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Motto:
Noch hat Keiner Gott erflogen, Richard Dehmel. |
Noch immer hat des Winters weißer Tod Sein Hemd zum Bleichen übers Feld gelegt; Noch hat sich nicht der Frost, der Behemot, Der eingekrallt im Flußbett schläft, geregt, Und eine rettungsleere Stille droht Mit halber Wimper, lauernd, unbewegt. Doch unterm Schnee in Wald und Gartenkrume Rühren sich Krokus schon und Osterblume. O Einsamkeit, violenblauer Friede, Da öffnet sich die Türe, und herein Mama, Papa in Sesseln am Kamin, »Kommst du? Wir wollten dich zum Essen holen; Die kleine Abel liegt im Bettchen jetzt, Nun gab die Nacht dem Tag den Schwesterkuß, Auch Bertouch schläft. Und meine Teckel träumen. Erinnert mich an einen Alpengrat, Doch einmal sah ich dieses Schlößchen liegen An diesem heitern Tage saßen oben, Da: bebt der Berg? Sie merkens nicht, sie zechen. »Ihr Herren, seht, ein schwacher Straßengreis, Da sprangen sie von ihren Stühlen auf Da: Wunder: Aus den Lappen schlüpft gewandt Du da, mit deinem Hirn aus Kleisterbrei, Und du mit deiner faden Albernheit, Und dich, den Schloßherrn, will ich also strafen: Euch allen Dreien soll dies Dasein dauern, Ein rotes Zünglein leckt vor seinen Füßen, Die Welt geht ihren Gang. Ich sitze nieder Ich will das einzige Glück mir nicht mehr rauben: Thereschen, wie, was zögest du so lange, Geheimnisvoll im Straßennetzgewirre Herr, dieses Aufeinander, diese Reihe. Ich weiß es wohl: Ein Tag im Juni war es, |
Das schönste Mädchen von der Welt, Echt Mecklenburger Rasse, Sitzt endlich mit mir unterm Zelt Auf Oestmanns Elbterrasse. Dies flimmergrüne Augenpaar, Der dicke Zopf, dies schwarze Haar, Und dieses Nackens herber Guß, Die Schellentrommel scholl so dumpf, Und schleiften ohne Ballhandschuh, Nun essen Spargel wir und Kalb, Wir steigen in die Eisenbahn, Und schlummert sie ermattet ein, Nächtliche Stille überall, Der Sohn, den du mir, Nacht, bescherst: Vielleicht ein großer Schlachtenheld, |
Weg mit dem Plunder auf den Kohlenrost! Die Locken kräuseln sich im Brand wie Schlänglein, Parfüm entflieht aus mancher Amorspost, Ein Rosabrief dreht sich zum Fahnenstänglein; Viel hundert Schwüre sind der Lohe Kost, Zu Ende ists mit all den lieben Englein. Im Telegrammstil bringt die nächste Strophe Nur ein Novellchen noch. O ziere Zofe! Bankier-Palazzo. Herrschaft ist verreist. Zerstört ist Alles. Kehricht. Katzenjammer Nicht übervoll von Glück in meinen Lieben? Der Geier heißt bei mir die Langeweile, Ich springe auf und stehe wie ein Baum, |
»Du kennst mich nicht. Ich bin vom Sirius. Ich komme, um dein Töchterlein zu holen, Das ihr beschmutzt mit euerm Erdenkuß. Gib sie mir her! Ihr habt sie uns gestohlen! Was willst du, was? Bist du von Sinnen? Halt! »Und zögst du Riegel vor und zögest Schnüre, Da sah ich seiner Augen fremden Schein, Sein Blick wird, lichterspielend, mich zerstören, Ich fühls, er beugt sich zu mir. Lautlos schrie »Liebst du dein Kind, so segne den Appell, Die Erde ist nur eine Schinderhufe, Du kennst das Leben: lauter Angst und Streit. Wir lauschen euerm Schreien und Gewimmer, Er schwieg. Ich schwieg. Ich hört ein seltsam Wehn Dann sprach er weiter, und sein Wort ward Graus, »Die Menschen, jeder, haben Raubtierkrallen. Herrschsucht, Gewalt sind eure Hochgerichte; In diesem Pfuhle soll dein Kind gedeihn? Er schob mich weg, ich mußte mich ergeben, Die Mutter schlief in seliger Tempelhaft, Sanft, im verknüllten Bettchen, im Geschiebe Sie atmet. Sie erwacht. Ihr Köpfchen taucht Zeigt sie dem Vater ihre Munterkeit? Der neigt sich tief vor ihr con grazia; Mein Kind! Mein Kind! Er richtet sich empor. Ein Schwert! Ich ringe, röchle. Mein Bezwinger Mir steigt der Wahnsinn glühend bis zum Scheitel. Die Schläfer brüll ich auf aus ihren Betten. Der Räuber aber schreitet ruhig fort, Der Räuber, seine Beute sind verschwunden. So lag ich Stunden wohl in dieser Nacht; Am Fenster steh ich, starr ich: Was beginnen? Von meinem Nacken fällts wie schweres Joch. Schon bin ich unterwegs, auf Waldesstiegen, Zwei Lebensbäume, jeder ein Juwel, Sie überragen eine Tann-Girlande, Hier hab ich oft bei Tag, bei Nacht geträumt; Zypressen, Sphinxe schlafen wie verloren Ein wunderlicher Kerl sitzt auf dem Stein, Er grinst: »Dear Sir, was soll ich Ihnen sagen, Was, Sternbriefträger bist du? Wolkenspringer? »Still, Monseigneur! und laß nur dein Geluge. Der Stern der Vorsicht kommt zuvörderst dran, Willst du dich mäßigen in der Ewigkeit, Drum, wie gesagt, verehrter Abderit, Und ich versprach dem sonderbaren Knaben, Wir fliegen schon. Den wir zuerst uns wählen, In Säcken schwingen hier an Ästen leicht Den Finger halten sie am Munde als Auch Moltke hing in diesem drolligen Reigen. Auf daß wir andre Welten bald gewönnen, Mein Führer ließ sich auch nicht lange drängen, Ein Nagel, der genau vors Gatter paßt, Jetzt können sie nur Gift im Herzen kochen; Indiskretion in tausend Mißgestalten, Gedankenrasch ereilten wir ein Ziel: An diese Häuser fand ich Menschen lehnen, Ich sah sie alle in den Abend schauen; Vernichtet hatten sie den Herzensdrang, Wir schossen weiter dann durchs Sterngewühl In alten gotischen Bronzestühlen, harten, Sie waren tot. Es spielte ein Entzücken Mit Mohn von matten, rosahellen Farben Da sah ich sie, die mir mein Herz geraubt, Sie schlief hinüber frisch und unverdorben; Sanft küßt ich ihre Stirne, zage, fremd; Dann wieder schloß sich ihre Wimpernzier, Mein Wegbegleiter drängte mitleidlos, Wir sanken tief und flogen zwischen Schwänen Das erste, das an meine Ohren dringt, So fein ist ihr Gehör. Ein wirres Toben, Jetzt teilte sich um uns der Dünstehang, Und eine große Stadt kam zu Gesicht. Nun konnte alles unser Blick erreichen, Hinweg aus diesem einzigen Schlachtersaal! Und plötzlich tiefe Stille nach dem Schrein: Da lag mein lieber alter Zufluchtsort, Ich sah ihr loses Haar im Winde wehn, Mich rettet meines Führers scharfer Spott, Wir taumeln zwischen wunderbarsten Sternen, In diesem Wirrwarr sind wir dann geblieben Die kindlich schreiten hinterm Sklavenpflug Wenn diese sich hier in die Augen schauen, Ein »Have, pia anima« verklingt. So ernst sind hier die Menschen, daß mir bangt. Sie tragen an der Stirne ein Genügen: Und weiter schwebten wir auf unsrer Bahn, Skat, Politik, Gegröhl und Bier: Geschwister. Schon sind wir dort, wo andre Geister wohnen: Die endlich stürzten mit gebrochnen Schwingen Euch lieb ich! und ich kenne eure Klagen! Lebt wohl! Vergeßt! Ihr wart ja Gotteslehn! Was konntet ihr sie denn nicht von euch schütteln, Lebt wohl! Ich sehe eine Sonne strahlen, Wir landen. Es umschleiert sich mein Sinn Von Hügeln, regenbogenüberbrückt, Zieht mein Tochter her. Aus Hand und Horn Unübersehbar, bunt, ein Pfauenrad Da sah ich ihrer Augen fremden Schein, Das wollte mir Verstand und Sinn zerstören. Ich springe vor! ans Einhorn! Ewigkeiten! – – – – – – – – – – – – – Da wach ich auf und sitze am Kamin Es ist todstill. Ich höre eine Maus. Dann schnell' aus meinem Sessel ich empor In ihren Armen schlummert unser Kind. |