Fritz Reuter
Hanne Nüte un de lütte Pudel
Fritz Reuter

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3.

    De Tid vergeit. Nah Johr un Dag
Sitt Snut up sin Gedankenflag;
Hei sitt un sitt un simmelirt,
En gor tau swor Stück Arbeit wir't,
Ob't so woll müßt, ob't so woll güng,
Un ob hei't so woll klauk anfüng,
Un ob dat Mutter ok woll lidd –
Hei druckst un druckst un sitt un sitt. –
»Mein Gott,« seggt Snutsch, »wat dit woll heit?
Hei kümmt noch nich? – Dit's sonderboren! –
So lang' pleggt dat doch süs nich wohren.
Weit, dat dat Eten farig steit,
Un kümmt nich rin. – Segg mal, Jehann,
Hest Du mit Vadern hüt wat hatt?« –
»»Ik? – Ne, bewohr! – Wat süll ik hewwen? –
Hei slog vermorrn de Klammern an,
Un ik beslog dat Achterrad,
Dunn kamm hei rut, besach dat Stück,
Nickt mit den Kopp un lacht vör sik
So heimlich hen, gung in de Smäd
Un't was, as wenn hei dor wat säd,
Doch wat dat was, kunn 'k nich verstahn.«« –
»Mein Gott,« seggt Snutsch, »wat dit woll heit?...«
Dunn kümmt oll Snut herin tau gahn
Mit groten Irnst un Jhrborkeit:
»»Hüt, Mutter, is en Freudendag;
Ik ded't mi up min olles Flag
Irst ganz gehürig äwerleggen,
Doch nu kann ik't mit Wohrheit seggen,
Mit unsen Jung'n will't sik regiren:
Wer ein'n sößtöll'gen Reifen leggt
Un kriggt dat ganz allein t'recht,
Wotau zwei dücht'ge Kirls süs hüren,
So'n Smidt is echt.
Un, Jung'! – Von Gott hest Du de Knaken,
Tau'n dücht'gen Smidt ded ik Di maken,
De Köster hett dat Sinig dahn,
Gottsfurcht hest von den Preister lihrt
Un nicks as Gauds von Öllern hürt,
Nu kannst Du in de Frömd rin gahn,
Un morgen schriwen wi Di ut.«« –
»Ja,« seggt de Ollsch un kickt em an
So äwerglücklich, »na, Jehann,
Denn heitst Du endlich Jehann Snut;
Un maken s' Di irst taum Gesellen,
Denn lat Di nich mihr Nüter schellen.« –

    Als nu denn ok den annern Morrn
Ehr leiw Jehann Gesell was word'n,
Dunn hett de Ollsch denn got tau hill
Tau neihn un an tau stoppen fungen;
Oll Snut sorgt für en nigen Jungen,
De em den Püster trecken füll.

    So kamm denn ran de letzt April,
Un Hanne gung von Dör tau Dören
Dörch't ganze Dörp un säd Adjü:
»Adjüs ok, Smidtsch! Adjüs ok, Gören!
Adjüs, lütt Pudel! Denk an mi!«
Un nah den Köster kümmt hei dunn,
De just bi sine Immen stunn:
»Adjüs, Herr Sur, ik kam tau Sei
Un wull mi doch bi Sei bedanken
För all ehr Gaudheit un ehr Mäuh,
Denn morgen is de irste Mai,
Denn wull ik in den Welt rin wanken.« –
»»Sie wollen also jetzt auf Reisen,««
Fröggt Köster Sur, »»mein lieber Hanne?
Denn muß es wohl »Herr Nüte« heißen. –
Die junge Menschheit waßt heranne
In's Handümdreihn, man weiß nich wo,
Un mit die Imm is't ebenso;
Es ist dasselbigte Ereigniß.
Sehn Sie die Imm hier zum Vergleichniß;
Das fliegt in 't Irst blot in den Goren,
Jedennoch bald – wo lang' wird's wohren –
Denn fliegt dat äwer't Feld heräwer
Nah'n Klewerslag, – kein besseres Insect
Gibt's for die Imm, as witte Klewer –
Un wenn das nun so rümmer treckt
Von Blaum tau Blaum, denn sugt das Honnig
Un jede kehrt zurück in ihr Behältniß,
Un darum auch, Herr Nüte, konn ich
Sie stellen in dasselbigte Verhältniß.
Un zworst worum? – Sie fliegen as die Imm
In't Irst nu in die Welt hinaus
Sie sugen hier un da herüm
Un bringen Honnig mit nach Haus;
Arbeiten is dat Honnigsugend,
Un Honnig Wissenschaft un Dugend.
Un nu, Herr Nüte, noch 'ne Bitt'!
As ik von ehre Reis' hew hürt,
So hätt ich mich drauf präkawirt,
Sie nehmen woll en Brief mich mit.
Als ich noch wäre in der Schlesing,
Da kennt ich mal en nettes Mäten
Un hätt auch in's Verhältniß seten
Ziemlich genau mit ihr, sie hieß Theresing,
Ihr Vater wär ein Webermeister,
Und Anton David Rother heißt er
Un hätt' en Bruder, der hieß Luter,
Und dicht vor Polkwitz wohnen tut er.
Wenn's Ihnen also menschenmüglich,
Denn grüßen Sie ihr ganz vorzüglich,
Un sagen S' ihr, ich säß nu hier
Und hätt sehr geliebet ihr,
Und dieser Brief, der käm von mich
Un dächt noch immer an die Zeiten. –
Un wat min Fru is, darw't nich weiten.« –
Ach, arme, arme Köster Sur!
Sin Fru stunn achter't Immenschur
Un kamm nu achter't Schur herut:
»»Her mit den legen Breif, Musch Snut!««
Un ihr dat Einer hinnern kunn,
Ritt s' – ritsch un ratsch! – Dat Sigel run:
««Mein süßer Engel!«« – Dit ward nett!
Wo't woll so'n »süßen Engel lett? –
»Ich grüße Dir nach langer Zeit,
Doch leider bün ich schon verfrei't –«
So? »leider!« – Täuw, dit willn w' uns marken!
Ik denk, hei schriwwt an Pächter Swing'
Von wegen en lütt gadlich Farken,
Un hei schriwwt niderträcht'ge Ding'! –
»Was meine Frau, is midden in de Welt,
Sie hätte zworst en Bitschen Geld,

    Weiß mit die Wirthschaft gut Bescheid
Un is auch for die Rendlichkeit,
Indessen doch – was will das All bedeuten? –
'S sind doch nich meine schles'schen Zeiten!
As mich Dein Arm so sanft umfieß,
Dein Mund sich von mich küssen ließ» –
Pfui! pfui! Du führst hier saub're Reden!
Un de Person, de hett dat leden?
Un dese junge, dumme Bengel,
De sall Aporten dragen an den »süßen Engel?«
Du schämst Di nich? Du sallst hier Kinner lihren
Un willst hier Frugenslüd verführen?«« –
»Oh Dürten,« röppt uns' Köster Sur,
»Oh Doris, bitte, hör doch nur!« –
»»Ick hüren? – Ne, ik will nicks hüren.
Ik heww't jo lesen, heww't jo seihn!
Bestell Di doch »Dein süßes Engelein,«
Denn up dat Für steit uns' Grütt, –
Ik bün jo doch tau nicks nich nütt, –
Lat doch den »süßen Engel« kamen,
De rührt Di ok de Klümp tausamen,
De Engel kann dat Bir hüt proppen,
De Strümp Di ok hüt Abend stoppen,
Di morgen früh de Stuw utfegen,
Di Fauder halen für de Zegen,
Dat Holt Di in de Käk rin drägen,
Di waschen, räuken, hegen, plegen;
Un ik, ik krieg denn ok bi Wegen
Tau seihn, wat Ein en »Engel« nennt,
Un ward mi recht vergnäuglich hägen,
Wenn Jug de Grütt un Leiw anbrennt.««
Un dormit ritt sei – ein, twei, drei –
Den ganzen Liebesbreiw intwei
Un springt dunn in de Käk herin:
««Un dat will gor verleiwt noch sin?
Mit grise Hor un kopprig Snut,
Verdrögt as so'n Rosinenstengel?««
Un halt en Bessen acht're Dör herut:
»»Süh! kumm mi man mit Dinen Engel!««
Un Sur steit dor verdutzt, verzagt:
»Ich hätt ja blos man so gesagt,
Man blos so thun, mein liebes Dürten!
Ich hätt' es wirklich man in Würden,
As de Katteiker in den Start.
Geliebtes Dürten, Doris, Dorothee,
Du weißt jo doch: Dein is min Hart,
Un wenn ich Dir so mit den Bessen seh...«
Swabb! smitt sin Dürten, sine leiwe Fru,
De Dör em vör de Ogen tau.
Hei kratzt den Kopp: »Da steh ich nu!
Herr Nüte, wenn ik raden dau,
Heurathen S' nie sik eine Fru;
Denn Swächlichkeit is das Geslecht,
Kein einzigst Farw is bei ihr echt;
Dat Bitschen Schönheit kommt zur Geltniß,
Un jämmerlich is ihr Verhältniß.
Ich hab' hauptsächlich blos den Brief geschrieben,
Mich in die Liebes-Schreibart einzuüben;
Denn der Artikel geht nicht slecht.
Die Lieb' kommt allerweg' zurecht,
Wo jugendvolle Herzen blühn;
Auch hier bei uns, hier in Gallin.
Doch wenn ich mir in Liebe übe,
Ist's blos um's Brod, nicht um die Liebe.
Was meinen Sie, krieg ich for so en Jungen,
Und's Jahr is um, wenn ich ihn lern?
Nich halb so viel, as Durtig Bungen
Für Liebesbrief mir zahlet gern.
Die Lieb', Herr Nüte, is en Kram,
Der führt verdeuwelt viel im Mun'n;
Uns' Herrgott führt die Herzen woll tausam,
Wo aber wird der Ausdruck fun'n?
Uns' Herrgott kümmert sich nich d'rum,
Er säet blos die Liebessaat;
Ein Liebender, der würklich Liebe hat,
Is for den Ausdruck viel zu dumm;
Darum bün ich darauf verfollen,
Die Liebesleut' tausam tau hollen
Und Ausdruck ihrer Lieb' zu geben,
Herr Nüte, for ein Billiges.
Un auch bei Ihnen will ich es,
Wenn's Ihnen mal passirt im Leben.
Und marken S' sich gefälligst dies.
Un nu, Herr Nüte, nu adjüs!« –
Un Hanne seggt: »Adjüs, Herr Sur!«
Un bögt rechtsch üm de Kirchofsmur
Un geit herup nah'n Herrn Pasturen. –

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