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Alkohol. Stammt aus dem Arabischen, ist im Alkoran verboten und infolgedessen bei den Ungläubigen, die sich prinzipiell nichts verbieten lassen, sehr beliebt. Mißbrauch des Alkohols tritt ein, sobald er denaturiert, in anatomischen Museen auf Gläser gezogen und zum Kupferputzen verwendet wird. Mit Maß – d. h. aus dem Maß – genossen, führt er dagegen zu höchst erfreulichen Kulturerscheinungen, unter denen die ›Fidelitas‹ obenan steht.
Aquavit. Sympathische Begleiterscheinung des skandinavischen Volkscharakters. Stand früher auf allen schwedischen und dänischen Büffets zum Gratisgebrauch für jeden Gast, der sich mit der Pauschalsumme von einer Krone auf den Frühstückstisch abonniert hatte. Seitdem indes größere Touristenscharen den Kahlfraß organisierten, muß das Aquavit besonders bezahlt werden, was zu einer bedauerlichen Verödung des geselligen Lebens auf den Trajektschiffen geführt hat.
Bernkastel. Kreis im preußischen Regierungsbezirk Trier, hat 667 Quadratkilometer, 92 Landgemeinden und ein vorzügliches Bildungsinstitut, auf dem strebsame Bacchuszöglinge ihren ›Doktor‹ machen können.
Bettschwere. Wurde gleichzeitig mit den Fallgesetzen von Newton entdeckt und von seinen Nachfolgern praktisch vervollkommnet. Sie stellt einen Spezialfall der Gravitation dar, die als das eigentliche Lebensprinzip des Universums betrachtet werden muß. Zur Erzeugung einer wirksamen Bettschwere bedient man sich am besten der malzhaltigen Substanzen, durch deren Einfüllung in den Organismus der menschliche Körper ›schwerer als die Luft‹ wird. Die Rotation, die das Bett unmittelbar nachher annimmt, ist als eine nur scheinbare von Kopernikus nachgewiesen worden. Macht das Aufstehen zwölf bis vierzehn Stunden später Schwierigkeiten, so bedient man sich am besten eines Hebekrans.
Komment (Kneipkomment). Im objektiven Sinne die Summe der erzwingbaren, schlechthin bindenden (autoritativen) Vorschriften, durch welche das äußere Verhalten der Kneipmenschen zu einander geregelt wird; in subjektivem Sinn eine Sammlung von Bierregeln, die so blödsinnig ist, daß alles aufhört, und so fabelhaft sinnreich, daß sie zu den Perlen der Weltliteratur gerechnet werden muß.
Delirium. Man unterscheidet Delirium clemens, Delirium demens, Delirium tremens und das Delirium Böhmen's. Im höchsten Stadium erscheinen weiße und schwarze Mäuse, bei deren Anblick der Delirant in der Regel anfängt, lyrische Gedichte zu machen. In noch höheren Stadien schlagen blaue Flämmchen aus der Epidermis hervor, wonach das betreffende Individuum der Besteuerung für automatische Feuerzeuge unterliegt.
Ellipse. Eine Figur, die sich häufig auf Nachhausewegen zeigt und von dem gesteigerten Wohlbefinden des Wanderers Kunde gibt. In besonderen Fällen geht die Ellipse in eine Spirale über, die zur Folge hat, daß der Angesäuselte sein für ihn so überflüssiges Heim überhaupt nicht findet. Eine eigentliche Obdachlosigkeit tritt trotzdem nur selten ein, da auf diesen Kurven in der Regel gute Wirtshäuser liegen.
Fachinger. Vorzügliche Zutat zu weißen und roten Weinen, bei Schultheiß, Pschorr, Siechen und Patzenhofer weniger zu empfehlen. Über die Dosierung gehen die Meinungen auseinander. Einige Kenner empfehlen die folgende: Man bringe seine Tante mit, bestelle Wein und Fachinger, trinke den Wein selbständig und kredenze das treffliche Mineralwasser der Tante.
Hausmarke. Kostet in eleganten Tanzlokalen zehn Mark, ohne der Wohltätigkeit Schranken zu setzen, und wird von den Stammgästen bevorzugt, die kein Entree bezahlen. Schmeckt übrigens annähernd so gut wie die Sorten zu zwanzig und fünfundzwanzig Mark, die beim Konsumenten entweder eine sehr hohe Steuerstufe oder eine sehr tiefe Portokasse voraussetzen.
Johannisberger. (Auslese, Schloßabzug, Kabinet.) Zeichnet sich durch ein auserlesenes Bukett sowie dadurch aus, daß er viel häufiger vorgespiegelt als getrunken wird. Die Aussicht, ihn in Lokalen mit seinen Weinen und zweitem Eingang vom Flur vorgesetzt zu bekommen, ist gering. Naive Jünglinge, die sich derlei einreden, werden in der Weinsprache als » Grand Mouton« bezeichnet.
Kater. Eine betrübsame Erscheinung, die auf einer Unterernährung der Haarwurzeln beruht, und bei der die Pupillen eine Neigung zum starren System verraten. Steigert sich besonders in Teuerungsjahren, sobald die saueren Heringe und die Rollmöpse anfangen, unerschwinglich zu werden. Der physische Kater ist vom moralischen im Sensorium nur durch eine schwache Rabitzwand getrennt. Beide vereinigt sind sichere Anzeichen dafür, daß man sich kurz zuvor ausgezeichnet amüsiert hat. Antipyrin hilft gegen den moralischen, bleibt aber dem physischen Kater gegenüber wirkungslos.
Kaltstellen. Stützt sich auf das Vorurteil, daß ein Vergnügen nur dann über Pari steigt, wenn der Sekt unter Null gekühlt wird. Zum Kaltstellen gehört ein Kübel, der den Vorzug besitzt, daß das Flaschenetikett sich ablöst und untertaucht, so daß man der eingeladenen Dame über Herkunft und Preis des Weines alles Mögliche vorschwindeln kann.
Luft. Ein gasförmiger Stoff, der sich durch die moderne Likörtechnik zu einer tropfbaren Flüssigkeit komprimieren läßt und in dieser Form nach Pfefferminze riecht. In den dafür bestimmten Anstalten verlangt man »vor'n Sechser feine Luft« und erhält alsdann eine Luftsubstanz, die dem Berliner bekömmlicher ist, als die atmosphärische.
Magnum. Kommt von Carolus Magnus her, der seinen Sieg über die Langobarden mit einer besonders großen Champagnerflasche feiern wollte und deshalb zum Magnum griff. Eine Magnumflasche ist doppelt so groß und doppelt so angenehm, wie eine gewöhnliche, und wenn man sie in fünfzehn Minuten austrinkt, sieht man doppelt soviel, als nach einer normalen.
Mauerleiche. Entsteht, wenn ein Bürger in jüngeren Jahren, am besten ein akademischer, nach erheblicher Leistung den natürlichen Stützpunkt verliert und gegen eine feste Wand gelehnt wird. Im Feuerbestattungsgesetz sind die Mauerleichen ausdrücklich von der Berechtigung ausgenommen, ein Krematorium zu beziehen. Unter dem Einfluß kalter Kompressen pflegen sich bei den Mauerleichen neue Durstimpulse einzustellen, ein Vorgang, der Ibsen zu seinem Drama: ›Wenn wir Toten erwachen!‹ begeistert hat.
Mäuse. Siehe Delirium.
Mikosch. An Kneiptafeln nach Anbruch der Fidulität gern gesehener Gast, auf dessen Antlitz ein breites Grinsen lagert. Erzählt mit Vorliebe Witze, bei denen sich schon die Großväter gewälzt haben, und erzielt bei den Enkeln immer denselben Effekt, falls er nicht das Pech hat, nach der ersten Pointe hinausgeschmissen zu werden.
Nagelprobe. Uraltes Requisit aus der Praxis der Trinker, das in Verbindung mit Bordeaux oder Burgunder zu roten Flecken auf dem Tischtuch und zu völlig nutzloser Salzverschwendung führt.
Naxos. Berühmte Insel, auf der Ariadne sich unter Bacchus Assistenz dem stillen Suff ergab, was unter anderen bedauerlichen Konsequenzen auch eine Vertextung und Vertonung durch Hoffmannstal und Richard Strauß veranlaßte.
Originalabzug. Wo die Bezeichnung auf der Weinkarte fehlt, soll der Name nicht sowohl die spezielle Herkunft des Weines als den allgemeinen Charakter des Wirtes und die ungefähre Lage im Keller bezeichnen.
Patina. Kostbarer Überzug auf Kupfernasen, den mit Vitriol abzuscheuern oder mit den Fingernägeln abzukratzen nur einem stillosen Vandalen einfallen wird.
Probierstuben. Angenehme Lokalitäten, zeitweise heiter, jedoch unbeständig, am Tage kühl, nachts sehr warm, Gewitter nicht ausgeschlossen. In einigen Probierstuben wird der probierende Gast von probierenden Damen probeweise unterstützt. Man fängt mit ganz leichten Sorten an und hört mit dem Glockenschlag sechs Uhr früh auf. Zum Schutz gegen Störung durch Staub und Straßenlärm wird die Jalousie um elf Uhr abends herabgelassen.
Quäker. Die Vorläufer der späteren Temperenzler, die deshalb auch im siebzehnten Jahrhundert mit Recht verfolgt und verbannt wurden. Die heute noch sporadisch vorkommenden Quäker halten es für erlaubt, Porter zu trinken, und knüpfen nur die Bedingung daran, daß man dabei auf das Porter schimpft.
Rathauskeller. Die tiefer gelegenen Räume der Stadtparlamente, in denen im schroffen Gegensatz zu den höher gelegenen Beratungszimmern ausschließlich die Vernunft regiert.
Schattenseite. Bei mehreren Weinhügeln die bevorzugte, bei vielen Diners mit versalzenen und angebrannten Gängen die einzige Lichtseite.
Sinnlose Betrunkenheit. Führte ehedem in Verbindung mit harten Gegenständen zu liebenswürdigen Exzessen, zu glänzenden Plädoyers und nicht selten zu freisprechenden Erkenntnissen, wenn man die Vorsicht gebrauchte, einige Monate vorher bei einer feudalen Kuleur einzuspringen.
Trinklied. In älteren Opern selbstverständlich, neuerdings nur noch auf Grammophonplatten mumifiziert und von der Staatsanwaltschaft als unbedenklich freigegeben. Eine moderne Abart ist das Hochzeitstafellied, welches von einem talentvollen Kusin verfaßt ist, immer acht Strophen zuviel hat und wegen allgemeiner Konversation niemals bis zu Ende gesungen wird.
Unfug, grober. Siehe Abstinenz, Temperenz, Antialkohol und die übrigen Kulturschädlinge.
Verdunstung. Entsteht durch das Aufsteigen des Luftgases aus dem Magen in das Großhirn und erzeugt daselbst jene glückselige Stimmung, in der man die Welt für einen Dudelsack ansieht und sich sogar mit Fleischnot, Steuerdruck, Futurismus und Hypothekenausfall aussöhnt.
Wasserverdrängung. Hauptinhalt der zukünftigen Weingesetzgebung. Unter Wasserzusatz versteht man jenes Delikt, das als das kräftigste Argument gegen die Abschaffung der Todesstrafe angesehen wird.
X-Strahlen. Besitzen die Kraft, die härtesten Dickschädel aus den Kreisen der Mucker, Trauben- und Traubverächter zu durchleuchten und in diesen Schädeln ein trostloses Vakuum nachzuweisen.
Zahlen! Schmerzhafte Ergänzung zum Begriff des Kellners, häufig mit Additionsfehlern verquickt und deshalb auch ›der schmerzhafte Augenblick‹ genannt. Das Zahlen bedeutet den bittersten Faktor im Leben des Zechers, rechtfertigt sich aber dadurch, daß man nach so vielen süßen Momenten unbedingt noch einen Bittern genehmigen muß.