Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Unter den Wechselfiebern, welche der gemeine Mann kalte Fieber nennet, versteht man solche, welche nach einem Anstoße von einigen Stunden, sich merklich mit allen Zufällen vermindern, und endlich ganz und gar aufhören, doch so, daß der Rückfall in der Folge, eben wie vorhin, wieder kommt. Kommt ein solches Fieber alle Tage, so ist es entweder ein wahres alltägliges, oder ein doppeltes dreytägiges Fieber.
Man kann eines von dem andern unterscheiden.
In dem alltägligen sind die Anstöße länger und sich alle gleich; dieß ist nicht so häufig.
In dem doppelten dreytägigen Fieber sind sie nicht so lang, und abwechselnd, einer leichter und der andere stärker.
In dem dreytägigen Fieber kommt der Anfall einen um den andern Tag.
In dem viertägigen kommt er nur am vierten Tage wieder; und der Kranke hat zween gute Tage.
Der erste Anfall des kalten Fiebers greift oft zu einer Zeit an, da man sich am gesundesten hält. Ein andermal geht eine Empfindung von Kälte und Mattigkeit voran, die einige Tage anhält, ehe der Ausfall ausbricht. Er fängt mit Gähnen, Müdigkeit, Schwäche, Frost, Schauder, Zittern, Bläße der außern Glieder, Eckel und bisweilen Erbrechen an. Der Puls ist geschwinde, schwach und klein, und der Durst ziemlich stark.
Nach zwey, selten drey oder vier Stunden, erfolgt eine Hitze, die sich unvermerkt vermehret und zuletzt heftig wird. Alsdann wird der ganze Körper roth, die Angst vermindert sich, der Puls wird stärker und größer, und der Durst gewaltig stark. Der Kranke klagt über starke Kopfschmerzen und in allen Gliedern, die aber von demjenigen Schmerze unterschieden sind, welchen er während des Frostes fühlte. Endlich fällt er, nachdem er vier, fünf oder sechs Stunden in dieser Hitze gelegen in einen allgemeinen Schweiß, der einige Stunden anhält. Alle eben erzählte Zufälle vermindern sich, und erfolgt der Schlaf.
Der Kranke wacht oft von diesem Schlafe auf, ohne vom Fieber etwas, außer einer Müdigkeit und Schwäche zu fühlen.
Einer von den wesentlichsten Zufällen dieser Fieber ist die Beschaffenheit des Harns, welchen der Kranke am Ende des Anfalles läßt. Er ist röthlich, und setzt einen ziegelartigen Bodensatz. Bisweilen ist er schäumend, und auf der Oberfläche sieht man ein dünnes Häutchen, das sich an den Seiten des Glases anhängt.
Die Dauer eines jedes Anfalles ist nicht bestimmt. Er wechselt nach der Gattung des Fiebers und verschiedenen andern Umständen ab. Die Anfälle kommen bisweilen genau zu derselbigen Stunde wieder, manchmal eine, zwey, drey Stunden früher, auch wohl bisweilen so viel später.
In dem Fieberanfall trinkt man währenden Frostes warme Getränke, um die Zeit des Frostes zu verkürzen, und den Schweiß desto eher hervorzulocken. Hiezu ist der Holderblüththee das dienlichste Getränk.
In der Fieberhitze giebt man säuerliche, kühlende, verdünnende Getränke. Selten hat man hier nicht erfrischende Getränke nöthig. Brodwasser, Gerstenwasser mit Citronensaft, sind hier zulänglich.
Nach überstandenem Fieberanfall sind die Kranken, wenn der Körper schon vorher durch mehrere Anfälle erschüttert worden, sehr matt und schwach. Alsdenn sind der Maulbeersaft oder Johannisbeersaft mit Wasser vermischt, sehr erquickend und stärkend.
Wenn ein kaltes Fieber von Ueberladung des Magens herkommt, so thut gleich im Anfang ein Brechmittel, von einem erfahrnen Arzt gegeben, oft Wunder und das Fieber bleibt aus. Diejenigen die da glauben, man müsse mehrere Fieberanfälle abwarten, bis man dem Fieber begegnen dürfe, irren sich. Man muß gleich nach dem ersten Anfall, oder wenn Kennzeichen da sind, noch vor demselben, nach einem geschickten Arzt schicken, und den Folgen vorbauen lassen. Alle abergläubischen und sogenannte sympathetische Mitteln, sind unwirksam und höchst gefährlich, weil darüber die beste Zeit zur wahren Hülfe verlohren gehet.
Es scheinet fast überflüßig zu seyn, daß ich von der Diät in kalten Fiebern rede, weil sie in dieser gemeinen Krankheit den meisten bekannt genug ist. Inzwischen herrschen doch, besonders auf dem Lande, Vorurtheile genug die, ob sie gleich von Aerzten schon hinlänglich bestritten worden sind, doch auch hier widerlegt werden müssen.
Weil es was sehr gewöhnliches ist, daß ein kaltes Fieber aus der Unmäßigkeit, und vom Genuße schwerverdaulicher Speisen entsteht; so hat sich die Meinung lange erhalten, daß man den Fiebern durch Fasten, oder durch eine sehr strenge Diät, begegnen müsse. Allein die Erfahrung zeigt zur Genüge, daß man dadurch den Körper ohne Noth schwäche, und daß die Entkräftung, die ohnedem schon in lange dauernden Fiebern, so groß ist, dadurch so vermehret werde, daß dem Kranken kaum wieder aufzuhelfen ist. Es ist ja vernünftiger, ihn durch hinlängliche Nahrung bey möglichen Kräften zu erhalten, um so mehr, da im kalten Fieber oft ein ziemlicher Appetit und gute Verdauungskräfte vorhanden sind. So widersprechend handeln die Menschen. Im hitzigen Fieber zwingen sie den Kranken, der keine Eßlust, keine Verdauungskraft hat, und dem die Speisen ein Gift sind, zum Essen. Im kalten Fieber martern sie ihn mit Hunger.
Das Fasten ist also im kalten Fieber schädlich; aber auch eine leichte Kost schwächt in Wechselfiebern die, welche solche in gesunden Tagen nicht gewohnt gewesen sind. Weil viele Personen davon das Fieber bekommen, wenn sie den Magen mit geräuchertem und gesalzenem Fleisch, mit andern harten oder schwerverdaulichen Speisen, überladen; so verbietet man, aber sehr unrecht, diese Speisen ohne Unterschied allen, die das kalte Fieber haben. Allein dieses Verboth sollte sich billig nur auf die Zärtlichen und Schwächlichen erstrecken, die dergleichen sonst nicht oft zu essen gewohnt gewesen sind. Diese verschlimmern ihre Fieber offenbar dadurch, weil ihr Magen diese harte Kost nicht verdauen kann. Hingegen ist der Fall umgekehrt mit denen, die meistens von grober und harter Kost leben. Der Landmann wird im kalten Fieber doppelt geschwächt, wenn man ihn mit Suppen, Kräutern, Wurzeln, und zartem Fleische, nähret. Er verzehrt sich bey dieser ihm ungewohnten leichten Kost. Aber man lasse ihn Schinken, Würste, geräucherte Ochsenzungen, eingesalzenes Fleisch, und dergleichen, mit Mäßigkeit essen. Er wird sich noch einmal so gut dabey befinden; er wird ziemlich bey Kräften bleiben. Denn er ist an die Speisen gewohnt, und seine Verdauungskräfte müsten schon sehr schwach seyn, wenn sie bey ihm unverdaut liegen bleiben sollten. Diese jetztbenennte Speisen sind auch überhaupt nur nach Verhältniß der Stärke des Magens mehr oder weniger verdaulich, an und für sich aber, wenn sie gut verdauet werden, und frisch geräuchert oder gesalzen sind, im geringsten nicht bössaftig. Sie sind also nicht von der Eigenschaft, daß sie durch Verunreinigung des Bluts das Fieber verschlimmern können. Gegentheils ist das Salz dieser Speisen ein heilsames, reizendes, schleimzertheilendes und die Verdauung beförderndes Mittel. Die Trockenheit dieser Speisen, und das Salz, womit sie durchdrungen sind, verhindern die Erzeugung des faulenden Schlammes im Magen, in welches das frische Fleisch bey schwachen Verdauungskräften leicht zerfließet.
Ganz anders verhält es sich mit den Hülsenfrüchten, als Erbsen, Linsen, Bohnen, Stockfisch, Häringen, Schnecken, harten Eyern, und mit dem fetten Fleische. Alle diese Speisen sind, ihrer Natur nach, nicht allein schwer verdaulich, sondern auch rohhaftig und bössaftig. Sie erfüllen den Magen mit einem groben, unreinen, leicht faulenden Schlamm; sie schwächen die noch vorhandenen Verdauungskräfte; sie machen ein zähes, dickes, schleimigtes, unreines Blut. Sie verschlimmern also die kalten Fieber, bringen auch bey denen, die erst vom Fieber genesen sind, gar leicht Recidive (Wiederkehr der Krankheit). Alle diese Speisen muß man also, man mag sonst daran gewohnt gewesen seyn, oder nicht, sowohl im währendem Fieber, als auch lange Zeit, nachdem man von demselben befreyet worden ist, meiden.
Gebratenes Fleisch, gebratene Vögel, zarter Kohl, Salat, Blumenkohl, Spinat, etwas reifes frisches Obst, ein Gläschen guter Wein, können ohne Schaden genossen werden.