Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Szene: Fehrbellin. Ein Gefängnis.
Der Prinz von Homburg. – Im Hintergrunde zwei Reuter, als Wache. – Der Graf von Hohenzollern tritt auf.
Der Prinz von Homburg.
Sieh da! Freund Heinrich! Sei willkommen mir!
– Nun, des Arrestes bin ich wieder los?
Hohenzollern (erstaunt).
Gott sei Lob, in der Höh!
Der Prinz von Homburg. Was sagst du?
Hohenzollern. Los?
Hat er den Degen dir zurück geschickt?
Der Prinz von Homburg.
Mir? Nein.
Hohenzollern.
Nicht?
Der Prinz von Homburg.
Nein!
Hohenzollern. – Woher denn also los?
Der Prinz von Homburg (nach einer Pause).
Ich glaubte, du, du bringst es mir. – Gleichviel!
Hohenzollern.
– Ich weiß von nichts.
Der Prinz von Homburg. Gleichviel, du hörst; gleichviel!
So schickt er einen andern, der mirs melde.
(Er wendet sich und holt Stühle.)
Setz dich! – Nun, sag mir an, was gibt es Neues?
– Der Kurfürst kehrte von Berlin zurück?
Hohenzollern (zerstreut).
Ja. Gestern abend.
Der Prinz von Homburg.
Ward, beschloßnermaßen,
Das Siegsfest dort gefeiert? – – Allerdings!
– Der Kurfürst war zugegen in der Kirche?
Hohenzollern.
Er und die Fürstin und Natalie. –
Die Kirche war, auf würdge Art, erleuchtet;
Battrieen ließen sich, vom Schloßplatz her,
Mit ernster Pracht bei dem Tedeum hören.
Die schwedschen Fahnen wehten und Standarten,
Trophäenartig, von den Pfeilern nieder,
Und auf des Herrn ausdrücklichem Befehl,
Ward deines, als des Siegers Namen –
Erwähnung von der Kanzel her getan.
Der Prinz von Homburg.
Das hört ich! – – Nun, was gibt es sonst; was bringst du?
– Dein Antlitz, dünkt mich, sieht nicht heiter, Freund!
Hohenzollern.
– Sprachst du schon wen?
Der Prinz von Homburg. Golz, eben, auf dem Schlosse,
Wo ich, du weißt es, im Verhöre war.
(Pause.)
Hohenzollern (sieht ihn bedenklich an).
Was denkst du, Arthur, denn von deiner Lage,
Seit sie so seltsam sich verändert hat?
Der Prinz von Homburg.
Ich? Nun, was du und Golz – die Richter selbst!
Der Kurfürst hat getan, was Pflicht erheischte,
Und nun wird er dem Herzen auch gehorchen.
Gefehlt hast du, so wird er ernst mir sagen,
Vielleicht ein Wort von Tod und Festung sprechen:
Ich aber schenke dir die Freiheit wieder –
Und um das Schwert, das ihm den Sieg errang,
Schlingt sich vielleicht ein Schmuck der Gnade noch;
– Wenn der nicht, gut; denn den verdient ich nicht!
Hohenzollern.
O Arthur! (Er hält inne.)
Der Prinz von Homburg.
Nun?
Hohenzollern. – Des bist du so gewiß?
Der Prinz von Homburg.
Ich denks mir so! Ich bin ihm wert, das weiß ich,
Wert wie ein Sohn; das hat seit früher Kindheit,
Sein Herz in tausend Proben mir bewiesen.
Was für ein Zweifel ists, der dich bewegt?
Schien er am Wachstum meines jungen Ruhms
Nicht mehr fast, als ich selbst, sich zu erfreun?
Bin ich nicht alles, was ich bin, durch ihn?
Und er, er sollte lieblos jetzt die Pflanze,
Die er selbst zog, bloß, weil sie sich ein wenig
Zu rasch und üppig in die Blume warf,
Mißgünstig in den Staub daniedertreten?
Das glaubt ich seinem schlimmsten Feinde nicht,
Vielwen'ger dir, der du ihn kennst und liebst.
Hohenzollern (bedeutend).
Du standst dem Kriegsrecht, Arthur, im Verhör,
Und bist des Glaubens noch?
Der Prinz von Homburg. Weil ich ihm stand!
Bei dem lebendigen Gott, so weit geht keiner,
Der nicht gesonnen wäre, zu begnadgen!
Dort eben, vor der Schranke des Gerichts,
Dort wars, wo mein Vertraun sich wiederfand.
Wars denn ein todeswürdiges Verbrechen,
Zwei Augenblicke früher, als befohlen,
Die schwedsche Macht in Staub gelegt zu haben?
Und welch ein Frevel sonst drückt meine Brust?
Wie könnt er doch vor diesen Tisch mich laden,
Von Richtern, herzlos, die den Eulen gleich,
Stets von der Kugel mir das Grablied singen,
Dächt er, mit einem heitern Herrscherspruch,
Nicht, als ein Gott in ihren Kreis zu treten?
Nein, Freund, er sammelt diese Nacht von Wolken
Nur um mein Haupt, um wie die Sonne mir,
Durch ihren Dunstkreis strahlend aufzugehn:
Und diese Lust, fürwahr, kann ich ihm gönnen!
Hohenzollern.
Das Kriegsrecht gleichwohl, sagt man, hat gesprochen?
Der Prinz von Homburg.
Ich höre, ja; auf Tod.
Hohenzollern (erstaunt). Du weißt es schon?
Der Prinz von Homburg.
Golz, der dem Spruch des Kriegsrechts beigewohnt,
Hat mir gemeldet, wie er ausgefallen.
Hohenzollern.
Nun denn, bei Gott! – Der Umstand rührt dich nicht?
Der Prinz von Homburg.
Mich? Nicht im mindesten.
Hohenzollern. Du Rasender!
Und worauf stützt sich deine Sicherheit?
Der Prinz von Homburg.
Auf mein Gefühl von ihm! (Er steht auf.) Ich bitte, laß mich!
Was soll ich mich mit falschen Zweifeln quälen?
(Er besinnt sich und läßt sich wieder nieder. – Pause..
Das Kriegsrecht mußte auf den Tod erkennen;
So lautet das Gesetz, nach dem es richtet.
Doch eh er solch ein Urteil läßt vollstrecken,
Eh er dies Herz hier, das getreu ihn liebt,
Auf eines Tuches Wink, der Kugel preis gibt,
Eh sieh, eh öffnet er die eigne Brust sich,
Und sprützt sein Blut selbst tropfenweis in Staub.
Hohenzollern.
Nun, Arthur, ich versichre dich –
Der Prinz von Homburg (unwillig). O Lieber!
Hohenzollern.
Der Marschall –
Der Prinz von Homburg (ebenso).
Laß mich, Freund!
Hohenzollern. Zwei Worte hör noch!
Wenn die dir auch nichts gelten, schweig ich still.
Der Prinz von Homburg (wendet sich wieder zu ihm).
Du hörst, ich weiß von allem. – Nun? Was ists?
Hohenzollern.
Der Marschall hat, höchst seltsam ists, soeben
Das Todesurteil im Schloß ihm überreicht;
Und er, statt wie das Urteil frei ihm stellt,
Dich zu begnadigen, er hat befohlen,
Daß es zur Unterschrift ihm kommen soll.
Der Prinz von Homburg.
Gleichviel. Du hörst.
Hohenzollern. Gleichviel?
Der Prinz von Homburg. Zur Unterschrift?
Hohenzollern.
Bei meiner Ehr! Ich kann es dir versichern.
Der Prinz von Homburg.
Das Urteil? – Nein! die Schrift –?
Hohenzollern. Das Todesurteil.
Der Prinz von Homburg.
– Wer hat dir das gesagt?
Hohenzollern. Er selbst, der Marschall!
Der Prinz von Homburg.
Wann?
Hohenzollern.
Eben jetzt.
Der Prinz von Homburg. Als er vom Herrn zurück kam?
Hohenzollern.
Als er vom Herrn die Treppe niederstieg! –
Er fügt' hinzu, da er bestürzt mich sah,
Verloren sei noch nichts, und morgen sei
Auch noch ein Tag, dich zu begnadigen;
Doch seine bleiche Lippe widerlegte
Ihr eignes Wort, und sprach: ich fürchte, nein!
Der Prinz von Homburg (steht auf).
Er könnte – nein! so ungeheuere
Entschließungen in seinem Busen wälzen?
Um eines Fehls, der Brille kaum bemerkbar,
In dem Demanten, den er jüngst empfing,
In Staub den Geber treten? Eine Tat,
Die weiß den Dei von Algier brennt, mit Flügeln,
Nach Art der Cherubinen, silberglänzig,
Den Sardanapel ziert, und die gesamte
Altrömische Tyrannenreihe, schuldlos,
Wie Kinder, die am Mutterbusen sterben,
Auf Gottes rechter Seit hinüberwirft?
Hohenzollern (der gleichfalls aufgestanden).
Du mußt, mein Freund, dich davon überzeugen.
Der Prinz von Homburg.
Und der Feldmarschall schwieg und sagte nichts?
Hohenzollern.
Was sollt er sagen?
Der Prinz von Homburg. O Himmel! Meine Hoffnung!
Hohenzollern.
Hast du vielleicht je einen Schritt getan,
Seis wissentlich, seis unbewußt,
Der seinem stolzen Geist zu nah getreten?
Der Prinz von Homburg.
Niemals!
Hohenzollern.
Besinne dich!
Der Prinz von Homburg. Niemals, beim Himmel!
Mir war der Schatten seines Hauptes heilig.
Hohenzollern.
Arthur, sei mir nicht böse, wenn ich zweifle.
Graf Horn traf, der Gesandte Schwedens, ein,
Und sein Geschäft geht, wie man mir versichert,
An die Prinzessin von Oranien.
Ein Wort, das die Kurfürstin Tante sprach,
Hat aufs empfindlichste den Herrn getroffen;
Man sagt, das Fräulein habe schon gewählt.
Bist du auf keine Weise hier im Spiele?
Der Prinz von Homburg.
O Gott! Was sagst du mir?
Hohenzollern. Bist dus? Bist dus?
Der Prinz von Homburg.
Ich bins, mein Freund; jetzt ist mir alles klar;
Es stürzt der Antrag ins Verderben mich:
An ihrer Weigrung, wisse, bin ich schuld,
Weil mir sich die Prinzessin anverlobt!
Hohenzollern.
Du unbesonnener Tor! Was machtest du?
Wie oft hat dich mein treuer Mund gewarnt?
Der Prinz von Homburg.
O Freund! Hilf, rette mich! Ich bin verloren.
Hohenzollern.
Ja, welch ein Ausweg führt aus dieser Not?
Willst du vielleicht die Fürstin Tante sprechen?
Der Prinz von Homburg (wendet sich).
– He, Wache!
Reuter (im Hintergrunde).
Hier!
Der Prinz von Homburg. Ruft euren Offizier!
(Er nimmt eilig einen Mantel um von der Wand, setzt einen Federhut auf, der auf dem Tisch liegt.)
Hohenzollern (indem er ihm behülflich ist).
Der Schritt kann, klug gewandt, dir Rettung bringen.
– Denn kann der Kurfürst nur mit König Karl,
Um den bewußten Preis, den Frieden schließen,
So sollst du sehn, sein Herz versöhnt sich dir,
Und gleich, in wenig Stunden, bist du frei.
Der Offizier tritt auf. – Die Vorigen.
Der Prinz von Homburg (zu dem Offizier).
Stranz, übergeben bin ich deiner Wache!
Erlaub, in einem dringenden Geschäft,
Daß ich auf eine Stunde mich entferne.
Der Offizier.
Mein Prinz, mir übergeben bist du nicht.
Die Order, die man mir erteilt hat, lautet,
Dich gehn zu lassen frei, wohin du willst.
Der Prinz von Homburg.
Seltsam! – So bin ich kein Gefangener?
Der Offizier.
Vergib! – Dein Wort ist eine Fessel auch.
Hohenzollern (bricht auf).
Auch gut! Gleichviel! –
Der Prinz von Homburg. Wohlan! So leb denn wohl!
Hohenzollern.
Die Fessel folgt dem Prinzen auf dem Fuße!
Der Prinz von Homburg.
Ich geh aufs Schloß zu meiner Tante nur,
Und bin in zwei Minuten wieder hier.
(Alle ab.)
Szene: Zimmer der Kurfürstin.
Die Kurfürstin und Natalie treten auf.
Die Kurfürstin.
Komm, meine Tochter; komm! Dir schlägt die Stunde!
Graf Gustav Horn, der schwedische Gesandte,
Und die Gesellschaft, hat das Schloß verlassen;
Im Kabinett des Onkels seh ich Licht:
Komm, leg das Tuch dir um und schleich dich zu ihm,
Und sieh, ob du den Freund dir retten kannst.
(Sie wollen gehen.)
Eine Hofdame tritt auf. – Die Vorigen.
Die Hofdame.
Prinz Homburg, gnädge Frau, ist vor der Türe!
– Kaum weiß ich wahrlich, ob ich recht gesehn?
Kurfürstin (betroffen).
O Gott!
Natalie. Er selbst?
Kurfürstin. Hat er denn nicht Arrest?
Die Hofdame.
Er steht in Federhut und Mantel draußen,
Und fleht, bestürzt und dringend um Gehör
Kurfürstin (unwillig).
Der Unbesonnene! Sein Wort zu brechen!
Natalie.
Wer weiß, was ihn bedrängt.
Kurfürstin (nach einigem Bedenken).
Laßt ihn herein!
(Sie selbst setzt sich auf einen Stuhl.)
Der Prinz von Homburg tritt auf. – Die Vorigen.
Der Prinz von Homburg.
O meine Mutter!
(Er läßt sich auf Knieen vor ihr nieder.)
Kurfürstin. Prinz! Was wollt Ihr hier?
Der Prinz von Homburg.
O laß mich deine Knie umfassen, Mutter!
Kurfürstin (mit unterdrückter Rührung).
Gefangen seid Ihr, Prinz, und kommt hieher!
Was häuft Ihr neue Schuld zu Euren alten?
Der Prinz von Homburg (dringend).
Weißt du, was mir geschehn?
Kurfürstin. Ich weiß um alles!
Was aber kann ich, Ärmste, für Euch tun?
Der Prinz von Homburg.
O meine Mutter, also sprachst du nicht,
Wenn dich der Tod umschauerte, wie mich!
Du scheinst mit Himmelskräften, rettenden,
Du mir, das Fräulein, deine Fraun, begabt,
Mir alles rings umher, dem Troßknecht könnt ich,
Dem schlechtesten, der deiner Pferde pflegt,
Gehängt am Halse flehen: rette mich!
Nur ich allein, auf Gottes weiter Erde,
Bin hülflos, ein Verlaßner, und kann nichts!
Kurfürstin.
Du bist ganz außer dir! Was ist geschehn?
Der Prinz von Homburg.
Ach! Auf dem Wege, der mich zu dir führte,
Sah ich das Grab, beim Schein der Fackeln, öffnen,
Das morgen mein Gebein empfangen soll.
Sieh, diese Augen, Tante, die dich anschaun,
Will man mit Nacht umschatten, diesen Busen
Mit mörderischen Kugeln mir durchbohren.
Bestellt sind auf dem Markte schon die Fenster,
Die auf das öde Schauspiel niedergehn,
Und der die Zukunft, auf des Lebens Gipfel,
Heut, wie ein Feenreich, noch überschaut,
Liegt in zwei engen Brettern duftend morgen,
Und ein Gestein sagt dir von ihm: er war!
(Die Prinzessin, welche bisher, auf die Schulter der Hofdame gelehnt, in der Ferne gestanden hat, läßt sich, bei diesen Worten, erschüttert an einen Tisch nieder und weint.)
Kurfürstin.
Mein Sohn! Wenns so des Himmels Wille ist,
Wirst du mit Mut dich und mit Fassung rüsten!
Der Prinz von Homburg.
O Gottes Welt, o Mutter, ist so schön!
Laß mich nicht, fleh ich, eh die Stunde schlägt,
Zu jenen schwarzen Schatten niedersteigen!
Mag er doch sonst, wenn ich gefehlt, mich strafen,
Warum die Kugel eben muß es sein?
Mag er mich meiner Ämter doch entsetzen,
Mit Kassation, wenns das Gesetz so will,
Mich aus dem Heer entfernen: Gott des Himmels!
Seit ich mein Grab sah, will ich nichts, als leben,
Und frage nichts mehr, ob es rühmlich sei!
Kurfürstin.
Steh auf, mein Sohn; steh auf! Was sprichst du da?
Du bist zu sehr erschüttert. Fasse dich!
Der Prinz von Homburg.
Nicht, Tante, ehr als bis du mir gelobt,
Mit einem Fußfall, der mein Dasein rette,
Flehnd seinem höchsten Angesicht zu nahn!
Dir übergab zu Homburg, als sie starb,
Die Hedwig mich, und sprach, die Jugendfreundin:
Sei ihm die Mutter, wenn ich nicht mehr bin.
Du beugtest tief gerührt, am Bette knieend,
Auf ihre Hand dich und erwidertest:
Er soll mir sein, als hätt ich ihn erzeugt.
Nun, jetzt erinnr' ich dich an solch ein Wort!
Geh hin, als hättst du mich erzeugt, und sprich:
Um Gnade fleh ich, Gnade! Laß ihn frei!
Ach, und komm mir zurück und sprich: du bists!
Kurfürstin (weint).
Mein teurer Sohn! Es ist bereits geschehn!
Doch alles, was ich flehte, war umsonst!
Der Prinz von Homburg.
Ich gebe jeden Anspruch auf an Glück.
Nataliens, das vergiß nicht, ihm zu melden,
Begehr ich gar nicht mehr, in meinem Busen
Ist alle Zärtlichkeit für sie verlöscht.
Frei ist sie, wie das Reh auf Heiden, wieder;
Mit Hand und Mund, als wär ich nie gewesen,
Verschenken kann sie sich, und wenns Karl Gustav,
Der Schweden König, ist, so lob ich sie.
Ich will auf meine Güter gehn am Rhein,
Da will ich bauen, will ich niederreißen,
Daß mir der Schweiß herabtrieft, säen, ernten,
Als wärs für Weib und Kind, allein genießen,
Und, wenn ich erntete, von neuem säen,
Und in den Kreis herum das Leben jagen,
Bis es am Abend niedersinkt und stirbt.
Kurfürstin.
Wohlan! Kehr jetzt nur heim in dein Gefängnis,
Das ist die erste Fordrung meiner Gunst!
Der Prinz von Homburg (steht auf und wendet sich zur Prinzessin).
Du armes Mädchen, weinst! Die Sonne leuchtet
Heut alle deine Hoffnungen zu Grab!
Entschieden hat dein erst Gefühl für mich,
Und deine Miene sagt mir, treu wie Gold,
Du wirst dich nimmer einem andern weihn.
Ja, was erschwing ich, Ärmster, das dich tröste?
Geh an den Main, rat ich, ins Stift der Jungfraun,
Zu deiner Base Thurn, such in den Bergen
Dir einen Knaben, blondgelockt wie ich,
Kauf ihn mit Gold und Silber dir, drück ihn
An deine Brust und lehr ihn: Mutter! stammeln,
Und wenn er größer ist, so unterweis ihn,
Wie man den Sterbenden die Augen schließt.
Das ist das ganze Glück, das vor dir liegt!
Natalie (mutig und erhebend, indem sie aufsteht und ihre Hand in die seinige legt).
Geh, junger Held, in deines Kerkers Haft,
Und auf dem Rückweg, schau noch einmal ruhig
Das Grab dir an, das dir geöffnet wird!
Es ist nichts finstrer und um nichts breiter,
Als es dir tausendmal die Schlacht gezeigt!
Inzwischen werd ich, in dem Tod dir treu,
Ein rettend Wort für dich dem Oheim wagen:
Vielleicht gelingt es mir, sein Herz zu rühren,
Und dich von allem Kummer zu befrein!
(Pause.)
Der Prinz von Homburg (faltet, in ihrem Anschaun verloren, die Hände).
Hättst du zwei Flügel, Jungfrau, an den Schultern,
Für einen Engel wahrlich hielt ich dich! –
O Gott, hört ich auch recht? Du für mich sprechen?
– Wo ruhte denn der Köcher dir der Rede,
Bis heute, liebes Kind, daß du willst wagen,
Den Herrn in solcher Sache anzugehn? –
– O Hoffnungslicht, das plötzlich mich erquickt!
Natalie.
Gott wird die Pfeile mir, die treffen, reichen!
Doch wenn der Kurfürst des Gesetzes Spruch
Nicht ändern kann, nicht kann: wohlan! so wirst du
Dich tapfer ihm, der Tapfre, unterwerfen:
Und der im Leben tausendmal gesiegt,
Er wird auch noch im Tod zu siegen wissen!
Kurfürstin.
Hinweg! – Die Zeit verstreicht, die günstig ist!
Der Prinz von Homburg.
Nun, alle Heilgen mögen dich beschirmen!
Leb wohl! Leb wohl! Und was du auch erringst,
Vergönne mir ein Zeichen vom Erfolg!
(Alle ab.)