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»Diesen dickleibigen Band«, erklärte der Doctor in der Bibliothek, »habe ich beim Aufräumen der Kapelle erst vor wenigen Wochen in einem Wandschranke entdeckt. Es ist gerade der Tomus, welcher einer alten Familienchronik fehlte, die von einem Sechow im 17. Jahrhundert nach frühern, aber uns verloren gegangenen Berichten zusammengestellt ward. Unterbrechen Sie mich nun nicht, Theo, obwohl Sie manches Sonderbare hören werden. Ich lese Ihnen vor, was der biedere August Sechow († um 1680) nach seinen Quellen über die Reformation – besser Ausplünderung – der Abtei Plinkenau zu erzählen weiß. Die eigentliche Beschreibung dieses vandalischen Autodafé können Sie gelegentlich einmal selbst nachschlagen. Uns kommt es heute Abend nur auf die Flucht und die Schicksale des letzten Abtes an. – Ist Ihre Cigarre zu Ende? Wollen Sie mal aus einem Nargileh rauchen, das ich von Smyrna mitgebracht habe?«
»Lieber nehme ich noch eine von Ihren Henry Clay.«
»Bitte, die Kiste steht neben Ihnen. Nein, nicht mit dem Messer abschneiden; nehmen Sie hier meinen Spitzenapparat. Der macht einen Keilschnitt, was gesünder für den Raucher ist, weil das Nikotin sich in dem Spalte absetzt.«
»Danke – so, nun bin ich ganz Ohr.«
»Hören Sie also Herrn August von Sechow, Kurfürstlichen Geheimen Rath auf der ›Blinken Aue‹, oder lateinisch Augustus liber baro de Sechaw a Prato nitido, Consiliarius Serenissimi et Illustrissimi Domini Domini Electoris u. s. w.«
»Das klingt aber!« rief Theo und schaukelte sich bequem in seinem Stuhle.
»Ruhig, Theo! – Auf den Mittwochen nach Oculi, A. D. 1556, bald nach dem zu Passau vereinbarten Religions-Pactum zu Augspurg, geschahe ein letzlich Sturmlauffen wider das Stift U. L. Frawen auf der Blinken Aue, maßen dasselbe ohngeahnt des in disen Landen wohl gefestigtem reinen evangelio annoch als ein schir uneynnehmbare Veste des papistischen abergläubens sich auffzuhalten vermocht. Das gottlos Wesen und abschewlich Grewel der römischen Sodoma sampt Winkelmessen vnd vil anderm unchrystlichem Menschenwerk ist zwar schon umb 1550 aus merklichem Abgang der Closterzehnten vnd abwendung etlicher monachorum abgestellet worden. Dieweilen aber der dominus abbas mit hülff unterschiedlicher bawern vnd anderm gemeynem volk sich sampt Seynem catholyschen capitvlum zum sonderlichen trutz der ritterschafft vnd nit geringem ärgernuß des patroni Herrn Udalrici de Sechaw auff seynem stule behauptet, hat gemeldter Herr Udalrich, vnser berümpter vnd dem evangelio Lutheri mit Hertz und Seel ergebener ahuherre, vnter zuvor beschaffter zustimmung des doctoris Caspar Wiltiz, so bei yme als capellanus fungiret, eyn für alle Mal sämptlichen bäbstlichen unrat auff der blinken Awe abzustellen beschlosen. Wofür ym Christus genade. Amen. Auff den Mittwochen nach ocvli ist Herr Udalrich mit eyneni Hauffen seynes fänleins für das Closter geritten, morgens in der fruh, wann der abbas mit denen canonicis in der Kilchen eyn römisch totem-officium celebriret. Sollt der unchristlichen herren eygen toten-ampt werden, maßen sich allerley gemeynes gesinde und volck, so von denen eleemosynis und der closterküchen unterhalten, wegen denen meßpfaven besorget und befirchtet. Derohalben sich Herr Udalrich unversehentlichen eyner dräuwenden rotte mit wafen und gerätten gegenuber befunden und seynen schloßknechten geheyßen: ›Auff, ihr diener des lawteren euangelii, und machet denen bösen gesellen das bad heiß, auff das si ir bäbstliche praktiken im vegefeier ausbraten, so sie doch hartherzig in purgatorium glauben.‹ Worauff sich eyn elendiglich geschräun von denen trutzigen bekennern des abgethanen babsttums erhoben. Hat ihnen doch weder Ehr noch gunst gebracht, dieweilen Herrn Udalrici reisige die haubt-Thüren erzwungen und in zwo stunden rund das gefehrliche nest von aller schädlichen Pestilentz gereynigt. Am sonntag Misericordias domini selbigen jares hat Herr Udalrich als patronus des freylich äußerst abgebrennten Closters von den gebäuwden und ackeren possession, und da keyn ander dominus wider in agiret, auch dominium erhalten. Wodurch endlichen das ganze geschmeyß der römischen Babel in unserer region durch göttliche Providentz abrogiret ward, gewißlichen zu aller chrystenheyt gemeyner freuwd und unterschidtlichem frommen. Auch ist durch unseres ahn-Herrn Udalrici manhaffte Handlung gedachtes Closter der fürnembste siz derer von Sechawe geblipen, wofir deme Herrn Zebaoth sey lob vnd preiß in euigheit. Amen. Ist auch eyne seltsambe historie vberlifert worden von deme lezten abbas, so bey dem vorkomnis nit von denen lantzknechten in cellula gevunden wurde vnd sich so zu glyckhaffter vlucht verholffen. het sunsten wol gleich denen canonicis auff denen halberten der knappen geendet. Besagt vber den abbas gewisse fama – – nun hören Sie gut zu, Theo!«
»Nur weiter; die blutige Geschichte klingt zum Erstaunen naiv.«
»Besagt vber den abbas gewisse fama, daß er Theodorus geheyssen vnd aus dem edlen geschlecht derer graven von Stormarn gewesen …«
»Was? Am Ende ein Vorfahr von Waldemar Stormarn?«
»… dessenthalben er sich mit unterschidtlichen Pretziosen vnd eynem Closterknecht auffgemacht, den Elb-strom erreychet vnd auff eynem kan oder schif das Ditmarser-landt hat aufsuchen wöllen, allwo seyne grävliche sippe auf ihren purgen oder katten gesessen. Soll in dreyen tagen vnd zwo nechten bis iber hamborger landt, ja bis glükspurg sampt seynem bäbstlichen gülden monstrantzen ond heyligen gebeynen gelanget seyn, dort von eynem schif der See-räuwber angehalten vnd in ketten geworfen seyn, woraus männiglich ersehen mag, mit was straff Göttlicher grimm die gefehrlichen Papisten heyme suchet, wann si dem lawteren wortte seynes sones ir Hertz verschleußen. Soll hernach, da di piratten auff di hoche see fleuchen wöllen, eyn Orlog-schif der Hansen inen vberkommen seyn vnd di See-räuwber sampt deme abbas in den Hamborger haffen eyngebracht. Allwo der abbas sich wol durch vil bäbstlich geschmeydt vnd eytel gesteyn loßgekauffen, hinwider Eyn Erbarer Radt der statt Hamborch die Räuwber dorch den Nachrichter hat aufknüppfen lassen. Was alles ich, Augustus ab Sechaw, in eym Pergamen des Herrn Henrici, sones Udalrici Sechaw, gelesen. – Nun geben Sie weiter acht, Theo!«
»Kommt noch etwas von dem abbas?«
»Jetzt kommt das Interessanteste. Spitzen Sie die Ohren! – Hat Herr Henricus auch von eynem hamborger syndico, deme doctor Moller, bei eynem panquett bey dem hertzoge zu Lüneburg erfahren, wie eyner aus denen piratten entkommen, kurtz, bevor si auff dem werder bei Hamborch außgestigen. Und ist selbiger mit eynem des abbatis Kasten, worinnen vil catholischer tand gewest, nach der von denen Elbe-ausflüssen belegenen Ei-landt entvahren, so man noch heyttigen tags das Heyllig Landt heyßt – Theo, das ist Helgoland! – vnd hat sich abbas, wie der Herr Syndicus mir vnter vilem lachen erzellt, sonderlichen unruhen gemacht von wegen eynem silbernen krützlyn, so er in dem kasten bewaret …«
»Doctor,« rief Theo überrascht, »das kann doch unmöglich Hans' Kreuzchen sein?«
»Warum nicht? Mir kam der Gedanke sofort, als Sie Ihr Kreuz unten in der Kapelle verloren. Ich erinnerte mich sogleich an diese Stelle der Chronik. Das ist freilich eine höchst sonderbare Fügung. Ihr Hans wußte ja nicht, woher das Kreuz stammte, nicht wahr?«
»Nein, er sagte nur, es wurde schon lange in der Familie aufbewahrt.«
»Wer weiß, ob nicht ein directer Vorfahr von Hans ›zu denen Seeräuwbern‹ gehörte!«
»Aber, Doctor!« sagte Theo und holte das Kreuz hervor.
»Ja, wer weiß! Und der abbas ist offenbar einer von der Familie Ihres verstorbenen Schwagers, vermuthlich auch der letzte Katholik in der Familie. Sagen Sie, ist auf dem Kreuzchen kein Zeichen? keine Zahl? oder vielleicht ein Buchstabe?«
»Doch, ein ganz abgeschliffenes Zeichen. Ich weiß nicht, was es bedeutet.«
»Zeigen Sie mal her! – Ja, da muß man die Lupe gebrauchen.«
Sechow ging mit dem Kreuzchen, holte das Vergrößerungsglas und stellte sich dicht unter die Lampe. Enttäuscht gab er Theo sein Kleinod zurück: »Das sieht aus wie drei heraldisch stilisirte Rosen. Damit kann auch der Dr. Lexikon nichts anfangen.«
»Ich bin so wie so von Geheimnissen umgeben. Sie sind wirklich ein merkwürdiger Mann, Doctor!«
»Warten Sie nur, vielleicht bringe ich doch noch heraus, was die Gravirung bedeutet. Zwar habe ich noch gar keinen Anhalt zu irgend einer Vermuthung; aber persönlich bin ich ganz sicher, daß Ihr Freund Hans Ihnen das durch den armen Abt Theodor Stormarn von hier mitgenommene Kreuzchen geschenkt hat.«
»Wie können Sie nur so leicht eine so mysteriöse Geschichte zusammenleimen, Doctor!«
»Aber, bester Theo, ist es denn nicht schon wunderbar, daß der letzte Abt von Plinkenau Theodor heißt, wie Sie? daß er ein Stormarn war, wie Ihr Schwager? daß Ihnen das Kreuz gerade in der Kapelle des hl. Theodor zu Boden fiel?«
»Ich gestehe, daß das alles höchst sonderbare Zufälle sind.«
»Nichts ist Zufall, Theo! Gott hat allerdings mit Ihnen ganz besondere Absichten. Warten Sie nur noch ein paar Monate, bis … na, ich darf mich noch nicht verrathen.«
»Was haben Sie denn?«
»Na ja, haha, Sie werden sehen, Herzens-Theo. Nur Geduld! So wundersame Fügungen passen für einen Romantiker wie Sie. Alles, Ihre Jugendfreundschaft, Ihre Verlobung, Ihre Malerei, diese Kreuzgeschichte – alles, alles paßt zu Ihrem Porträt.«
»Also Pessimist bin ich nicht mehr bei Ihnen?«
»Doch, doch. Aber Sie sind jetzt nicht mehr pessimistischer Romantiker.«
»Also romantischer Pessimist?«
»Auch nicht; Sie sind aus dem besten Wege, ein gesunder Realist zu werden mit einem bißchen Pessimismus und einem bißchen Romantik.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Nun, Sie werden ein Mann der Thatsachen werden. Aber niemand zieht seine Natur aus, Theo. Ihr früherer Pessimismus wird sich mehr zur vernünftigen Vorsicht, zum kühlen Urtheil über die Eitelkeit der Menschen und der Welt auswachsen, während ein Rest edler Romantik Ihnen bleibt, damit Sie als Künstler Ihre Ideale finden. Sie sind jetzt schon weniger skeptisch und nicht so übertrieben romantisch wie früher. Ich bin sehr offen, Theo, aber glauben Sie es mir! Ich spreche damit eigentlich ein Lob aus.«
»Ich will mal annehmen. Sie hätten recht. Aber woher sollte denn diese Besserung stammen?«
»Zum guten Theil aus Ihrer Beschäftigung mit religiösen Fragen. Die Religion lehrt uns einerseits Vertrauen und Liebe, andererseits aber auch Vorsicht gegenüber der Welt und den Menschen. Alles, was Gott gemacht hat, ist gut und schön und wahr. Das Geschöpf, das die Welt nicht gebrauchen will, wie Gott es von ihm verlangt, bringt Unordnung in das Ganze. Der Pessimist nun sieht bloß die Unordnung, der Romantiker – ich meine natürlich, der übertriebene – ist ganz blind für die Wirklichkeit. Der Pessimist lebt in einer Welt, die schlechter ist als die wirkliche. Der Optimist lebt in der wirklichen, unvollkommenen Welt und meint, es sei die bestmögliche von allen. Er kennt sozusagen nichts Ueberweltliches, hofft auf keinen Himmel mehr. Der Hyper-Romantiker lebt außerhalb der wirklichen Welt und macht sich selber eine unmögliche Welt. Aber das Christenthum zeigt uns die richtige Mitte. Es sieht in der Welt die schöne Schöpfung Gottes, warnt vor dem Mißbrauch der Geschöpfe und vergöttlicht vor allen Dingen nichts, was endlich ist. Wenn Sie die katholische Lehre erst vollständig kennen …«
»O, das hat noch gute Weile, Doctor!«
»Wie? Sie wollen doch nicht die Hand vom Pfluge zurückziehen?«
Theo dachte an seine protestantische Braut und gab eine ausweichende Antwort: »Zuerst muß ich einmal an meinen Künstlerberuf denken.«
»Und ihn, der diesen schönen Beruf gegeben hat und denselben erhalten soll, zu ihrem eigenen Glücke – Gott wollen Sie vergessen?«
»Gott vergessen! Wer hat das gesagt?«
»Sie, liebster Theo. An Gott denken heißt seinen Willen thun. Und Gottes Wille ist, daß Sie die Wahrheit suchen, bis Sie Ruhe finden. Aber das wissen Sie ja ganz gut selber. Ich will jetzt mal die alte Chronik wieder zurückstellen.«
»Ist die Geschichte mit dem abbas aus?«
»Jawohl. Wollen Sie sonst noch etwas hören? Es ist meist Familienklatsch, und recht langweiliger.«
»Der Stil amüsirt mich.«
»O dann will ich Ihnen eine drollige Stelle vorlesen, die mich als Knaben amüsirt hat. Sie stammt von einem gewissen Florian Sechow, dem Enkel des ›Herrn Udalrici‹ und steht in dem folgenden Bande. Florians zweiter Sohn, Peter, muß in Rom gewesen und dort unter eine Künstlergesellschaft gerathen sein, was dem biedern Papa wahrscheinlich viele bange Stunden und Geld gekostet hat. Ich finde die Stelle gleich … das ist der Band, jawohl. – Hier ist die Expectoration des guten Herrn Kursächsischen Stallmeisters Florian: Zu Ostern meinem Petro einen Credentz-brief an Chigi besorgt, durch den Cancellier von Vizdumb, so vor der Vaste nach Rom gerecht. Gab ihme ingleichen ein vätterliche vermahnunge für Petrum und Epistul, worinnen ich als volgkt geschriben: Bleib treu teutscher Sitt, wie du solche gesehn in vatters Haus. Welsche fräulen und brüder kannstu auff die leinwand mahlen so ville als du magst, lasse sie aber nit ein in das losament deines gut teutschen hertzens. Sint vor allen genug mädgen adlicher art im sächsischen landt, brauchstu dahers auf kein römisch wesen kein aug noch acht nicht zu haben. Wollte, Gott weiß es woll, dich noch viel lieber catholisch und bäpstlich sehen, denn welsche schwiegerdochter in die sippe nemmen.
»Ist das nicht sonderbar, Theo? Nun geben Sie acht, dieser selbe urdeutsche Papa, dem eine welsche Schwiegertochter als das größte Malheur erscheint, bricht zwei Jahre später allen Verkehr mit seinem Sohne ab, nicht weil dieser etwa eine Römerin in ›das Logement seines deutschen Herzens‹ eingelassen, sondern weil er – in Rom katholisch wurde. Es ist, als ob Gott den Alten mit seiner kräftigen Versicherung hat prüfen wollen. In der Chronik heißt es an einer spätem Stelle: Mit diesem dato ist Peter als tot für vatter und mutter, nachdeme er allen auffrichtigen zureden und gestrengen befehl getrutzt und von dem bapistischen abergläuben nit ablassen will. Soll kein von meinem hauß hinfüro ihme nicht schreyben noch huldvoll gesonnen seyn, es sei denn daß der prodigus reumüdig wiederkehre und abbitte, was unser gekreutzigter Herr Christus Jhesus ime fügen wölle. Amen.«
»Das ist aber ein strenger Vater gewesen,« meinte Theo; »weiß man, was aus dem armen Peter geworden ist?«
»Auch das notirt der Vater – nicht ganz drei Jahre später mit folgenden Worten: Heut fruh kam die post bey Klefen durch die Schweitz, daß Peter zu Mailand als eyn bettelmünnich von dieser Welt abgeschieden. Deß Herrn wille geschehe, denn seyne seele ist woll bey dreien Jaren tot gewest, und volget nun der laib hernach. – Das ist alles, Theo; nicht wahr, diese Worte klingen nicht mehr drollig. Was sagen Sie zu dem kalten Herzen des alten Florian Sechow?«
»Solche Intoleranz kommt heutzutage nicht mehr vor!«
Der Doctor sagte nichts als »Meinen Sie?« und stellte darauf den staubigen Band wieder fort. Er hatte eine geheime Absicht dabei, als er seinem jungen Gaste gerade jene Stelle aus der Familienchronik vorlas; denn als kluger Mann sah er voraus, daß Theo aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls einem Kampfe mit seiner Familie entgegenging.
Der Student fragte nachdenklich: »Schreiben Sie auch an dieser Chronik, wie es mancher Ihrer Vorfahren gethan zu haben scheint?«
»Freilich.«
»Sie schließen also sozusagen das Werk ab.«
»O, ich hoffe nicht.«
»Ja, ich meine nur, da Sie der letzte Sechow sind.«
»Wer sagt das, Theo?«
»Aber Doctor, Sie haben mir das ja selbst wiederholt erzählt. Oder wollen Sie vielleicht noch auf die Brautfahrt gehen?«
Sechow schüttelte das Haupt.
»Na, dann werden Sie wohl der letzte Ihres ritterlichen Stammes bleiben.«
Auf diese Bemerkung Theodors fing Sechow an so unbändig zu lachen, daß der junge Mann nicht wußte, was er von seinem sonst eher gesetzten Freunde halten sollte. Er wurde ein wenig ärgerlich auf den Doctor, der dem Gespräch – so schien es wenigstens – eine geradezu kindische Wendung gab, als er schließlich ausrief: »Wie Gott dem Abraham aus Steinen Samen erwecken kann, so vermag er auch mir einen Erben nach Plinkenau zu senden. Warten Sie nur, es wird sich schon ein unerwarteter, bisher ganz unbekannter Sechow einstellen!«
»Jetzt sind Sie der Romantiker! Oder haben Sie etwa in Amerika Vettern vom 20sten Grade?«
»Sie sind unwirsch, Theo. Kommen Sie, wir gehen zur Ruhe! Vielleicht erscheint Ihnen der Erbe der Sechows in Ihrem Schlafzimmer, das ich Ihnen jetzt zeigen will.«