de Laclos, Choderlos
Gefährliche Liebschaften
de Laclos, Choderlos

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Neunundachtzigster Brief

Cécile Volanges an den Vicomte von Valmont.

Trotz allem Vergnügen, mein Herr, die Briefe von Chevalier Danceny zu erhalten, und obschon ich nicht weniger wie er wünsche, daß wir uns wiedersehen könnten, ohne daß man uns hindert, habe ich es doch nicht gewagt, das zu tun, was Sie mir vorschlagen. Erstens ist das zu gefährlich. Dieser Schlüssel, von dem Sie wünschen, ich solle ihn an die Stelle des andern legen, sieht ihm ja wirklich sehr ähnlich, aber doch sieht man ihm einen Unterschied an, und Mama paßt auf alles und merkt auch alles. Wenn man sich auch dessen noch nie bedient hat, solange wir hier sind, so bedarf es nur eines Zufalls, und wenn man es bemerkte, wäre ich für immer verloren. Dann auch, scheint mir, daß es sehr schlecht wäre, einen Doppelschlüssel zu machen, das ist doch stark! Es ist wahr, Sie wären es ja, der die Güte hätte, es zu übernehmen, aber trotz allem, wenn man es erführe, so müßte ich doch die Vorwürfe und die Schuld tragen, weil Sie es für mich getan haben würden. Ich habe es aber doch zweimal versucht, ihn zu nehmen, das wäre ja sehr leicht, wenn er was anderes wäre; aber ich weiß nicht, warum ich jedesmal zitterte, und nicht das Herz dazu habe. Ich glaube also, es wird am besten sein, wir lassen alles beim alten.

Wenn Sie immer noch die Güte haben, gleich gefällig zu sein wie bisher, so werden Sie schon immer ein Mittel finden, mir die Briefe zuzustecken. Selbst bei dem letzten, – ohne daß das Unglück es wollte, daß Sie sich in demselben Augenblick umdrehten, war es ganz leicht gewesen. Ich fühle wohl, daß Sie nicht, so wie ich, nur an das denken können; aber ich will lieber mehr Geduld haben als so viel riskieren. Ich bin sicher, daß Herr Danceny gerade so denkt wie ich; denn jedesmal, wenn er etwas wollte, was mir zu schwer war, willigte er immer ein, daß es nicht sein solle.

Ich werde Ihnen gleichzeitig mit diesem Briefe den Ihrigen geben, den von Herrn Danceny und den Schlüssel. Ich bin nicht weniger dankbar für all Ihre Güte, und ich bitte Sie, sie mir ferner zu erhalten. Es ist wahr, daß ich sehr unglücklich bin, und daß ohne Sie ich es noch mehr wäre; aber schließlich ist es doch meine Mutter; man muß Geduld haben. Und wenn nur Herr Danceny mich immer liebt und Sie mich nicht verlassen, dann kommt vielleicht eine glücklichere Zeit.

Ich habe die Ehre, mein Herr, zu sein mit sehr viel Dankbarkeit Ihre gehorsame und ergebene Dienerin.

..., den 26. September 17..


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