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Die letzten Tage hatte der Bach schlechte Laune; holterdiepolter kam er dahergetobt, schäumend und zischend vor Wut.
Nun hat er den Ärger darüber, daß das Gewitter da oben in den Bergen seine Wellen trübte, verwunden und sprudelt und strudelt wieder klar und lustig dahin.
Die Forellen, die sich in den Felsspalten und unter den Ellernwurzeln verkrochen hatten, solange der Bach Hochwasser führte und seine Wellen trübe und schmierig waren, haben ihre alten Plätze wieder eingenommen, und ich will sehen, ob ich nicht ein paar Pfunde zusammenfischen kann, denn die Luft ist weich und drückend.
Um die gelben Fingerhutblüten, die an den roten Felswänden nicken, und die blauen Glockenblumen, und über den weißen Schirmen der Dolden und den gelben Rispen des Goldweiderich summt und brummt es, und über dem Wasser schwirrt und flirrt es nur so von Wassermotten und Köcherfliegen; fortwährend gehen die Forellen danach auf. Ich glaube, sie beißen heute gut. Hier vor mir, wo die sechs alten Ellern den Kolk unter dem hohen Ufer beschatten, stehen meist gut Fische. Da will ich es zuerst versuchen. Ich gehe etwas dichter an das Ufer. Mit schrillem Rufe stiebt der Eisvogel ab; herrlich funkelt sein märchenhaftes Gefieder in der Sonne. Ein dutzendmal lasse ich die künstliche Fliege auf das dunkelgrüne, langsam dahinquirlende Wasser fallen, doch kein Fisch beißt.
Ich nehme mehr Leine und werfe nach drüben hin, wo der Bergholunder die Klippe mit roten Korallen geschmückt hat und unter ihm das Waldkreuzkraut sich aus dem Geröll erhebt und mit breiten, goldenen Blütenschirmen prahlt. Zweimal, dreimal werfe ich, bekomme aber wieder keinen Anbiß auf die trockene Fliege. So will ich es mit der nassen versuchen. Ich werfe in den Strudel, und das sprudelnde Wasser führt den künstlichen Köder zwischen den Klippen hindurch nach dem Kolke unter den Ellern. Sofort habe ich Biß, haue an und fühle am Gegenzug, daß ein sehr guter Fisch den Haken hat.
In das strudelnde Wasser muß ich nun bis über die Knie hinein, bis an das andere Ufer; denn wenn ich von dieser Seite aus den Fisch drille, so verfängt sich die Leine in den Zweigen. Die Wellen schlagen mir bis an den Leib, und das Wasser ist kühl, aber das schadet nichts; die Hauptsache ist, daß ich meinen Fisch bekomme. Ich lasse ihm so viel Schnur, wie er haben will, und hole dann wieder auf. Aber das gefällt ihm nicht; er wehrt sich kräftig, und versucht sich loszuschlagen, und ich muß scharf aufpassen, daß Rute und Leine immer gespannt bleiben, und nur sehr vorsichtig kann ich den Fisch davon abbringen, das hohle Ufer anzunehmen und sich unter dem Stakwerke zu bergen. Fast eine Viertelstunde muß ich ihn drillen ehe er klein beigibt und ich ihn im Käscher habe. Er ist ein pfündiger Fisch, ganz dunkel gefärbt, so daß die roten Flecke kaum zu sehen sind.
Hier darf ich vorläufig nicht mehr fischen, denn durch das lange Drillen habe ich den Platz beunruhigt. Dort unten, wo die Felsen weit in den Bach hineintreten und ihn von beiden Seiten einzwängen, ist eine gute Stelle hinter der überschäumten Klippe; tief ist das Wasser da und klar und still. Mehr als einen guten Fisch habe ich da schon herausgeholt. Die Wasseramsel knickst höflich, als ich herankomme, und schnurrt dann bachabwärts. Ich versuche einige Male, trocken zu fischen, doch auch hier habe ich damit kein Glück, und wieder muß ich, so wenig Freude mir das macht, mit der nassen Fliege fischen. Doch die braune Fliege wird nicht genommen; ich suche ein helles Heupferd in dem Fliegenbuche, knüpfe es als Hauptfliege an das Vorfach und werfe oberhalb der Klippe ein. Kaum hat der Köder das Stillwasser gefunden, so ist Anbiß da, doch auf mein Anhauen gibt es einen Plumps und ein Blitzen, und wie ich anrolle, sehe ich, daß die Beifliege sich in einer Steinspalte gefangen hat. Ich gehe bachabwärts, ziehe vorsichtig, bis der Haken sich löst, und suche mir einen anderen Platz.
Da unten, wo Disteln, Dolden, Kletten, Glockenblumen, Blutweiderich, Rainfarn und Kreuzkraut ein hohes, bunt blühendes Bollwerk am Ufer bilden, gehen gute Fische auf. Ich werfe, habe Biß und lande ohne viel Mühe eine halbpfündige Forelle, und gleich darauf eine gleich schwere, und noch eine, die fast ebensoviel wiegt. Aber ich will ganz starke Fische haben, und so gehe ich bachaufwärts und lasse die Fliegen wieder nach dem Kolk unter den Ellern treiben, denn wenn eine der groben Standforellen gebissen hat, wird wohl auch noch eine die Fliege nehmen. Ich wate quer durch den Bach bis an das andere Ufer, was die Bergbachstelze, die dort nach Fliegen springt, sehr verdrießt, denn nun muß sie sich einen andere Platz suchen, und lasse die Fliege in den Strudel fallen.
Sie verschwindet in dem Gischt, taucht wieder auf und treibt nach der falschen Seite hin. Erst beim vierten Male habe ich sie da, wo sie hin soll, sehe einen golden Schein unter ihr, fühle einen leisen Ruck, so daß ich denke, ein Häsling spiele an dem Köder, doch sowie ich anhaue, dreht sich die Rolle in rasender Eile, so daß ich kaum Zeit habe, die Kurbel zu fassen. Kreuz und quer saust der Fisch durch den Bach, ist bald im Kolke, bald in der Untiefe, nun dicht vor mir, dann da unten, jetzt drüben bei den Ellern in der dunkelgrünen Stillflut, und darauf zwischen den Klippen mitten in dem weißen Gischt. Fortwährend muß ich aufrollen und ablassen, bald Leine geben, bald nehmen und immer aufpassen, daß die Schnur sich nicht hier in den Zweigen der Ellern, dort in dem Rosenbusch, da in dem Kreuzdorn und den Schlehen verfängt.
Schon denke ich, die Forelle ist matt und gibt sich, da geht das Getobe aufs neue los. Jetzt blitzt es unterhalb des rosig blühenden Wasserhanfes, nun da, wo die breiten Blätter der Pestwurz sich spiegeln, und zeigte die Spitze der Rute, die dicht über dem Bache hin und her zuckt, eben nach links, so ist sie jetzt wieder nach rechts geneigt, sie hebt sich, senkt sich, schnellt in die Höhe, krümmt sich von neuem, und je nachdem der Fisch sich hier- oder dorthin wendet, muß ich die Kurbel der Rolle so oder so drehen, muß drüben zum Ufer hin und wieder zurück, und bin schließlich bis an die Hüften vom Spritzwasser durchnäßt und tropfe im Gesicht von Schweiß. Der Fisch gibt sich jetzt anscheinend. Da, wo der Brombeerbusch sich über die Wellen neigt, endet die Schnur im Wasser. Ich gebe scharf acht, und als eine Weile die Schnur so bleibt, wie sie ist, versuche ich es mit dem Drillen. Doch sobald ich Schnur nehmen will, muß ich wieder welche geben, mit solcher Gewalt schießt der Fisch bachabwärts. Dann wendet er jäh und flieht gegen den Strom, und ich muß die Leine in aller Eile kürzen und mich schnell umwenden, um ihrer Bewegung zu folgen. Im Nu geht der Fisch aber wieder mit dem Strome; abermals muß ich mich umdrehen und ihm Leine geben. Ich lasse ihm so viel, wie ich habe. Dann aber ist es mit meiner Geduld aus und alle. Ich drille ihn, so schnell ich kann, gegen die Strömung, daß er das Atmen lassen muß, mit weit aufgerissenem Maule bis dicht vor meine Füße gerissen wird und den Käscher erst spürt, als er längst darin ist. Es ist ein Fisch von mehr als zwei Pfund, ebenso tiefgefärbt wie der pfündige, den ich vorhin hier holte; ein alter Räuber, der wohl manche geringe Forelle auf dem Gewissen haben mag.
Nun will ich wieder zu der Klippe zurück, wo sich eben der Haken verfing. Ich lasse die Fliege einmal über das andere auf die Stillflut fallen, sehe auch, daß fast jedesmal ein guter Fisch daran zupft, doch beißen will keiner. So muß ich wiederum naß fischen. Sobald die Fliege aus dem Strudel hervortaucht, habe ich Biß und lande ohne viel Mühe einen halbpfündigen Fisch. Doch ein viel gröberer, wohl pfündiger, schlägt sich beim Anhauen los, und ein dritter reißt die Leine in den Schlehenbusch, daß sie sich verfängt und der Fisch abgeht.
Ich sehe nach der Uhr; es ist Zeit, daß ich zum Forsthause gehe, damit die Fische noch zurechtgemacht werden können. Der Förster hat Gäste, und die sollen heute frische Forellen haben. Und was ich heute fing, das langt für uns alle. Wer mehr fängt als er braucht, ist Raubfischer.