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Freuden mit Tieren

Außer vielen lustigen Geschichten gibt es unendlich viele Schnurren und Anekdoten, die von Freuden mit Tieren berichten: harmlose sowie recht humoristische, spottvolle wie satirische. Nicht alle diese Erlebnisse mit Tieren sind einer Herzensfreude entsprungen. Aber dem, der sie liest, sind sie meist eine größere Freude als dem, der sie erlebte.

Auch andere Abschnitte enthalten manche Geschichten von echten Freuden mit Tieren.

*

Die geschenkte Kuh.

Ein geiziger Pfarrer predigte seiner Gemeinde immer vor, daß Freigebigkeit, besonders gegen die Diener Gottes, eine sehr hohe Tugend sei. Meist bediente er sich dabei der Worte:

»Was ihr dem Herrn leihet, das wird er euch hundertfach wiedergeben.«

Ein Bauer besaß nun eine sehr alte Kuh, und da die Predigt doch auf ihn gewirkt hatte, brachte er das Tier dem Pfarrer, der ihm nochmals den Segen Gottes versprach. Der erfreute Pfarrer ließ am nächsten Tag die geschenkte Kuh mit auf die Weide gehen, band sie aber an eine von seinen Kühen an, damit sie nicht wieder ihr altes Logis aufsuchen möchte. Allein am Abend ging die Kuh nicht nur in ihren alten Stall zurück, sondern sie schleppte auch die an sich angebundene mit dahin. Der Bauer kam voller Freude zu dem Pfarrer und sagte ihm, daß er die lautere Wahrheit gepredigt habe, Gott hätte ihm nämlich schon eine von den versprochenen 100 Kühen zugesandt und wäre ihm also nur noch 99 schuldig. Die würde er ihm aber sicher auch noch schicken. Mit diesen Worten ging der Bauer nach Hause und ließ den Geizhals in einer sehr betrübten Stimmung zurück.

*

Eine Schweineanekdote.

In einem kleinen Landstädtchen lebte ein Mann, der das damals noch ziemlich wichtige Amt eines Schweinehirten bekleidete. Nach und nach hatte er sich denn daran gewöhnt, seine Pflegebefohlenen mit dem Namen oder Titel ihrer Eigentümer zu rufen, so daß ein Fremder, der auch diese Anekdote niederschrieb, folgende Worte zu hören bekam:

»Magister, kannst du wieder nicht hören?«

»Schneider, willst du her?«

»Warte nur, Bürgermeister, was machst du wieder im Rinnstein?«

»Ei, Pastor, dich soll ja der Teufel holen!«

»Steuerratswitwe, sei ruhig!«

»Spitz, gib doch dem Lüdicke mal eins!«

»Nu, Rektor, was beißt du denn?«

»Syndikus, sei artig, sonst gibt's Hiebe!«

»Was grunzt denn der großmäulige Stadtschreiber wieder?«

*

Das Wundertier.

Man kennt das Dorf, in dem sich der sehr beleibte Schulze von vier robusten Bauern über die Gemeindewiese tragen ließ, damit das fette Gras nicht zertreten werde. In diesem Dorf verkündete auf dem letzten Jahrmarkt vor einer Bretterbude ein Herold, daß hier ein Wundertier zu sehen sei, eine Kreuzung aus einem Karpfen und einem Kaninchen. Alle Bauern drängten sich mit Vettern und Basen, für zwei Groschen die Person, durch den Eingang und warteten gespannt auf das Erscheinen dieses unerhörten Geschöpfes. Endlich erschien in einem phantastischen Kostüm der Besitzer des Zeltes und sagte:

»Meine verehrten Damen und Herren! Das nie gesehene Wundertier hat sich leider gestern bei der Vorführung durch die Hitze infolge des ungeheuren Andrangs eine ernstliche Unpäßlichkeit zugezogen, so daß wir sein eigentliches Auftreten auf unseren nächsten hiesigen Besuch verschieben müssen. Erlauben Sie aber, daß wir Ihnen als Ersatz dafür heute die Eltern dieses merkwürdigen Geschöpfs zeigen.«

Und alle Bauern mit Hans und Kunze, mit Vettern und Basen, betrachteten aufmerksam den Karpfen und das Kaninchen und meinten schließlich befriedigt:

»Das Junge muß ja ein verteufeltes Ding sein; wenn's nur nächsten Jahrmarkt wieder gesund ist.«

*

Tierdichtungen.

In den vierziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts müssen merkwürdige Romanstoffe in Mode gewesen sein, denn die Zeitung »Fama« in Mailand kündigte folgende Werke an: »Memoiren einer Fliege. – Klage einer Grille. – Nachtgedanken eines Hundes. – Tränen eines Krokodils. – Das Lächeln einer Schlange. – Harmonien eines Raben. – Meditationen einer Nachteule. – Heldenzug eines Hasen. – Monolog einer Elster. – Beständigkeit eines Schmetterlings. – Reisenovelle eines abgesottenen Krebses.

*

Der gewissenhafte Dienstmann.

In der Königstraße in Berlin pfiff ein Herr seinem Hund. Dieser aber kümmerte sich um sein Pfeifen ganz und gar nicht. Schließlich rief der Herr einem vorübergehenden Dienstmann zu: »Dienstmann, laufen Sie doch meinem Hund nach!« Der Dienstmann tat, was ihm geheißen war, und bald war er mit dem Hunde verschwunden.

Gegen Abend kehrte Jolly, gefolgt von dem atemlosen, keuchenden Dienstmann, zurück. »Aber, mein Gott«, rief der Herr aus, »konnten Sie denn das Tier nicht eher fangen?«

»Um Verzeihung,« sagte der Dienstmann, »von Fangen haben Sie nicht gesprochen. Sie sagten mir nur, ich sollte dem Hund nachlaufen, und das habe ich gewissenhaft fünf Stunden lang getan. Für die Stunde fünf Silbergroschen, das macht fünfundzwanzig Silbergroschen!«

Der Herr war mit einer solchen Gewissenhaftigkeit sehr übel zufrieden, aber er mußte doch schließlich bezahlen, denn der Dienstmann hatte ja seinen Auftrag buchstäblich ausgeführt.

*

Der Pfarrer und das Kalb.

Ein Bauernbursche brachte ein Kalb in die Stadt, das sich so sehr sträubte, daß er es mit beiden Händen festhalten mußte. Indem kam der Pfarrer des Dorfes, in dem er wohnte, in einem leichten Wägelchen vorbeigetrabt.

»Grobian!« rief der Pfarrer. »Siehst du nicht, wer dir begegnet? Kannst du nicht die Mütze abnehmen?«

»Na, gleich, Herr Pfarrer«, sagte der Bursche. »Steigen Sie nur einen Augenblick von Ihrem Wagen herunter und halten Sie mir mein Kalb, dann werde ich die Mütze abnehmen.«

*

Billige Schweine.

Ein Bauer kam in die Beichte und gestand, er habe seinem Nachbar zwei Schweine gestohlen. Da es ihn aber reue, so wolle er das Geld dafür dem Geistlichen geben mit der Bitte, es dem Nachbar zu übermitteln, ohne aber zu verraten, woher es komme. Der Geistliche freute sich über den reuigen Sünder, nahm für den Wert der Schweine fünf Taler in Empfang und versprach, alles zu besorgen. Der Bauer kam dann nachher noch etliche Male, beichtete ein gleiches Vergehen und gab jedesmal dem Geistlichen einige Taler, um den Diebstahl zu ersetzen. Schließlich sagte der Geistliche etwas ungehalten: »Aber wenn du doch immer wieder den Diebstahl ersetzt, warum kaufst du denn die Schweine nicht öffentlich und vermeidest dabei noch die Gefahr, ertappt zu werden?«

»Ja, Hochwürden,« sagte der Bauer und kratzte sich pfiffig den Kopf, »wenn ich die Schweine beim Nachbar kaufe, so macht er mir den Preis, wenn ich sie ihm aber stehle, so mache ich nachher den Preis.«

*

Das Gespenst in der Kirche.

Als der Mesner in einem Dorfe nach seiner Gewohnheit um Mitternacht auf den Kirchturm stieg und läuten wollte, hörte er in der Kirche ein furchtbares Gepolter. Hierüber erschrak er sehr und lief in aller Eile zur Kirche hinaus, um den Schulmeister zu wecken. Er klopfte stark an dessen Tür an, und als man ihm endlich aufmachte, sagte er, der Teufel lärme gewaltig in der Kirche. Der Schulmeister lachte ihn aus und schalt ihn einen abergläubischen Menschen. Schließlich zog er aber doch seinen Schlafrock an, um mit dem Mesner in die Kirche zu gehen. Als sie die Kirchtüren aufmachten, sprang ein Schwein, das sich durch Zufall in die Kirche verlaufen hatte und abends mit eingeschlossen worden war, in vollem Galopp heraus, lief dem Schulmeister zwischen die Beine und rannte mit ihm davon. Da schrie er jämmerlich:

»Adieu, Herr Mesner, mich hat der Teufel!«

*

Die verwandelten Gänse.

Ein Kaufmann in Magdeburg namens Schmager war ein großer Freund von Gänsebraten. Er ließ daher jährlich sechs Gänse sorgfältig mästen, um sie dann im Herbst, wenn sie recht fett geworden, schlachten zu lassen und sie mit einigen Verwandten und Freunden zu verzehren. Als nun dieser Festtag herannahte und die sechs Gänse schon vor Fettigkeit strotzten, wurde dem Besitzer dieser appetitlichen Tiere, der sich schon auf den Genuß seines Lieblingsbratens sehr gefreut hatte, von einem Bekannten ein Streich gespielt, der alle seine Hoffnungen vernichtete. Eines Morgens fand er nämlich seine sechs fetten Gänse in ihrem Koben mit sechs ganz mageren vertauscht, und an dem Koben hing ein Zettel mit der Inschrift:

Guten Morgen, Herr Schwager!
Gestern waren wir fett, heut sind wir mager.

*

Ein böser Streich.

Ein Gutsbesitzer namens Flieder besaß zwölf Gänse, die des Morgens auf die Dorfwiese zogen und des Abends von selbst wiederkamen. Eines Abends erschien aber nur eine, die man kahl gerupft hatte und die einen Zettel um den Hals gebunden trug. Auf dem Zettel stand folgender Spruch:

Guten Abend, Herr Flieder,
Ich komme wieder,
Aber ohne Gefieder.
Wir sind unter die Räuber geraten,
Die andern werden morgen gebraten.
Nur ich ganz allein
bringe den Totenschein.

Da wußte der Gutsbesitzer, daß es diesmal mit dem Martinsbraten nicht viel geben würde.

*

Die Affensendung.

Ein Kaufmann in Lübeck bat einen seiner Korrespondenten in Lissabon, er solle ihm bei nächster Gelegenheit einen oder zwei Affen besorgen. Der Brief war italienisch geschrieben, in welcher Sprache der Buchstabe o bekanntlich das Wort oder ausdrückt. Da aber das o zwischen 1 und 2 stand, so las der Portugiese 102 Affen. Er schickte also seinem Geschäftsfreunde mit dem nächsten Schiff 86 Affen zu und versprach ihm zugleich, daß die übrigen Affen bald nachfolgen würden.

*

Der einbeinige Kranich.

Ein reicher Mann aß gern gute Leckerbissen, besonders aber Vögel. Als er nun eines Tages einen Kranich gefangen hatte, der sehr jung und fett war, schickte er ihn seinem Koch und ließ ihm sagen, er sollte den Vogel zum Abend braten. Der Koch, ein junger lustiger Mensch, steckte den Kranich an den Spieß und ließ ihn braten. Er war fast gar und gab einen vortrefflichen Geruch von sich, als ein Mädchen aus der Nachbarschaft namens Nanette den Koch besuchen kam. Sie bat ihn inständigst, ihr doch eine Keule von dem Kranich zu geben, aber der Koch lachte sie aus und sagte, sie könne natürlich von dem Vogel auch nicht das kleinste Stückchen bekommen. Da ärgerte sich das Mädchen, und weil sie wußte, daß der Koch sehr in sie verliebt war, sagte sie zu ihm: »Wenn Ihr mir nicht die Keule gebt, dann will ich auch in Zukunft nichts mehr von Euch wissen.« Sie stritten sich noch eine Weile hin und her, und schließlich gab ihr der Koch trotz aller Bedenken die Keule, da er sah, daß sie ernstlich böse wurde.

Der Herr hatte sich für den Abend Gesellschaft mitgebracht und wunderte sich sehr, als der Kranich aufgetragen wurde und er nur eine Keule sah. Er ließ den Koch kommen und fragte ihn, wo denn die andere Keule hingekommen sei. »Mein Herr,« antwortete der Koch und machte ein erstauntes Gesicht, »Kraniche haben doch immer nur ein Bein und eine Keule!« – »Du bist wohl verrückt?« erwiderte der Herr. »Meinst du, dies sei der erste Kranich, den ich sähe?« Aber der Koch ließ sich nicht beirren. Er blieb dabei, die Kraniche hätten nur ein Bein, und er erbot sich, dieses an einem lebendigen Kranich zu beweisen. Der Herr war zornig über die Frechheit des Kochs, wollte aber wegen der anwesenden Gesellschaft keinen Lärm machen und antwortete nur: »Weil du das, was du sagst, so bestimmt weißt, so werde ich dir Schurken morgen Gelegenheit geben, mir zu zeigen, was bis jetzt noch niemand gesehen hat.«

Am nächsten Morgen ließ der Herr, dessen Zorn durch den Schlaf keineswegs vergangen war, zwei Pferde satteln, eins für sich und eins für den Koch, und sie ritten in aller Frühe an einen Fluß, an dessen Ufer um diese Zeit häufig Kraniche zu sitzen pflegen. Der Koch hatte jetzt doch große Angst, und er wußte nicht, wie er es anfangen sollte, sich zu entschuldigen. Er hätte gern die Flucht ergriffen, wenn er sich nur getraut hätte. Als die beiden Reiter an den Fluß kamen, sahen sie ein Dutzend Kraniche auf einem Beine stehen, wie sie gewöhnlich tun, wenn sie schlafen. Der Koch zeigte sie sofort seinem Herrn und sagte zu ihm:

»Glauben Sie nun, daß ich gestern die Wahrheit gesagt habe? Sehen Sie dort die Kraniche, sie haben alle nur ein Bein!«

»Du unverschämter Lümmel,« fuhr ihn der Herr an, »ich will dir sofort zeigen, daß sie zwei Beine haben!« Damit schrie er laut: »Hoho!« und klatschte in die Hände.

Auf dieses Geschrei und den Lärm des Händeklatschens streckten die Kraniche natürlich das andere Bein hinunter und flogen dann eiligst davon. »Nun, du niederträchtiger Hund,« schimpfte der Herr von neuem, »haben die Kraniche zwei Beine?«

»Aber, mein Herr,« versetzte der Koch, »warum haben Sie denn gestern abend nicht in die Hände geklatscht und Hoho gerufen? Sicherlich hätte der Kranich dann auch das andere Bein gezeigt.«

Dieser Einfall stillte den Zorn des Herrn, der sich des Lachens nicht enthalten konnte. Darum sagte er zu ihm: »Du hast recht. Scher' dich nach Hause, ich will dir für diesmal noch verzeihen. Aber komm' mir nicht noch einmal so.«

*

Der Hexenmeister.

Ein junger, wohlhabender Mann, der nach seinem Gutdünken leben konnte, kam meistens erst gegen Morgen von seinen lustigen Gesellschaften nach Hause. Er wohnte Parterre in einem Zimmer, dessen Fenster nach der Straße hinaus lagen.

Nun erschien aber jeden Morgen in aller Frühe ein Milchweib in der Straße, und sie teilte grade unter seinem Fenster ihre Milch aus. Das Geplauder aller Mädchen des Viertels, die ihre Milch hier kauften, die starke und grelle Stimme der Frau, die noch manchmal von dem unmelodischen Geschrei des Esels begleitet wurde, der den Milchwagen zog, trieben den jungen Lebemann, der so jeden Morgen aus dem ersten Schlaf gestört wurde, fast zur Verzweiflung. Vergebens bat er das Milchweib, sich doch einen Halteplatz auszusuchen, sie blieb halsstarrig dabei, daß eben grade dieser Ort besonders geschickt und vorteilhaft für ihren Handel sei.

»Die Straße ist frei«, sagte sie. »Ich bleibe hier und komme jeden Morgen wieder. Ich will doch sehen, ob mir das jemand verbieten kann.«

»Sie sind sehr halsstarrig!« sagte der junge Mann. »Ihr Esel kommt mir vernünftiger vor als Sie. Ich werde mal leise mit ihm reden!«

Er näherte sich hierauf dem Esel und schien ihm etwas ins Ohr zu flüstern, worauf er sich wieder zurückzog. Das Milchweib lachte inzwischen über seine Einfalt und bildete sich etwas darauf ein, daß sie es dem reichen Monsieur, der ehrliche Leute im Broterwerb hindern wollte, richtig gegeben habe. Aber gleich darauf fing der Esel an, wütend zu werden, schrie aus allen Kräften, schlug nach rechts und nach links aus, bäumte sich und warf alles, Milch, Sahne und Käse, auf die Erde. Das Milchweib schrie laut, das sei Hexerei, und sie schwur, der junge Mensch habe ihren Esel verzaubert. Eine große Volksmenge versammelte sich, und schließlich ließ man den Kommissar kommen.

»Der Herr hat meinen Esel behext, lassen Sie mir Gerechtigkeit widerfahren. Man muß ihn einsperren, sobald er mir meine Milch und meinen Käse bezahlt hat.«

Der Kommissar wurde aus der Sache natürlich nicht klug, wollte aber beide Parteien hören und ließ den jungen Mann herausrufen. Dieser hörte zunächst die Flut von Schimpfworten, womit ihn das Marktweib überschüttete, ruhig an und sagte dann: »Herr Kommissar, diese Frau da hat mir schon lange Zeit Ungelegenheiten gemacht, indem sie mir jeden Morgen den Schlaf störte. Alle meine Bitten, sie möge ihren Verkauf nicht grade vor meinem Fenster abhalten, waren fruchtlos. Da beschloß ich, mich an der Person ihres Esels zu rächen. Der Esel nämlich, der ebenso geldgierig ist wie seine Herrin, besitzt eine Schwester und rechnete darauf, sie zu beerben. Soeben aber hat sich diese Schwester verheiratet, so daß er jetzt nichts erbt. Diese Nachricht, die ich ihm ins Ohr sagte, hat ihn so böse gemacht, daß er seine Wut durch Schreien und Bewegungen zum Ausdruck brachte.«

Der Kommissar sah sofort, daß noch etwas anderes hinter der Geschichte steckte, und gebot dem jungen Mann, der Frau eine billige Entschädigung für die Milch zu bezahlen. Die Milchfrau floh aber von nun ab die Nähe eines solchen Schwarzkünstlers, der sich mit Tieren unterhalten und sie durch seine Erzählungen in solche Wut versetzen konnte.

 

Der junge Herr erzählte dann dem Kommissar, wie es wirklich gewesen war. Er hatte nämlich in geschickter Weise dem Esel ein Stückchen brennenden Schwamm ins Ohr gelegt. Das Feuer hatte dann das arme Tier so gepeinigt, daß es sich wirklich wie ein Behexter gebärdete.

*

Die Heringszucht.

Ein Bauer aus Fockbek hatte einmal in Rendsburg sich für ein paar Schillinge gesalzene Heringe gekauft und seine Nachbarn darauf zu Gaste geladen. Sie fanden das Essen vortrefflich und wünschten viele solcher Fische zu haben. Der Klügste unter ihnen gab endlich den Rat, einen ganzen Korb voll aus der Stadt zu holen und sie in den Teich des Dorfes zu setzen; da würden sie sich vermehren, und sie dann alle reichlich davon haben. Gesagt, getan. Ging nun während des Jahres ein Fockbeker an dem Teich vorbei und es regte sich etwas im Wasser, so lief er zu den andern und erzählte es ihnen, und alle waren des künftigen Gewinnes froh. Im nächsten Herbst ward ein großes Netz angeschafft. Aber der Klügste fand es am geratensten, den ganzen Teich ablaufen zu lassen. Alle standen herum und guckten nach den Heringen, aber auch nicht ein einziger war zu sehen, als alles Wasser schon fort war. Nur ein einziger Aal wälzte sich im Schlamm. Er wurde erhascht, und darüber waren sich alle einig, daß nur er ihnen die Heringe gefressen hätte; dafür müsse er nun gehörig bestraft werden.

»Laet uns em schlachten unn upäten«, sagte einer. »Dat mär em jüs recht«, meinte ein andrer, und weil er sich einmal gebrannt hatte, schlug er vor, den Aal ins Feuer zu werfen. »Brennen is slimm«, sagte ein dritter, der einmal ins Wasser gefallen war und bald ertrunken wäre; »laet uns em in de Au smyten und em versupen, dat is myn Meenung.«

Alle stimmten ihm bei, daß Ertrinken der schrecklichste Tod sein müsse, und man ward einig, den Aal in die Aue zu werfen. Der Bauernvogt nahm ihn in einen Korb, ging voran, und alle folgten ihm; und wie er ihn nun ins Wasser warf und der Aal sich krümmte und fröhlich rechts und links machte, rief jener aus, der den Rat gegeben hatte: »Seet, wat he sik quält!«

Da gingen alle Fockbeker ganz glücklich über die ausgeführte Rache nach Hause.

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Große Tierschau.

Mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung wird der Unterzeichnete die Ehre haben, während der ganzen Messe seine ganze Menagerie, bestehend aus folgenden Viehstücken, zu produzieren:

1. Der Vogel Strauß. Vom Kap der gesegneten Umstände. Dieses Geschöpf geht gern auf Reisen, zeigt aber einen natürlichen Widerwillen gegen Schuhwichse. Sein Weibchen gehört zum schönsten Geschlecht und trägt beständig Straußenfedern auf dem dem Kopfe entgegengesetzten Körperteil. Beide zusammen sind vierfüßig und bilden ein Paar.

2. Der Esel. Dieses Tier ist nicht weit her, sondern in Deutschland und dem angrenzenden Europa einheimisch. Sein Fell geht zwar ins Aschgraue, doch trägt er sein Kreuz mit Geduld. Speist Dornen und Distelfinken und wird in Ständekammern gern gesehen, da er zu allem ja sagt. Zum Gehen bedient sich dieses gräuliche Tier der Füße. Nach erlangter Anstellung in einer Mühle vermehlt er sich, und zwar toujours mit einer Eselin, die nach der weiblichen Deklination geht. Die Eselin brütet ihre Jungen nicht erst aus, sondern bringt sie als hoffnungsvolle Eselchen lebendig zur Welt und ernährt sie selbst auf eine eselhafte Weise ohne Flasche. Seinem Weibchen bleibt der Esel nicht immer treu, sondern steht mit der Dummheit in einem unerlaubten Verhältnis.

3. Das Trampeltier oder buckelosus duplex. Die gütige Schöpfung hat diese Bestie mit zwei Buckeln versehen, damit sie die Schläge des Schicksals besser ertragen kann. Das Trampeltier lebt auf großem Fuß, und wenn es das gehörige Alter erreicht hat, verwandelt es sich in einen Hofrat. Es schleppt ungeheure Lasten und Ordensbänder und beugt auf Befehl des Herrn das Knie, so gut wie jedes Kamel. Seinem Weibchen sind Vaterfreuden versagt, wenn es aber gereizt wird, bringt es lebendige Junge zur Welt.

4. Ein kolossaler Stockfisch. Ein grausamer Charakter, der Sonntags in Vatermördern spazieren geht. Seinen Namen verdankt er der Tatsache, daß er immer kaltes Blut bewahrt und stockdumm ist. Trotzdem bringt es dieses Tier durch Protektion vielfach bis zum geheimen Kabeljau, ja sogar bis zum wirklichen Laberdan. In Deutschland zahlreich verbreitet.

5. Der Waschbär aus Weißrußland hält viel auf reine Wäsche und bewohnt die möblierten Wälder in der Krim. In Rußland hat er Sitz und Stimme, da er aber die Freiheit liebt, muß er oft brummen. Im übrigen ist er ein Faulenzer und liegt gern auf der Bärenhaut. Mit seinem Weibchen lebt er in wilder Ehe.

6. Das Beuteltier. Das Weibchen dieser Tiergattung ist von der Vorsehung mit einer großen Tasche versehen worden, in die es unentbehrliche weibliche Gegenstände, wie Kämme, Puderquasten, Konfekt, abgelaufene Fahrscheine, Schlüssel, Lippenstifte und Spiegel hineinsteckt. Derjenige, der diese Tasche dem Tier heimlich wegnimmt, wird mit Recht ein Taschendieb genannt. Das Beuteltier lebt von Futter, mit dem es seine Tasche ausfüttert.

7. Der Maulesel.Dieses Tier zeugt von den traurigen Folgen der gemischten Ehe. Es scheint zum Redner geschaffen, denn es hat ein großes Maul. Trotzdem schweigt es meist und ist überhaupt ein Weiberfeind, der sein Leben in dumpfem Brüten verbringt und ohne männliche Nachkommenschaft stirbt.

8. Der Affe (mit Respekt zu melden!). Dieses Tier wird auch Meerkatze genannt, obgleich es keine Katze ist und sich nur sehr ungern zu Seereisen entschließt. Der Affe bewohnt jahraus, jahrein die Natur, ohne je daran zu denken, Miete zu bezahlen. Bei seiner Vermählung sieht er durchaus nicht auf Mitgift, sondern vor allem auf Herzensbildung. Es gibt lackierte Affen, Maulaffen und Menschenaffen.

9. Die Gans. Ein sehr vornehmes Tier, das in Pensionaten erzogen wird und, wenn es einen einflußreichen Gatten hat, in den feinsten Gesellschaften umschmeichelt wird. Mit Kastanien gefüllt kommt die Gans angenehm duftend aus dem Bratofen und schmeckt ausgezeichnet. Sie ist gutmütig, da sie uns mit Gänseleberpasteten versieht, leider aber auch sehr furchtsam, indem sie bei dem kleinsten Schreck eine Gänsehaut bekommt.

10. Der gemeine Hase, lepus timidus, genießt wegen seiner Manschetten bedeutendes Renommee. Schon in seiner frühesten Jugend beginnt er seinen Lebenslauf, und wo es auf Mut und Tapferkeit ankommt, macht er die schnellsten Fortschritte. Seine Jungen säugt er nicht selbst, sondern sein Weibchen, das zum andern Geschlecht gehört und Häsin genannt wird. Die Häsin nimmt es in der Ehe nicht so genau und schenkt auch anderen Hasenjünglingen einen geneigten Löffel. Wenn 500 Hasen zusammen sind, so gibt's schon 2000 Hasenfüße.

11. Der Zaunkönig, heißt zwar so, ist aber mit dem Adler weder in der Größe noch sonst verwandt. Seine Regierung ist zwar sehr kriegerisch, da er als Zaunkönig natürlich jede Gelegenheit vom Zaune bricht, um andere Könige zu ärgern.

12. Der Walfisch. Kann nur gezeigt werden, falls der Magistrat eine genügend große Schwimmfläche zur Verfügung stellt. Er lebt im Eismeer, wo es ihm aber manchmal zu kalt ist. Dann legt er sich bei schönem Wetter auf einen Wall und sonnt sich. Daher der Name.

Fütterung oder Table d'hote der Tiere um 3 Uhr nachmittags. Anrührung wird nicht gestattet. Eintrittspreis wird bar erlegt, doch zahlen Kinder und Narren die Hälfte. Einritt nur auf den Füßen, Austritt nach Belieben.

Hermann von Hagen, Viehbändiger.

*

Die Schlange. Eine Geschichte aus dem Schwabenland.

»Do Bua!« sagte ein Bauer in Mundingen zu seinem Sohn, »bring' de Säu amol die Kartoffle do!« Der Junge gehorchte und ging in den Hof. Als er jedoch eben im Begriff war, die Tür des Schweinestalls zu öffnen, sah er aus einer Ritze des Stalles ein mächtig langes gelbes Ding herausbaumeln, das sehr verdächtig hin und her züngelte. Entsetzt ließ er seine Erdäpfel fallen und lief zurück in die Stube. »Herr Jeses! Herr Jeses!« schrie er seinem Vater entgegen. »Im Saustall ischt a wütig grause Natter!« Dem Bauer blieb bei dieser Nachricht ein Ende Stuttgarter Wurst, das er eben zum Nachtbrot verzehren wollte, im Halse stecken. Doch faßte er bald wieder Mut, sagte ein gottesfürchtig Sprüchlein vor sich hin und ging, mit einer Heugabel und einem Beil versehen, in Gottes Namen auf den Schweinestall los. Richtig, da schwänzelte das wüste Ding immer noch aus der Ritze heraus.

So groß und so giftig hatte er es sich aber doch nicht gedacht, und der Gedanke, es ohne Beihilfe umzubringen, verging ihm bei diesem Anblick ganz und gar. »Lauf, was de kaanst, zum Schmied!« rief er deshalb seinem Jungen zu, »und sag' em, er soll tapfer mit e paar Zange komme.« – Der Junge lief, was er laufen konnte, und kam in wenigen Minuten mit dem Schmied und zehn bis zwölf Nachbarsleuten außer Atem zurück. Jetzt ging das Debattieren los; kein Mensch wagte sich an das gefährliche Ding heran, bis sich endlich der Schmied dreimal räusperte, die Augen zukniff und mit einem mächtigen Stemmeisen draufloshieb. In diesem Augenblick fing die Sau im Stall ein mörderliches Geschrei an. Man riß die Türe auf und sah, wie das Tier unter jämmerlichem Grunzen im Kreis herumlief und sich vergeblich an dem Schwanz zu lecken suchte. – Alle standen da und sperrten Maul und Nase auf, aber niemand sprach ein Wort. »Vater,« sagte endlich der Sohn, »des Ding, des do aus dem Loch rausguckt hat, is glaube der Sauschwanz gwea und koi Natter.« Und so war's auch.

*

Ja, Hundebraten!.

Von K. Löffler.

Gerichtspräsident: Amadeus Leckermund, Ihr seid angeklagt, den Hund des Weinhändlers Täufer in der Brunnenstraße durch List an Euch gelockt, ihn in Eurer Wohnung geschlachtet, gebraten und gemeinsam mit Eurer Frau verzehrt zu haben. Was habt Ihr darauf zu erwidern?

Angeklagter: Verzeihen Sie, Herr Gerichtshof, wenn ich sämtliches bestreite.

Präsident: Man hat ja das Fell des Hundes bei Euch vorgefunden.

Angeklagter: Erlauben Sie, daß ich mit'n Umschweif erzähle, wieso ich dazu gekommen bin, am vorichten Sonntag mal Braten zu essen. – Nämlich meine Frau sagte zu mir: Amadeus, sagte sie, was werden wir heute kochen? Ich habe keinen Pfennig Geld nich mehr, und der Schlächter und der Bäcker wollen nich mehr pumpen. Ja, sag' ich, das ist schlimm: aber die Vorsehung läßt keinen Deutschen verhungern. Ich zieh also den Rock an, setz mir die Mütze uf, un geh uf de Straße, um zu sehen, ob mir die Vorsehung nicht was in'n Wurf schicken wird. – Wie ich nu so nach der Brunnenstraße komme, wo der Weinhändler Täufer wohnt, sehe ich vor die Düre bei ihm einen großen, fetten Pudel sitzen, un der knabbert an'n ungeheuern Knochen. – Hier steh ick nu stille und denke philosophisch nach über die ungleiche Verteilung der Güter. Was braucht so'n fetter Pudel noch Marks zu lutschen? denke ich bei mir. Wenn du den Knochen hättest, das gäbe eine schöne Suppe. Indem dreht sich der Pudel um, weil ihm die Sonne in die Augen stach, un diesem Mojement benutzte ich, ergriff den Knochen und verzog mir eiligst damit nach meine Wohnung. Aber wer mit des Knochenwegnehmen nich zufrieden war, des war der Pudel. Er lief immer hinter mir her un machte eine Bellerei, als hätt' ich ihm einen Rehbraten gestohlen. Ich kehrte mir aber daran nich, sondern betrachtete den Knochen als von die Vorsehung geschenkt un bracht'n richtig meine Frau.

Präsident: Darauf habt Ihr aber den Pudel an Euch gelockt.

Angeklagter: Gelockt? Keineswegs nich, Herr Gerichtshof. Er stand aber draußen un bellte immerzu. Da sagt meine Frau wieder: Amadeus, sagt se, et is doch unrecht, daß du dem Pudel sein Eigentum so entwendest. Gib ihm seinen Knochen wieder, et is ja so nischt daran. Dieser letzte Grund leuchtete mir ein, un nu legte ich den Knochen auf'n Flur hin, un wupps is mein Pudel dabei, um ihn zu sich zu nehmen. Da schmeißt die Vorsehung die Hausdüre zu, denn einen Zufall gibt's nich, Herr Präsident, denn sonst müßte die Düre zufällig zugefallen sind, un da ich grade einen Besenstiel in die Hand habe, looft der Pudel aus Unvorsichtigkeit dagegen un streckt ooch gleich alle Viere von sich.

Präsident: Zeugen haben ausgesagt, daß Ihr den Pudel mit einem Besenstiel erschlagen hättet.

Angeklagter: I, Jott bewahre! Das wäre ja Mord! – Im Gegenteil: wie ick sehe, daß er nich mehr jappst, denk ick, det is ihm wohl zu eng in seinem Pelz, un da hol ick rasch een Messer un schneide ihm die Jaut een bisken uf unterm Bauch. Da holt er so dief Atem, daß ihm gleich die Eingeweide rausfallen. Nu sag' ick zu meiner Frau: Mutter, hier is alle menschliche Kunst am Ende. Der Pudel hat ausgelitten. Wir wollen ihn man wenigstens ein anständiges Begräbnis bereiten, un damit zog ick ihm des Fell gänzlich ab, damit ihn nich die Motten sollten rinkommen. Aber nu handelte es sich um einen Sarg. Aberst wo den hernehmen un nicht stehlen? Weeßte wat, Mutter, sag' ick, man muß sich zu helfen wissen, – lange mir mal die große Bratpfanne runter, un weil er da nich ganz rinpaßte, schnitt ich ihm den Kopp un die Beene ab, un nu ging er grade rin in die Bratpfame.

Präsident: Tatet Ihr das mit der Absicht, den Hund mit der Pfanne einzugraben?

Angeklagter: Allerdings, Herr Gerichtshof. Aber nu war es bei Dage, un ick wollte doch keen Aufsehen erregen. Ick sage also: Mutter, wo wer'n wir denn die Leiche einstweilen lassen? – I, sagte meine Frau, die schieben wir einstweilen in den Bratofen, ick hab' e bisken drin ingehitzt, weil et in die Küche so kalt is. Un richtig, des du ick. Aber nach zwee Stunden fängt es an in die Küche sehr scharf zu riechen. Ick sage: Mutter, wir müssen die Leiche hervorholen, sie riecht schon. Ja woll, sagt meine Frau, da haste recht, un wir holen den entschlafenen Pudel samt seinen Sarg ans Dageslicht. – Aber denken Sie, wie die Vorsehung vor uns jesorgt hatte: statt eines doten Pudels finden wir den schönsten Braten in die Pfanne. Ick fange an zu kosten un sage zu meine Frau: et is Kalbsbraten. Nu kost't meine Frau, un die meint, et wäre Hammelbraten. So kosteten wir gegenseitig, bis die Pfanne beinah leer war un konnten nich eenmal rauskriegen, wat't et vor Braten is. Da stürzt uf eenmal Täufer bei uns rin un sagt: »Aha, Hundebraten!« – Nun wußten wir uf eenmal, was wir gegessen hatten.

Präsident: Der Hund war dressiert und hatte einen Wert von zwanzig Talern, die Ihr dem Weinhändler ersetzen müßt.

Angeklagter: Na, des wäre noch hübscher! Ick sag' Ihnen, Herr Präsident, der Hund war nich dressiert, denn wenn er dressiert gewesen wäre, denn hätten wir's wohl rausgeschmeckt.

Präsident: Keine überflüssigen Redensarten. Es bleibt bei meinem Ausspruch. Ihr könnt gehen.

Angeklagter (im Abgehen): Na, des soll mir ne Warnung sind! So'n Hund zwanzig Daler, wat kost'n da det Pfund? – Bei so'ne Fleeschpreise muß der Mensch uf'n Hund kommen, er mag wollen oder nich. (Geht ärgerlich ab.)

*

Die teure Hundegeschichte.

»Ich komme wegen einer Hundegeschichte«, sagte ein Schlächter, der einen Rechtsanwalt in seiner Sprechstunde aufsuchte. »Gestern war eine Dame in meinem Laden, und ihr Hund hat ein Stück Fleisch vom Ladentisch heruntergerissen, so daß es beschmutzt und für den Verkauf unbrauchbar wurde. Muß die Dame mir die acht Mark, die das Fleisch wert war, ersetzen?«

Der Anwalt fragte, ab die Dame eine gute Kundin sei, und als der Schlächter das bejahte, sagte er: »Ich würde Euch raten, die Zahlung nicht mit Gewalt zu erzwingen, weil Ihr sonst nur die Kundschaft der Dame und vielleicht noch die ihrer Freunde verliert. Wendet Euch einfach an den Mann dieser Frau, tragt ihm höflich die Sache vor, und er wird Euch den Betrag schon zahlen.«

»Glaubt Ihr, daß er mich wirklich bezahlen wird?« fragte der Schlächter.

»Wenn er ein anständiger Mensch ist, sicher!« antwortete der Anwalt.

»Na, dann gebt mir bitte die acht Mark!« sagte der Schlächter. »Es war nämlich Eure Frau.«

Der Advokat, obgleich sicherlich nicht auf diesen Ausgang der Sache gefaßt, machte gute Miene zum bösen Spiel und zahlte lachend die acht Mark.

Der Schlächter ging schmunzelnd nach Hause, stolz darauf, daß er dem Advokaten eine Nase gedreht hatte. Er erzählte seinen pfiffigen Streich triumphierend seinen Nachbarn, dem Konditor, dem Gewürzkrämer und Schuhmacher, und diese stimmten in seinen Triumphgesang ein. Den andern Tag aber erhielt der Schlächter mit der Post eine Rechnung von dem Anwalt, auf der die Worte standen:

Für Raterteilung 12 Mark.

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Die getäuschten Hühner.

In einer amerikanischen Zeitung wurde einmal von einem Neger berichtet, der war so kohlrabennachtmohrpechtintenrußebenholzhöllenschwarz, daß die Hühner, wenn er auf den Hof trat, schlafen gingen, weil sie das Dunkel, das von ihm ausging, für die Folge des Sonnenuntergangs hielten.

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Der merkwürdige Blauschimmel.

»Mit Pferden«, so erzählte uns abends am Stammtisch der alte Sanitätsrat Lüdecke, »erlebt man manchmal die seltsamsten Geschichten. In meiner Jugend kaufte ich mir, um meine Patienten besser besuchen zu können, eines Tages einen leichten, zweirädrigen Wagen und dazu einen hübschen, zierlichen Blauschimmel. Das Tier schien lammfromm zu sein, zeigte dann aber bald die merkwürdigsten Launen. So brach es gleich am zweiten oder dritten Tage mit mir in einen Blumengarten ein, offenbar wollte es dort einen Besuch machen. Und kurz darauf nahm es die bis zum Boden gehende Spiegelscheibe eines Kaufhauses für eine Toreinfahrt und erschien so über allerlei Auslagetrümmer hinweg in den inneren Geschäftsräumen, wo es die auf solche Kunden nicht gefaßten Verkäufer heftig erschreckte. Ich bekam sogar ein großes Strafmandat, weil das Pferd bei dem Versuch, die Budenreihe des Wochenmarktes als Fahrweg zu benutzen, unter anderm auch einen städtischen Polizeibeamten in eine unwürdige Lage auf dem vom Regen aufgeweichten Erdboden gebracht hatte. Und was die entrüsteten Obst- und Gemüseverkäuferinnen mir alles als Schadenersatz anrechnen wollten, war erstaunlich.

Ich machte mich schon mit dem Gedanken vertraut, den hübschen kleinen Blauschimmel wieder abschaffen zu müssen, denn die unglücklichen Zufälle dauerten fort, als eines Tages ein Straßenjunge einen Feuerwerkskörper neben dem Tier zum Losknallen brachte, und es zum erstenmal wirklich durchging. Ich selbst wurde bei dem plötzlichen Ruck fast vom Wagen geschleudert, der Kneifer flog mir von der Nase, und von da ab sah ich überhaupt nichts mehr.

Natürlich erwartete ich jeden Augenblick in einem Grünkramkeller oder in einer Konditorei zu landen, aber das Pferd wurde immer ruhiger, und endlich stand es still. Ich befand mich vor meiner Wohnung, und den Kneifer fand ich auch wieder, denn er war gerade auf die Nase des Pferdes geflogen, und mit überlegener Freundlichkeit sah mich das Tier durch die blanken, funkelnden Gläser an.

Nun wußte ich auch, warum der Blauschimmel sich manchmal so merkwürdig benommen hatte. Er war einfach hochgradig kurzsichtig! Natürlich ließ ich ihm sofort eine große, eigens für ihn passende Brille anfertigen, und ein zuverlässigeres Pferd habe ich nie in meinem Leben gehabt.«

Wilhelm Cremer.

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Der gute und der böse Papagei.

Von Wilhelm Cremer.

Tante Else kaufte, als sie mit ihrem Mann die Reise nach Hamburg machte, dort einen wunderschönen Papagei, der geläufig sprechen konnte und vor allem die erste Zeile van »Morgenrot« sang. Den Rest des Liedes würde er wohl auch noch lernen, meinte der Verkäufer, denn er sei sehr gelehrig.

Und gelehrig war dieser Papagei, denn sonst hätte er nicht auf der Reise aus den Tropen von den Matrosen so viele und leider auch so unerhörte Kraftworte gelernt. Er wetterte und fluchte von morgens bis abends – er tat das meisterhaft, in allen Sprachen, die je auf einem Schiff gesprochen worden sind, in allen Tonarten der Erregung, vom sanftesten Ärger an bis zur rasendsten Wut. Und wenn er sich ausruhen wollte, dann sang er »Morgenrot«, langgezogen, kläglich, daß sich der Hauskatze die Haare sträubten und die Hunde in der Nachbarschaft zu heulen begannen.

Die gute Tante Else war in Verzweiflung wegen des Fluchens, nie in ihrem Leben hatte sie so etwas erlebt, und Onkel Gustav drohte nach 28jähriger Ehe mit Scheidung, wenn das Vieh nicht aus dem Hause käme. Aus dem Fluchen machte er sich weniger, aber das »Morgenrot« konnte er nicht ertragen. Es war wirklich eine schreckliche Geschichte.

Bis Tante Else zufällig einen Besuch bei Frau Amtmann Zillich machte und dort einen Papagei traf, der dem ihrigen äußerlich sehr ähnlich war, innerlich aber einen ganz anderen Charakter hatte. Dieser Papagei besaß eine reine, durch keinen Umgang mit rohen Matrosen verdorbene Seele. Er fluchte nie, er befleißigte sich stets einer sanften Ausdrucksweise, und wenn man ihn schön bat, dann sang er mit schmelzender Stimme das fromme Abendlied: »Nun ruhen alle Wälder!«

Tante Else traten die Tränen in die Augen, und sie bat, ihren Papagei eine Weile bei Frau Amtmann in Pflege geben zu dürfen, damit er sich das Fluchen abgewöhne und in jeder Hinsicht moralisch gebessert werde.

Die ebenfalls leicht gerührte Frau Amtmann fand das sehr nett, und da sie grade mit ihrem Mann einige Wochen verreisen wollte, so wurde abgemacht, daß das Dienstmädchen, das als Hauswache zurückblieb, inzwischen die beiden Tiere versorgen sollte.

Aber als dann Herr Amtmann Zillich und seine Gattin von der Reise zurückkamen, da fanden sie eine schreckliche Bescherung. Nicht nur, daß Tante Elses Papagei in keiner Weise sich das Fluchen abgewöhnt hatte, nein, er hatte es auch dem andern beigebracht.

Und wie hatte er es ihm beigebracht! Sie fluchten beide um die Wette und sangen dann gemeinsam ihre Lieder. Aber sie sangen sie nicht sanft und melodisch, nein, wie eine ganze Rotte betrunkener Matrosen – untermischt mit rohen und wüsten Ausrufen. Und etwas Neues war dazugekommen, Ausdrücke, Kommandos und Kraftworte ganz besonderer Art, die den Herrn Amtmann dunkel an seine Militärzeit erinnerten, bis ihm einfiel, daß Emma, das Dienstmädchen seit einiger Zeit einen Bruder besaß, der Feldwebel bei der Artillerie war. Offenbar hatte die militärisch kräftige Sprache dieses Feldwebels die Papageien veranlaßt, seine Lieblingsausdrücke als Bereicherung ihres Sprachschatzes in ihre Vortragsfolge aufzunehmen.

Tante Else und Frau Amtmann Zillich haben ihre Papageien verkauft. Der Gastwirt, der sie erstand, hat seitdem ein überfülltes, allerdings nicht sehr vornehmes Lokal. Die elektrische Orgel und die Damenkapelle, die er früher hielt, hat er abgeschafft. Die Papageien ersetzen sie vollständig.

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In der Menagerie.

Menageriebesitzer: »Hier in diesem Käfig sehen Sie, meine Herrschaften, das größte Wunder der Dressur, einen ausgewachsenen Königstiger, einen Steppenwolf und ein Lamm, die alle drei in größter Eintracht und Vertraulichkeit miteinander leben.«

Besucher: »Wie lange haben Sie die Tiere schon?«

Menageriebesitzer: »Bereits drei Jahre. Es ist auch nie das geringste passiert, nur hat das Schaf im Laufe der Zeit einige Male erneuert werden müssen.«

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Überzeugen Sie sich selbst!.

Vor einer Wandermenagerie ist ein ungeheurer Königstiger abgebildet, und ein Plakat kündet an: »Ausgewachsener bengalischer Königstiger. 4 Meter lang, Gewicht 200 Kilogramm.«

Die Besucher finden aber im Innern ein altes räudiges Tier, das in keiner Weise den auf dem Plakat gemachten Ankündigungen entspricht. Endlich sagt einer der Besucher zu dem Besitzer: »Der Tiger ist doch keine 4 Meter lang, und 200 Kilo wiegt er auch nicht!«

»Bitte, mein Herr«, sagt der Besitzer freundlich lächelnd. »Sie sollen sich selbst überzeugen! Hier ist ein Metermaß, drinnen steht eine Wage. Ich gebe Ihnen jetzt den Schlüssel zum Käfig – bitte, wollen Sie hineinsteigen und das Tier nachmessen und wiegen!«

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Gefährlich.

Auf einer Kirmes zeigt eine wandernde Menagerie ihren Tierbestand, der aus einem alten Löwen, einem Krokodil, ein paar Affen und einer angeblichen Riesenschlange besteht. Der Impresario preist mit phrasenreichen Worten die Größe, Seltenheit und Gefährlichkeit der ausgestellten Tiere: »Vor allem, meine Damen und Herrn, mache ich Sie auf die Riesenschlange aufmerksam, ein Geschöpf, das imstande ist, einem lebendigen Ochsen die Knochen im Leibe zu zerdrücken!« In diesem Augenblick zupft eine Bauernfrau ihren Mann am Rock und ruft ängstlich:

»Um Gotteswillen, Sepp, geh nicht so nah heran!«

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Der kluge Hund.

»Einst hatte ich einen Hund, ein unglaublich schlaues Tier. Als z. B. mal ein Freund zu mir kam, wollte der Hund ihn zerreißen. Und warum? Weil er Wolf hieß.«

»Und ich hatte einen Dackel, den mußte ich abschaffen, weil ich einen Schwiegersohn bekam, der Eckstein hieß.«

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Auf der Hundeausstellung.

»Sehen Sie mal die Dame da mit dem Dackel. Schade, daß der Dackel nicht die Leine seiner Herrin hat, der bekäme sicher einen Preis.«

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Hundevergnügen.

Ein Berliner Straßenbengel spielte mit seinem Hunde, als grade ein ungewöhnlich magerer Herr vorüberging. Übermütig wies der Junge auf den Herrn und rief seinem Hunde zu: »Hallo, Karo, faß ihn!«

»Verfluchter Lümmel!« rief der Magere. »Willst du das wohl sein lassen?«

»Warum wollen Se denn meinem Karo det Verjnügen nicht jönnen?« war die Antwort. »Det Tier knabbert jar zu jerne an Knochens

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Der unschädlich gemachte Hund.

Der Ortsvorstand eines bayrischen Grenzfleckens schrieb an das zuständige Landgericht wegen eines sich in der Gegend aufhaltenden wütenden Hundes:

»Morgens läuft dieser wütige Hund auf den Feldern herum, und es fragt sich nun, ob man denselben totschlagen oder ins Württembergische hinüberjagen soll, damit er künftig keinen Schaden mehr anrichten kann.«

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Mißverstanden.

Frau Oppenheimer ist sehr stolz auf ihren Bernhardinerhund und befiehlt dem Hausmädchen, während einer Reise, die sie macht, das Tier ja gut zu pflegen und häufig auszuführen.

»Nun,« fragt sie nach ihrer Rückkehr, »haben Sie auch Karo fleißig ausgeführt? Das Tier hat wohl überall Furore gemacht?«

»Ja,« sagt Minna, »fast an jedem Baum!«

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Der Hundekäufer.

»Was soll es denn für ein Hund sein? Ein Schäferhund, eine Dogge, ein Spitz?«

»Die Art ist mir ganz egal!«

»Aber Sie müssen doch einen bestimmten Geschmack haben. Welche Größe haben Sie sich gedacht?«

»Na, ungefähr so groß, daß eine sechsköpfige Familie gut satt davon wird.«

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Der Polizeihund.

Ein Herr suchte durch eine Anzeige in der Zeitung einen Polizeihund. Unter anderm kam auch ein Mann zu ihm mit einem elenden, struppigen Köter sehr verdächtiger Abkunft und bot ihn zum Kauf an.

»Das soll ein Polizeihund sein?« fragte ungläubig der Herr, der die Anzeige aufgegeben hatte.

»Pst!« flüsterte ihm der andere zu. »Es ist ein geheimer.«

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Der wachsame Hund.

Ein Mann bot auf der Straße einer Dame einen Hund zum Kauf an.

»Ist er auch wachsam?« fragte die Dame.

»Wachsam?« wiederholte der Mann vorwurfsvoll. »Ohne Schlafmittel schläft der überhaupt nicht ein!«

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Der Hund und der Krebs.

Ein Herr ging mit seinem Hund spazieren und kam an einem Lebensmittelgeschäft vorbei, vor dessen Auslage ein Korb mit lebenden Krebsen stand. Der Hund mußte wohl dem Korbe zu nahe gekommen sein, denn plötzlich hatte sich ein Krebs mit seiner Schere in seinen Schwanz eingeklemmt, und der erschreckte Hund rannte mit dem Krebs am Schwanz davon. Der Kaufmann hatte den Vorgang wohl gesehen und wandte sich an den Besitzer des Hundes: »Warum pfeifen Sie nicht Ihrem Hund?«

»Warum pfeifen Sie nicht Ihrem Krebs?« antwortete dieser und ging ruhig weiter.

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Tierkunde.

Lehrer: »Nennt mir mal Tiere, die in Deutschland nicht vorkommen!«

Nachdem verschiedene exotische Tiere genannt sind, wird der kleine Max gefragt, und er antwortet: »Unser Dackel!«

Lehrer: »Euer Dackel?«

Max: »Ja, er kommt nicht unterm Bett vor, wenn man ihn ruft.«

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Der phlegmatische Hund.

Ein Ehemann hat mit seiner Frau Streit, weil sie ihren Hund verwöhnt und ihn darüber vernachlässigt. Wütend wirft er schließlich den Hund zum Fenster hinaus. Einen Augenblick steht die Frau wie gelähmt da. Dann reißt sie mit einer plötzlichen Bewegung dem Mann die geliebte Pfeife aus dem Mund und wirft sie ebenfalls hinaus. Eine Minute lang sind sie jetzt beide still, wie sie dann aber zum Fenster hinaussehen, da sitzt der Hund ruhig unten vor der Haustür und raucht die Pfeife.

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Jagdbericht.

Gatte, von der Jagd zurückkehrend: »Heute hab' ich aber furchtbares Pech gehabt, immerfort hab' ich vorbeigeschossen!«

»Ja, das hab' ich mir gleich gedacht«, sagt seine Frau lächelnd. »Zufällig sah ich dich bei einer Besorgung in der Stadt mit deinen Freunden im Wirtshaus sitzen, und dann hattest du auch ganz vergessen, deine Patronen mitzunehmen.«

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Der Löwenjäger.

»In Afrika waren Sie? Haben Sie auch schon einmal einen Löwen geschossen?«

»Geschossen? Massenhaft! Aber einmal hatte ich es mit einem Löwen zu tun, als ich ohne Gewehr in den Wald gegangen war.«

»Was haben Sie denn da gemacht?«

»Na, ich zog meinen Hirschfänger heraus, ging auf den Löwen los und schnitt ihm die vier Pfoten und den Schwanz ab.«

»Donnerwetter, warum haben Sie ihm denn nicht gleich den Kopf abgeschnitten?«

»Brauchte ich nicht, der war schon ab!«

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Herr Cohn auf der Jagd.

Herr Cohn hat sich, seinen gehobenen Vermögensverhältnissen entsprechend, auch eine Jagd zugelegt, aber die Sache bereitet ihm wenig Vergnügen.

»Ich weiß gar nicht,« sagt er endlich, nachdem er wieder einmal zwei Stunden herumgejagt hat, »wozu es so viele Hasen gibt. Treffen tut man ja doch keinen.«

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Jagdpech.

Herr Piesecke hat wieder einmal den ganzen Tag nichts geschossen. Auf seinem Heimweg sieht er auf einem kleinen Teich mehrere zahme Enten und am Ufer einen Bauernjungen, der ihnen zusieht. »Junge,« sagt der Jäger, »hier hast du zehn Mark, wenn du mir erlaubst, eine von den Enten da zu schießen!« Der Junge steckt gleichmütig den hingereichten Zehnmarkschein in die Tasche, und der Jäger knallt los und trifft auch eine Ente, worauf die andern mit lautem Geschnatter nach allen Richtungen flüchten.

»Nun machen Sie aber schnell, daß Sie davonlaufen!« sagt jetzt der Junge. »Da hinten kommt der Bauer, dem die Enten gehören!«

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Auch ein Löwenjäger.

»Ach, in Afrika waren Sie? Haben Sie auch viel Glück auf der Löwenjagd gehabt?«

»Ein fabelhaftes Glück hab' ich mit diesen Tieren gehabt, mir ist auch nicht ein einziger Löwe begegnet.«

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Der Pferdebesitzer.

Lehrer: »Ist hier ein Junge, dessen Vater Pferde hat?«

Schüler: »Mein Vater hat vierundzwanzig Pferde.«

Lehrer (erstaunt): »Dann besitzt wohl dein Vater ein Gut?«

Schüler: »Nein, ein Karussel!«

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Pferdehandel.

»Herr Meier, Ihr habt mich aber bös angeschmiert mit dem Schimmel«, sagte ein Bauer zum Pferdehändler. »Erst drei Tage hab' ich ihn im Stall, und heute morgen liegt er tot da!«

»Das ist aber merkwürdig«, sagte der Pferdehändler. »Bei mir, das kann ich beschwören, hat er das nie getan.«

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Nach Wunsch bedient.

»Aber, Herr Meier, Sie haben mir ja ein Pferd gegeben, das jeden Augenblick auf die Knie fällt!«

»Nu ja, ich sollte Ihnen doch liefern e frommes Pferd!«

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Der Name schaffts.

»Ich habe meinen Hengst einfach Knallbonbon getauft. Und schon ist er gelaufen wie ein Raketenauto.«

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Zufall.

»Sie bestreiten also, das Pferd gestohlen zu haben? Man hat es aber doch in Ihrem Stall gefunden!«

»Ja, das ist gerade das merkwürdige! Ich ging ganz unschuldig über die Straße und fand ein Hufeisen. Und wie ich dann nach Hause kam, war ein Pferd dran!«

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Friedliebend.

»Herr Meier, Sie wollten doch zum Grunewald hinreiten, Sie nehmen ja den entgegengesetzten Weg!«

»Ja, glauben Sie, ich werd' mich deswegen mit dem eigensinnigen Pferd herumzanken?«

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Jenachdem.

Der Sohn eines Pferdehändlers wird auf den Hof gerufen, um ein Pferd vorzureiten. Bevor er es besteigt, fragt er leise seinen Vater: »Willst du kaufen oder verkaufen?«

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Prachtgaul.

Fahrgast beim Einsteigen in eine Droschke: »Na, Kutscher, Ihr Pferd sieht aber sehr klapperig aus. Das wird doch nicht etwa unterwegs umfallen?«

Kutscher: »Keene Bange, steigen Se man ruhig in! Det is en Prachtgaul! Den hab' ick erst vor acht Dagen for fünfunddreißig Mark jekooft, un in fünf Dagen hat er mir schon fünfundvierzig Mark Fahrgeld injebracht!«

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Droschkengaul.

»Deine Liese muß Benzin jesoffen haben, Fritze! Da is mein Auto jar nischt jegen. Die looft ja wie'n jeölter Blitz!«

»Nee, August, se hat vorhin den Pferdeschlächter jesehen!«

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Das alte Pferd.

Zwei Berliner Droschkenkutscher unterhalten sich über den neuesten Ozeanflug. Da sagt der eine zu seinem Kollegen, indem er auf seine altersmüde Rosinante hinweist:

»Mit so 'nem Flugzeug nach Amerika fahren, det is keen Kunststück, aber mit meine Liese da nach Potsdam zu fahren, det is en Kunststück.«

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Merkwürdige Tiere.

Wirt: »Nun, wie gefällt Ihnen der Braten?« Gast: »Oh, ich danke, es ist die dauerhafteste Fleischsorte, die ich je gegessen habe. Ich vermute, die Mutter von diesem Tier war eine Gummikuh, und der Vater ein Guttaperchastier.«

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»Wiederbringer Belohnung!«.

Ein Junge kam mit einer Katze unter dem Arm zur nebenan wohnenden Frau Lemke. »Hier bringe ich Ihnen den entflogenen Kanarienvogel und bitte um die Belohnung!«

»Das ist doch eine Katze!« antwortete Frau Lemke ärgerlich. »Wo ist denn mein Kanarienvogel?«

»Ihr Kanarienvogel ist drin!« sagte der Junge, indem er auf die Katze zeigte.

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Ein schwieriges Tier.

Ein Tierstimmenimitator machte die Stimmen aller Tiere nach, wie ihm die Tiere aus den Reihen des Publikums heraus benannt wurden. Plötzlich rief jemand von der Galerie: »Bitte, eine Ölsardine!«

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Moderne Damenkleider.

Frau: »Um Gotteswillen, wo ist denn mein neues Kleid hingekommen?«

Mann: »Das hat doch nicht etwa eine Motte aufgefressen?«

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Eine schwierige Sache.

»Vater, eine Wespe! Dort oben kriecht sie an der Decke!«

»Junge, mach' nicht solchen Krach wegen einer Wespe. Tritt sie tot und laß mich in Ruh'!«

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Die arme Katze.

»Franz, du Lümmel, willst du wohl aufhören, die Katze am Schwanz zu ziehen?«

»Aber, Vater, ich ziehe sie wirklich nicht. Ich halte sie nur am Schwanz fest, und da zieht mich die Katze.«

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Der sprechende Papagei.

»Wie kommt das, daß Sie über alle die Familiengeheimnisse von Schröders so genau unterrichtet sind?«

»Wir haben ja ihren Papagei in Pension.«

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Das Gebet für Lucie Gray.

Ein junger presbyterianischer Geistlicher wurde nach einer Gemeinde in Kentucky versetzt. Kurz nach seiner Ankunft bat ihn der Kirchenälteste, er möchte doch des Sonntags ein Gebet für Lucie Gray sprechen. Ohne erst zu fragen, wer das sei, tat das der Geistliche drei Sonntage hintereinander. Am vierten Sonntag bedankte sich der Kirchengeistliche bei ihm für das Gebet und sagte ihm, es sei nun nicht mehr nötig. »Ist sie gestorben?« fragte der Geistliche.

»Nein, sie hat gestern das Kentucky-Derby mit hundertfünfundvierzig für zehn gewonnen!«

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Wenn von Igeln gesprochen wird.

Am Stammtisch erzählt man sich von Igeln.

Herr Döhle geht sehr schwer geladen nach Hause. Vor ihm läuft den ganzen Weg ein Igel her, bis zu seiner Haustür. Als er mühevoll aufgeschlossen hat und in den Hausflur sieht, läuft der Igel schon die Treppe hinauf. Jetzt hat Döhle die Flurtür aufgeschlossen, da – in der Ecke, wieder dieser verflixte Igel. Döhle schießt los, eckt gegen die Küchentür, balanciert, faßt wieder Richtung, stürzt erneut auf den Igel. – –

Ein dumpfer Fall!

Als man nach einiger Zeit wieder einmal am Stammtisch von Igeln spricht, macht Döhle ein Rizinusgesicht:

»Igel – – das sind gemeine Biester, und wenn man mal einen erwischt, – dann ist es 'ne Wichsbürste!«

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An der Sperre.

»Verzeihen, darf ich einen Käfig mit zwei Enten mit ins Coupé nehmen?«

»Nein, mein Herr, nur gebratene Enten sind zulässig!«

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Krebseinkauf.

»Ihre Krebs gefallen mir nicht, Sie haben so kümmerliche Scheren!«

»Ja, jlooben Sie denn, Frau Kommerzienrat, für det schäbije Jeld könnte ich Ihnen Krebse mit Kuponscheren liefern?«

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Eine ochsige Rede.

In einer Stadt waren die Fleischer mit den Ochsenhändlern in Streit geraten, und der Bürgermeister, der gern humoristische Ausdrücke gebrauchte, redete bei einer Schlichtungsverhandlung die Ochsenhändler folgendermaßen an:

»Nun, wie steht's, ihr großen Ochsen – händler?«

»Ach, Herr Bürgermeister,« erwiderte der Sprecher, »wir sind gar nicht so große Ochsen wie Sie – vielleicht denken!«

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Bär.

Herr Schröder, der eine Reise nach Rußland gemacht hat: »Ich sage Ihnen, von allen Tieren auf der Welt ist der Bär vielleicht das gefährlichste. Wer von einem Bär verfolgt wird, ist fast immer verloren. Schwimmt er, schwimmt der Bär auch, klettert er, klettert der Bär auch, läuft er, läuft der Bär auch!«

Zuhörer: »Und wenn sich einer versteckt?«

Schröder, der sich nicht erschüttern läßt: »Dann versteckt sich der Bär auch.«

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Tierschutz.

»Warum singt denn im Zirkus Signorina Bianca nicht mehr im Löwenkäfig?«

»Die Polizei hat es verboten!«

»Wohl wegen der Gefahr?«

»Nein, wegen einer Beschwerde des Tierschutzvereins.«

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Aus der Schule.

Lehrer: »Woran erkenne ich die Ameise? Nun, Moritz?«

Moritz: »Sie brauchen sich nur in einen Ameisenhaufen hineinzusetzen, Herr Lehrer!«

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Vorsicht.

Eine Kuh sollte geschlachtet werden. Der Bauer, dem die Kuh gehörte, bat einen Vorüberkommenden, sie einen Augenblick bei den Hörnern festzuhalten, während er sie mit einem Axthieb auf den Kopf betäuben wollte. Der Bauer schielte aber, und der Fremde, der ihn beobachtete, während er den Arm mit der Axt erhob, fragte plötzlich: »Willst du dahin schlagen, wohin du schaust?«

»Natürlich!« sagte der Bauer.

»Dann sei so gut«, meinte der Fremde und trat zurück, »und halte die Kuh selbst fest!«

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Die empfindsamen Blutegel.

»Die Blutegel haben bei mir nicht anbeißen wollen«, sagte ein altes Weib zum Apotheker und setzte ihm die Tasse mit den Egeln auf den Tisch.

»Ja, hören Sie, liebe Frau«, antwortete der Apotheker. »Ich kann das den Tieren nicht übelnehmen, ich an ihrer Stelle hätt' es auch nicht getan!«

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Die Elster.

Ein Junge trug einen Käfig mit einer Elster über die Straße. Ein Mann, der ihm begegnete und der übrigens stotterte, fragte ihn neugierig: »He, Ju–ju–ju–junge, ka–ka–kann denn die E–e–elster sprechen?«

»Na, und ob!« antwortete der Junge. »Besser als Sie, sonst würd' ich ihr den Hals umdrehen.«

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Eine wunderliche Ernte.

»Denken Sie, hier hatte ich Bohnen gepflanzt – und was meinen Sie, was herausgekommen ist?«

»Nun, was soll herausgekommen sein? Bohnen sind herausgekommen!«

»Falsch geraten! Schweine sind herausgekommen und haben die Bohnen aufgefressen.«

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Ein Racheakt.

Wirtin: »Die Mäuse haben den Hasenbraten angefressen!«

Gastwirt: »Die Mäuse? So ein rachsüchtiges Gesindel!«

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Der »Karpfen«teich.

An einem kleinen Teich in der Nähe eines Sommerfrischlerdorfes sitzt ein Fremder und angelt. Nach einer Weile stellt sich der Dorfpolizist in der Nähe auf und sieht ihm zu.

»Ist es vielleicht ein Verbrechen, hier einen Karpfen zu fangen?« fragt endlich der Fremde nervös.

»Ein Verbrechen nicht,« sagt ruhig der Dorfwächter, »aber ein Wunder!«

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Aus dem Programm einer landwirtschaftlichen Ausstellung.

10 Uhr: Ankunft des Rindviehs.

11½ Uhr: Empfang der Ehrengäste.

1 Uhr: Gemeinsames Mittagessen.


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