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Drittes Kapitel

Carl Ericson – er war jetzt sechzehn Jahre alt und trug lange Hosen – brachte, wenn die Schule aus war, die Bogenlampen der Joralemon Licht- und Kraftgesellschaft in Ordnung; dann spielte er in Eddie Klemms Billardzimmer zwei Partien Kelly Pool, die er gewann, rauchte eine selbstgedrehte Zigarette und steuerte fünf Cent zu einer Kanne Bier bei.

Er konnte nicht ohne Stocken sprechen, hatte aber immer sehr viel zu sagen; er war schlank gewachsen und flink wie ein seidenhaariger junger Setter; in einem Alter, in dem die Gesichter seiner Gefährten wie Mondkarten aussahen, glichen seine Wangen rosigen Blütenblättern; er war eigensinnig und gesund; er trug einen Zelluloidkragen und eine glatte schwarze Krawatte: ein blauäugiger, scheuer, eifriger, alles andere als vornehmer Proletarier von sechzehn Jahren, der von Abendanzügen und Poesie nichts wußte, aber zitternd und unklar davon träumte, Minneapolis oder gar Chicago kennen zu lernen. Für ihn war es reinste Romantik, mit einem Blechgefäß voll Kohlen für die Bogenlampen durch die Ortschaft zu stolzieren und die hoch oben hängenden mysteriösen Beleuchtungskörper mit den Handgriffen des Eingeweihten herunterzuholen, während seine sich abrackernden Bekannten Heizungen bedienten oder an den Sonnabenden in Kaufläden aushalfen. Hin und wieder legte er die mannhafte – und geräuschvolle – Uniform des Elektrikers an: Stulphandschuhe, eine Drahtrolle, Steigeisen für die Füße. Seine stählernen Sporen in das feste Kiefernholz der Masten bohrend, kletterte er gleichmütig zur Höhe der summenden Drähte, der roten Querstangen und der grünen Glasisolatoren empor, während von unten Gruppen von zwei oder drei kleinen Jungen ehrfürchtig zu ihm aufsahen. In solchen Augenblicken wäre Carl nicht auf den Gedanken gekommen, seinen Schulkameraden Fatty Ben Rusk, der als Sohn des führenden Arztes nicht zu arbeiten brauchte, sondern zu Hause blieb und Bücher aus der Leihbibliothek las, um seinen aristokratischen Müßiggang zu beneiden.

Das Elternhaus Carls war nicht die geeignete Stelle für die begeisterten Stimmungen, in die ein Junge beim Lesen geraten kann. Dem Zimmermann Oscar Ericson schwebte als Ideal eines Hauses wohl so etwas wie eine Werkzeugkiste aus Kiefernholz vor, das auf »imitierte Eiche« zurecht gemacht ist. Seine Unduldsamkeit und sein Glaube an das Dogma unermüdlicher, phantasieloser Arbeit waren ihm auf die Stirn geschrieben. Abend für Abend las er, ohne Kragen, in gestickten Pantoffeln, seine norwegische Zeitung; dabei fuhr er sich durch das strohfarbene Haar oder strich sich das große, lange Kinn, und seine Hemdleiste machte jede seiner Atembewegungen mit. Carls Mutter stopfte wollene Socken und dachte an Milchkannen, Nachbarn und das Frühstück. Das Knarren der Schaukelstühle erfüllte das schlecht gelüftete, linoleumbelegte Wohnzimmer. An diesem Geräusch änderte sich so wenig wie an den heiligen Plätzen der Photographie von Mrs. Ericsons Vater, des grüngläsernen Zylinderhuts für die Streichhölzer und des grellfarbigen Teppichs mit dem Hundekopfmuster. Carls eigenes Zimmer bestand aus nicht mehr als getünchten Wänden, einem schmalen Holzbett, einer Kommode und einem Küchenstuhl. Ein Aufenthalt von fünfzehn Minuten in diesem untadeligen Heim trieb Carl fort zu Eddie Klemms Billardzimmer, das alles andere als untadelig war.

Er hatte einen gewissen Widerwillen gegen die Bitterkeit des Biers und gegen die beißenden Stückchen Zigarettentabaks, die immer an den Lippen haften blieben, aber die Besucher des Lokals – die »Blase bei Eddie« – gehörten zu den wenigen Menschen in Joralemon, die wußten, daß sie lebten. Eddies Etablissement war ein langer, weißgetünchter Raum mit Gußstahldecke und stets ungefegtem Boden. An den Wänden hingen Kalender von Billardfabriken und eine Kollektion Farbdrucke von badenden Mädchen. Die Mädchen hatten einen unnatürlichen Teint, fast allzu vollkommene Züge und mehr als rubinrote Lippen. Carl bewunderte sie.

Ein Septembernachmittag. Der sechzehn Jahre alte Carl saß weit zurückgelehnt, den einen Fuß auf eine Stuhlsprosse gestützt, in der Kneipe und unterhielt sich mit Eddie Klemm, einem flotten Geldmacher und überaus gewöhnlichen jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren, der eine »Phantasieweste« trug und in den Rockaufschlägen Zelluloidknöpfe stecken hatte: sie tauschten Klatschgeschichten aus dem Ort und unanständige Witze aus.

Ben Rusk steckte zögernd den Kopf zur Tür herein, und Eddie Klemm rief mit geschäftsmäßiger Herzlichkeit: »H'llo, Fatty! Komm rein. Was macht die Gesundheit? Nen neuen Lebenswandel anfangen, ja? Willst zu uns Rüpeln kommen? Nur herein; ich werd dir Poule-Spielen beibringen. Soll dich nicht einen Cent kosten.«

»Nein, ich glaub, ich werd lieber nicht. Ich wollt bloß Carl suchen.«

»Na, na Fatty, sind wir aber ›feun‹! Warum glauben wir, wir sollten und werden vielleicht eventuell lieber nicht?«

»Ach, ich weiß nicht. Einmal werd ichs wohl schon lernen«, seufzte Fatty Ben Rusk, der ganz genau wußte, daß er als Sohn eines Arztes und einer frommen Mutter und als Mensch mit einer weibischen Vorliebe für das Lesen niemals ein Allerweltskerl werden konnte.

»He! Paß auf!« schrie Eddie in gellenden Tönen.

»W-was ist denn?« keuchte Fatty.

»Der Fußboden fällt auf dich!«

»D-d… Ach hör mal, du ziehst mich ja bloß auf!« sagte Fatty zaghaft und versöhnlich lächelnd.

»Mach dir nichts draus, mein Sohn; du bist heute schon der Dritte, der mir drauf reingefallen ist! Komm nur her, mein Sohn, so oft du willst. Setz dich doch zu uns, und ich werd dir zeigen, wie man Poule spielt. Du hast grade die richtige Größe für nen Championspieler. Zigarette?«

Als den gesellschaftlichen Annehmlichkeiten, mit denen Joralemon seine Jugend auf die Schönheiten des Lebens vorbereitet, Genüge getan war, rückte Fatty Rusk sich einen Stuhl neben Carl und erzählte leise.

»Hör mal, Carl, was ich dir sagen wollte; ich war grade oben bei den Cowles', weil ich eine französische Grammatik zurückbringen wollte, die ich mir geborgt hab, weil ich sie mir mal ansehn – – Das ist vielleicht eine schwere Sprache! Und was meinst du? Mrs. Cowles hat mir erzählt, daß Gertie morgen zurückkommen soll.«

»Na, Mensch, das ist ja allerhand! Ich denke, sie sollte zwei Jahre in New York bleiben. Und sie war doch bloß sechs Monate weg.«

»Mrs. Cowles wird sich ohne sie wohl ein bißchen einsam gefühlt haben!« schmachtete Ben.

»Jetzt wirst du also wieder ganz zuckersüß sein und Gertie lieben, was? Ich kapier ja tatsächlich nicht, warum du dich durchaus verlieben mußt, Fatty, wo du jagen gehen könntest.«

»Wenn du die Sachen über König Artus und Galahad und das ganze Zeug lesen würdest statt deinem Scientific American und dem Zeugs über die idiotischen Wagen ohne Pferde und dem ganzen Quatsch – – Für Wagen ohne Pferde wirds sowieso nie eine praktische Verwendung geben.«

»Selbstverständlich wird – –« brummte Carl.

»Meine Mutter sagt, sie glaubt nicht, daß der liebe Gott jemals die Absicht gehabt hat, daß wir ohne Pferde fahren, denn wozu hätte er uns dann Pferde gegeben? Und die Dinger bleiben ja auch immer im Dreck stecken, und dann muß man zu Fuß nach Haus laufen. Mutter hat das erst vor ein paar Tagen in der Zeitung gelesen.«

»Mein Sohn, ich sage dir, ich werd einmal einen Wagen ohne Pferde haben, und ich gehe jede Wette ein, daß ich mit ner Durchschnittsgeschwindigkeit von dreißig und vielleicht von sechzig Stundenkilometern fahren werd.«

»Ach Quatsch! Aber was ich sagen wollte, wenn du ein paar Bücher aus der Leihbibliothek lesen würdest, würdest du über die Liebe Bescheid wissen. Ja, wozu hat Gott die Liebe in die Welt gesetzt – –«

»Hör mal, wirst du aufhören, mir zu erklären, wozu Gott alles Mögliche geschaffen hat?«

»Autsch! Hör auf! Auuuu, hör auf, Carl … Hör mal, paß mal auf, was ich dir eigentlich erzählen wollte; wie wärs, wenn du und ich und Adelaide Benner und noch ein paar von uns morgen zum Bahnhof gehen und Gertie abholen? Sie kommt zwölf Uhr siebenundvierzig an.«

»Na, schön. Hör mal, Bennie, du darfst dir nichts draus machen, wenn ich dich damit aufzieh, daß du in Gertie verliebt bist. Daß ich mal heiraten werd, glaub ich nicht. Aber für dich ist das schon das Richtige.«

 

Der Sonnabendmorgen war so kühl und strahlend, daß Carl schon frühzeitig mit der Überzeugung aufwachte, er müsse auf die Jagd gehen, auch wenn es im Plan der Weltgeschichte noch so wichtig sei, Gertie abzuholen. Um fünf Uhr brach er auf. Gerties Ankunft war vergessen.

Der Tag war zum Wandern wie geschaffen. Die Sonne ergoß ihren Glanz durch die trockene Luft über die Unendlichkeit der abgeernteten Weizenfelder; aus den grau-gelben Stoppeln wurde in der Ferne ein lohfarbener Samtteppich, den die geraden dünnen Linien der von Goldrutenblüten gesäumten Drahtzäune und die vereinzelten Häuser unter den Weidengruppen nur um so ausgedehnter erscheinen ließen. Die Einsenkungen und gerundeten Konturen der Ebene lockten ihn weiter, die großen Maße taten seinen Augen wohl. Freundliches Insektensummen erfüllte die sich weithin dehnende Heiterkeit der Landschaft mit verborgenem Leben.

Den ganzen Tag über – sein Hund folgte den gewundenen Fährten der Präriehühner, eine Kette Hühner stieg mit rauschenden Flügelschlägen auf, Carl riß die Flinte von der Schulter – streifte er in einer Welt umher, die ganz von glückseligem, eintönigem Pfeifen und Summen erfüllt war. An Vertiefungen in der Prärie und leuchtend grünen, sumpfigen Flecken blieb er stehen, um nach Enten Ausschau zu halten. Wenn Gruppen von Jägern vorüberkamen, die in zweisitzigen Einspännern hinter ihren suchenden Hunden her kreuz und quer über die Felder fuhren, begrüßte er sie mit fröhlichem Zuruf als seine Gefährten. Zum Mittagessen legte er sich ins Gras, verschränkte die Arme unter dem Kopf, starrte einen zehn Meilen entfernten Kirchturm an und verzehrte zufrieden seine mit kaltem Lammfleisch belegten Butterbrote.

Um sechs Uhr nachmittags hatte er sieben Präriehühner in der langen Tasche, die unten um den ganzen Rock herum lief; während er, ohne die geringste Müdigkeit zu verspüren, heimwärts wanderte, entging seinen ruhigen, aufmerksamen Blicken keine der purpurroten Astern und der zart leuchtenden Goldruten im Gelände.

Sowie er wieder zu denken anfing, fühlte er sich ein wenig schuldbewußt. Die Blumen brachten ihn auf Gertie. Er pflückte Astern und Goldruten und vereinigte sie zu einem großen Strauß, den er dann auf Armeslänge von sich hielt und prüfend betrachtete. Als er aber in der Ortschaft zu den Rusks kam und Bennie bat, er möge Gertie den Feldblumenstrauß bringen, konnte er dessen Vorwürfe mit überlegener Ironie zurückweisen:

»Was regst du dich denn so auf, daß ich nicht zur Bahn gekommen bin? Sie ist doch da, nicht wahr? Was hast du denn gemeint, was ich tun werd? Sie abküssen? Du hättest dir doch denken können, daß man sich einen so schönen Jagdtag nicht verderben läßt … Wie gehts Gert? Hat sies in New York nett gehabt?«

Carl brachte die Blumen jedoch selbst zu ihr und lauschte den Erzählungen aus New York so schüchtern aufmerksam, daß er sich kaum die Zeit nahm, mit dem »Dienstmädel« der Cowles, das seine Cousine zweiten Grades war, zu sprechen … Mrs. Cowles hörte, wie er dem Mädchen in vetterlichem Ton zurief: »Hallo, Lena! Wie gehts?« Mrs. Cowles schien ihn sehr kühl zu behandeln. Carl begriff nicht recht, warum.

 

Im Verlauf seines Juniorenjahres an der Höheren Schule wurde Carl von Monat zu Monat unzufriedener. Er ließ die Zeilen seines Cicero in ein graues Durcheinander verschwimmen, in dem Ciceros Tugend und Catilinas Verräterei nicht mehr auseinanderzuhalten waren, und malte sich aus, wie er, mit einer blauen Tuchjacke bekleidet, auf Schneeschuhen in die feierlich schönen Schneelandschaften der lärchenbestandenen Moore im nördlichen Minnesota wanderte. Ein gut Teil seiner Unzufriedenheit war auf seine gelehrten Präzeptoren zurückzuführen. Die Lehrer für diesen Jahrgang waren ganz danach angetan, jedem jungen Burschen, der auch nur das geringste Unabhängigkeitsgefühl besaß, für sein ganzes Leben einen herzhaften Haß gegen die Bildung einzuimpfen. Mit einer Ernsthaftigkeit und einem Eifer, wie sie im allgemeinen nur dem Teufel zugeschrieben werden, sorgten »Prof« Sybrant E. Larsen (B. A. Platonis), Miss McDonald und Miss Muzzy für fünfundneunzigprozentige Disziplin und siebenprozentige Belehrung in allem, was überhaupt der Rede wert war.

Miss Muzzy war eine sarkastische Natur, und sie war stolz darauf. So oft Carl bockig fragte, warum er nicht statt »dem ganzen lateinischen Zeugs« französisch lernen könne, bekam er eine sarkastische Antwort. Wenn das Lateinstudium überhaupt Vorzüge hat (und wir alle haben uns von unserem Lateinunterricht nicht mehr gemerkt, als daß ein »Faktum« eigentlich etwas »Gemachtes« ist), dann war Carl für diese Vorzüge auf ewig blind. Miss Muzzy trug Augengläser und hatte keinen Busen. Carls Vater pflegte anerkennend zu sagen: »Diese Miss Muzzy läßt sich keinen Blödsinn gefallen«, und Mrs. Dr. Rusk lud sie oft zum Dinner ein … Miss McDonald, ein dickes, langsam sprechendes, freundlich lächelndes Geschöpf, das gern das Wort »Herzchen« gebrauchte, gern Longfellow las und gern Blusen mit fehlenden Knöpfen trug, bediente sich gegen Carl einer weiblichen Waffe, die viel unfairer war, als die robusten Sarkasmen Miss Muzzys. Sobald es ihr nämlich gelungen war, einen Jungen mit Selbstachtung zu rüden Ungezogenheiten zu bringen, indem sie seine Seele mit feuchten, gepolsterten Händen streichelte, pflegte sie zu weinen. Sie war ein freundliches, ehrliches und demütiges Geschöpf aus der Familie der Rinder. Carl saß unter ihrer Aufsicht im Klassenraum der Junioren mit den harten Holzbänken, den Tafeln, den getünchten Wänden und hohen Fenstern, den Porträts Washingtons und eines Präsidenten, der entweder Madison oder Monroe war (kein Mensch wußte, welcher von beiden). Er haßte den ewigen Schulmuff, den Geruch von Trinkbechern, Kreide, und Firnis; er verabscheute die vom Kreidestaub weißen Tafeltücher; begeistern konnte er sich nur im Laboratorium, in dem »Prof« Larsen Physik mißlehrte und Fragen, die sich auf den überflüssigen Teil der Chemie bezogen – das heißt, auf den Teil, über den die Lehrbücher nichts sagten – streng rügte.

Am Freitag vormittag vor den Weihnachtsferien reinigten Carl und Ben Rusk den Chemiesaal, den Experimentiertisch aus Kiefernholz, den gußeisernen Ausguß und den ungepflegten Fußboden. Der ganze Ort war in Aufregung. Gertie Cowles gab eine Gesellschaft und hatte die an Eddie Klemm bereits ergangene Einladung wieder rückgängig gemacht. Gertie mußte sich zierlich und vornehm von einer Erkältung erholen und ging deshalb nicht zur Schule. Seit zwei Wochen zeigte man einander im Junioren- und Seniorenjahrgang verstohlen die mit Stechpalmenblättern verzierten Einladungskarten. Auch Eddie war aufgefordert worden, aber nach einem Streit mit Howard Griffin, einem Fuchs vom Plato College, der die Ferien bei Gerties Bruder Ray Cowles verbrachte, hatte man Eddie nahe gelegt, daß es ihm vielleicht lieber sein könnte, nicht zur Gesellschaft zu kommen.

Carl knurrte: »Na sag mal, Fatty, hältst du's für richtig, daß man Eddie aus der Gesellschaft, zu der ich komme, rausschmeißt? Sein Vater ist Barbier, und meiner ist Zimmermann, das ist genau so schlimm. Oder was ist mit dir? Ich hab mal gelesen, daß die Doktoren früher auch ganz einfach Barbiere waren.«

»Ach, geh zum Kuckuck!« antwortete Ben Rusk, der Doktorensprößling, voll Unbehagen, »du willst bloß streiten. Ich glaub das nicht, daß die Doktoren Barbiere waren. Ist vielleicht nicht schon in der Bibel von Doktoren die Rede? Na, natürlich! Lukas war Arzt! Außerdem handelt sichs gar nicht darum, daß Eddie der Sohn von einem Barbier ist. Du müßtest doch wissen, daß Gertie nicht ganz auf der Höhe ist. Es könnte ihr unmöglich angenehm sein, Eddie und Griffin bei der Gesellschaft zu haben, und Griffin ist ihr Besuch und außerdem – –«

»Du bringst ja alles durcheinander. Wenn ich dich weiterreden laß, wirst du noch über ein langes Wort stolpern und dir die Birne einschlagen. Komm. Jetzt haben wir genug sauber gemacht. Hauen wir ab. Komm zu mir und hilf mir bei meinem Bob. Ich hab ne neue Idee, wie man den Hinterschlitten anbringen kann … Wart bloß den heutigen Abend ab. Ich werd schon Gertie und dem Herrn Howard Griffin haargenau sagen, wie sie mir mit ihrer Hochnäsigkeit vorkommen. Und deiner zukünftigen Schwiegermutter genau so. Herrjeh! Ich bin bloß froh, daß ichs nicht nötig hab, mich in jemand zu verlieben und auch so aufgeblasen zu sein. Komm.«

Aus diesem gesunden demokratischen und muffigen Dorfleben wurde Carl plötzlich in die große Welt versetzt. Vor dem Hennepin-Haus stand ein Automobil, das erste, das er überhaupt zu Gesicht bekam.

Er blieb stehen. Seine porzellanblauen Augen öffneten sich weit. Seine Schultern ruckten vor und wurden starr und steif vor Staunen. Er riß den Mund auf und keuchte, während sie auf die Menschenansammlung um den Wagen zuliefen:

»Ein Wagen ohne Pferde! Kapierst du das? Es ist einer da, hier bei uns!« Er faßte die Haube des zweizylindrigen Wagens, Modell 1901, an und geriet in Verzückung. »Da drunter – der Motor! Und das da, damit lenkt man … Ich werd einen haben! … Herrjeh! Du hast recht, Fatty; ich glaub doch, ich werd aufs College gehen, und dann werd ich Maschinenbau studieren.«

»Ich denke, du hast gesagt, du willst nach Annapolis gehen und Matrose werden.«

»Nein, Quatsch! Ich werd mir mal einen Wagen ohne Pferde anschaffen, und dann werd ich alle Staaten in der Union abfahren … Denk doch Mensch, wenn man die Gebirge sieht! Und das Meer! Und dreißig Kilometer in der Stunde! Wie ein Eisenbahnzug!«


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