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Sechstes Kapitel.

Nachdem Salve eine Reise nach Liverpool und Havre gemacht, kam er im nächsten Herbst wieder heraus.

Das erste Mal war er etwas scheu. Sein Vater und der alte Jakob Torungen Jakob Torungen infolge der alten Sitte, die im Mittelalter ja allgemein war, sich nach dem Wohnort zu nennen. hatten sich, unbeschadet jener Geschichte, stets wohl vertragen. Es schien, als habe der »weiße Bär«, wie Salve ihn nannte, ganz vergessen, was geschehen war, und was er bei jener Gelegenheit ihm Freundliches gedroht. Mit dem Mädchen war er rasch versöhnt; dasselbe hatte nun gelernt, dem Großvater nicht alles zu erzählen.

Während der Frächter und der alte Jakob drinnen eine Herzstärkung einnahmen, trug Salve die Waren aus dem Boot in den Keller. Elisabeth begleitete ihn hinauf und hinab, und dabei ging das Gespräch sozusagen durch alle Striche des Kompasses.

Nachdem sie ihn über Havre de Grâce, wo er ja gewesen, und über Amerika, wo er nicht gewesen, ausgefragt, und ob die Frau seines Kapitäns ebenso fein sei, wie die eines Orlogskapitäns, und ob er sich denn nicht auch einmal mit einer vornehmen Dame vermählen werde, wollte sie schließlich von dem lachenden Seemanne wissen, ob die Frauen der Offiziere im Kriege mit dabei sein könnten.

Seitdem wollte Salve immer mit dem Vater nach Torungen.

Elisabeths Gesicht hatte in der letzten Zeit etwas merkwürdig Einnehmendes bekommen. Es konnte manchmal einen eigentümlichen Ernst zeigen, und dessenungeachtet blieb sie gleich kindlich. Und solche Augen fand man nicht bald wieder.

Als er das letzte Mal draußen war, erzählte er von den Bällen in Sandvigen und wollte ihr begreiflich machen, daß die Mädchen ihn für etwas Besondres hielten. Doch nun sei er es müde, mit all denen zu tanzen.

Sie war überaus neugierig und preßte auch aus ihm heraus, daß er in diesem Winter zwei fürchterliche Prügeleien bestanden habe. Sie sah ihn erschrocken an und sagte etwas zögernd: »Und haben sie dir etwas gethan?«

»O nein – die meisten Unterhaltungen schließen mit solch einem Extratanz. – Sie wollten gerade mit dem Mädchen tanzen, das ich aufgefordert hatte.«

»Ist das so arg? – Wer war dies? – Ich meine, wie hieß sie?«

»Nun, die eine hieß Marie und die andre Anne, Herluf Andersens Tochter. – Du kannst dir vorstellen, daß sie schön waren! Anne trug ein weißes Kleid und Ohrgehänge und tanzte, wie du nie einen Segler hast schaukeln sehen; und das sagte auch Steuermann Gjörs.«

Aus diesem Gespräch erfuhr sie, daß die Mädchen von Arendal und den andern Häfen, in denen Salve gewesen, alle hübsch gekleidet gingen. Doch das nächste Mal, wenn er aus Holland kam, sollte er ihr ein Paar Saffianschuhe mit blanken Silberspangen mitbringen.

Mit diesem Versprechen schied er, nachdem ihm Elisabeth noch erlaubt hatte, ihr genau – und der Sicherheit wegen zweimal – das Maß ihres Fußes zu nehmen. Ihr Gesicht glühte vor Freude und sie bat ihn, es ja nicht zu vergessen.

Im nächsten Jahre kam Salve mit den Schuhen. Es waren Silberspangen daran, und sie waren außerordentlich fein, allein sie hatten ihn auch mehr als die Hälfte einer Monatslöhnung gekostet.

Sie war nun zierlicher gekleidet und konnte fast als erwachsen gelten. Sie bedachte sich, ehe sie die Schuhe annahm, und fragte nicht mehr so wie früher um alles. Auch war sie nicht mehr so willig, unten beim Boote mit ihm allein zu stehen und zu plaudern – sie wollte ihn oben haben, in der Nähe der andern.

»Siehst du nicht, wie hoch die See geht? Das Boot wird sich hier am Felsen entzwei schlagen,« behauptete er. Jedoch sie merkte, daß es nicht wahr sei, und ging, das Haupt ein wenig zurückgeworfen, allein hinauf. Da kam er nach.

Das mußte sie in Arendal gelernt haben, wo sie im Herbste konfirmiert worden war und wo sie im Hause der Muhme gelebt hatte. Und merkwürdig schön war sie in dieser Zeit geworden, so daß Salve fast verblüfft war. Als sie Abschied nahmen, ging es nicht länger in dem alten, lachenden Ton, sondern etwas verlegen von seiner Seite – er wußte nicht recht, wie er es anfangen sollte, und nachher konnte er an nichts anders mehr denken, als an sie.


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