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VIII.

»Wie gefällt Ihnen mein Kind, meine Helena?« fragte Stanko Dazkovic nach dem ersten Besuche, den er Elisabeth mit seiner Tochter im Hotel Bristol abgestattet hatte.

»Sie ist ein reizendes Mädchen,« antwortete sie, »ich möchte bloß wissen, wie Sie zu einer solchen Tochter kommen.«

»Nun, liebenswürdig sind Sie nicht gerade!«

»Ich habe Ihnen gleich zu Anfang unserer Verbindung gesagt, daß ich immer das ausspreche, was ich denke. Doch was ist's mit dem Wechsel? Wollen Sie mir den nun zurückerstatten oder nicht?«

»Aber wir haben ja abgemacht, daß ich ihn behalten soll für den Fall, daß Ihr Mann plötzlich wieder auftaucht.«

»Soviel ich mich erinnern kann, sind wir hierher nach Wien gefahren, um dieses kleine Geschäft mit dem Wechsel in dem von mir gewünschten Sinne zu erledigen!«

»Sie wollten meine Tochter kennenlernen! Aber, Elisabeth, haben Sie selbst gesagt – – –!«

Elisabeth verlor die Geduld. »Hören Sie an, Dazkovic, ich habe es satt, mich von Ihnen zum Narren halten zu lassen! Ich kann Sie natürlich nicht zwingen, mir dieses unselige Papier zurückzugeben. Ich weiß nicht, was Sie damit gemacht haben oder was Sie damit noch vorhaben. – Aber ich würde Ihnen in Ihrem eigenen Interesse raten, es nicht zu weit kommen zu lassen, daß es mir gleichgültig wird, was Sie mit dem Wechsel anfangen! Kennen Sie mich denn noch immer nicht, Stanko Dazkovic? Dagegen habe ich Sie nicht gekannt; habe mich in Ihnen getäuscht, denn ich habe Sie – mit gewissen Einschränkungen – für einen anständigen Menschen gehalten – – –«

»Das hab' ich nicht um Sie verdient, Elisabeth! Gott soll mich strafen – – –! Gerade gegen Sie war ich alleweil aufrichtig und ehrlich! Hab' ich Sie nie nach Geschäftsusance, sondern immer als Freund behandelt! Wie Vater war ich – –«

»Ja, und haben doch verlangt, ich soll mich mit dem tuberkulösen Engländer – wie hat er nur geheißen – – –?«

»Egal, wie hat er geheißen.« Wenn der Gospodin erregt wurde, geriet er unweigerlich mit den Gesetzen der deutschen Grammatik in Konflikt. »Egal wie hat er geheißen! Hab' ich auch nicht verlangt, hab' ich nur gemeint – als väterlicher Freund gemeint.«

»Würden Sie dasselbe auch gemeint haben, wenn es um Ihre Tochter gegangen wäre?«

Gospodin Stanko Dazkovic versank in immer tiefere Verlegenheit. Gospodin Stanko Dazkovic druckste an einer rettenden Wendung herum und fand keine. Gospodin Stanko Dazkovic rollte ein Paar verzweifelte Aeuglein nach dem höhnischen Gesicht seiner Kompagnonin.

Elisabeth lachte.

»Sehen Sie, das ist Ihre väterliche Freundschaft,« sagte sie. »Eine Freundschaft mit Sicherheitsausgängen. Wenn Ihre Tochter nicht wirklich ein so reizendes, entzückendes Mädchen wäre, Stanko Dazkovic, würde ich Sie jetzt beim Kragen nehmen und hinauswerfen – – –«

»Wäre schöner Lohn für Dienste, was ich Ihnen geleistet habe.«

»– so aber gebe ich Ihnen Zeit bis morgen, mir den Wechsel zu bringen. Grüßen Sie mir Helene, Dazkovic!«

Der Gospodin drückte seine umfangreiche Gestalt zur Tür hinaus. Auf dem Korridor machte er seinem Herzen in einem Fluche Luft, der sich aus sämtlichen Sprachen südlich der Donau und der Save zusammensetzte. Dann schickte er seine Tochter zu Elisabeth, um den Zorn der Königin zu besänftigen.

Helene war ein einfaches, liebenswürdiges Mädchen, nicht gerade hübsch, aber von einer Grazie und Anmut, die in den Augen des wahren Kenners viel mehr Reiz und Wert hat, als das klassische Profil und die tadelloseste Gestalt. Gott allein wußte tatsächlich, wie just dieser dicke, verschlagene Dazkovic dazu kam, ihr Vater zu sein. Er war wohl selbst am meisten erstaunt über diese an sich so erstaunliche Tatsache, was aber nicht hinderte, daß er sie abgöttisch liebte. Er hätte sich in Stücke reißen lassen, wenn er damit ihr Lebensglück sicherstellen konnte. Er bewunderte Elisabeth Worth, aber er fürchtete sie. Seine Tochter bewunderte er nicht minder, aber er verehrte sie.

Nun schickte er sie ins Hotel Bristol, um Elisabeth im voraus zu versöhnen. Denn er wußte, daß der nächste Morgen kommen würde, ohne daß er ihr den Wechsel zurückgab. Und er wollte sie nicht verlieren. Wollte nicht, daß sie ihm davonging. Erstlich einmal aus geschäftlichen Rücksichten, zweitens, drittens, viertens aus demselben Grunde. Und endlich, weil er tatsächlich so etwas wie väterliche Freundschaft für sie spürte. Er kannte sie. Wußte, daß sie voll Temperament und Impulsität war, manches erst tat und hinterher bedachte. Daß sie auch eine leichte Hand und kostspielige Liebhabereien hatte. Seit zwei Jahren ungefähr hatte sie sich in Spitzen verliebt und eine Menge Geld dafür ausgegeben, was Stanko Dazkovic absolut nicht verstand und für eine Art spezieller Verrücktheit ansah. Mehr als einmal hatte er sie gehalten. Es hatte Sturm und Wetter gesetzt – aber er hatte sie gehalten! Wenn sie heute eine wohlhabende Frau war, dankte sie es nicht zuletzt dem »jeden Schönheitssinnes baren« Dazkovic, der regelmäßig ein großes Gezeter erhob, wenn er sie bei Ausgaben ertappte, die er für unnötig befand. Er war ja ein Sohn der alten Militärgrenze, der Stanko Dazkovic – gewiß kein makelloser Engel – aber, bei Gott, es gab schlimmere als ihn!

Was übrigens niemand besser wußte als Elisabeth selber.

Sie empfing sein Kind, lächelnd und mit jener hinreißenden Liebenswürdigkeit, die sie zeigen konnte, wenn sie unwiderstehlich sein wollte.

»Nun,« sagte sie, »was hat Ihnen Ihr Papa als diplomatische Mission für mich eingetrichtert?«

Helene Dazkovic war jung, zweiundzwanzig Jahre. Sie hatte die große weibliche Kunst des graziösen Schwindelns noch nicht gelernt. »Sei diplomatisch!« hatte ihr der Vater gesagt. Ihre Diplomatie bestand darin, daß sie hellauf herauslachte und alles ausplauderte.

»Ich weiß nicht, was Sie mit dem alten dicken Paps gehabt haben,« gestand sie. »Das hat er mir nicht gesagt – –«

»Glaube ich gerne.«

»Aber er ist nach Hause gekommen und war ganz aufgeregt. Sie seien böse mit ihm und wollten nichts mehr von ihm wissen. Ist das wahr?«

»Beinahe.«

»Aber, Frau Elisabeth, wie kann man mit meinem Paps böse sein! Er ist doch ein so lieber, guter Mensch? Er ist so sympathisch dick und ißt leidenschaftlich gern Grießnudeln. Diese Geschmacksrichtung allein zeugt von einem harmlosen Gemüt. Ja – ja, lachen Sie nur, mein dicker alter Paps ist ein harmloses Kind! Wirklich und wahrhaftig! Wenn ich Ihnen die Briefe zeigte, die er mir über Sie geschrieben hat, würden Sie mir glauben und nicht ein so spöttisches Gesicht machen. Wissen Sie, daß ich immer angenommen habe, er wird Sie heiraten – –?«

»Da müssen Sie ihm als gute Tochter schon ein besseres Los wünschen, Helene!«

»Und das soll ich Ihnen glauben? Seit ich Sie gesehen habe, bedauere ich es, daß er Sie nicht geheiratet hat. Ich habe meine Mutter nie gekannt, aber Sie wären mir eine andere Mutter gewesen, auf die ich unmenschlich stolz gewesen wäre!«

Elisabeth lachte.

»Ihr guter, dicker, alter, harmloser Papa,« sagte sie, »hat schon gewußt, warum er Sie herschickt. So eine verführerische Schmeichelkatze ist mir mein ganzes Leben noch nicht vorgekommen! Aber ich, meine liebe, kleine Helene, bin auch ein Frauenzimmer und weiß, wie es gemacht wird. Jetzt bleiben Sie hier, trinken eine Tasse Tee mit mir, dann gehen Sie nach Hause und sagen Ihrem Paps, daß es bei meinem Wort bleibt.«

Sie läutete und Marie erschien.

»Lassen Sie uns den Tee bringen! Was nehmen Sie, Helene, Kuchen oder Sandwiches?«

»Kuchen«, schluchzte das junge Mädchen.

Aber sie gab ihre Sache noch nicht verloren.

»Ich will nicht wissen,« fing sie mit neu zusammengeraffter Entschlossenheit an, indem sie ihre Tränen trocknete, »was Sie so plötzlich mit dem Papa entzweit hat, aber ich kann mir nicht helfen, ich muß doch annehmen, daß ich die Veranlassung dazu bin. Bis jetzt haben Sie sich doch nie gezankt!«

»Unsinn, Kind! Wie sollten Sie –! Das ist ja geradezu lächerlich! Nein, nein, es ist etwas rein Geschäftliches. Kompagnons streiten wohl miteinander, und dann versöhnen sie sich auch wieder.«

Helene lachte wieder. Schob mit einem Ruck ihren Stuhl an die Seite Elisabeths und umschlang sie mit beiden Armen.

»Ich bin ja so glücklich – so glücklich!« rief sie. »Sie gehen also nicht von uns fort? Nicht wahr nein –? Morgen soll der Paps herkommen, und Sie werden sich mit ihm aussprechen? Nicht wahr. Sie versprechen mir das?«

»Aber ich will – –«

»Nicht nein sagen, Frau Elisabeth! Sie sind so schön, daß ich Sie auf ein gar hohes Piedestal gesetzt und zur Göttin meines Lebens ernannt habe. Eine solche Würde verbietet es Ihnen geradezu, mir etwas abzuschlagen – zumal ich noch eine größere Bitte in meinem Gebetbuch habe.«

»Um Gottes willen – Sie erschrecken mich – –«

»Keine Angst – Sie sollen den Papa nicht heiraten! Ich – –«

Sie wurde rot, ehrlich rot und stockte. Im selben Moment kam auch der Tee, und Elisabeth beschäftigte sich damit, die Tassen zu füllen.

»Nun?« fragte sie, als Marie und der Kellner sich wieder zurückgezogen hatten. »Sie sind mir noch Ihre Bitte schuldig.«

» Ichich will mich nämlich verheiraten – –« gestand Helene.

»Das ist eine sehr ernste Sache, die mich als die von Ihnen so selbstherrlich ernannte Schutzgöttin lebhaft interessiert. Allerdings sehe ich noch nicht, was ich dabei soll.«

»Sie sollen sich ihn ansehen! Wissen Sie, Frau Elisabeth, ich habe keine Frau, mit der ich mich darüber besprechen kann. Meine Tante, die Frau Exzellenzin, ist ein herzensgutes, altes Mütterchen, aus der bereits in die prähistorische Epoche zählenden Klasse der ärarischen Damen. Was wissen sie und der Onkel von den Idealen, die ein junges Mädchen unserer Tage in der Ehe erfüllt wissen will! Na, und mein Vater – Sie kennen ihn ja selbst! Also müssen Sie mir helfen!«

»Ich? Mein Kind, die Erfahrungen, die ich über die Institution der Ehe habe sammeln können, sind derart, daß ich Ihnen dringend empfehle, sich um eine andere Ratgeberin umzusehen. Mir ist von meinen Idealen alles, aber auch alles in Trümmer gegangen. Sie brauchen mich nicht so mitleidig anzusehen, ich bin nicht daran gestorben. Die Krankheit vom gebrochenen Herzen, die letal ausgehen soll, ist ein Mythos – wenn Sie sich eine Zahnwurzel ziehen lassen, haben Sie größere Schmerzen.«

»Frau Elisabeth, Sie sprechen jetzt nicht die Wahrheit! Eine Frau wie Sie ist dazu geschaffen, zu lieben und geliebt zu werden! Sie gehören nicht zu den grobknochigen, eckigen alten Jungfern, die sich auf ihren verfehlten Beruf ausreden und für das Frauenstimmrecht kämpfen. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich sterben, um Sie küssen zu können! Wenn Sie nicht die entzückendste Gattin, die anbetungswürdigste Mutter und die bezauberndste Geliebte sein würden, wer dann sollte es sein!«

»Ah, pfui, welche Worte für ein junges Mädchen! Ich sollte mich eigentlich entrüsten!«

»Ich rauche keine Zigaretten und trage keinen Bubikopf, aber modern bin ich doch! Ich weiß, was eine Frau wert ist und was sie von einem Mann verlangen kann.«

»Nun also, wozu brauchen Sie denn mein Urteil?«

»Weil in diesem speziellen Falle das meinige nicht so objektiv ausfallen kann, wie es sein müßte. Er ist ja ein so prächtiger Mensch, ein Aristokrat – – wissen Sie, Frau Elisabeth, Familientradition gibt immer einen guten Boden für eine Kinderstube!«

»Mitunter – –«

»In meinem Falle bestimmt. Sie werden ihn sehen und werden mir recht geben!«

»Also gut, lassen Sie ihn kommen! Besser – bringen Sie ihn morgen oder übermorgen zum Tee!«

»Das geht nicht, denn er ist nicht in Wien. Aber wir werden, wenn Sie einverstanden sind, zu ihm fahren.«

Elisabeth machte eine abwehrende Bewegung, doch Helene ließ sich, da sie einmal auf gewonnenem Boden stand, nicht mehr abweisen.

»Sie haben es mir versprochen,« rief sie und schmiegte sich ganz dicht an die Frau, deren Herz sie erobern wollte. »Sie dürfen jetzt nicht mehr zurück. Sehen Sie, ich habe ihn im Winter auf dem Jägerball kennengelernt. Er hat eine große Besitzung im Oberösterreichischen, kommt aber in Geschäften von Zeit zu Zeit nach Wien. Da haben wir uns öfters getroffen und dann – dann habe ich ihn einmal der Tante vorgestellt. Die war begeistert von ihm! Dem Paps habe ich nichts geschrieben, ich wollte ihm das selber sagen, wenn er erst einmal wieder in Wien war.«

»Nun, haben Sie ihm jetzt Ihr Herz ausgeschüttet?«

»Selbstverständlich! Er ist natürlich einverstanden – – hat er denn Ihnen noch nichts davon gesagt?«

»Kein Sterbenswort!«

»Ei, da schau her! Habe gar nicht gewußt, daß mein guter, dicker Paps solche Diskretion entwickeln kann. Aber das macht nichts. Jetzt wissen Sie das große Geheimnis von der kompetentesten Stelle und werden mit uns hinausfahren. Er hat uns nämlich eingeladen, seine Besitzung zu besichtigen.«

»Aber ich kann doch nicht als ungebetener Gast mitkommen?«

»Warum nicht? Ein ungebetener Gast ist noch lange nicht ein unerwünschter Gast! Oder glauben Sie, Frau Elisabeth, daß irgend jemand eine bedauernde Miene macht, wenn Sie sein Haus betreten?«

»Scht – Kleine, nicht zu dick auftragen! Uebrigens haben Sie mir noch gar nicht gesagt, wie ihr Herzallerliebster heißt.«

»Stefan Antzey-Walloth. Früher waren sie Grafen, Grafen Antzey-Walloth – aber seit Oesterreich sich der gesegneten republikanischen Staatsform erfreut, dürfen sie sich nur Grafen nennen, wenn es keiner hört. Sonst werden sie wegen Hochverrats eingesperrt.«

In Elisabeths Gesicht zuckte keine Miene. Sie behielt das Lächeln bei, mit dem sie die Herzensgeständnisse des jungen Mädchens aufnahm. – – –

Oh – Stanko Dazkovic hatte genau gewußt, warum er diese Diskretion vor ihr entfaltet hatte!

»Stefan Antzey-Walloth?« sagte sie langsam. »Sind das die Antzey, die auf Rottenstein und Steyrberg sitzen?«

»Ja – ja – –! Kennen Sie vielleicht die Familie? Oder gar meinen Stefan?«

»Nein, weder die eine noch den anderen! Aber, Helene, Sie sollen sich nicht in mir getäuscht haben. Ich fahre mit Ihnen!«

Glückselig eilte Helene nach Hause, um dem Vater das Gelingen ihrer diplomatischen Mission mitzuteilen. Als sie hinzufügte, daß Elisabeth sich bereit erklärt hatte, nach Rottenstein mitzufahren, erbleichte er. In ihrer Freude bemerkte seine Tochter nicht, wie sehr ihm über diese Nachricht der Schrecken in die Glieder fuhr. Das war ein Glück für beide, denn er konnte sich nicht so beherrschen wie Elisabeth.

Aber noch am selben Abend rannte er ins Bristol, wo er diese gerade im Begriff fand, in die Oper zu gehen. So aufgeregt war er, daß er seinen gewöhnlichen Respekt vor ihr ganz und gar vergaß und sie geradezu anschrie.

»Das ist doch nicht Ihr Ernst?«

»Was ist nicht mein Ernst? Und vor allen Dingen, möchten Sie nicht die Fülle Ihres Organs mäßigen?«

Elisabeth hatte eine Art, die Leute anzublicken, die auch dem Hitzigsten in der Minute das Gefühl einflößte, er stände plötzlich mit beiden Füßen auf einer millimeterdünnen Eisdecke. Dazkovic duckte sich zwar unter diesem Blick, aber er ließ sich nicht niederschlagen. Es ging um das Wohl und Wehe seines Kindes – da wagte er es, den dunkelblauen Augen nicht nur standzuhalten, sondern sogar ihnen zu trotzen.

»Sie wissen recht gut, was ich meine!« knurrte er. Sein Ton war zwar leiser, aber nicht minder feindselig. »Sie können doch nicht im Ernst daran denken, mit nach Rottenstein zu kommen?«

Sie knöpfte gelassen ihren langen Handschuh zu und schob ihn auf dem Arm glatt.

»Warum soll ich nicht daran denken?« antwortete sie dann. »Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund, warum ich nicht den Bruder und die Familie meines Mannes kennenlernen soll! Habe ich sie zu fürchten oder sie mich?«

»Eben deshalb! Frau Elisabeth, ich beschwöre Sie – – ich – – ich – –!«

»Dazkovic, was fürchten Sie? Daß ich Ihrer Tochter den Bräutigam wegschnappen werde? Und wenn ich es täte, wer könnte mich denn hindern?«

»Was hat Ihnen mein Kind getan?«

»Werden Sie nicht melodramatisch, ja? Sonst bestehe ich darauf, daß Sie mir den Wechsel momentan zurückgeben! Momentan – hören Sie? Seien Sie lieber vernünftig, und verraten Sie mich nicht! Ich bin Frau Elisabeth Worth, die Witwe Ihres verstorbenen Geschäftsfreundes Josef Worth und Kompagnie in Wien. Die auf Rottenstein kennen mich nicht, haben ja weder mich noch auch nur mein Bild gesehen! Es kann also nichts geschehen! Ich will sie mir einmal ansehen, diese vornehme Gesellschaft, die meinen Mann in die Welt hinausgeschickt hat und mich im Elend verkommen lassen wollte!«

»Elisabeth – –« sagte Dazkovic, indem er nähertrat und scheu nach ihrer Hand griff. »Sie haben ja recht, in allem so recht! Aber bedenken Sie, mein Kind, meine Helene – –!«

»Vielleicht ist dieser Stefan Antzey nicht mehr wert als sein Bruder Leopold. Nun, dann können Sie doch nur zufrieden sein, wenn Helene vor einem solchen Schicksal wie dem meinigen bewahrt bleibt. Vor allem halten Sie reinen Mund – auch Ihrer Tochter gegenüber – –!«

»Was bleibt mir denn anderes übrig?« stöhnte er.

»Nun, also sehen Sie! Und jetzt halten Sie mich nicht länger auf, sonst versäume ich die Ouvertüre. Man hört nicht jeden Tag Strauß dirigieren!«


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