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Kein heroisches Monumentalbild ist zu zeichnen. Der Neckar ... Kein Riesenstrom öffnet sich das Tor zur See, kein Dämon, der die Lasten ganzer Städte auf seinen Rücken nimmt und schon mitten im Land eine Ahnung von Weltmeer erweckt. Dieser Fluß des Binnenlandes erweckt in uns ein anderes Gefühl. Der Neckar ist das wandernde Idyll der Hügellandschaft, der glückliche Bruder von Saale und Weser, Lahn und Mosel, der deutscheste der deutschen Flüsse. Durch seine grünen Landschaften wandelt er, sich selbst genügend, von den dem Rhein abgewendeten Höhen des Schwarzwaldgebirges zu dem größeren Strome, ein Freund der Menschen, ein Genosse ihrer Arbeit, der Glanz ihrer Festtage. Er ist der stille Helfer der Musen an den Stätten des Forschens und Denkens, die er berührt. Er ist der Zeuge einer wechselvollen Geschichte. Der Alltag mag gern das Gewesene und Geschichtliche vergessen, doch durch viel Vergangenes ist der Fluß der Faden, der niemals ganz verloren geht. Auch der Neckar ist, wie der Rhein, ein Band zwischen dem schwäbischen Volksstamm und dem fränkischen; wir brauchen nur mit dem Fluß zu wandern, so spüren wir: was Menschen einander gleichstellt, das ist die Landschaft. Hölderlin lauschte dem Wasser unter den Weiden am Tübinger Ufer. Scheffel besang die Seligkeit des Flusses, der die Höhen des Odenwaldes gelassen durchbricht, um in der hellen Ebene zu münden. Viele Menschen in Deutschland wünschen sich einmal im Leben nach dem Neckar. Und viele weit draußen erinnern sich seiner als des liebenswürdigsten aller Ströme.

Hier folgen wir dem sanften Wechsel der Neckarlande, spüren Herz und Puls des vielgeschlungenen Gewässers mit allen seinen Wirklichkeiten, mit allem Arbeitstätigen von Schiffahrt, Weinbau und Ingenieurwerk. Immer wieder dringt hindurch die reine Freude an dem Unberührten, Unberührbaren der Natur. Das Auge sieht die feinen Falten des Landschaftsgewandes, die charaktervolle Linie des an die Bergwand gelehnten, dem Fluß zugewendeten Städtchens, es folgt dem Gewinkel des Tales bis in das Gewinkel der Gassen und dem Gewinkel der Stadt bis zu seiner Verfeinerung in dem einzelnen reichgeschmückten Giebel. Aber es sieht auch in den Wandlungen, dem Versinken des alten Bildes, in den neuen Schleusenbauten, den Kürzungen, den strafferen Linien des Neckarkanales den kräftigen und notwendigen Ausdruck unserer Zeit. Diese Zeit erträgt nicht die seichte Landstraßen- und Postkartenromantik; sie ist nicht ohne Lieder, aber ihren ehernen Rhythmen hält nur das Echte stand. Der Künstler, der in dieser Landschaft umhergeht in aufmerksamer, strenger Spannung auf den Augenklick, der ihn zwingt, stillzustehen und die zarte Linie über das kleine Zeichenblatt zu ziehen, mißt auch dem fernsten Baumwipfel noch seinen Wert im Rahmen zu, nicht anders als dem Menschenwerk der Buhnen, die den Silberschuppenglanz des Flusses der Mitte zu vertiefen. Aber erst aus dem zusammengesetzten, in eins zusammengezogenen Bild des ganzen Flusses wird uns die wundervolle Einheit von Heimat und Welt lebendig, die überall ist, wo wir die Anziehung eines besonderen Stückes Erdoberfläche empfinden. Der Nebenfluß ist dann etwas Selbständiges trotz seiner Zugehörigkeit zum größeren System der Ströme. Und die Nebenlandschaft hat bei aller Beziehung zum Ganzen des Erdteils ihr Leben für sich, ihre eigne Schönheit und ihren Charakter.


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