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Am Himmel stand ein Zyklopenauge, die Sonne war soeben aufgegangen, rot, mit scharf umrissenem Rand, ein gewaltiger, frei schwebender Körper über dem Meer. Sie war Zeuge vom Untergang der Arethusa auf hoher See, kein Land weit und breit, helllichter Tag, ein Alltag, und die Arethusa in Not.
Der große Dampfer heulte, ein langgezogener, klagender Ton kam aus der Dampfpfeife, dessen Echo über das Meer eilte, noch einmal, angstvoll, sinnlos, hoffnungslos, allein auf dem weiten Meer. Noch hatte der Dampfer Fahrt, bewegte sich aber im Bogen und hatte Schlagseite, wo die Wand aufgerissen war, wie von einem Torpedo getroffen. Es sah aus, als krümme er sich um eine Todeswunde, die man ihm zugefügt hatte. Dann lag er still und begann in seiner ganzen Länge senkrecht ins Meer hinabzusinken. Er zog Wasser wie ein Schwamm, und sank, sank.
Ungeziefer tauchte aus ihm auf, wie Ameisen aus ihrem Haufen, in dem fremde Hände herumstochern. Ein paar Rettungsboote lösten sich von ihm los, das eine schlug sofort in den Wellen um, das andere aber entfernte sich wie ein Insekt mit vielen beweglichen Beinen.
Kochende Dampfwolken wälzten sich aus den Schornsteinen, die Arethusa krängte, die Masten schwangen im Viertelkreis herum, der Dampfer drehte sich um sich selbst, es rasselte und polterte in seinem Innern, der obere Teil war im Meer begraben, der Kiel, der lange, nasse Bug war nach oben gekehrt, rot und weiß von Mennig und Meersalz, mit Seegras und Wasserlinsen besteckt. In dieser Stellung rollte die Arethusa mehrmals um ihre eigene Längsachse, eine schwingende Pendelbewegung, das letzte energische Lebenszeichen eines Schiffes, kieloben, bis die Luft im Innern entwichen war. Bevor sie sank, richtete sie sich noch einmal auf und grub den Steven tief ins Meer, während das Achterende mit seinen Schrauben wie ein paar Entenfüße, die aus ihrem Element geraten sind, in die Luft ragte. Aus dem Schiffsrumpf erklang Gepolter und Gerassel wie von altem Eisen in einem Sack, Ladung und Maschinenteile schoben sich durch die Schotts zum Steven, und lotrecht stürzte die Arethusa in die Tiefe, Dampfwolken und Wirbel hinterlassend, die Fahnenstange achtern war das letzte, worüber sich die Wasser schlössen. An der Stelle, wo sie verschwunden war, kräuselten sich die Wellen zu einem Ring, wie um hinter dem untergegangenen Schiff zusammenzufegen.
Die See hatte ihre Mahlzeit gehalten, und die Sonne war Zuschauer gewesen.
Die Arethusa sank mit Mann und Maus, viertausend Meter tief, sie sank, sank, sank, eine halbe Meile mußte sie durchlaufen, bevor sie endlich den Grund erreichte und in Urdunkelheit, bei den Tiefseefischen, Ruhe fand. Nie sollte ein menschliches Auge sie wieder erblicken.
Sie sank mit ihren Salons, Spiegeln und edlem Holz; ihre viele tausend Tonnen sinnreich verarbeiteten Eisens wurden ein Rosthaufen auf dem Meeresgrund. In einer Million Jahre, wenn der Meeresboden sich gehoben hatte und ein Berg geworden war, würde man vielleicht darin sprengen – das ist schon früher dagewesen – und im Rost eingelagert Fossilien finden, Skelette eines entschwundenen Menschentyps, Geschöpfe, von denen man weiß, daß sie immer uneinig waren und sich abwechselnd unterdrückten. Und der Zukunftsmensch würde seinen Kopf schütteln und die primitiven Skelette seiner Sammlung einverleiben.