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In der ›Pension Atlantik‹ war man keineswegs erstaunt, als Mr. Mason ein elegantes Zimmer für diese junge Dame verlangte, die sich unter seinen Schutz gestellt hatte.
»Nummer fünf ist noch frei!« entschied Frau Rohlauf nach einem kurzen Blick auf den Zimmerplan und gab Emmy Anweisung, die junge Dame dorthin zu führen.
Mason verabschiedete sich formell und wünschte dem gnädigen Fräulein eine angenehme Nacht. Das Stubenmädchen glaubte sich ein Grinsen nicht verkneifen zu können, sie nahm den aufrichtigen Wunsch des Revolverschützen, wie sie Mason getauft hatte, nicht recht ernst.
Als Anna Hedenus allein war, blieb sie zuerst minutenlang mitten im Zimmer stehen. Merkwürdig schnell war der Zauber, den eine geheimnisschwere Geige ausgeübt, gewichen. Das Leben begann wieder Wirklichkeit zu werden; sie war also jetzt in einer Pension. ›Pension Atlantik‹ hieß sie wohl, ein Herr, den sie vor ein paar Stunden kennengelernt hatte, war ihr Wohltäter und glaubte, einen Star aus ihr machen zu können – seltsame, verworrene Welt! Gedankenverloren begann sie sich auszukleiden, bleierne Müdigkeit lag lähmend in den Gliedern – – sie sah jetzt die Verbindungstür – sie erinnerte sich, daß Mister Mason nebenan schlief – – noch konnte man sich wieder ankleiden und das Haus verlassen! Aber wohin dann?
Mit schleppenden Schritten ging sie zum Fenster, es war nur angelehnt, gedämpft rollte es unten, ein zager Wind glitt durch Baumäste, Laub raschelte, und ein schwacher Duft beginnender Blüte wehte heran.
Ein paar Nebenstraßen weiter saß jetzt wohl der Professor und grübelte, vielleicht sammelte er auch mit zitternden Händen den zerfetzten Block – und sie stand hier am Fenster, so nahe und durch das Erlebnis eines Abends weltenfern von ihm. Das Leben war erbarmungslos.
Sollte man vor ihm fliehen und wieder dorthin zurückkehren, wo es vorüberrauschte, ein ferner, drohender Strom, in den man sich werfen konnte – aber man fand ja dort niemals den Mut zum Sprung. Man war auch dort ›die Diebin‹ jetzt!
Jede weiche Regung erstarb bei dieser Erinnerung in ihr, sie wurde hart und fühllos, nur ein Wille wuchs und fanatisierte sie, das zu werden, was ein Mann, der an sie glaubte, in ihr sah. Denn er glaubte doch an sie – – oder sollten es nur Worte gewesen sein, leere Worte, hinter denen sich etwas anderes verbarg? Dieser Gedanke war so unerträglich, daß sie sich über ihn hinwegsetzte. Sie fühlte, daß Masons Worte ihren letzten Halt bedeuteten, es war gefährlich für einen Menschen wie sie, diesen letzten Halt zu verlieren.
Anna Hedenus biß die Zähne zusammen.