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»Du freust Dich gar nicht so über mein Kommen, als ich erwartete,« – sagte Karl, indem er sich Montag Morgen im Frühstückzimmer an's Kamin setzte. –
»O, ich freue mich sehr. – Sieh, welch schönes Feuer ich für Dich gemacht habe, aber weißt Du, Karl, ich kam dabei in große Verlegenheit und das macht mich so nachdenklich. – Ich nahm ein Stück Holz aus dem Holzkorb an der Thüre, gerade als Frau Dalton vorbeiging. – Sie sah sehr erstaunt aus und fragte mich, ob ich Herrn Harley seit zwanzig Jahren kenne? – Ich dachte, sie scherzte nur, aber sie blieb stehen, um mir zu erklären, daß man in fremder Leute Haus das Feuer nicht anrühren dürfe, es sei denn, man kenne sich seit zwanzig Jahren. – Sie sah so aus, als wenn ich mir eine große Freiheit herausgenommen hätte. – Ich war so traurig, ach, ich wußte niemals zuvor, daß durch so kleine unangenehme Dinge das Vergnügen, zum Besuch zu sein, ganz verdorben werden kann.« –
»Kleine, unangenehme Dinge! – Ich hätte Dir beinahe von einem großen unangenehmen Dinge zu erzählen gehabt! Ohne Louis wäre mir etwas Schreckliches begegnet! – Etwas viel Aergeres als zwanzig Feuer anrühren und zwanzig Damen Daltons erzürnen! Ich fange an zu glauben, daß Louis am Ende doch der Freund ist, auf den ich hoffte.« –
»Erzähle mir, Karl!« –
»Noch nicht. – Ehe ich Dir von der unangenehmen Sache erzähle, welche hätte geschehen können, werde ich Dir von einer erzählen, die geschehen ist. – Hörtest Du wohl, daß gerade als wir vom Frühstück aufstanden, Mademoiselle uns französisch sagte, daß Herr Harley wünsche, wir möchten im Hausflur auf ihn warten, und daß Horaz und Richard in keinem Falle mit ihren Flinten im Hause umher laufen sollten? – Was geschieht? Sie nehmen ihre Flinten und gehen gerade aus, die Treppe hinunter, nach der Küche. – Ich fragte sie, ob sie nicht gehört hätten, was Mademoiselle gesagt? – O, sagte Richard, wir verstehen nicht französisch. – Darauf sagte ich, daß ich es verstehe und übersetzte es ihnen, aber kaum hatte ich das gethan, so erhob Richard die Hand, gab mir eine Ohrfeige und sagte, ich wäre ein Dummkopf, der sich in Alles mische.« –
»Abscheulich! – Und was thatest Du, Karl?«
»Was ich that? – Ich hatte keine Zeit, Etwas zu thun. – Er ging weg und schlug mir die Thüre vor der Nase zu, aber mir war, Mia, als hätte ich ihn gerne zu Boden werfen und mit Füßen treten mögen.« –
»Lieber Karl!« –
»Es verging wieder. – Ich stampfte mit den Füßen und lief im Hausflur umher, und dann faßte ich den Entschluß, es ihm nicht nachzutragen und mich nicht vor ihm zu fürchten, sondern immer gerade aus zu ihm zu sprechen. Dennoch hätte ich beinahe etwas sehr Schlimmes gethan, aber ich will es Dir nicht vor der Zeit sagen. Ich wartete, bis Herr Harley und Louis kamen. Letzterer gab mir eine Flinte und zeigte mir, wie sie geladen wird, er rieth mir, mich immer in seiner Nähe zu halten, und darauf machten wir uns auf den Weg. – Anfangs ritt Louis auf seinem Pony, aber dann kamen wir von der Landstraße ab und gingen zusammen durch die Anpflanzungen, dann über gepflügtes Feld, und von Zeit zu Zeit schossen sie Etwas.« –
»Schossest Du auch Etwas?« –
»Na, ich hätte beinahe Richard Vernon geschossen. – Erschrick Dich nicht, Mia. – Niemand weiß es, außer mir und Louis. – Ich will Dir sagen, wie es kam. – Ich sah etwas Haariges hinter einem Gebüsch und dachte: Nun ist's an mir zu schießen! – Ich zielte mit großer Genauigkeit, aber gerade als ich losdrückte, schlug Louis auf die Flinte und der Schuß ging hoch über unsere Köpfe fort. – Im ersten Augenblick konnte ich nicht begreifen, was Louis damit gewollt hatte, aber plötzlich bewegte sich das haarige Ding und ich sah, – denke nur, Mia! – ich sah, daß es Richard's rother Kopf war. – Er suchte Etwas, das er dort im Gebüsche verloren hatte. – Wenn Louis nicht auf die Flinte geschlagen hätte, hätte ich ihn erschossen. Und das ist die unangenehme Sache, die beinahe geschehen wäre.« –
»Wie schrecklich! Was sagten sie Alle?«
»Niemand weiß es. Ich konnte zuerst gar nicht sprechen; es überlief mich so kalt, und als ich mich nach Louis umwandte, um ihm zu danken, war er zu seinem Vater gegangen und sprach ganz ruhig mit ihm. Er erwähnte des Vorgefallenen gar nicht. Wenn ich so etwas Kluges gethan hätte, würde ich gewiß davon gesprochen haben. Und ich wünschte fast, daß Louis es auch thäte. – Ich war ganz beschämt, als Herr Harley mir auf dem Rückwege Glück zu meinem vernünftigen Betragen auf der ersten Jagd wünschte, und ich weiß, ich hätte ihm sagen sollen, wie es ohne Louis' Geistesgegenwart ausgefallen wäre, aber Horaz starrte mich an, und da fehlten mir die Worte. – Ich fürchte, Mia, Du denkst, das war feige?« –
»Ich habe kein Recht, das zu sagen, denn ich bin heute noch feiger gewesen. Weißt Du, Karl, ich finde, hier ist es viel schwerer, die Wahrheit zu sprechen und das zu thun, was recht ist, als zu Hause. – Ich werde Dir erzählen, was mir heute begegnet ist. – Gleich nach dem Frühstück gingen Frau Dalton und Mademoiselle spazieren, Luise konnte nicht mitgehen, denn sie hat sich erkältet, und ich zog es vor, bei ihr zu bleiben. Frau Dalton ermahnte uns, im Frühstückzimmer zu bleiben und sehr ruhig zu sein und kein dummes Zeug zu machen. Luise war sehr vergnügt, als sie fort waren, sie tanzte und sang und sagte, wir würden sehr hübsch spielen. – Du weißt, sie liebt andre Spiele als Du, – Mädchenspiele. Sie holte hübsche kleine Teller und Schüsseln und wünschte, daß wir eine Puppenmahlzeit kochen sollten. – Sie holte auch einen ganzen Präsentirteller voll Mehl und Butter und Rosinen und anderer Sachen, und wir waren lange recht munter und machten Kuchen und Pasteten, und der Koch backte sie uns in der Küche. Auf einmal hörten wir ein Klingeln an der Hausthüre, und Luise sagte sehr erschreckt, daß wir Alles verstecken müßten, denn Frau Dalton käme nach Hause. – Da begriff ich erst, daß Luise das Alles heimlich gethan hatte, und daß Frau Dalton sehr böse sein würde, wenn sie es erführe. – Aber es blieb mir nicht Zeit zum Ueberlegen. Luise versteckte den Präsentirteller und die Schüsseln unter das Sopha, und die kleine Schüssel mit den Kuchen schob sie unter die Kirche von Gyps hier auf dem runden Tische. Die Stube war in einer Minute so aufgeräumt, wie immer. – Luise nahm ein Buch in die Hand und saß lesend auf dem Sopha, als Frau Dalton in's Zimmer trat. – Ich stand müßig da, ich war traurig und schämte mich sehr! – Ich denke, ich hätte sprechen sollen und fürchte, mein Schweigen war schlimmer, als das Deine, Karl. – Es hat mir den ganzen Nachmittag verdorben. Mademoiselle las aus einem französischen Märchenbuche vor, aber ich konnte kaum zuhören. Einige Minuten ehe Du kamst, war Luise hier und holte die Kuchen unter dem Modell hervor, weil Mademoiselle das Zimmer verlassen hatte. – Sie lachte mir zu und sagte, sie fände, wir wären sehr pfiffig gewesen, und sie begreife nicht, weßhalb mich das so traurig machte, daß wir Frau Dalton angeführt haben.«
»Ich sehe auch nicht ein, weßhalb Du traurig bist,« sagte Karl. – »Es kam Dir doch nicht zu, Luise anzuklagen. Alles, was Du thun kannst, ist, Acht zu geben, daß sie Dich nicht wieder in ihre Heimlichkeiten zieht, und jetzt höre meine Geschichte zu Ende. – Ich habe Dir nur von dem unglücklichen Schusse erzählt, den ich beinahe gemacht hätte, und jetzt will ich Dir noch von einem glücklichen erzählen, den ich wirklich gemacht habe, selbst Herr Harley sagte, ich hätte gut geschossen, und Horaz sah ganz verwundert aus. – Ich wollte, Du verständest es ganz, Mia, deshalb paß' wohl auf! – Wir gehen durch ein Stoppelfeld, hier stehe ich mit meiner Flinte, da oben ist das Rebhuhn, ich thue einen Schritt vorwärts und stampfe – Himmel! – was ist das!« – rief Karl, sich scharf umwendend, und auch Mia stieß einen Schreckensruf aus, denn in Folge von Karl's Aufstampfen war das Gypsmodell, von dem Mia gesprochen hatte, auf die Erde gefallen und lag zerbrochen da. –
»Das ist eine schöne Geschichte,« – sagte Karl, »wer hätte daran gedacht!« –
»Ich hätte daran denken können,« – sagte Mia, »denn ich bemerke, daß es nicht fest stand, nachdem Luise es zum zweiten Male gerückt hatte. – Ach, was sollen wir machen?« –
»Es ist nicht meine Schuld,« – sagte Karl, »man kann doch wohl durch ein Zimmer gehen, und dann denke ich auch nicht, daß sich Jemand aus dem kuriosen, unnützen Dinge Etwas machen kann.« –
»Unnützes Ding sagst Du? – Ach, wir hätten lieber alles Andere in dem Hause zerbrechen können, als das. – Louis hat es gemacht! Es ist das Modell einer Kirche in Italien, und es ist merkwürdig gut gemacht! Herr Harley ist ganz stolz darauf, er zeigt es aller Welt, und Louis hat viel Zeit darauf verwendet. – Es wurde erst an dem Tage vor ihrem Herkommen fertig, und Herr Harley bekam es zu seinem Geburtstage.« –
»Ich bin doch recht unglücklich,« – rief Karl. »Wenn in einem Hause ein recht werthvolles Stück ist, und ich es nur ansehe, dann zerbricht es. – Na, jetzt ist es geschehen, und da kommt Jemand.«
Es war Luise. Das war in diesem Augenblick eine Erleichterung, aber ihre Ausrufungen und ihre kläglichen Gesichter verdrossen Karl.
»Du thätest besser, nicht so viel zu jammern und zu sagen, was wir thun sollen,« – sagte er endlich.
»Ich weiß, was ich thäte, wenn ich an Eurer Stelle wäre,« – antwortete sie. »Ich würde ganz leise davon gehen, dann würde Niemand wissen, daß Ihr im Zimmer waret, als das Modell hinfiel, und Niemand wird an Euch denken, wenn Ihr nur nicht hier gefunden werdet. Nun wißt Ihr, was ich thäte!« –
»Aber das thun wir nicht,« – sagte Karl.
»Ihr seid die sonderbarsten Kinder, die ich kenne,« sagte Luise. – »Husch! da ist Frau Dalton; wenn Ihr Lust habt in Ungnade zu fallen, so will ich wenigstens nicht mit Euch zusammen gesehen werden. Ich mache mich durch diese Thüre aus dem Staube.« –
Wie langsam ging Frau Dalton! Mia zählte jeden Schritt, aber die schrecklichste Minute war die nach ihrem Eintritt! – Sie sah das zerbrochne Modell an, ohne zu sprechen, endlich sagte sie, indem sie ihre Augen bis zu Mia's geängstigtem Gesicht erhob:
»Fräulein Merton, Sie haben also das Gypsmodell angefaßt, wie ich sehe! – Es ist doch sonderbar, daß gewisse Kinder niemals während einer Minute in einem Zimmer allein gelassen werden können, ohne daß sie Dinge anfassen, die ihnen nicht gehören!«?
»Mia hat es nicht angefaßt,« sagte Karl.
»Also Sie waren es, Junker Merton? – Wissen Sie auch, daß, indem Sie Dinge anfassen, die Ihnen nicht gehören, Sie sich eine große Freiheit herausnehmen?«
»Aber ich habe es nicht angefaßt!« –
»Und doch stand es ganz fest, als ich das Zimmer verließ, und Niemand anders war darin. – Nehmen Sie sich in Acht, Herr Harley vergiebt nie eine Unwahrheit.«
»Ich spreche die Wahrheit,« – rief Karl und wurde ganz roth. – »Ich habe das Modell niemals angefaßt. Ich stampfte mit dem Fuße auf den Boden und da fiel es hin.« –
»Sie thäten besser, Nichts mehr darüber zu sagen,« erwiederte Frau Dalton, ihre Arbeit vornehmend. »Das Modell stand fest auf seinem Gestell. Es konnte ohne Berührung nicht fallen.« –
»Und es fiel doch,« – schrie Karl laut.
»Ihr heftiges Widersprechen und Ihre unartigen Manieren werden mich nichts Unmögliches glauben machen. Künftig kommen Sie nie anders in dies Zimmer, als wenn Louis Sie mitnimmt. Sie haben sich eine große Freiheit herausgenommen, indem Sie heute herkamen. Es ist kein Ort für Knaben, und ich kann nicht für alle das Unheil, das Sie stiften könnten, verantwortlich sein.« –
»Aber gewiß, ich versichere Sie« – begann Mia.
»Du brauchst sie gar nicht zu versichern,« unterbrach hier Karl. »Ich habe die Wahrheit geredet, und wenn« – das Ende des Satzes verlor sich in eine Art von Grunzen, und Karl ging an das andere Ende des Zimmers und riß so heftig an einer Gardinenquaste, daß Frau Dalton ihm zurief, er möchte wenigstens heute Abend nicht noch mehr Schaden anrichten.
Mia saß mittlerweile auf einem Sessel am Feuer und hoffte, daß Frau Dalton die Thränen, die ihr in den Augen standen, dem Feuer zuschreiben würde. »Ist das unsre hübsche Woche?« – dachte sie. »O! wie viel angenehmer war es hier im Hause, als Niemand drin wohnte. Ob sie nur wissen mögen, wie wir ihr Kommen gewünscht haben, und wie sehr wir gehofft haben, recht froh zu sein? – Ob Frau Dalton nur so viel über – Freiheiten herausnehmen – sprechen möchte, wenn sie wüßte, wie bekannt wir in diesem Hause sind, und daß es uns immer wie unser eigenes vorkam. Zum Glück ist es nur eine Woche, und die Hauptsache ist, daß wir in derselben Nichts thun, dessen wir uns vor Vater und Mutter zu schämen hätten. Ich möchte nur Karl's Gesicht sehen, oder mit ihm sprechen können.« –
Endlich läutete es zur Tafel. Frau Dalton legte ihre Arbeit zusammen und verließ das Zimmer ohne ein Wort zu den Kindern zu sprechen. Doch nun brach Karl's Zorn aus, wie Mia es erwartete.
»Pfui, abscheulich! – Das leid' ich nicht! – Nein, ich leid' es nicht! – Nein! – Mach' keine Gesichter, Mia, ich bleibe nicht eine Minute länger in demselben Hause mit diesem Weibe! – Ich laufe nach Hause, ohne Hut – ich –«
»Du wirst noch einen andern Tisch umwerfen, wenn Du nicht ruhig stehst! – Wirklich, Karl, dies ist kein Haus, in dem man umher stampfen kann. – Sieh, jetzt bist Du mit Deinem Fuße in der Seide, die von Frau Dalton's Stickrahmen herabhängt. Wie Du Dich darin verwickelt hast!« –
»Ich glaube, ich bin der unglücklichste Mensch in der Welt,« – sagte Karl, als Mia niederkniete, um seinen Fuß los zu machen. –
»Laß mich Dich an Etwas erinnern,« sagte Mia sanft. »Wagst Du Dich heute unglücklich zu nennen, Karl? – Denke an Richard Vernon und Deine Flinte! Haben wir nicht eher Grund dankbar zu sein, und sollten wir nicht diese kleinen, unangenehmen Sachen geduldig ertragen?« –
»Ich sage ja nicht, daß wir es nicht sollten,« – antwortete Karl, jetzt endlich stille stehend und mit den Augen viel blinzelnd. –
»Warte einen Augenblick, und laß mich Dein Haar glätten. – Erinnerst Du Dich noch der Geschichte von dem Diener, der die bittre Frucht aß, welche sein Herr ihm gegeben hatte? – Papa erzählte sie uns eines Abends.« –
»Ja, aber was hat die Geschichte damit zu thun, daß die Frau Dalton mich einen Lügner nennt?«
»Der Diener sagte, besinnst Du Dich wohl? – er nehme auch die bittre Gabe dankbar aus des Herrn Hand, der Ihm so viele gute Gaben gegeben hatte.« –
»Frau Dalton hat mir niemals etwas Gutes gegeben.«
»Nein, nicht Frau Dalton, aber Du weißt, Karl, es kommt Nichts durch Zufall, – selbst nicht das Geringste, und da denke ich –«
»Ich weiß, was Du meinst, Mia. – Nun gehe vor mir die Treppe hinunter, aber Du mußt Dich nicht immer umsehen und mich anstarren.« –
Mia drehte sich kein Mal nach ihm um, aber sie wußte dennoch, daß Karl ein paar Thränen abtrocknete und sein heißes, zorniges Gesicht in sein gewöhnliches, gutmüthiges zu verwandeln suchte. Sie war so diskret, daß sie ihn nicht einmal im Wohnzimmer anzusehen wagte, als Frau Dalton ihm zurief, er möge an der Thüre sitzen bleiben und so wenig wie möglich umhergehen, weil, nach seiner eigenen Aussage, seine Fußtritte die Macht hätten, Dinge zur Erde zu werfen und sie zu zerbrechen.
Louis war nicht im Wohnzimmer und Herr Harley kam nur eine Minute vor dem Essen und sagte, daß Louis Kopfweh habe und müde zu Bette gegangen sei. –
Es waren viele Gäste zum Essen geladen, unter ihnen Herr und Frau Thorold, und Beide machten sich viel mit Mia und Karl zu thun. Auch Herr Harley that alles Mögliche, gerade als wünschte er, daß sie sich heimisch fühlen möchten; mitten in einem Gespräche gab er plötzlich Karl komische Räthsel auf oder legte Mia schöne Sachen vor. –
Mia war im Herzen recht dankbar dafür, aber sie konnte nicht recht froh sein, sie paßte auf jedes Wort, das Frau Dalton sagte, immer fürchtend, sie würde nächstens von dem zerbrochenen Gypsmodell sprechen. Aber, obgleich das nicht geschah, so fühlte sich Mia doch nicht behaglich, denn wenn Frau Dalton's Augen den ihrigen begegneten, sagten sie alle Mal, und zwar so deutlich, als Augen Etwas sagen können: »Wenn Eure Freunde wüßten, was ich weiß, so würden sie Euch anders behandeln.«
Mia war es nicht gewohnt, mit Kälte oder mit Mißachtung behandelt zu werden, und deshalb drückte sie Frau Dalton's Wesen so sehr nieder, ihr einziger Trost war, zu sehen, wie Karl Herr seiner bösen Laune wurde, er sprach und lachte, und war ganz wie immer. – Er brachte selbst zur Theezeit einen Stuhl für Frau Dalton, und legte im Laufe des Abends wenigstens zwanzig Sachen ruhig wieder auf ihre Stelle, wenn sie ihm zurief, sie nicht anzufassen.
»Wenn wir nun schon eine so unfreundliche Behandlung zu ertragen haben, so wollen wir sie wenigstens tapfer ertragen,« dachte Mia, und erinnerte sich dabei ihrer Mutter, der es mehr am Herzen lag, ihre Kinder gut, als sie glücklich zu sehen.