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In Streatley blieben wir zwei Tage und ließen unsere Sachen waschen. Wir hatten versucht, sie unter Georgs Oberaufsicht selbst zu waschen, hatten aber dabei Fiasko gemacht. Es war in der Tat ein jämmerliches Fiasko; denn nach der Wäsche waren wir schlimmer daran als zuvor. Ehe wir sie gewaschen hatten, waren unsere Kleider allerdings sehr, sehr schmutzig gewesen, aber man konnte sie doch noch tragen. Aber nachdem wir sie gewaschen hatten – nun um es kurz zu sagen, der Fluß zwischen Reading und Henley war nach unserer Wäsche viel sauberer als zuvor! Allen Schmutz, den das Wasser zwischen diesen beiden Orten enthielt, sammelten und saugten und wirkten wir in unsere Kleider hinein.
Die Waschfrau in Streatley sagte, sie sei es sich unbedingt schuldig, das Dreifache des gewöhnlichen Preises für diese Wäsche zu fordern. Sie meinte, das sei keine Wäsche mehr gewesen, sondern schon mehr eine Art Ausgrabung.
Wir bezahlten die Rechnung ohne Murren.
Die Nachbarschaft von Streatley und Goring ist ein Hauptpunkt fürs Fischen. Es läßt sich hier wirklich ausgezeichnet gut fischen. Der Fluß enthält eine Menge Hechte, Rochen, Weißfische, Gründlinge und Aale, und man kann ganze Tage dasitzen und fischen. Es gibt auch Leute, die das tun. Aber sie fangen niemals Fische! Ich habe die Themse entlang noch niemand kennen gelernt, der etwas anderes fing als Elritzen und tote Katzen; aber das hat doch mit der Fischerei nichts zu schaffen und ist doch nicht der Zweck des Fischens!
Auch sagt der »Führer für Fischer auf der Themse« kein Wort über das Fischefangen! Alles, was er sagt, ist: »Die Gegend ist ausgezeichnet zum Fischen geeignet,« und soviel ich von ihr gesehen habe, kann ich diese Mitteilung nur bestätigen.
Es gibt gewiß keinen Ort in der Welt, wo man sich besser dem Fischen hingeben, oder wo man länger dabei verweilen möchte. Manche Fischer kommen hierher und fischen einen Tag, andere fischen einen Monat lang. Man kann aber auch ein ganzes Jahr hier mit Fischen verbummeln – das Resultat wird immer dasselbe – nämlich Null sein. Der »Führer für Angler auf der Themse« sagt: »Auch werden dort Fluß- und Kaulbarsche gefangen« – aber da ist der »Führer für Angler« nicht ganz orientiert. Ja, es mag schon Fluß- und Kaulbarsche da herum geben; ich kann sogar mit Bestimmtheit sagen, daß es deren gibt. Man kann sie in ganzen Haufen beisammen sehen, wenn man am Ufer spazieren geht; sie kommen heran, halten sich halb über Wasser und sperren das Maul auf, um etwas Zwieback zu erschnappen. Wenn man dort ein Bad nimmt, so scharen sie sich um einen und belästigen einen. Aber gefangen werden sie nicht, und wenn man auch den schönsten Wurm an seinen Angelhaken hängt; nein, das niemals! –
Ich selber will mich keineswegs für einen guten Fischer ausgeben. Es gab eine Zeit, wo ich dieser Sache ziemlich viel Aufmerksamkeit schenkte und ich auch – nach meinem Dafürhalten – ziemlich gute Fortschritte in besagter Kunst machte; aber die alten gewiegten Leute vom Fach sagten mir, ich werde es niemals zu etwas Ordentlichem bringen, und rieten mir, das Handwerk aufzugeben. Sie meinten, im Wurf könnte ich mich schon recht gut sehen lassen, auch fehle es mir beim Fangen durchaus nicht an Grütze, außerdem sei ich mit aller dazu nötigen Faulheit begabt. Aber sie seien überzeugt, ich werde niemals ein richtiger Fischer werden, denn es mangle mir an einem Haupterfordernis – an der Einbildungskraft. Sie meinten, als Dichter, oder Zeitungsschmierer, oder als Reporter, oder irgend etwas dieser Art möchte ich es vielleicht zu etwas bringen; aber um mir unter den Themseanglern einen, wenn auch noch so bescheidenen Ruf zu erwerben, sei ein etwas freieres Spiel der Einbildungskraft, etwas mehr Erfindungsgabe, als mir zu Gebote stehe, erforderlich.
Es scheint mir, manche Leute meinen, zu einem guten Fischer gehöre nichts anderes, als mir nichts dir nichts, ohne Erröten recht tüchtig aufzuschneiden; aber das ist grundfalsch.
Bloße freche Lügenfabrikation ist nutzlos; jeder Gimpel kann das.
Der erfahrene Angler erweist sich als solcher in der anschaulichen Schilderung aller, auch der nebensächlichsten Einzelheiten, in der verschönernden, aber höchst wahrscheinlichen Färbung des Ganzen, in dem durch die ganze Erzählung gehenden Zug von peinlicher, man könnte fast sagen, pedantischer Wahrhaftigkeit.
Ein jeder kann hereinkommen und sagen:
»O, wißt ihr's schon, ich habe gestern abend fünfzehn Dutzend Barsche gefangen«; oder »Letzten Montag zog ich einen Gründling ans Land, der achtzehn Pfund schwer und vom Kopf bis zum Schwanzende drei Fuß lang war.«
Für solche Erzählungen braucht es weder Kunst noch Schlauheit: sie zeugen von Keckheit – das ist aber auch alles.
Nein; der »gewiegte Angler« verachtet derartige Lügen. Seine Methode ist an sich schon ein Studium.
Er tritt ruhig ein, behält den Hut auf dem Kopfe, eignet sich den bequemsten Stuhl in der Stube an, stopft sich seine Pfeife und fängt in aller Stille an zu paffen. Er läßt die Gelbschnäbel eine Zeitlang renommieren, dann, während einer momantanen Pause in der Unterhaltung nimmt er die Pfeife aus dem Munde und bemerkt, während er sie ausklopft: »Ja, ja! Am Dienstag abend, da galt's zu ziehen! Doch wozu sollte ich die Geschichte erzählen?«
»O! Aber warum denn nicht?« fragt alles.
»Nun, weil ich nicht erwarten kann, daß mir irgend jemand Glauben schenkt,« erwidert der alte Bursche gelassen und sogar ohne die geringste Bitterkeit im Tone. Dann stopft er sich seine Pfeife von neuem und ersucht den Wirt, ihm ein großes Glas Grog zu bringen.
Dann tritt eine Pause ein, denn keiner von den Anwesenden fühlt sich gerieben genug, um dem alten Herrn geradezu zu widersprechen. So muß er denn jetzt ohne weitere Aufmunterung den Faden wieder aufnehmen.
»Nein!« fährt er tief nachdenklich fort, »nein, ich würde es selbst nicht glauben, wenn mir's einer erzählte – aber es ist trotz alledem Tatsache. Ich hatte den ganzen Nachmittag dagesessen und buchstäblich nichts gefangen, außer ein Stücker zwanzig Flußbarsche und ein paar Dutzend Weißfische; wie ich nun gerade im Begriff war, das unersprießliche Geschäft aufzugeben, verspürte ich plötzlich einen ungewöhnlich starken Zug an der Angelschnur. Ich dachte zuerst, es sei am Ende wieder einer von den Kleinen und wollte ihn hinauswerfen.
Ich will mich hängen lassen, wenn ich imstande war, die Angel zu bewegen! Es brauchte eine gute halbe Stunde, denken Sie, meine Herren, eine halbe Stunde, bis es mir gelang, den Kork ans Land zu ziehen; jeden Augenblick mußte ich befürchten, daß mir die Angelschnur abreiße! Zuletzt aber konnte ich ihn fassen, und was meinen Sie, daß es war? Ein Stör, ein vierzig Pfund schwerer Stör! Gefangen mit der Angel, meine Herren! Ja, Sie mögen sich wohl baß darüber wundern! – Herr Wirt, geben Sie mir noch ein großes Glas Grog.«
Dann erzählte er ferner, wie alle diejenigen, die den Fisch gesehen hätten, natürlich riesig erstaunt gewesen seien; ferner, was seine Frau dazu gesagt habe, als er ihn nach Hause gebracht, und was Sepp Buggles davon gehalten habe.
In einer Kneipe am Flusse fragte ich einmal den Wirt, ob es ihn nicht manchmal krank mache, alle die erlogenen Geschichten mit anhören zu müssen, welche die Fischer hier herum ihm erzählen, worauf er mir erwiderte:
»O nein, mein Herr, jetzt nicht mehr, im Anfang, ja, da wurde mir's hier und da ein bißchen übel; aber wahr und wahrhaftig, ich und meine Frau, wir hören dem Ding jetzt den ganzen Tag lang zu. Wissen Sie, 's ist die Macht der Gewohnheit, ja, die Macht der Gewohnheit!«
Ich kannte einst einen jungen Mann, einen höchst gewissenhaften Menschen; er hatte es sich zum Gesetz gemacht, wenn er fischen ging, niemals mehr als fünfundzwanzig Prozent dazuzulügen.
»Wenn ich vierzig Fische gefangen habe,« sagte er zu sich selbst, »dann will ich den Leuten sagen, ich hätte fünfzig gefangen, und so fort; mehr als das lüge ich nicht dazu – denn das Lügen ist eine Sünde.« – Aber der Plan mit den fünfundzwanzig Prozent war kein glücklicher Griff. Er kam in seinem Leben nie in die Lage, ihn auszuführen, die größte Anzahl Fische, die er jemals an einem Tage gefangen hatte, waren drei, und man kann doch nicht fünfundzwanzig Prozent von drei berechnen, wenigstens nicht bei Fischen.
So erhöhte er denn seinen Prozentsatz auf dreiunddreißig ein Drittel, aber das war wieder ungeschickt, wenn er nur einen oder zwei gefangen hatte. Um aber die Sache zu vereinfachen, beschloß er bei sich, die Anzahl gerade zu verdoppeln.
Bei diesem Modus blieb er ein paar Monate lang, aber dann wurde er dessen überdrüssig; denn niemand wollte ihm glauben, daß er die Zahl nur einfach verdoppelte; er erregte daher nirgends die ersehnte Bewunderung; seine Bescheidenheit kam ihm neben den übrigen Anglern sehr übel zu statten.
Wenn er wirklich drei Fische gefangen hatte und von sechsen sprach, war es da ein Wunder, daß er ganz eifersüchtig wurde, wenn er nun einen andern, von dem er ganz sicher wußte, daß er einen einzigen gefangen hatte, den Leuten erzählen hörte, er habe deren zwei Dutzend ans Land gezogen?
So kam er zuletzt auf folgendes Auskunftsmittel, das er nachmals auch pflichtgetreu anwendete: er zählte jeden einzelnen Fisch für zehn und nahm außerdem zehn als Grundtaxe im voraus an.
Z. B. wenn er gar keinen Fisch fing, so rechnete er zehn; weniger als zehn Fische konnte er bei diesem System gar nicht fangen. Das war eine solide Grundlage.
Wenn es ihm aber wirklich glückte, einen Fisch zu fangen, so machte das zwanzig; während es bei zwei Fischen dreißig machte, bei dreien vierzig usf.
Es ist dies ein sehr einfacher und leicht ausführbarer Plan; man hat daher neulich unter der Anglerbrüderschaft davon gesprochen, ihn allgemein einzuführen. In der Tat hat das Komitee der Angelgesellschaft der Themse die Annahme desselben vor zirka zwei Jahren warm empfohlen; aber einige ältere Mitglieder der Gesellschaft waren ihm abhold. Diese meinten, sie würden den Vorschlag in Betracht ziehen, wenn die Zahl verdoppelt, somit jeder einzelne Fisch für zwanzig gerechnet würde.
Wenn ihr jemals auf einer Flußfahrt nicht wißt, wie ihr den Abend zubringen sollt, so würde ich euch raten, in eines der kleinen Dorfwirtshäuser zu gehen, und euch in der Schenkstube niederzulassen.
Ihr werdet da sicherlich einen oder zwei solcher alten Fischer antreffen, die hier langsam ihren Grog schlürfen und euch in einer halben Stunde mehr Fischgeschichten zum besten geben, als ihr in einem Monat verdauen könnt. Georg und ich – ich weiß nicht, wo Harris hingekommen war; er war früh am Nachmittag ausgegangen, um sich rasieren zu lassen und hatte, nachdem er zurückgekehrt, volle vierzig Minuten gebraucht, um seine Schuhe mit Tonerde zu reinigen; seither hatten wir ihn nicht mehr gesehen – also Georg und ich und der Hund gingen, uns selbst überlassen, am späten Abend nach Wallingford spazieren und kehrten auf dem Rückweg in einem kleinen Flußwirtshause ein, der Nachtruhe und einiger anderer Dinge wegen. Wir gingen in die Stube und setzten uns nieder. Da war ein bemoostes Haupt, das aus einer langen Tonpfeife rauchte; und mit dem fingen wir natürlich ein Gespräch an. Er erzählte uns, es sei heute ein schöner Tag gewesen, und wir meinten, ja, aber gestern sei es auch schön gewesen; und nun sprachen wir uns gegenseitig darüber aus, daß es morgen vielleicht auch wieder schönes Wetter geben würde, und Georg fügte hinzu, die Saaten schienen in gutem Stande zu stehen.
Nachher stellte es sich heraus, daß wir in der Gegend fremd seien und am andern Morgen wieder weiterreisen würden.
Dann trat eine Pause in der Unterhaltung ein, während welcher wir unsere Blicke durch das Zimmer wandern ließen. Sie blieben zuletzt an einem staubigen alten Glaskasten haften, der sehr hoch über dem Kaminsims angebracht war und eine Forelle enthielt.
Wie gebannt mußte ich nach dieser Forelle hinschauen; es war ein solches Monstrum von einem Fisch! Auf den ersten Anblick hatte ich ihn für einen Stockfisch gehalten.
»Ach,« sagte der alte Herr, der Richtung meines Blickes folgend, »nicht wahr, ein wackerer Bursche, was?« – »Etwas ganz Ungewöhnliches,« murmelte ich, und Georg fragte ihn, wie schwer er diesen Fisch schätze?
»Achtzehn Pfund und sechs Unzen,« sagte unser Freund, indem er aufstand und seinen Rock vom Nagel herunterholte. »Ja!« fuhr er fort, »es werden am dritten nächsten Monats sechzehn Jahre, daß ich diesen Fisch herauszog. Gerade unterhalb der Brücke habe ich ihn mit einer Elritze erangelt. Man hatte mir gesagt, daß der Fisch im Flusse sei; da schwur ich mir, ihn zu fangen, und ich fing ihn. Ich denke, alleweil werdet ihr hier nicht mehr viel solcher Fische zu sehen kriegen! Gute Nacht, meine Herren, gute Nacht!«
Und fort ging er und ließ uns allein.
Nach dieser Erzählung konnten wir kein Auge mehr von dem Fische wenden. Es war wirklich ein merkwürdig schöner Fisch! Wir schauten noch immer den Fisch an, als der Landbote, der gerade am Wirtshaus anhielt, mit einer Kanne Bier unter der Tür erschien und den Fisch ebenfalls anschaute.
»Stattliche Forelle das, nicht wahr?« sagte Georg, sich gegen ihn wendend.
»Das will ich meinen, Herr!« erwiderte der Mann und fügte nach einem Zuge aus seinem Glase hinzu: »Vielleicht waren Sie damals nicht hier, als dieser Fisch gefangen wurde?«
»Nein!« sagten wir, »wir waren damals nicht hier. Wir sind fremd in dieser Gegend!«
»Dann konnten Sie natürlich nicht dabei sein. Es sind schon an die fünf Jahre her, daß ich diesen Fisch fing.«
»Ei! also Sie waren es, der diese Forelle fing?« rief ich aus.
»Ja, ja, mein guter Herr!« erwiderte der erfindungsreiche alte Bursche, »ich habe ihn gerade unterhalb der Schleuse gefangen – d. h. was damals die Schleuse war. Es war an einem Freitag abend; und was das Merkwürdigste dabei ist: ich fing ihn mit einer Fliege! Ich war hinausgegangen, um Hechte zu fangen, wissen Sie, dachte nicht im Traum an Forellen, und als ich dann diesen himmellangen Kerl da an meiner Angel sah, ja, ich will des Teufels sein, wenn ich nicht ganz verdutzt zurückprallte! Kein Wunder, hat der Kerl doch sechsundzwanzig Pfund gewogen! – Gute Nacht, meine Herren, gute Nacht!«
Fünf Minuten später kam ein dritter Mann herein und erzählte uns, wie er den Fisch eines Morgens früh mit einem Weißfisch gefangen habe; nachdem dieser gegangen, kam ein dumm und feierlich aussehendes Individuum mittleren Alters herein und setzte sich gegen das Fenster hin.
Eine Zeitlang sprach keiner von uns ein Wort; zuletzt wandte sich Georg gegen den neuen Ankömmling und sagte:
»Ich bitte Sie um Verzeihung, mein Herr! Ich hoffe, Sie werden es mir nicht übel nehmen, daß wir – ich und mein Freund sind vollständig fremd in dieser Gegend – uns die Freiheit nehmen, Sie zu fragen. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns mitteilen würden, wie Sie diese Forelle hier oben gefangen haben?«
»Ja, wer sagt Ihnen denn, daß ich diese Forelle gefangen hätte?« fragte der Mann erstaunt.
Wir sagten ihm, daß niemand uns dies mitgeteilt habe, daß wir aber instinktmäßig fühlten, daß er es gewesen sein müsse.
»Ja, das ist aber wirklich höchst merkwürdig!« erwiderte nun der dümmliche Fremde lachend, »denn es ist wirklich Tatsache, daß ich den Fisch fing. Aber daß Sie das sogleich geahnt haben! Sollte man so etwas für möglich halten? Es ist doch zu merkwürdig!«
Und nun fing er an und erzählte uns, wie er eine volle halbe Stunde damit zugebracht habe, den Fisch herauszuziehen, wie ihm derselbe die Leine zerrissen habe; er habe ihn bei seiner Heimkehr genau gewogen; er sei netto vierunddreißig Pfund schwer gewesen.
Auch er nahm bald seinen freundlichen Abgang. Als er fort war, kam der Wirt herein. Wir erzählten ihm die verschiedenen Geschichten, die wir über seine Forelle zu hören bekommen, was ihn ungeheuer belustigte, und wir alle lachten herzlich.
»Nein, aber so etwas! Nun stelle man sich vor, daß der Jakob Bates und der Joseph Muggles und Herr Jones und der alte Willy Maunders alle diesen Fisch gefangen haben wollen! Ha, ha, ha! das heiße ich einen Hauptspaß!« sagte der biedere, alte Bursche und fing von neuem zu lachen an. »Ja, ja, die sind gerade die Sorte Leute, die mir einen solchen Fisch geben würden, damit ich ihn in meiner Stube aufhänge, wenn sie ihn gefangen hätten! Ha, ha, ha!« Dann erzählte er uns die wirkliche Geschichte von dem Fisch.
Es stellte sich heraus, daß er selbst ihn vor vielen Jahren gefangen hatte, als er noch ein ganz junger Bursche war – nicht vermöge besonderer Kunst oder Geschicklichkeit, sondern infolge eines jener ganz sonderbaren Glückszufälle, die, wie es scheint, immer auf einen Knaben warten, der an einem sonnigen Nachmittag die Schule schwänzt und mit einem an die Gerte gebundenen Stück Schnur das Fischen probiert.
Einer weidlichen Tracht Prügel, versicherte er, sei er damals entgangen, weil er diesen Fisch nach Hause gebracht habe, und sogar sein Schulmeister habe gesagt, das sei soviel wert als die Regeldetri und Schönschreiben zusammengenommen. –
Hier wurde der Wirt abgerufen, und Georg und ich richteten unsere Augen wieder auf den wunderbaren Fisch. Es war in der Tat die merkwürdigste Forelle der Welt! Je länger wir sie anschauten, desto mehr verwunderten wir uns darüber. –
Ihr Anblick nahm Georg so sehr gefangen, daß er zuletzt auf einen Stuhl stieg, um sie genauer betrachten zu können. Da kippte der Stuhl mit ihm um, und Georg griff in der Verzweiflung nach dem Glaskasten, um sich daran zu halten und vor dem Sturz zu bewahren – da fiel derselbe krachend zu Boden – und Georg mitsamt dem Stuhl darüber her.
»Du hast doch, um Gottes willen, den Fisch nicht beschädigt?!« rief ich Georg in höchster Besorgnis zu.
»Hoffentlich nicht,« sagte Georg, indem er sich langsam und vorsichtig erhob und besorgt um sich schaute. Aber er hatte ihn beschädigt; da lag die Forelle in tausend Stücke zersplittert! Ich sage tausend, es mögen aber vielleicht auch nur neunhundert gewesen sein. Gezählt habe ich sie nicht.
Es kam uns gar seltsam und unerklärlich vor, daß eine ausgestopfte Forelle in solch kleine Stücke zerbrechen konnte. – Ja! es würde auch wirklich seltsam und unerklärlich gewesen sein, wenn es eine ausgestopfte Forelle gewesen wäre; aber das war es nicht. Die Forelle war aus Gips!
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