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Die derberen Elementargeister der Wälder und Berge, eben deshalb mit einer Andeutung des halbthierischen Naturtriebes durch körperliche und Gesichtsbildung. Nach Hesiod sind sie desselben Geschlechts wie die Bergnymphen und die Kureten, die nichtsnutzigen, die durchtriebenen Satyrnγένος οὐτιδανῶν Σατύρων καὶ ἀμηχανοεργῶν s. oben S. 515, [Anmerkung 1609]. Nach einer asiatischen Sage war Satyros ein Sohn des Dionysos und der Nymphe Nikaea, die sich ihm im Rausche ergeben hatte, Memn. Herakl. 41. Das Wort scheint eines Stammes mit σάϑη σάϑων. Σατύριον hieß ein Kraut von stimulirender Wirkung, auf einer tarentin. Münze (D. A. K. 1, 74) das Attribut eines Satyrs., wodurch ihr 571 Character treffend gezeichnet wird. Immer sind sie neckisch und durchtrieben, schelmisch und albern, lüstern nach Wein und Weibern, muthwillig und feige: ein Geschlecht dessen dämonische Begabung einen starken Zusatz von der Bocksnatur bekommen hatDaher man sie auch τίτυροι nannte d. h. Böcke. Vgl. Serv. V. Ecl. pr. u. Hesych v. τίτυρος u. τράγους Σατύρους διὰ τὸ τράγων ὦτα ἔχειν. Auf älteren Vasenbildern haben sie meist Pferdeschwänze, Pferdehufe und Eselsohren, wodurch sie den Kentauren ähnlicher werden.. Bei kräftigen Gliederformen haben sie stumpfe Nasen, ziegenartige Ohren, mitunter auch Knollen am Halse, borstiges und wie bei den Ziegen emporgesträubtes Haar, endlich das Schwänzchen im Rücken und thierisch gebildete Geschlechtstheile. Ihr eigentliches Leben und Treiben ist im Walde und in den Bergen, wo sie jagen oder Heerden treiben, tanzen und springen und dazu musiciren, den Nymphen auflauernNymphenraub der Satyrn und andre Merkmale ihrer derben Sinnlichkeit auf Münzen von Thasos und Lete., mit Dionysos schwärmen, trinken und allerlei tollen Unsinn treiben. Den ihnen eigenthümlichen Tanz, der aus bocksartigen Sprüngen bestand, nannte man Sikinnis, wie man sie selbst wegen dieser thierischen Unruhe Skirtoi d. h. Hüpfer und Springer nannteLob. Agl. 1311 sqq. σκιρτητὴς Σάτυρος Mosch, id. 6, 2. Σίκιννις von σείεσϑαι und κινεῖσϑαι.. Ihre Musik ist die ländliche und die der Hirten, der Syrinx, der Flöte, der Cymbeln und Castagnetten, des Dudelsacks. Den Menschen waren sie nach dem Volksglauben oft feindlich, indem sie in die Heerden einbrachen und das Vieh tödteten, die Weiber mit ihrer Brunst verfolgten, das Volk in der Gestalt von Kobolden schreckten u. dgl. m.Apollod. 2, 1, 2, Philostr. v. Apollon. 7, 27 p. 123 K. Auch die in dem kleinen Gedichte der Homer. Sammlung Κάμινος ἢ Κεραμεῖς und b. Arist. Eq. 634 angerufenen Kobolde werden zu der Gattung der Satyrn gehören, Harpokr. κόβαλοι δαίμονές εἰσί τινες σκληροὶ περὶ τὸν Διόνυσον, Lob. 1320 sqq.. Eine höhere Bedeutung aber für Poesie und Kunst verdankten sie den Spielen und Mummereien der Dionysien, wo die Maske der Satyrn immer sehr beliebt war, als das bei solchen Lustbarkeiten unentbehrliche Element der ungebundenen Natürlichkeit und privilegirten Scurrilität. So entstand in Attika das Satyrdrama, eine Art von Compromiß zwischen der ernsten und feierlichen Tragödie und der durchtrieben volkstümlichen Lustbarkeit der Satyrmaske, deren Hauptreiz in der natürlichen Parodie bestand, welcher die Vorgänge aus der epischen und 572 mythologischen Götter- und Heroenwelt durch die ländliche und immer läppische und neckische Umgebung der Satyrn, die den stehenden Chor bildeten, unterworfen wurden. Natürlich paßte nicht jeder Vorgang zu solchem Spiele, doch ist die griechische Götter- und Heldensage in allen Partieen reich genug an halbkomischen oder leicht zu travestirenden Vorgängen, um auch für solche Compositionen eine unerschöpfliche Fundgrube zu bilden. Namentlich sind es die Sagen aus dem Kreise des Dionysos und des Herakles, welche dazu benutzt wurden, da vorzüglich dieser Held, allezeit tapfer und gewaltig, aber gefräßig und trunkliebend, wie man ihn sich im Volke dachte, immer von den Satyrn umschwärmt ist, die bald mit ihm essen und trinken, bald seine Waffen stehlen oder durch andere Neckereien ihn in den Harnisch bringen, dann das Hasenpanier ergreifen u. s. w. Ferner wurden die vielen Ungeheuer und Riesen der griechischen Mythologie gern auf diese Weise travestirt, wie davon der Euripideische Kyklop ein Beispiel giebt. Oder es ist die verliebte Lüsternheit der Satyrn welche hervorgehoben wurde, wenn nehmlich Schönheit und blühende Jugend in ihren Bereich kam, oder ihre unergründliche Feigheit. Der Vorgang der Bühne nun regte auch die Künstler an sich in ähnlichen Compositionen aus der mythologischen Figurenwelt zu versuchen, wie in manchen Vasenbildern verschiedene Acte aus der Götter- und Heldensage auf entsprechende Weise überarbeitet vorliegenO. Jahn in den Leipz. Verhandl. 1846. 47 S. 291 ff., E. Curtius Herakles der Satyr u. Dreifußräuber, B. 1852, wo aber nicht an einen verkleideten Herakles, sondern an einen wirklichen Satyr zu denken ist.. Aber auch sonst sind die Satyrn als die lebendigsten und volkstümlichsten Characterfiguren des bacchischen Naturlebens und der bacchischen Sagenwelt immer besondre Lieblinge der künstlerischen Phantasie gewesen, durch welche sie sich zugleich immer mehr veredelten. In der älteren Kunst sind sie meist bärtig und alt, oft sogar recht garstig und nicht sehr verschieden von wilden Affen und häßlichen Waldteufeln. Mit der Zeit indessen, besonders in der jüngeren attischen Schule, wurde ihre Erscheinung immer jugendlicher und zarter, und allerlei naives und anmuthiges Spiel und Treiben des Waldes oder der Weinlese und der bacchischen Ausgelassenheit läßt sie auf einem immer ansprechenden Hintergrunde erscheinen. Bald sieht man sie mit musikalischen Uebungen beschäftigt, in welcher Gattung eine oft wiederholte Statue berühmt war, die man gewöhnlich von einem Musterbilde des 573 Praxiteles ableitet, wo ein anmuthiger Satyr schalkhaft sinnend vor sich hinblickt, an einen Baum gelehnt und die Flöte in der HandVgl. dagegen B. Stark archäol. Studien, Wetzlar 1852 S. 18 ff. und daselbst S. 26 ff. über ein gleichfalls sehr berühmtes Gemälde, den ausruhenden Satyr des Protogenes, angelehnt und mit zwei Flöten.. Bald warten sie des kleinen Dionysos, bald macht ein auserlesener Satyrjüngling den Mundschenk seines Herrn und Meisters, bald sieht man sie mit Maenaden oder Nymphen in bacchantischer Lust tanzen und schweben, wie namentlich die aus Pompeji erhaltenen Wandgemälde ausgezeichnet schöne Gruppen der Art zeigen. Oder man sieht diese dämonischen Geschöpfe den Wein lesen, den Wein kelternAthen. 5, 28, Long. 4, 3 πανταχοῦ Σάτυροι πατοῦντες, πανταχοῦ Βάκχαι χορεύουσαι. Anacreont. 3 (17) ποίησον ἀμπέλους μοι καὶ βότρυας κατ' αὐτῶν καὶ Μαινάδας τρυγώσας, ποίει δὲ ληνὸν οἴνου, ληνοβάτας πατοῦντας τοὺς Σατύρους γελῶντας u. s. w. Vgl. Welcker Ztschr. f. A. K. 523 ff., A. D. 2, 113 ff. Nikander Alexiph. 30 ff. nennt statt der Satyrn Silene. und vor allen Dingen den Wein genießen und im seligen Rausche hingegossen ausschlafen. Oder sie jagen und balgen sich mit Bacchantinnen und Hermaphroditen, oder endlich es sind genreartige Stücke aus dem Familienstillleben der Satyrn im Walde, indem bei diesem Geschlechte, wie bei den anderen gleichartigen, zuletzt neben den männlichen auch weibliche Satyrn und deren Kinder auftreten, derbe runde Gestalten, in denen die Natur gleich die gewaltige Potenz im Trinken und in anderen Dingen ankündigt. Auch die Namen der Satyrn, wie deren besonders auf Vasenbildern viele vorkommen, pflegen immer solche Vorzüge auszudrücken. Das sprechende und außerordentlich treffende Symbol der Satyrn war der Hase, das feige, verliebte, muthwillige Thier des WaldesVgl. Müller Handb. § 385 u. die Auswahl b. Wieseler D. A. K. 2, 454–487. Satyrnamen b. O. Jahn Vasenb. 26 ff., Köhler Nonnos 48, Stephani ausr. Herakl. 218..