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Präludium

 

I

Im Frühling des Jahres 1923 fuhr ich nach Spanien. Zum vierten Mal. So entstanden diese Blätter.

Daran hängt Seelenluft oder Sinnlichkeit eines kaum halb entdeckten Fabel-Landes. (Und mein Herz.)

 

II

Es leben in diesem Buch die Maler, die Dome, die Stiere, die Mauren – und der Wein, der Wein, der Wein.

Ich empfand mit den Stieren: weil man sie quält. Mit den Mauren: weil sie fremd und hochstehend sind. Mit den Cataloniern: weil sie Zukunft bedeuten. Mit allen Spaniern sonst: weil ihr Geheg von Wundern starrt.

Ich schuf ein wahres, nicht ein gelecktes Bild.

 

III

In meinem Werk »Die Welt im Licht« sagt ein Satz über irgendwelche schlafenden, herrlichen, betagten Striche Deutschlands:

»Man ist in eine Welt voll Altbewahrheit versetzt. Ich behaupte nicht, solcher Zustand sei der wünschenswerte: doch für einen Tag ist er wünschenswert.«

Ich war in Spanien einen Tag, einen wunderbaren, meines Lebens.

 

IV

Ein heutiger Mensch bin ich; und Spanien ist kein heutiges Land: also woher mein Entzücken?

Es gibt offenbar Dinge, die ich nicht vertreten kann – aber deren Dasein mir lieb ist.

(Sie seien sehr voraus. Oder sehr zurück.)

Ein Beispiel. Ich möchte nicht getan haben, was die Bolschewisten tun. Doch ich freue mich, daß jemand es tut.

Umgekehrt: ich bin das klassische Gegenteil eines Katholiken. Doch ich freue mich, daß ein so bauernschönes Gebild wie der Katholizismus (fern von mir) lebt.

Spanien ist mehr als goldleuchtendster Katholizismus. Es hat ein Plus von arabischer Unsterblichkeit.

Letzten Endes ist Spanien mit nichts verwandt. Selbstgenügend. Einsam. Abgedämmt. Fast zeitledig.

Nicht ein Teil, sondern ein Geheimnis Europas.

 

V

Und heute will dies Land empor.

Von heute her wird Spanien hier gesehn. Auch in der Beziehung zu Deutschland. Nach dem Weltkrieg.

... Ich schuf ein wahres, nicht ein gelecktes Bild. Sein Grund ist: Schönheit.

Grunewald,
im Sommer 1923

Alfred Kerr


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