J. L. Pyrker
Lieder der Sehnsucht nach den Alpen
J. L. Pyrker

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3. Versöhnung.

        Wie ich im fahlen Abendlicht
    Durch Waldesdunkel schreite,
Das Frühroth durch die Zweige bricht,
    Und strömt nach jeder Seite,
Da seh' ich, an den Stamm gelehnt,
    Den armen Sennten sitzen,
Und wie die heiße Thräne brennt,
    Ihm aus den Augen blitzen.
Ich fragte gern was ihn betrübt:
Ob ein Verrath, den man verübt'
    An seinem treuen Herzen,
    Der Grund sey seiner Schmerzen?

Ach, wie der Aermste mich erschaut,
    Da fährt er auf behende,
Mit einem dumpfen Schmerzenslaut,
    Als nahte sich sein Ende.
Es ist für den, der nichts mehr hofft
    Nach großen Herzenswehen,
Ein qualenvoller Anblick oft,
    Den Tröster zu ersehen!
Er starrt' umher – mir schien es fast
Mein Mitleid selbst sey ihm verhaßt;
    Zwei schwere Tropfen drangen
    Herab an seinen Wangen.

Doch siehe, Alpenmelodei
    Tönt jetzt vom Berg herüber:
Sie spricht von unverletzter Treu',
    Und geht in's Jauchzen über;
Er fleugt dahin, sein Name tönt
    Ihm wonnevoll entgegen,
Und beide fühlen, schnell versöhnt,
    Der Liebe reichen Segen.
Ich sah mich jetzt in Thränen, stumm,
Nach meinem Pilgerstabe um,
    Und konnte fast die Beiden
    Um jenes Glück beneiden.


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