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Ich : Also, was haben Sie da gemalt? was stellt das vor?
Der Maler der Zukunft: Ihre Frage verblüfft mich. Sie wissen es ja aus dem Kataloge: es sind badende Kinder bei Sonnenuntergang.
Ich: So so. Aber, ich sehe keine Kinder, kein Wasser, keine Sonne. Ich sehe nur Farbentupfen, die unvermittelt nebeneinander stehen.
Der Maler: Das ist ein Kunstprinzip. Wir nennen es »Analyse«. Ich löse die natürlichen Farben nach den Gesetzen der Optik in ihre Bestandteile auf und setze sie einzeln auf die Leinwand. Aufgabe Ihres Auges ist es nunmehr, die »Synthese« vorzunehmen, das heißt also: die spektralen Elemente wieder zum natürlichen Ganzen zu vereinigen. Das ist allerdings nicht so einfach, denn das Auge muß hierzu erzogen werden.
Ich: Sie werden es mir schon beibringen. Durch Belehrung und Zuspruch. Wissen Sie was? kommen Sie doch morgen zum Frühstück zu mir. Da können Sie mir Ihre Theorie ausführlicher entwickeln. – –
Der Maler nahm meine Einladung an und erschien am nächsten Tage um zwölf Uhr an meinem Frühstückstisch: »Nanu? was haben Sie denn da?«
Ich: Austern! essen Sie die gern?
Der Maler: Leidenschaftlich, – aber wo sind die denn? Ich sehe da gar keine Austern, sondern nur eine Menge kleiner Gläschen.
Ich: Das ist auch ein Kunstprinzip, und ich nenne das ebenfalls ›Analyse‹. Die Sache ist nämlich die: Ich habe vier Dutzend Austern nach den Gesetzen der Chemie analysiert und setze Ihnen hier die einzelnen Bestandteile vor. In diesen Gläschen finden Sie, sauber getrennt: Aqua destillata, Chlor, Natrium, Glycerin, Kalihydrat, Buttersäure und Pelargonsäure. Aufgabe Ihrer Zunge ist es nunmehr, die ›Synthese‹ vorzunehmen, das heißt also: diese chemischen Einzelsubstanzen wieder zur natürlichen Einheit der echt holsteiner Auster zu vereinigen.
Der Maler: O, o! Sie wollen mich aufsitzen lassen!
Ich: Ganz und gar nicht. Sie sind doch der Mann des verfeinerten Geschmacks. Ihre Organe sind darauf eingerichtet, synthetisch zu erfassen, was ein anderer analytisch entwickelt hat. Die plumpe Naturauster ist Kitsch. Hier finden Sie das beliebte Reizgericht endlich in impressionistischer Aufmachung. Also bitte, bedienen Sie sich und delektieren Sie sich an meinen Austern genau so, wie ich mich an Ihren Bildern!