J. L. Pyrker
Lieder der Sehnsucht nach den Alpen
J. L. Pyrker

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16. Meine Bäume.

            Ich liebt' euch stets, ihr hochgethürmten Bäume,
    In eurer still erhabenen Majestät!
Ihr ragt empor in saphirblaue Räume,
    Wo frei des Aethers freier Odem weht;
Ich liebt' euch stets, und meiner Jugend Träume
    Nah'n mir im holden Licht auch jetzt noch spät,
Mit all den süßen, wonnevollen Stunden,
Die mir vor euch so selig hingeschwunden.

Noch weil' ich freudig auf des Berges Höhen
    Bei euch. Die Welt täuscht oft – Natur ist treu!
Die rege Brust wird still bei eurem Wehen,
    Und fühlt sich bald von jedem Bangen frei:
Denn lieblich ist es dort sich zu ergehen
    In muntrer Vögel jubelndem Geschrei;
Zu schau'n im Thal die Abendlandschaft glühen,
Und über euch die ersten Sterne sprühen.

Doch rast' ich, kehrend, dann, ihr Doppel-Linden,
    Die ihr des Friedhofs stille Pforte schmückt,
Bei euch noch aus – da scheint mein Stern zu schwinden!
    Der lebensmüde Pilger sitzt gebückt,
Und glaubt sich endlich an dem Ziel zu finden,
    Der ihn des Schicksals Pfeilen mild entrückt,
Und möcht', entschlummert, dort in's beß're Leben,
Von eurem Duft umhaucht, hinüberschweben!


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