Hans Leifhelm
Steirische Bauern
Hans Leifhelm

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Die fremde Frau

Als die Sonne eine Hand hoch über dem Gebirge stand, kam ein junges Weib über die Hochwiesen gegen den Hof. Dunkel ragte sein Körper gegen den glasigen Himmel, auf der rechten Hüfte saß ihm ein Kind und schlief in der Beuge seines Armes. Es war sorgsam in dunkle Tücher gehüllt, nur ein kleines Stück vom schlafroten Gesicht war unbedeckt und über dem Leib der Frau stand verloren ein kleiner, nackter Fuß.

Hinter ihnen lief der Wind her. Er zerrte an den Röcken der Schreitenden, die tauschwer um die bloßen Füße schlugen, an dem dunklen Haar, das sie immer wieder mit dem Handrücken zurückstrich. Als sie den Hof erblickte, blieb sie stehn. Sie setzte das Kind auf die andere Hüfte und rastete. Der Wind sprang sie hart an und blähte ihre Röcke, so daß man das rote Futter sah, er weckte das Kind, das schlaftrunken den Kopf an die Frau lehnte.

Die Augen der Frau gingen prüfend über die Hänge. Steingrün stand noch das Korn und wie unvergilbtes Schilf der Hafer auf den Berglehnen weitab vom Hof, von unten sandten die weiten Wiesen ihre Düfte herauf, im Talgrund aber schatteten verstreute Lärchen, die sich hinter den Viehweiden zum Wald zusammenschlossen. Eingebettet in die Taltiefe lag winzigklein das Dorf. Als die Frau ihren Blick hinuntersandte, grub sich eine steile Falte in ihre Stirn.

Langsam ging sie weiter. Sie schaute nach dem Krautacker, der hinter dem Hofe lag. Beim Näherkommen sah sie das Jat 39 darin stehen so hoch wie das Kraut und die Kartoffeln im benachbarten Feld waren noch nicht gehäufelt, obwohl es hoch an der Zeit war.

Beim Hofgatter ließ sie die Kette vom Haken gleiten, trat ein und schloß sorgsam wieder hinter sich zu.

Der Hund schlug an; gellend ging der Ton über den Hof – niemand kam. Die Frau ging langsam am Hund vorbei; er bellte besessen und schnappte nach ihren nackten Füßen. Dann lief er an den leeren Holznapf und setzte sich winselnd daneben. Die Frau ging zum fließenden Brunnen, kam mit dem vollgeschöpften Sechter zurück und füllte den Napf mit Wasser. Dann trat sie in die Tür.

*

Vom Bett aus konnte die Bäuerin die junge Frau in der Tür sehn. Inmitten der Sonne stand sie mit dem Kind, stark und hochgewachsen. Ihren kräftigen Arm legte sie jetzt schützend vor den Mund, denn vom offenen Herd zog dicker Rauch. Das Kind hustete – es war endgültig wach und kämpfte mit den Tüchern, um die Freiheit zu bekommen. Die Frau half ihm und stellte es auf den Boden. Da stand es unsicher mit den bloßen Füßen auf der Steinplatte, die als Stufe diente. Es war rosig und stämmig – der Bäuerin pochte das Herz.

Die Fremde hatte noch immer nicht in der rauchigen, dämmernden Stube die Liegende gesehen. Sie war ein wenig verwirrt, als sie die leise Stimme hörte, die sie eintreten hieß. Sie ging durch den Rauch und kam durch die offenstehende zweite Tür in die Kammer. Da sah sie die sieche Bäuerin mit den kraftlosen Gliedern.

Zwischen den zwei Frauen lag ein Sonnenbalken. Er brach durch das kleine Fenster mit dem schmiedeeisernen Gestänge, ließ den Fensterstock mit den gemusterten Vorhängen rot dämmern, stach an dem Bett vorbei in die Stube und malte auf den tannenen Boden ein schwarzes Kreuz. 40

Die Frau vor dem Bett erschrak. Sie bot der Kranken den Gruß.

– Woher sie komme?

»Aus dem Dorf – habt's ein Bleiben für mich, Bäuerin?« Man merkte der Rede das oft Gesagte an.

Nach einer Weile: – schon, – Arbeit gäb es, viel Arbeit, aber keine wolle bleiben, es sei einsam heroben und ohne Wärme.

Die Stimme schwieg, dann holte sie flach Atem. – Und es sei uneben, jemanden wieder gehen zu sehn. Denn der Hof brauche eine schaffende Frau. Der Bauer sei einsilbig – die Stimme verhielt ein wenig. Auch der Knecht sei nicht viel anders und die alte Dirn.

Nach einer Weile kam die Stimme wieder, wie von weit her: – bei wem sie gedient hätte?

»Beim Groggher.«

– Und vorher?

»In Thorstein beim Kornreuther, und davor beim Lehrer, und früher beim Grubinger.«

Die Höfe lagen weit voneinander entfernt, einer tief im Graben, dann der eine auf der Sonnseite, der andere auf der Schattseite, kreuz und quer mußte die Fremde gewandert sein.

Ihre Worte klangen gleichmütig in der Stube, sie schaute auf die welken Blumen im Stubenfenster und drehte am Finger den billigen, silbernen Ring mit dem blauen Stein. Dann trat sie wortlos zum Stubenofen, nahm aus dem Gestänge den kupfernen Schöpfer, hob Wasser aus dem Schaff und gab den Pelargonien, dem Rosmarin und den Petunien eine Gabe Wasser.

Die Bäuerin hatte die Augen zum Fenster gewandt, wo die Fremde die Blumenstöcke zurechtrückte. Über ihrem Haar stand ein heller Schein. So leicht ging sie durch die Stube, um den Schöpfer an seinen Ort zu hängen. Draußen hörte man das Kind jauchzen und dazwischen den Hund lärmen. Jetzt schleifte seine Kette über den Boden. 41

– Das Kind sei lieb. –

»Ja, der Bub.« Die Frau stand vor der Tür. Die Bäuerin konnte ihr Gesicht nicht sehen. Sie legte die Tücher zusammen mit großen ruhigen Bewegungen. Dann rief sie das Kind, um zu gehen.

Da sagte die Bäuerin, sie solle dableiben.

*

Später saß das Kind neben der Bäuerin. Es hielt in seinen Händen ein Töpfchen Milch und trank. Dann taumelte es durch die Stube und ergriff Besitz von den Dingen, die da waren – Stühle, Bänke, Milcheimer und die Tischlade mit dem blitzenden Eßwerkzeug. Es kletterte auf die Bank, die rings um die Stube lief, an der Uhr vorbei mit den blitzenden Gewichten und dem schwingenden Licht dahinter. Die Bäuerin lockte das Kind, aber ihre Stimme war wohl zu schwach. Es stand mit der ganzen kleinen Hand im Munde und bestaunte die Taube, die an einem Rupfenfaden an der Decke hing und sich langsam drehte.

Die neue Magd kam und trug das Kind vors Haus, dann kehrte sie zurück und bettete die Frau um. Es war schwer, die Last zu heben, schwerer noch, das Erbarmen zu verhüllen.

Sie griff zu. Die Küche rieb sie aus und dann die Kammer, während draußen schon die Mahlzeit über den brennenden Holzscheitern stand. Dann holte sie Nesseln, die mannshoch hinter dem Stall wuchsen, und rieb die kleinen Scheiben blank. Sie öffnete die Fenster. Zart kam der schwirrende Ton der Heuschrecken und der süße schwere Duft des Klees in die Stube.

Ein Kuckuck rief, – zehnmal, fünfzehnmal – es war, als ob das Bett mit der kranken Frau inmitten der Wiese stünde. Die holte mit Vorsicht tief Atem.

*

Mittags kam Urban, der Bauer. Er traf die Magd, als sie im Schaff die schaumige Milch aus dem Stall trug. Der 42 windschiefe Apfelbaum zeichnete seine Schatten auf ihre bloßen Arme und das verschlossene Gesicht. Licht und Schatten fleckte über beide hin.

Der Bauer ließ sie vorangehen. Er fragte:

»Wo kommst du her?«

Er verwunderte sich, wie sie die Last leicht und unbeschadet durch die niedrige Tür brachte.

»Die Bäuerin hat mich eingestellt.«

Im Schwung hob sie drinnen das Schaff vom Kopf und leerte es in den Aufsatz der Zentrifuge – dann rief sie nach dem Kind, das aus dem Hühnerstall kollerte.

Als sie das Mahl auf den Tisch brachte, saß der Bauer neben der Frau am Bett. Er hielt ihre Hand. Vom Dorf kam das Läuten herauf. Der Knecht und die Dirn kehrten jetzt von der Hube zurück, wohin sie das Jungvieh gebracht hatten. Sie staunten ein wenig.

Der Bauer saß breit hinter dem Tisch und holte nach dem Kreuzzeichen den ersten Löffel Suppe aus der tiefen Schüssel. Nach ihm griff das Gesinde zu. Das Kind saß vor seinem irdenen Teller und klirrte mit dem Löffel.

Die Magd hatte der Frau sorgsam einen dicken Polster hinter den Rücken geschoben und löffelte ihr kleinweis die Suppe ein. Langsam ging es; die am Tisch waren satt, als die Frau die halb geleerte Schüssel zurückwies. Der Knecht ging an seine Arbeit in den Stall, die Dirn in den Garten. Nur der Bauer saß noch am Tisch, als die Magd nach dem Löffel griff. Eine kahle Bank stand lang zwischen ihnen.

Der Bauer brach das Schweigen:

– Wie sie denn heiße? –

»Maria.«

Sie löffelte, und zwischen ihnen stand wieder Schweigen. Dann sprach der Bauer: – zur rechten Zeit sei sie gekommen. Die Mahd brauche Kräfte, und auch der Schnitt. Die Bäuerin müsse sie ersetzen im Stall und im Haus. – 43

Maria war aufgestanden, sie tat das Eßtuch zusammen, dann legte sie es in die Tischlade. Sie schaute nach der Bäuerin, die nickte ihr zu.

»Ihr könnt mich rufen zu jeder Arbeit, ich tu's gern, es ist gut heroben sein.«

Sie stand mit dem Geschirr auf dem Arm vor dem kleinen Fenster. Die Luft war glühend geworden, die Hitze lag flimmernd über der Gegend. Maria machte das Fenster zu und zog die Vorhänge vor. Mattes Licht füllte jetzt die Stube. Dann trug sie das Geschirr hinaus.

*

Es war Abend geworden, und das Gesind saß nach dem Nachtmahl um den Bauer. Maria hatte das Kind auf die Ofenbank gebettet. Es lag still und hatte den Daumen im Mund.

– Es muß das Wandern gewohnt sein – dachte der Bauer. – Einmal hier und die nächste Nacht dort –. Er saß mit aufgestützten Armen. Abend für Abend war es so, nach der schweren Arbeit das schwere Schweigen, seit Wochen so, seit Monaten und Jahren. Kein fremder Mensch und kein Junger kam auf den Hof. Und heute war eine da – es würde wohl so sein, daß sie zwei Tage bliebe, oder drei, oder vier. Dann würde sie Arbeit in der Nähe des Dorfes finden, die Maria.

In der Stube war noch kein Licht. Die Gesichter standen als helle Flecken in der Dämmerung. Es war so, daß man mit den Tieren schlafenging, aber heute wollte Urban die kleine Lampe anzünden. Er stand auf und ging durch die Stube. Im gleichen Augenblick war auch Maria aufgestanden. Unversehens standen sie Gesicht an Gesicht. Hastig wichen sie einander aus. Der Bauer hatte eine rauhe Kehle und räusperte sich, als das Licht zum Brennen kam.

Er warf einen kurzen Blick auf Maria, sie stand neben dem 44 Kind und hatte seine Hand gefaßt. Dann saßen sie zu viert um den Tisch. Der Bauer wendete sich zum Knecht:

– Wenn er morgen hinunterführe ins Dorf, müsse er den Sack Korn mit auf die Mühle nehmen. Und das und jenes werde benötigt, er solle es aus dem Dorf mitbringen. Sonst führe der Wagen völlig leer. –

»Könnt' er wohl meinen Kasten mitbringen von drunten?« fragte Maria.

»Willst es nicht noch abwarten, ob's dir heroben paßt?« meinte Urban dagegen.

Er wunderte sich, daß er froh war, als er ihre Antwort hörte.

»Es paßt schon«, sagte Maria.

Dann gingen alle zur Ruhe.

*

Maria ist zufrieden auf dem Hof. Sie versorgt die Kranke. Bald hat sie es erkannt, besser kann es nicht werden mit der Frau. Die Bäder haben nichts genützt, in die sie stärkende Kräuter geregt hat, auch die Salben haben nichts geholfen. Maria ist der Kranken zugetan, und sie sagt sich: wenn die Frau nicht wäre, bliebe sie nicht da. Aber im gleichen Augenblick, da sie dies denkt, erschüttert eine Unsicherheit ihr Herz. Maria kennt sich nicht.

Denn der Bauer – er kümmert sich nicht um sie. Oft möchte sie ihn fragen, wegen des Viehs oder des Gartens – dann schickt er sie zu der alten Dirn, und die weiß nicht viel. So wird Maria selbständig und sicher in ihrem Tun, sie führt das Haus. Und trotzdem sitzt sie als geringste am Tisch und sie ißt als letzte mit dem Kind die Mahlzeit.

Einmal hatte die Frau mühsam zu sprechen angehoben:

»Ich muß dir danken, daß du da bist. Ich schau dich mit deinem Kind an, und es wird mir leichter.« Und nach einer Weile erschöpft: »Geh du mir nicht fort, wie es auch kommt.«

Dann schweigt sie, während Maria ihre Schläfen mit 45 Holzessig wäscht. Von da an ist die Frau noch stiller. Es ist, als ob sie alles zu Sagende gesagt hätte.

 

Das Leben auf dem Hof geht eben fort. Manchmal kommen die alten Einleger vom Dorf herauf, mit ihrem kleinen Bündel. Maria gibt ihnen ein Bett und eine Decke, das ist besser, als auf einem Schaub Stroh zu liegen, wie es sonst auf den Höfen üblich ist. So sind die Alten gerne droben.

Dann kommen Wanderer, die Fremdes aus der unruhigen Welt berichten. Sie reden und prahlen, und die Menschen am Hof sind froh, wenn sie weiterwandern.

Einmal kommt ein Bursch aus dem anderen Tal. Er trifft zuerst das Kind. Dann fragt er den Bauer nach Maria. Der weist ihm den Weg und zieht die Tür hinter sich zu, da er die beiden beisammen sieht. Später verläßt der Bursch den Hof, und am Abend bemerkt der Bauer, daß Maria den Ring mit dem blauen Stein nicht mehr trägt.

 

Das Jahr schritt vor, spät kam heuer das Frühjahr, spät auch der Sommer. Nun war Maria schon eine lange Zeit hier auf dem Berg.

 

Bald war die Heuzeit zu erwarten. Die Wiesen standen üppig und bunt. Marias Kind ging durch die Wiesen, und man sah es nicht mehr, sein Weg zeichnete sich nur an der Bewegung der Blumen und Gräser.

Der Bauer stand am Rande der Wiese und ging dann langsam zum Hof. Dort stand er vor den Sensen, prüfte ihre Schärfen und stellte sie bereit. Der Knecht holte die Tagwerker aus dem Dorf, und in der Morgenfrühe konnte die Mahd beginnen. Aber der Tag blieb nicht beständig. 46

–So sollt' es nicht sein – dachte Maria, die mit einer leichten Gabel die Mahden aufstreute. Sie sah nach den Bergen, die im flimmernden Licht standen. Aber sie hatte genug mit der Mahd zu tun, denn die Männer arbeiteten schnell. Mittags war die Hitze unerträglich geworden, und am frühen Nachmittag bereits führte man von dem einen Grund in hohen Fudern das Heu ein.

Maria stand auf dem Wagen, nahm das Heu in beide Arme und lud das Fuder gleichmäßig. Ihr Gesicht war anders als damals, da sie auf den Hof kam. Es war gebräunt, und sie scherzte mit den Knechten, die ihr das Heu auf Gabeln hinaufreichten. Jähe Windstöße trieben ihr das Haar ins Gesicht. Sie hielt inne und schaute wieder gegen das Gebirge. Auch der Bauer hob seine Augen und sah nach der Wolke. Denn droben stand eine Wolke auf. Sie drängte steil getürmt über den Berg, wuchs in die Breite und wurde unheimlich und übermächtig. Es war ein stetiges Aufwärtsdrängen in ihr.

Urban trieb zur Arbeit. Maria war froh, das Kind im Haus zu wissen bei der Kranken. Die Wiese lag weit ab, die beiden waren allein droben, aber eines fand am andern Ruhe.

Die Menschen arbeiteten voll Hast. Der Bauer brauchte die Eilenden nicht anzuheißen.

Die Grillen wurden still, und Maria sah die Rinder unter den Bäumen sich eng aneinanderdrängen. Der Talgrund wurde langsam dunkler, die Berge lagen nun unter grauen Hüllen. Ein Wind lief zwitschernd über die Felder und Wiesen und wirbelte den Staub auf den Wegen. Dann kam wieder eine leblose Stille über das Land. Kein Vogel war in der Luft, nur ein Mückenschwarm tanzte unsinnig über einem Heuhaufen.

Die Wolkenmasse über dem Berg wuchs nicht mehr. Gleich einem Tier setzte sie zum Sprung an. Wirbel krümmten sich in ihr, Gestalten dehnten sich und rangen und stürzten übereinander, dunkler wurde der Wolkenturm, die Masse neigte sich vornüber und fiel über den Gipfel des Berges. Sie wälzte sich 47 die Hänge hinab, aber immer neue dunkle Wolkenmassen erstanden hinter dem Berg, drängten nach und bedeckten rasch den Himmel in stetig wachsendem Zug.

Die Luft war unbeweglich und dumpf, den Menschen in der Wiese stand der Schweiß am Leib, sie sahen nicht mehr nach dem Himmel, sie mußten zu Ende kommen, sie rafften das Heu zusammen.

Dann flammte fahl der erste Blitz auf. Die schwere Unbeweglichkeit war gebrochen, ein Taumel erfaßte die Luft. Sie dröhnte und bebte wie unter hundert Lawinen, Wolken barsten und ihnen entquollen heulende, knatternde Fahnen.

Und mit dem Donner vermischte sich das Rauschen des Hagels, der aus den Wolken stürzte. Maria lief über die Wiese in den angrenzenden Wald. Sie wollte schreien, sie hielt die Augen geschlossen, sie stolperte und fiel und rettete sich in das schützende Erlengebüsch.

Der Bauer hetzte auf dem gleichen Wege in den Wald. Er suchte Maria nicht, aber seine Sorge war jetzt auch nicht der Hof, er floh vor den nußgroßen Schloßen, die ihm der Hagel in den Nacken schlug. Keuchend vor Anstrengung erreichte er das Gebüsch, das Maria geborgen hatte, neben ihr duckte er sich an die Erde, niemals waren sie einander so nahegekommen.

Seine Schulter berührte Marias Schulter, er sah ihren gebräunten Arm, der in kraftvoller Gesundheit glänzte, er sah ihre Hand, an deren Ringfinger der abgelegte Reif einen weißen Ring hinterlassen hatte.

– Alles wäre gut, – denkt der Bauer. Maria verharrt regungslos. Er starrt in das Unwetter, dann sagt er, ohne sein Gesicht zur Frau zu wenden:

»Du weißt es von mir, wie ich von dir –«

Einen Augenblick schweigt die Frau, denn sagt sie kurz:

»Ja – ich werde wandern.« 48

*

Das Gewitter war vorübergezogen, ohne daß die beiden es merkten. Ein Regenbogen begann sich über den Berg zu spannen.

Maria ging langsam über die nassen Pfade auf den fernen Hof zu. Der Bauer war neben ihr, mit verschlossenem Gesicht. Er wußte, die Frau würde den Hof heute noch verlassen, er dachte nur dies.

Sie waren angelangt und betraten die Stube. Fast wie damals war es, als sie zum erstenmal auf den Hof kam. So still war die Bäuerin. Das Kind saß spielend auf dem Fußboden.

Maria hob es auf und trat an das Lager der Frau. Das Antlitz der Bäuerin lächelte. In den Händen hielt sie zwei Rosmarinzweige.

Sie war tot.

 


 


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