der Tiefe Pestdünste heraufsenden, alles bewohnte Land mit Überschwemmungen bedecken und, wenn der Erdkreis versinkt, jedes lebende Wesen töten und mit ungeheuerm Feuer alles Sterbliche versengen und in Brand stecken. Und wenn die Zeit gekommen ist, wo die Welt, um erneuert zu werden, sich vernichten wird, da wird sich jenes alles durch seine eigene Kraft zerstören, Gestirne werden mit Gestirnen zusammenstoßen, und während die ganze Weltmasse in Flammen steht, wird alles, was jetzt in geregelter Ordnung leuchtet, in einem Feuermeere brennen. Auch wir selige Geister, die wir das Ewige erreicht haben, werden, wenn es der Gottheit gefällt, alles noch einmal ins Werk zu setzen, bei dem allgemeinen Einsturz selbst, nur eine kleine Zugabe zu der ungeheuern Verheerung, in die alten Urbestandteile verwandelt werden. O wie glücklich ist dein Sohn, Marcia, der dies alles schon weiß!«


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