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Die Rose oder das Rothlauf, ist bisweilen eine sehr leichte Krankheit, die sich auf der Haut zeiget, ohne daß der Kranke irgend eine Unpäßlichkeit dabey verspüret. Sie greift gemeiniglich das Gesicht oder die Füsse an, die Haut wird gespannt, rauh und roth, die Röthe verschwindet, wenn man den Fleck mit dem Finger drückt, und kommt wieder, wenn man nachläßt. Der Kranke empfindet, in dem leidenden Theile, eine brennende Hitze, die ihm Unruhe verursachet, und bisweilen am Schlafe hinderlich ist. Das Uebel nimmt, zween oder drey Tage lang, zu, bleibt, wenn es aufs höchste gekommen, einen oder zween Tage ohne Veränderung, und verliert sich allmählig. Die kranke Haut fällt in großen Schuppen ab, und die Krankheit ist völlig geendigt.
Sehr oft aber ist diese Krankheit beträchtlicher. Sie fängt alsdann mit einem sehr starken Schauder an, worauf brennende Hitze, heftige Kopfschmerzen, Herzwehe oder Trieb zum Erbrechen folgen, die bis zum Ausbruch des Rothlaufes anhalten, als welcher bisweilen erst am zweyten oder gar dritten Tage erfolget. Alsdan nimmt das Fieber ab, und das Herzweh hat ein Ende. Doch bleibt ein wenig Fieber und Ekel, die ganze Zeit hindurch da die Rose sich mehret, zurück. Wenn sie das Gesicht angreift, so halten die Kopfschmerzen so lange an, bis sie wiederum abnimmt. Das Augenlied schwillt auf, das Auge schließt sich, und der Kranke hat keinen Augenblick Ruhe. Oft zieht das Uebel aus einem Backen in den andern, und verbreitet sich allmählich über die Stirne, den Hals und den Nacken. In diesen Umständen währt die Krankheit länger als gewöhnlich.
Greift die Rose das Bein an, so wird es ganz geschwollen, und die Reitzung theilet sich sogar dem Schenkel mit.
Sobald die Rose ein wenig stark ist, so ist sie mit kleinen Blattern bedeckt, die mit klarem Wasser angefüllt sind, gleich denen, die vom Brennen entstehen; hernach trocknen sie und fallen ab.
Ist die Rose heftig, so bleibt sie bisweilen, acht, zehn, oder zwölf Tage in demselbigen Zustande, und verliert sich nachher durch einen heftigen Schweiß, der sich bisweilen durch ein Uebelbefinden anmeldet, das mit Schauder und etwas Bangigkeit einige Stunden hindurch, begleitet ist. Während der ganzen Zeit der Krankheit ist die Haut über und über, wie auch das Inwendige des Mundes ganz trocken.
Es giebt einige, bey denen das Rothlauf eine Gewohnheitskrankheit ist. Greift es oft das Gesicht an, so trift es gemeiniglich eine Seite desselben, und das Auge wird endlich sehr dadurch geschwächt.
Die Rose rührt von zwoen Ursachen her; von einer scharfen und gemeiniglich gallichten Feuchtigkeit, welche die ganze Masse des Geblüts durchdrungen; und hienächst daher, daß diese Feuchtigkeit durch die Ausdünstung nicht hinlänglich ausgeleeret wird.
Ist das Uebel licht, so ist es genug, wenn man eine häufige Ausdünstung unterhält, doch ohne den Kranken zu erhitzen. Man erreicht diese Absicht am besten durch die Lebensordnung, und einen häufigen Gebrauch des Salpeters und Holderblüththees. Folglich enthält man sich des Fleisches, der Eyer und des Biers. Man lebt von etwas gekochten Pflanzen und Baumfrüchten; man trinkt reichlich Holderblüththee, und nimmt alle drey Stunden, ein halbes Quintlein Salpeter ein; oder, welches auf eins hinaus kommt, man vermischt drey Quintlein Salpeter mit so viel Holderblüth, als man an einem Tage trinken kann. Mann kann auch den Salpeter mit Holderblüththee zu einem Bissen machen. Diese Mittel halten den Leib offen, machen den Abgang des Harns häufiger, und vermehren die Ausdünstung.
Ist das Uebel schwerer, das Fieber sehr stark, und ist der Puls zu gleicher Zeit stark oder hart, so muß man eine Aderläße vornehmen. Doch muß sie in dieser Krankheit nicht reichlich seyn, es ist besser zum zweyten und sogar zum drittenmale zu schreiten, wenn das Fieber, wie es oft geschieht, stark ist.
Nach der Aderläße bringt man ein Klistier bey, bis das Fieber sich merklich vermindert hat, und läßt eine Gerstentisane reichlich trinken.
Wenn das Fieber ein wenig schwächer geworden, so reiniget man den Körper mit einem von den nachfolgenden Mitteln:
Nimm zwey Loth Tamarindenmark, ein Quart Wasser, und ein halbes Quintlein Salpeter, laß es eine Weile zusammen kochen, thue vier Loth Manna hinzu, und seige es durch.
Oder:
Nimmm zwey Loth präparirten Weinstein, theile ihn in acht gleiche Theile ab.
Das Purgiren ist unumgänglich nothwendig, um die stehen bleibende Galle auszuleeren, welche gemeiniglich die Hauptursache eines heftigen Rothlaufes ist. Nach diesen Ausleerungen wird das Uebel gemeiniglich besser, aber man muß sie doch zuweilen den andern oder dritten Tag wiederholen, hauptsächlich wenn es am Kopfe ist. Die Purgiermittel sind die wahre Arzney für diese Krankheit, wenn sie diesen Theil angreift. Durch Wegführung der Ursache des Uebels vermindern sie dasselbige, und bauen den schlimmen Folgen vor.
Wenn nach den Ausleerungen, das Uebel noch fortfährt, sehr stark zu seyn, so muß man alle zwo Stunden und auch wohl öfters, einen Löffel voll von dem nachstehenden Safte geben:
Nimm zwölf Loth Violsyrup (evtl. Vitriolsyrup? Anm. d. Red.) und ein Loth Schwefelgeist. Mische alles wohl untereinander.
Ist das Uebel am Kopfe, so sind öftere lauwarme Fußbäder sehr nützlich. Man muß sogar, wenn es heftig ist, Senftumschläge an den Fußsohlen aufbinden. Wenn das Uebel anfangt, sich durch den Schweiß zu verlieren, so muß man ihn durch Holderblüththee mit Salpeter vermischt befördern.
Uebrigens müssen alle diejenigen, bey denen die Rose eine Gewohnheitskrankheit geworden ist, sich zum Gesetze machen, Milch, Rahm, alle fette und schleimigte Speisen, Gewürze, hitziges Bier und Wein, eine still sitzende Lebensart, heftige Leidenschaften, insonderheit den Zorn, und womöglich, Verdruß zu meiden. Sie müssen sich größtentheils von Gartengewächsen und Baumfrüchten, säuerlichen Sachen, und solchen die den Leib offen halten, nähren, Wasser trinken, hauptsächlich aber den präparirten Weinstein oft gebrauchen. Ein solches genaues Verhalten in der Lebensordnung ist äuserst wichtig, denn außerdem daß diese öftern Anfälle des Rothlaufs gefährlich sind, beweisen sie einen kleinen Fehler an der Leber und Gallenblase, der, wenn man ihn vernachläßigt, endlich sehr schwer wird.