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Ohne falsch noch kokett zu sein, genügt es mir, Herr Chevalier, über mein Betragen aufgeklärt, die Notwendigkeit von dessen Änderung zu fühlen; ich habe Gott dieses Opfer versprochen, bis ich ihm auch dieses meiner Gefühle für Sie bringen kann. Ich fühle ganz gut, was mir das für Schmerzen bereiten wird, und ich verhehle Ihnen nicht, daß ich seit vorgestern jedesmal weinte, wenn ich an Sie dachte. Ich hoffe aber, daß Gott mir die Gnade der nötigen Kraft schenken wird, Sie zu vergessen, – ich bitte ihn jeden Morgen und jeden Abend darum. Ich erwarte sogar von Ihrer Freundschaft und Ihrer Anständigkeit, daß Sie mich in dem guten Vorsatz, den man mir eingeflößt hat, nicht irre machen werden. Ich bitte Sie deshalb, die Güte zu haben, mir nicht mehr zu schreiben, so wie ich Ihnen jetzt schon sage, daß ich Ihnen nicht mehr antworten werde, und daß Sie mich anders zwingen würden, Mama all das Vorgefallene zu beichten, was mir das Vergnügen, Sie zu sehen, ja ganz rauben würde.
Ich werde trotzdem alle erlaubte Anhänglichkeit für Sie bewahren, ohne daß darin ein Unrecht ist, und wünsche ich Ihnen aus ganzer Seele alles Glück. Ich fühle, Sie werden mich bald nicht mehr so lieben, und daß Sie bald eine andere mehr als mich lieben werden. Und das wird dann eine weitere Strafe für den Fehltritt sein, den ich begangen habe, indem ich Ihnen mein Herz gab, das nur Gott gehören sollte und meinem Gemahl, wenn ich einen bekommen werde. Ich hoffe, daß die göttliche Barmherzigkeit Mitleid mit meiner Schwäche haben wird und mich nicht stärker dafür bestrafen wird als ich ertragen kann.
Leben Sie wohl. Ich kann Ihnen versichern, daß, wenn mir erlaubt wäre, jemanden zu lieben, es niemand anders als Sie wären, den ich lieben würde. Aber das ist auch alles, was ich Ihnen sagen kann, und das ist vielleicht mehr, als ich darf.