Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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c. Hermaphroditos.

Auch diese Zwittergestalt muß hier erwähnt werden, da sie wesentlich zur Umgebung der Aphrodite und zur Characteristik ihres Dienstes gehört. Diesem war namentlich im Oriente die Neigung eigenthümlich die Formen des männlichen und des weiblichen Geschlechts zu vermischen, sei es daß man damit eine höhere und frühere Gestalt der Schöpfung auszudrücken 400 glaubte oder daß man die Herrschaft der großen Göttin über beide Geschlechter und alle Natur andeuten wollte. So verehrte man auf Cypern neben der weiblichen Aphrodite einen männlichen Aphroditos mit einem Barte, einem Scepter und den männlichen Geschlechtstheilen, aber in weiblicher Kleidung, und feierte das entsprechende Fest in der sich an verschiedenen Orten wiederholenden Weise daß die Männer in weiblicher, die Frauen in männlicher Kleidung erschienenMacrob. S. 3, 8, Serv. V. A. 2, 632, Hesych v. Ἀφρόδιτος.. Auch in Pamphylien soll es einen ähnlichen Gottesdienst gegeben habenIo. Lydus d. mens. 4. 44 p. 78., und in Karien und Lydien dürfen wir ihn gleichfalls voraussetzen, dort wegen der gleich zu erwähnenden Fabel, hier wegen der vom Herakles und der Omphale mit den entsprechenden Legenden und Gebräuchen. In Griechenland feierte man zu Argos ein ähnliches Fest unter dem Namen HybristikaPlut. virt. mul. 4, Polyaen. strateg. 8, 33., desgleichen in Athen, wo die nach orientalischer Vorstellung sowohl weiblich als männlich gedachte Natur des Mondes zu Grunde gelegen haben sollPhiloch. b. Macrob. l. c. Auf ähnliche Gebräuche im Culte der syrischen Astarte und der punischen Virgo Caelestis deutet Iul. Firm. p. 5 ed. Burs. Zu Rom die Venus calva s. Röm. Myth. 393.. Auch scheint aus Athen der Name Hermaphroditos zu stammen, zunächst zur Bezeichnung solcher Hermen an denen die Merkmale beider Geschlechter, sowohl des männlichen als des weiblichen zu sehen warenTheophr. char. 16 στεφανοῦν τοὺς ἑρμαφροδίτους. Dahingegen b. Alkiphr. 3, 37 von einem T. des Hermaphroditos die Rede zu sein scheint.. Daher Hermes und Aphrodite gewöhnlich für die Eltern des Hermaphroditos gehalten wurden, welcher nun bald für ein göttliches Wesen galt das hin und wieder erscheine, bald für eine Verirrung der Natur welche Uebles bedeuteDiod. 4, 6.. Die spätere Kunst und Dichtung d. h. die des hellenistischen und römischen Zeitalters, hat solche Vorstellungen zu allerlei Phantasiespielen zweideutiger Art benutzt, wie sie dem Geiste dieser Zeiten besonders zusagten. So die Fabel von der karischen Nymphe Salmakis bei Halikarnaß, welcher Quelle man ohne Grund einen verweichlichenden Einfluß zuschrieb, ohne Zweifel in Folge von religiösen Gebräuchen die später nicht mehr richtig verstanden wurdenOvid M. 4, 285–388, vgl. Strabo 14, 656, Fest. p. 329 v. Salmacis, Vitruv. 2, 8,11 Veneris et Mercurii fanum ad ipsum Salmacidis fontem, wo Schneider eine Uebersetzung von Ἑρμαφροδίτου vermuthet.. Daher die Erzählung von dem 401 schönen Jüngling Hermaphroditos, einem Sohne des Hermes und der Aphrodite, welcher sich in dem Gewässer jener Nymphe badet und von ihr so heiß geliebt und umschlungen wird, daß sie mit ihm zu einer und derselben Person verschmilzt, die deshalb sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts ist. Doch hat sich die bildende Kunst noch mehr als die Poesie dem Gelüste hingegeben dieses Zwittergebilde von Schönheit in verschiedenen Gruppen und Lagen sehen zu lassenO. Müller Handb. § 392, 2, Wieseler D. A. K. 2, 708–721. So kannte die bildende Kunst auch Hermeroten, Plin. 36, 33..

4. Geburts- und Heilgötter.


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