Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher
Platons Werke. Erster Theil
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Parmenides

In der Übersetzung von
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher

Einleitung

Wer weiß nicht, wie ehedem der »Parmenides« des Platon als ein dunkles Heiligtum von Vielen ist angestaunt worden, worin geheime nur Wenigen zugängliche Schätze der erhabensten Weisheit verborgen lägen. Allein nachdem dieser Wahn, so leicht es auch war, erst spät aus dem Wege geräumt worden: so hat sich die falschgegründete Erhebung in Vorwürfe umgekehrt von der Art, daß, ihre Richtigkeit vorausgesetzt, das Ganze wiederum nur auf andere Weise unbegreiflich wird. Oder sollte es nicht unbegreiflich sein, daß ein Mann von Platons Geist und philosophischem Verstande entweder die Vieldeutigkeit der Worte nicht sollte gemerkt haben, welche ihn in die Widersprüche verwickelte, die er dem zufolge so geduldig und ohne ihrer Auflösung nachzuspüren, der Welt hingeschrieben hätte, oder aber ärger als alle so vielfach von ihm bestrittene Sophisten mit den noch unbeholfenen Lesern sein Spiel sollte getrieben, und es sogar zu einer solchen Länge ausgedehnt haben, auf die Gefahr den Unterrichteten durch die Ausführung Langeweile und durch die Gesinnung Widerwillen zu erregen. Auf diese Vorwürfe und die verschiedenen Deutungen im voraus Rücksicht zu nehmen, und sie einzeln oder im Ganzen beseitigen zu wollen, das könnte mehr als irgend etwas die Einführung des Lesers in dieses, für Viele ohnehin von vielen Seiten abschreckende Gespräch erschweren. Daher es geratener sein mag die Ansicht welche die richtige scheint in kurzem vorzulegen, ob sie sich vielleicht genugsam bewährt um auch zur Beurteilung anderer Meinungen den Maßstab zu geben. Insgemein wird vorausgesetzt, der »Parmenides« gehöre zu den späteren Schriften des Platon: allein da dies kaum einen andern Grund hat, als daß man mit dem tiefsinnigen Werke seine Jugend nicht schmücken wollte: so möge sich der Leser eben so gern das entgegengesetzte vorläufig nur als Voraussetzung gefallen lassen, und den »Parmenides« als zum »Phaidros« und »Protagoras« gehörig betrachten. So wie nämlich der »Phaidros« nur im Allgemeinen den philosophischen Trieb und sein Organ die Dialektik begeistert und bewundernd gepriesen hatte; der »Protagoras« aber künstlich Äußeres und Inneres verknüpfend den philosophischen Trieb und den sophistischen Kützel, und so auch die aus jedem von beiden hervorgehende Methode in Beispielen dargestellt hatte: so zeigt sich der »Parmenides« als ein gleichmäßiger Ausfluß aus dem »Phaidros«, indem er, was der »Protagoras« begonnen hatte, als dessen Ergänzung und Gegenstück auf einer andern Seite vollendet. In jenem nämlich wird der philosophische Trieb betrachtet als mitteilend, hier aber dargestellt in Beziehung auf das der Mitteilung billig vorangehende eigene Forschen; wie er nämlich in seiner Reinheit nur auf die Wahrheit sieht, und mit Hintansetzung jedes Nebenzwecks und jeder Furcht vor irgend einem Ergebnis, nur von der notwendigen Voraussetzung, daß wissenschaftliche Erkenntnis möglich sei, ausgehend, sie in wohlgeordneter Wanderung aufsucht. Auch am Gegensatz des wahren und falschen fehlt es daher nicht; sondern er zeigt sich teils in dem auf einen bestimmten Zweck, auf Widerlegung Anderer nicht ohne Bewußtsein unzulässiger Waffen hin arbeitenden Zenon, auf dessen damals allgemein bekannte Bücher die Leser fast stillschweigend verwiesen werden; teils auch in dem noch nicht weit genug gehenden und aus jugendlicher Besorgnis sich selbst noch beschränkenden Sokrates. Daß Platon hiedurch seinen lehrenden Freund nicht tadeln wollte, sieht man teils daraus, daß er ihm auch schon in den früheren Gesprächen einen reinen Eifer für die Dialektik beilegt, teils daraus daß er ihn auch dort eben so wie hier nur in einem früheren unvollendeten Zustande darstellt. Zweierlei aber mag in dieser Andeutung wohl zu suchen sein, einerseits nämlich Tadel gegen jene nur der Ethik obliegenden Sokratiker, die sich eben desfalls für echtere Schüler des Weisen hielten; andererseits Winke für diejenigen, welche vielleicht im »Protagoras« und den dazu gehörigen Gesprächen die dialektische Absicht und die spekulativen Andeutungen übersehend den Platon mit jenen verwechseln möchten. So wie nun in diesem Gegensatz die eine Seite nur angedeutet ist: so wird auch die andere nur in einzelnen Äußerungen des »Parmenides« wörtlich, im Ganzen aber durch die Ruhe dargestellt, mit welcher die Untersuchung, in der sich so vielerlei schreckliches ergibt, zu Ende geführt wird, und durch die Strenge der dabei befolgten Methode. Was aber die gewählten Beispiele philosophischer Forschungen betrifft: so wurde im Protagoras die Lehre von richtiger Einteilung der Begriffe versucht; und weshalb dazu die Philosophie der Sitten gewählt, und alles auf die Frage von der Lehrbarkeit der Tugend zurückgeführt wurde, ist dort zur Genüge gezeigt worden. Aus denselben Gründen nun und in demselben Geiste wird hier, wo das eigne Forschen soll dargestellt werden, die Übung an der Lehre von der Gemeinschaft der Begriffe vorgenommen, weil nur durch Gemeinschaft, nicht durch Zerteilung die Erkenntnis wirklich kann erweitert werden. Womit auch vollkommen übereinstimmt, daß hier die Philosophie der Natur vorherrscht, und die höchste Frage derselben, die nämlich von der Erkennbarkeit der Dinge den Mittelpunkt ausmacht, um den sich das Ganze in weiten Umkreisen bewegt. Daß nun eine solche Übereinstimmung in Abzweckung und innerer Bildung im Schreibenden noch auf denselben unveränderten Zustand und gleiche Ansicht hindeute, wird wohl Niemanden entgehen. Und dieses nur möchte ich eigentlich behaupten, daß der »Parmenides« auch aus derselben Richtung und jugendlichen Weise hervorgegangen, nicht daß ihn Platon mit bestimmtem Bewußtsein so dem »Phaidros« und »Protagoras« gegenüber konstruiert, welches wohl grade dem jugendlichen Schriftsteller – damals denn jetzt sind die jüngsten oft die ältesten und reflektiertesten – am wenigsten zuzutrauen ist. Auch sieht man dem »Parmenides« entschieden mehr geschichtliche Kenntnis der Wissenschaft an als jenen beiden und vielseitigere Übung in philosophischer Kunst; aber jugendlich ist auch die Art wie diese zur Schau getragen und dem großen Parmenides selbst in den Mund gelegt wird.

Es beruht aber die Frage von der Erkennbarkeit der Dinge auf der einen Seite zunächst auf der von der Haltbarkeit und Beharrlichkeit der Begriffe und auf ihrem Verhältnis zu den Gegenständen selbst, und hievon ist daher in dem ersten Teile, der wohl mehr ist als Einleitung, vorzüglich die Rede. Jedoch, wie wir es in den mehresten bisher übertragenen Gesprächen gewohnt sind, nur indirekt durch Darlegung der mancherlei Schwierigkeiten, welche es hat, die Begriffe als etwas von dem wandelbaren unabhängig für sich bestehendes zu betrachten. Den wunderlichen Streit aber über des Platon eigentliche Lehre von den Ideen zu entscheiden ist hier eben so wenig der Ort, als genau genommen dieses Gespräch für den Sitz jener Lehre kann gehalten werden. Nur soviel scheint in Beziehung auf dieses Gespräch gewiß, wenn man auch nur die Worte betrachtet, mit welchen Parmenides die Darlegung der Schwierigkeiten gegen die Annahme der Begriffe an sich beschließt, daß die sogenannten Hypostasierung der Ideen hier keinesweges der Gegenstand ist über welchen gestritten wird, und welchen Sokrates durchsetzen will. Was aber anderwärts hierüber gesagt ist, kann auch nur dort in Erwägung gezogen werden. Denn wenn man überhaupt nicht mit Unrecht den Platon als einen Vorläufer der heiligen Schriftsteller angesehen hat: so gleicht er ihnen besonders auch darin, daß es notwendig ist, wenn man über die ihm zugeschriebenen Lehren, ob sie die seinigen sind oder nicht, urteilen will, jeden Ausspruch an seinem eignen Ort und im dortigen Zusammenhange zu erwägen. Sehr merkwürdig aber sind die Beispiele, an welchen Parmenides seine Zweifel darlegt, in wiefern sie auf eine wenn gleich nicht systematisch durchgeführte doch sehr merkwürdige Einteilung der Begriffe, in solche nämlich zuerst welche sich die sittlichen der urbildlichen Ansicht am leichtesten hingeben, zweitens in die physischen deren Gegenstände die immer wiederkehrenden Bildungen der Natur sind, und die daher nur durch Beobachtung herausgebracht scheinen; drittens in die deren Gegenständen selbst kein eignes und festes Dasein zuzukommen scheint, indem sie nur Teile von Naturganzen oder vorübergehende Wirkungen von Naturkräften bezeichnen; und endlich in solche, welche nur Verhältnisse darstellen, und unter welche zuletzt der Begriff der Erkenntnis selbst wiederum gebracht wird. Wem nun dieser verschiedene Charakter nicht entgangen ist, der wird nicht leicht auf die Gedanken kommen, als gehe die Absicht des Platon dahin irgend eine besondere Vorstellungsart von der Wahrheit und dem Bestehen der Begriffe, sei es nun eine des Parmenides oder eine des Sokrates, zu widerlegen: sondern es wird ihm deutlich sein, daß Platon überhaupt auf die Schwierigkeiten aufmerksam machen will, welche eben jene Verschiedenartigkeit Jedem in den Weg legt, der im Allgemeinen die Frage beantworten will, welche Art von Sein oder Realität den Begriffen außer den Erscheinungen, an denen wir ihrer wahrnehmen, müsse zugeschrieben werden. Gelöst aber sollten diese Schwierigkeiten hier um so weniger werden, da sich ja mit den Vorbereitungen hiezu noch eine ganze Reihe folgender Gespräche vom »Theaitetos« an beschäftiget. Auch deutet sie Platon gerade so an, wie er mit demjenigen pflegt, was er durch das bisher mitgeteilte oder von ihm selbst befriedigend durchforschte noch nicht auflösen kann, oder was tiefere Einsichten und einen höheren Grad philosophischer Meisterschaft voraussetzt, als bis zu welchem er seine Leser hofft geführt zu haben. Indessen wird es demjenigen, der das Bisherige wohl erwogen hat, nicht schwer werden sich die höchste philosophische Aufgabe vorzustellen, welche dem Platon als das einzige Mittel jenen Schwierigkeiten zu entrinnen wohl damals schon vorschwebte, nämlich irgendwo eine ursprüngliche Einerleiheit des Denkens und Seins zu finden, und aus ihr jene unmittelbare Verbindung des Menschen mit der intelligibeln Welt abzuleiten, welche durch die im »Phaidros« vorläufig mythisch dargestellten Lehren vom ursprünglichen Anschauen und von der Wiedererinnerung ausgesprochen wird, womit dann zugleich zusammenhängt eine höhere Stellung des Erkennens, kraft deren es aus der untergeordneten Stufe der Verhältnisbegriffe wieder hervorgehoben wird.

So wie nun dieser erste Teil sich anknüpft an die Äußerung des Sokrates, daß es keine Kunst sei, wenn Jemand von den einzelnen wirklichen Dingen mancherlei widersprechendes aussage; sondern nur der zu bewundern wäre, der eben dieses an den Begriffen selbst aufzeigte: so hängt auch eben hieran, als an dem Angel des Ganzen, der zweite Teil des Gespräches. Denn nachdem Parmenides dieser Forderung des Sokrates jene Forschung an den Begriffen anzustellen noch andere Regeln über die Methode hinzugefügt, läßt er sich überreden diese Regel an einem Beispiele zu erläutern, und so auf vielfache und gründliche Art eine Voraussetzung wirklich durchzuführen. Wozu er denn sehr natürlich für seine Person, aber auch vom Platon mit großer Bedeutung für das Ganze berechnet, die Einheit wählt, um was für sie und alles übrige folge, wenn sie ist und nicht ist, zu zeigen. Hiebei nun begegnet ihm, ohnerachtet er sich dazu gar nicht anheischig gemacht hatte, dennoch wie von selbst jenes wunderbare, daß er von dem gewählten Begriffe vielfach widersprechendes aussagt. Die ganze Untersuchung nämlich zerfällt in vier Teile, durch das vorausgesetzte Sein und Nichtsein der Einheit und durch die Folgerungen für sie selbst und für alles übrige gebildet, und jeder dieser Teile gewinnt zwei widersprechende Ausgänge. Indem nämlich beide, die Einheit und das Übrige, durch eine Doppelreihe sich auf einander beziehender Begriffe durchgeführt werden: so zeigt sich einmal daß jedem von ihnen von allen diesen Prädikaten keines, dann wieder, daß ihnen beide entgegengesetzte zukommen; ja in mehreren Fällen werden noch wunderlicher die Widersprüche gehäuft. Sowohl jene Ergebnisse im Allgemeinen als auch solche einzelne Beweisführungen insbesondere haben nun bei Vielen den Glauben erregt, als bestände die ganze Untersuchung aus lauter Trugschlüssen, bei Andern aber, welche dieses vom Platon nicht glauben konnten, den Gedanken, als habe er nur ein Beispiel falscher Dialektik aufstellen gewollt, oder gar dem Parmenides seine eigene und des Zenon Widerlegung in den Mund gelegt; welchen Vorstellungen derjenige, der das Ganze gehörig ins Auge faßt, wohl keinen Beifall geben wird. Dies Ganze jedoch erläuternd zu begleiten, um jedes was darin ausgeführt ist verständlich zu machen, wäre ein hieher gar nicht gehöriges Unternehmen, und müßte, wenn es sich nach dem, was hier gesagt werden kann, noch nötig zeigen sollte, wenigstens einem andern Orte aufgespart bleiben. Hier aber kann nur folgendes andeutet werden. Zuerst ist wohl zu bedenken, daß Parmenides ausdrücklich die Forderung des Sokrates anerkannt hatte, die Untersuchung an den Begriffen anzustellen, und daß er also überall die Einheit im Allgemeinen und als Begriff vor Augen hat. Daher es denn nicht erlaubt ist, diesen Standpunkt, damit man vielleicht dies und jenes Einzelne bequemer auslegen könne, zu verlassen. Auch leuchtet ein, daß im Ganzen genommen die widersprechenden Ergebnisse vornehmlich in der verschiedenen Bedeutung des Seins ihren Grund haben, also in den verschiedenen Bedingungen, unter denen der Begriff gesetzt wird. Und hiedurch eben schließt sich der zweite Teil auch im Innern an den ersten, da sonst nur ein äußerst loser Zusammenhang wahrzunehmen wäre, weil nämlich auf die verschiedenen Bedeutungen des Seins und ihr Verhältnis unter einander und zu den Begriffen soll aufmerksam gemacht werden. Wodurch freilich nicht soll geläugnet werden, daß auch der Begriff der Einheit nach seinen verschiedenen Potenzen betrachtet wird: allein teils ist dies kein Herausgehn aus dem Begriff, teils bezeichnet es Platon so deutlich, wo es geschieht, daß weder der aufmerksame Leser irren, noch irgend Jemand bei dem Schriftsteller die Absicht hiedurch zu täuschen voraussetzen kann. Wird dennoch, was auch nicht zu läugnen ist, der Begriff durch solche Prädikate hindurchgeführt, welche auf einen Begriff gar nicht anwendbar scheinen: so bedenke man nur, daß vorher noch nichts bestimmtes festgesetzt war über die Frage, in welcher Art den Begriffen ein von den Gegenständen abgesondertes Dasein und welches zukommen könne, und daß eben Alles versucht werden soll, um auch durch dieses dialektische Verfahren die Frage der Entscheidung näher zu bringen. Welches zur Erklärung wohl für das Meiste hinreichen würde; es kommt aber noch dieses hinzu. Die absichtlich verwickeltsten und am meisten für trüglich gehaltenen Auseinandersetzungen unterscheiden sich nämlich dadurch, daß die Schlußfolge, welche eigentlich in die Reihe gehört, auf einem weit leichteren Wege hätte können gefunden werden, auch daß nichts dem Eins eigentümliches durch die weiter ausholende Untersuchung gefunden wird, welches mehrmals Parmenides selbst merken läßt. Die Absicht, warum diese einzelen Teile da sind, ist also nicht das Ergebnis, sondern die Beweisführung selbst, durch welche, wie sie in den verschiedenen Teilen der Untersuchung wiederkommt, Platon nach der ihm eigenen Art auf die Natur gewisser Beziehungsbegriffe aufmerksam machen will. Es ist sehr belohnend diesen Nebenzweck durch alle Wendungen des Gespräches zu verfolgen, und zu sehn, wie sich Platon überall Bahn dazu macht, und wie immer eine Erläuterung auf die andere hinweiset. Daß diese Begriffe für ihn ein wichtiger Gegenstand gewesen sind, und er auf alle Weise notwendig gehalten hat sie recht ins Licht zu setzen, sieht man aus einer Stelle im »Charmides«, wo er als von einer großen und schwierigen Sache davon spricht zu erforschen, ob wohl und welche Begriffe ihr Wesen in Beziehung auf sich selbst oder nur in Beziehung auf andere haben. Was nun die eigentliche Reihe der Schlußfolgen betrifft, in welchen auf die eigentümlichen Beschaffenheiten des Eins gesehen wird: so ist dieses nicht aus der Acht zu lassen, daß die Einheit zugleich die allgemeine Form aller Begriffe ist, welche ja Platon auch sonst Einheiten nennt, und daß zunächst aus diesem dialektischen Standpunkt sowohl die Entgegensetzung der Einheit und alles Anderen insgesamt, welche sonst keine eigentliche Haltung hätte, zu betrachten ist, als auch die einzelnen entgegengesetzten Ergebnisse. Die hiezu mitwirkenden verschiedenen Ansichten und Voraussetzungen aber wird nicht leicht Jemand zu seiner Befriedigung verfolgen, der nicht mühsam und genau zuerst die einander gegenüberstehenden Abschnitte der Untersuchung unter sich, dann aber auch einzeln die Behandlung gleichnamiger Stellen in allen Abschnitten mit einander vergleichen will. Vorzüglich merkwürdig muß dem Aufmerksamen erscheinen der am Ende des ersten Abschnittes angestellte gewiß in der Philosophie älteste Versuch durch Verknüpfung von Gegensätzen Erkenntnis zu konstruieren. Nur Wenige mögen das Alter dieser Methode geahndet haben, und werden vielleicht an diesem kleinen, manchem was unter uns erschienen ist so ähnlichen Versuch, den großen dialektischen und spekulativen Geist eher erkennen als an vielen eigentlich größeren Darstellungen des Platon. Noch merkwürdiger aber sind zwei Begriffe, welche im Laufe der Untersuchung entwickelt werden, der eine eben in dem itzt angeführten Versuch, der andere da wo das Eins als Nichtseiend vorausgesetzt wird, nämlich der Begriff des Augenblicklichen oder der Tatsache im unendlich kleinen der Zeit, und der Begriff der Massen oder der räumlichen Erfüllung ohne Einheit. Sie sind für dieses Gespräch die Frucht der eigentümlichen Art, wie sich bei Platon vermöge des Grundcharakters seiner Philosophie, der Einigen mit großem Unrecht als ein Verwechseln des Denkens und Erkennens erschienen ist, die höhere Spekulation mit dem dialektischen Verfahren verbindet. Die Art wie dieser – wenn man ihn so nennen darf – Begriff der Massen gefunden, und ohnerachtet seines hartnäckigen Widerstrebens gegen alle Handhabung dennoch angefaßt und beschrieben wird, erscheint so bewundernswürdig, daß kaum zu begreifen ist, wie ein philosophischer Kritiker, der sonst um die Auslegung dieses Gespräches einiges Verdienst hat, bei dem darüber erstatteten Bericht nicht lange vor diesem Abschnitte aufhört, gleichsam als ekle ihn das lose Gewebe von Trugschlüssen weiter zu verfolgen. Man sollte denken, daß wen auch in der Mitte Manches weniger angesprochen, der würde sich wenigstens beim Berichterstatten gern durch diese Schwierigkeiten hindurchgearbeitet haben, um nur zu diesem merkwürdigen Funde zu gelangen. Zumal der ernstliche Leser in jedem Betracht zum voraus aufmerksam sein mußte auf jede Schlußfolge aus der Voraussetzung der nichtseienden Einheit, auf welchen Teil der Untersuchung als auf ein notwendiges Ergänzungsstück Parmenides ja selbst so bedeutend hinweiset. Es fällt schwer nicht noch mehreres, wenn gleich minder großes anzuführen: dennoch muß der Versuchung widerstanden werden. Vielleicht daß eignes Nachforschen und Deuten der Untersuchung, in der fast jeder Punkt die Keime zu ganzen Linien neuer Untersuchungen ausstrahlt, und durch die gesteigerte mannichfaltige Bedeutsamkeit immer weiteres Umschauen gestattet, eher als ein unzureichender Bericht darüber manchen Leser bewegt, den Gedanken zu teilen, daß dieses seltene dialektische Kunstwerk, so weit die Ähnlichkeit zwischen philosophischen und dichterischen Bildungen gehen kann, jenen sinnbildlichen und deutungsvollen Dichtungen gegenübersteht, welche unter dem bescheidenen Namen von Märchen die innere Gestalt der Dinge und die wahre Geschichte der Welt mit einem Reichtum und einer Tiefe darstellen, welche ergründet zu haben sich nie Jemand bewußt werden kann; sollte auch vielleicht mancher mitdenkende und mitdichtende Leser bisweilen einzelne Beziehungen entdecken, die dem Verfasser selbst verborgen geblieben.

Daß man in dem gegenwärtigen Werke wenigstens, wie in jenen dichterischen auch, nicht im Stande ist für vollständiges Verständnis alles Einzelnen einzusetzen, hat außerdem noch seinen Grund in der Unbekanntschaft mit manchen wahrscheinlichen Beziehungen. Wer kann wissen zum Beispiel ob nicht mehreres, woran wir den meisten Anstoß nehmen, sich auf Stellen in den Büchern des Zenon bezieht? Ahnden läßt sich dergleichen manches, wenn man die uns noch aufbehaltenen Sätze des Zenon mit mehreren von den Stellen im »Parmenides« vergleicht, die uns hier überflüssig und sophistisch erscheinen. Es wäre ein verdienstliches nur hieher nicht gehöriges Unternehmen dieser Spur weiter nachzugehn. Daß Platon den Zenon als Dialektiker sehr hoch geachtet, und seine Methode hier angenommen, sagt er selbst deutlich genug: eben so gewiß aber scheint auch, daß er auf dessen philosophischen Geist, wie er sich in dem hier angezogenen Werke zu erkennen gegeben, eben keinen großen Wert legt; wie denn auch anderwärts, wo er es mit den Eleatikern zu tun hat, des Zenon nicht eigentümlich sondern nur als Anhang zum »Parmenides« gedacht wird. In wiefern nun die Andeutungen aus dem höheren Gebiete der Spekulation sich auf die Philosophie des Parmenides besonders beziehen, und ob vielleicht namentlich jene der Einheit beraubte Welt im Gegensatz gegen die auf sie gegründete und sich in sie auflösende, eine neue Beleuchtung und Begründung des Gegensatzes sein soll, den Parmenides zwischen der Vernunftwelt und Scheinwelt aufgestellt; dies genau zu bestimmen besitzen wir wohl noch immer zu wenig Überreste von den Gedichten des eleatischen Weisen. Denn Zeugnisse abzuhören möchte mißlich sein; da er zu denjenigen gehört, welche am frühesten mißverstanden worden, und auch die Hülfsmittel auf welche wir uns verlassen müßten sich noch in einem sehr ungeprüften und unbearbeiteten Zustande befinden. Schon im Platon selbst ist mehreres was sich mit dem aus diesen Quellen allgemein angenommenen gar nicht vereinigen will. Nur daran daß Parmenides hier durch die Widersprüche in welche die Einheit verwickelt wird sich selbst widerlegen solle, ist nicht zu denken. Hätte ihn Platon jemals so gering geachtet, um sich dergleichen gegen ihn zu verstatten, das heißt weit geringer noch als den Protagoras oder Gorgias: so würde ein solches Verfahren gewiß von dem mutwilligsten Spiele der Ironie begleitet gewesen sein. Aber welchen Wert man auch auf gewisse Äußerungen legen mag, wonach Platon mit seiner früheren Ansicht vom Parmenides unzufrieden zu sein scheint: so kann doch höchstens nur dieses damit gemeint sein, daß er ihn nicht gleich Anfangs so hoch geachtet als er verdiente. Überdies ist ja deutlich genug, daß Platon den Parmenides ganz in seinem Geiste reden läßt, daß manche einzelne dialektische Züge ihm geradezu entlehnt sind, und also diese ganze Methode ihm unstreitig sehr viel verdankt. Gewiß aber würde es Unrecht sein, hier überhaupt Platons Urteil über das System des Parmenides zu suchen. Dazu ist dies ganze Werk, gesetzt auch wir wollten annehmen Platon habe zur Zeit seiner Abfassung sein Urteil über die eleatische Philosophie schon abgeschlossen gehabt, doch auf keine Weise geeignet. Vielmehr ist der Hauptgesichtspunkt aus welchem Parmenides hier auftritt, und warum gerade er das Gespräch leitet, der, daß er der erste gewesen der den Versuch gemacht von der Dialektik aus in das Gebiet der höheren Philosophie einzubrechen.

Offenbar genug verrät sich das Bestreben des Platon, auch historisch den Parmenides in Verbindung mit dem Sokrates zu bringen, und die Dialektik welche er an diesem lobt von der des ersteren als des allgemeinen Vaters dieser Kunst abzuleiten. Daher das sichtbare Bemühen das Gespräch als ein wirklich vorgefallenes darzustellen und seine Authentie außer Zweifel zu setzen. Denn sonst konnte es ihm sehr gleichgültig gewesen sein, wenn auch ein Vorwitziger spöttisch fragte, woher er doch dieses Gespräch wisse, da Sokrates dergleichen nach so vielen Jahren gewiß nicht nacherzählte. Wiefern nun diese Unterhaltung oder besser irgend eine Zusammenkunft des Sokrates mit dem Parmenides könne Statt gehabt haben, darüber können wir aus anderweitigen Gründen, denke ich, nicht entscheiden. Denn geradezu liegt keine Unmöglichkeit in der Zeit; sondern nur um welche Zeit Parmenides in Athen gewesen, ist die Frage, und wie weit auf die Angabe daß dies in der achtzigsten Olympiade geschehen zu trauen ist. Nur soviel ist gewiß, wenn es eine Fiktion ist, die sich Platon hier erlaubt, und zwar eine solche, welche mit wirklichen Tatsachen streitet: so konnte er entweder die Sache soviel möglich im dunkeln und unbestimmten lassen, oder wenn er sie in sinnlicher Bestimmtheit hinstellen wollte, so standen ihm größere Freiheiten zu Gebot als das mäßige Alter welches er dem Parmenides beilegt; und dieser würde er sich dann unbedenklich bedient haben. Wozu diese bestimmte Beschreibung, wenn Platon weder wußte, wie die Sache geschehen war, noch ausgerechnet hatte wie sie konnte geschehen sein? Doch abgesehen von der Wahrheit der Sache und nur an des Platon unläugbares Bestreben sie historisch zu begründen gedacht, ist hier ein Umstand in Anregung zu bringen, über den Niemand bis itzt scheint Bedenken gehabt zu haben, obgleich die gemeine Meinung davon dem Platon eine Widersinnlichkeit aufbürdet, der ich ihn nicht gern schuldig wüßte. Nämlich wer sind wohl der Kephalos, welcher wieder erzählt, der Glaukon und Adeimantos denen er begegnet, und der Antiphon von dem er sich erzählen läßt? Zuerst bei Kephalos denkt jeder an den Sohn des Lysanias den Vater des Lysias, der eben auch wie der hiesige als Fremdling eingewandert war. Allein der Vater des Lysias ist überall ein Syrakosier, und dieser kommt von Hause aus Klazomenai? Dennoch läßt sich schwerlich an einen andern denken. Denn derjenige der als Mittelsperson das Gespräch so weit herableiten konnte um es in Platons Gegenwart wieder zu erzählen, und das ist doch die Voraussetzung, mußte ein hohes Alter erreicht haben und dafür allgemein bekannt sein. Ein solcher aber muß Kephalos der Vater des Lysias unwidersprechlich gewesen sein. Woher nun Klazomenai kommt, entscheide Jeder für sich aus folgenden zwei Fällen, welche die einzig möglichen scheinen. Entweder ist dies eine Fiktion des Platon; aber wozu? um nicht sikelische Männer neugierig nach Gesprächen des Parmenides fragen zu lassen? Das hieße aber etwas schweres und arges unternehmen um ein geringeres und leicht ganz vermeidliches Übel zu heilen. Also um Klazomenische Männer einzuführen und darauf zu denken, daß bei dem Eins auch an die Vernunft und bei dem Übrigen auch an das Urgemenge des Anaxagoras solle gedacht werden? Aber teils würde sich das wohl mehr bemerklich machen, teils brauchte ja Kephalos nicht selbst deshalb zum Klazomenier gemacht zu werden, sondern er durfte nur Gastfreunde dort haben. Oder Kephalos der Syrakosier hat, ehe er nach Athen zog, eine Zeitlang zu Klazomenai gewohnt, und Platon erwähnt dieses mit einem gewissen Nachdruck als einem nicht überall bekannten Umstand. Doch dies nur beiläufig. Die Hauptfrage ist, wer sind Glaukon, Adeimantos und Antiphon? Die ersten beiden antwortet jeder, sind die allgemein bekannten Brüder des Platon, und Antiphon ist ein freilich sonst nicht bekannter Halbbruder desselben aus einer freilich sonst nirgends anders als in Beziehung auf dieses Gespräch erwähnten zweiten Ehe seiner Mutter Periktione mit einem Pyrilampes, der dann auch nicht der bekannte nämlich ihr eigner Oheim, der Freund des Perikles könnte gewesen sein. Aber sind denn diese Dinge auch nur möglich? Es soll nämlich wegen der Unsicherheit des Kephalos gar nicht die Rede davon sein, daß Platons Brüder in der Republik wo Kephalos als ein hochbetagter erscheint, junge Männer sind; hier aber bei seiner Einwanderung auch schon Angesessene, welche ihm ihre Verwendung verheißen. Sondern Kephalos sei auch ein anderer weit jüngerer gewesen: so erwäge man nun dieses wunderliche, daß Platon, um die Authentie des Gesprächs zu beweisen, es von einem Kephalos erzählen läßt, der es selbst wieder von Platons eignem jüngerem Bruder gehört hat; so daß Platon es weit kürzer haben konnte. Und das noch viel wunderlichere, daß ein jüngerer Bruder des Platon dieses Gespräch unmittelbar und noch als heranwachsender Knabe von einem Ohrenzeugen soll gehört haben, dessen Liebling er gewesen zu sein scheint, und der dennoch zur Zeit der frühen Jugend des Sokrates schon ein Mann war. Wer zusammenrechnet wird gestehen, daß unsinnigeres nicht leicht itzt zu denken, und daß eine solche Angabe das Mittel war um die Zusammenkunft, deren Ächtheit Platon verbürgen wollte, zum Kindermärchen zu machen. Befreien wir also den Platon ohne weiteres von diesem eingedrungenen Halbbruder, den auch Plutarchos und Proklos offenbar nur aus unserer Stelle ihm aneignen; und gestehen lieber, daß wir nicht wissen, wer Glaukon und Adeimantos gewesen sind, wenn nicht etwa Glaukon der ältere und Kallaischros noch einen Bruder Adeimantos gehabt haben, von dem hernach der Name auf den jüngeren übergegangen ist. Doch zuviel schon von der äußeren Umgebung, da noch einiges von der Sache selbst übrig ist zu sagen. Das Gespräch nämlich hat einen so auffallend abgebrochenen Schluß, daß man leicht zweifeln könnte, ob dies wirklich der Schluß sei. Denn ein solches Ergebnis der Untersuchung und mit ihm das ganze Gespräch nur durch eine einfache Bejahung zu beschließen, wie sie hundertmal im Gespräch selbst vorgekommen ist, dies scheint, sei es nun unverhältnismäßig oder einfältig, des Platon ganz unwürdig zu sein. Wer sich des »Protagoras« erinnert, wo auch die Untersuchung mit dem Geständnis eines Widerspruchs in ihrer ganzen Führung endete, der wird auch hier zum Schluß wenigstens eine ähnliche Verwunderungsbezeugung erwarten und das ausdrückliche Eingeständnis, daß noch eine höher hinaufgehende Untersuchung erforderlich werde. Wie ein solcher Schluß nun, wenn er dagewesen wäre, könnte verloren gegangen sein, läßt sich schwer mutmaßen: denn wer sich durch soviel mühseliges hindurchgearbeitet, wird sich wahrlich nicht versagt haben auch das wenige erfreuliche noch hinzuzufügen. Sonach bleibt kaum ein anderer Gedanke übrig, als daß Platon durch irgend etwas äußeres während der Beendigung auf lange Zeit unterbrochen worden; und hernach vielleicht das Ende nicht hinzugefügt, weil er schon den Entwurf wenigstens zu andern Gesprächen im Sinne hatte, die demselben Ziel auf einem andern Wege sich zu nähern bestimmt waren. Jenes äußere Hindernis kann nun, wenn die Vermutung genauer soll bestimmt werden, entweder die nach des Sokrates Tode erfolgte Flucht nach Megara gewesen sein, oder auch des Platons erste von dort aus angetretene Reise. Das letzte wäre meines Erachtens das annehmlichste. Denn wenn auch Platon, was an sich nicht glaublich ist, in den unruhigen Zeiten wo des Sokrates Hinrichtung vorbereitet und vollzogen wurde, ein solches Werk sollte ausgearbeitet haben: so konnte ihn wohl in Megara nichts hindern ihm die letzte Mühe zu gönnen. Viel wahrscheinlicher aber ist, daß es in Megara abgefaßt worden, wo während dieses Aufenthalts und gewiß nicht ohne bedeutenden Einfluß des Platon die von dem Ort genannte und vorzüglich der Dialektik sich widmende Schule gebildet ward. Nicht zu billigen aber wäre es, wenn Jemand, geschähe es auch um das Werk desto vollgültiger zu verteidigen, auf die gegenwärtige Beschaffenheit des Endes noch größere Vermutungen bauen wollte, etwa daß überhaupt das Beste und der rechte Aufschluß verloren gegangen, daß nun noch der zweite Teil mit dem ersten wäre in Verbindung gesetzt, und die Ideenlehre nach Maßgabe der dialektischen Untersuchung näher wäre bestimmt worden. Denn wen die bisherige Auseinandersetzung überzeugt hat, daß der »Parmenides« ein Gegenstück des »Protagoras« ist, wiewohl nicht ohne die Steigerung, die im Fortschritt von einem Platonischen Werke zum andern niemals fehlt, der wird in dem Werke, wie wir es jetzt haben, den mit jenem Gespräch übereinstimmenden Charakter vollständig finden, und keine Veranlassung haben etwas weiteres zu suchen. Wer aber hievon noch nicht überzeugt ist, dem kann nur folgendes vorgelegt werden, was für den mit dem Platon Unbekannteren erst die Zukunft bewähren kann. Die Schwierigkeiten nämlich, welche hier gegen jede Theorie von den Begriffen vorgebracht worden, sind in der Philosophie des Platon nicht anders zu lösen als durch genaue Vergleichung der reineren oder höheren Erkenntnis und der empirischen, ferner durch die Lehre von der ursprünglichen Anschauung und der Rückerinnerung; Gegenstände also deren Auseinandersetzung Platon eine ganze Reihe bedeutender Gespräche vom »Theaitetos« an gewidmet hat. Sollte er nun schon eben dieses im »Parmenides« ausgerichtet haben: wozu alle jene, deren doch jedes seinen Gegenstand so behandelt als wäre er von Grund aus noch gar nicht erörtert worden? Sollte aber der »Parmenides« später geschrieben sein als jene, als der »Theaitetos«, der »Menon«, und gar auch wie Tennemann annimmt als der »Sophist«; welche unselige Mühe dann für den der besseres zu tun weiß, Rätsel aufzugeben, die keine mehr sind, und was früher deutlich gesagt war, späterhin mit vergeblicher Dunkelheit zu wiederholen? Auch die Sprache ist ein Beweis, daß der »Parmenides« nur im Übergange zu dem Gesprächen jener Art liegt, denn teils an sich teils in Vergleich mit jenen zeigt sie sich als Kunstsprache noch im Zustande der ersten Kindheit, durch unsicheres Schwanken, durch nicht immer glückliches Greifen nach der richtigen Bezeichnung, und dadurch, daß sie kaum die wichtigsten Unterschiede in Worten festzuhalten weiß. Dieses verursachte auch große Schwierigkeiten in der Übertragung. Aber es gab hier, wenn nicht der Geist des Ganzen sollte verwischt und unter dem Schein der Erleichterung das wahre Verständnis unendlich erschwert werden, keinen andern Ausweg, als den, die genaueste Treue zu bewahren, und den Leser ganz in die Einfalt und wenn man sagen soll Unbeholfenheit der entstehenden philosophischen Sprache zurückzuführen, wodurch auch allein verhindert werden kann, daß nicht auf der einen Seite dem Schriftsteller fremdes geliehen auf der andern sein Verdienst durch alle ihre Verwirrungen das Wahre gesehen und sie selbst vorzüglich ausgebildet zu haben, geschmälert werde.


 << zurück weiter >>