de Laclos, Choderlos
Gefährliche Liebschaften
de Laclos, Choderlos

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Siebenundvierzigster Brief

Chevalier Danceny an Cécile von Volanges.

Was ist denn passiert, meine anbetungswürdige Cécile? Was konnte denn eine so schnelle und ach so grausame Änderung in Ihnen hervorrufen? Was wurde aus Ihren Schwüren der ewigen Gefühle für mich? Gestern noch wiederholten Sie sie mir – was konnte Sie sie heute vergessen machen? Ich mag mich fragen wie ich will, in mir kann ich keine Ursache finden, und doch ist mir schrecklich, sie bei Ihnen zu suchen. Ach, ich weiß! Sie sind weder leichtsinnig noch kokett, und selbst in diesem Augenblick der Verzweiflung kann ein kränkender Zweifel meiner Seele nichts anhaben. Durch welchen unseligen Zufall sind Sie nicht mehr dieselbe? Nein, Grausame, Sie sind es nicht mehr! Die zärtliche Cécile, die Cécile, die ich anbete, und von der ich diese Schwüre bekam, hätte meinen Blick nicht gemieden, wäre nicht dem glücklichen Zufall ausgewichen, der mich in ihre Nähe führte; oder, wenn irgendein mir unbegreiflicher Grund sie dazu veranlaßt hätte, mich so streng zu behandeln, hätte sie es nicht verschmäht, mich davon zu unterrichten.

Ah! Sie wissen nicht, Sie werden nie wissen, meine Cécile, was Sie mich heute leiden ließen, was ich jetzt noch leide. Glauben Sie denn, daß ich ohne Ihre Liebe leben kann? Als ich ein Wort von Ihnen verlangte, ein einziges Wort, das meine Furcht zerstreuen sollte, da haben Sie statt mir zu antworten getan, als ob Sie fürchteten, von Unberufenen gehört zu werden; und dieses Hindernis, das nicht einmal existierte, ließen Sie durch den Platz, den Sie sich im Kreise wählten, wachsen. Als ich gezwungen war, Sie zu verlassen, und ich Sie nach der Stunde fragte, zu welcher ich Sie morgen wieder sehen könnte, da taten Sie, als wüßten Sie es nicht, und es mußte Frau von Volanges sein, die mich davon unterrichtete! So wird der so sehr ersehnte Moment, mich Ihnen zu nähern, mich morgen unruhig finden, und das Vergnügen, Sie zu sehen, das bis jetzt meinem Herzen so teuer war, wird nun von der Furcht ersetzt werden, Ihnen lästig zu sein.

Schon jetzt fühle ich diese Furcht, die mich zurückhält, Ihnen von meiner Liebe zu sprechen. Das »ich liebe Sie«, das ich so gerne wiederholte, wenn ich es wieder hören könnte, dieses selige Wort, das meinem Glück genügte, gibt mir, wenn Sie sich geändert haben, nur noch ewige Verzweiflung. Ich kann es nicht glauben, daß dieser Talisman der Liebe seine ganze Macht verloren hat, und ich versuche noch ihn zu benutzen. Ja, meine Cécile, ich liebe Sie! Wiederholen Sie mit mir dieses Wort meines Glücks! Bedenken Sie, daß Sie mich daran gewöhnt haben, es zu hören, und daß mir es rauben heißt, mich zu einer Qual verdammen, die so wie meine Liebe nur mit meinem Leben endigt.

Paris, den 29. August 17..


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