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Diese Krankheit erkennet man hauptsächlich an nachfolgenden Merkmalen:
1. An einem starken Fieber.
2. An der Beschwerlichkeit des Athemholens.
3. An einem starken Husten.
4. An einem stechenden Schmerz in dem Umfange der Brust.
Sie entsteht oft von einem kalten Trunk, wenn man sich erhitzt hat, und alsdann ist sie zuweilen so heftig, daß man den Kranken innerhalb von drey Stunden daran hat sterben gesehen.
Der Stich verliert sich zuweilen, und der Kranke beklagt sich weniger; aber zu gleicher Zeit verändert sich sein Gesicht, es wird blaß und traurig, die Augen werden trübe, der Puls wird schwach; dieß zeigt einen Uebergang der Feuchtigkeit in das Gehirn; und dieser Fall ist fast immer tödtlich.
Diese Krankheit ist eine von den häufigsten und tödtlichsten, sowohl an und für sich selbst, als auch wegen der schlechten Behandlung unter dem Landvolke. Das Vorurtheil, wornach man alle Krankheiten durch den Schweiß kuriren will, bestimmt auch in dieser das ganze Verfahren. So bald der Kranke einen Stich fühlet, gebraucht man alsbald alle erhitzende Mittel. Dieser verderbliche Irrthum tödtet mehr Menschen als das Schießpulver; und ist um desto schädlicher, je heftiger die Krankheit ist, und je weniger Augenblicke man zu verlieren hat. Alles hängt von den ersten Stunden ab.
In dieser Krankheit sind die Aderlässe, die erweichenden und verdünnenden Getränke, ein öfters wiederholter Dampf, die Klistiere, ein auflösender Trank, und erweichende Umschläge, die wahren Heilungsmittel.
Nimm zehen Loth starken Holderthee, zwei Loth Oximel squilliticum (Merzwiebelhönig.)
Man nimmt von diesem Getränke alle zwo Stunden einen Tasse voll. Er erleichtert alle Auslerungen und hauptsächlich den Auswurf.
Ist das Drucken stark und der Husten trocken, so läßt man den Kranken den Dampf von siedendem Wasser, mit ein wenig Weineßig vermischt, in sich ziehen. Man verhält sich hiebei auf eine gedoppelte Art. Entweder setzt man ein Gefäß mit heißen Wasser unter das Gesicht des sitzenden Kranken, und bedeckt, um den Dampf aufzuhalten, seinen Kopf und das Geschirr mit einem Leintuch; oder man tunkt in das siedende Wasser einen Schwamm, und hält ihm solchen vor den Mund. Die zwote Art ist nicht so kräftig, ermüdet aber den Kranken nicht so sehr. Ist das Uebel schon sehr gefährlich, so gebraucht man statt des Wassers lauter Eßig.
Die erste Aderlässe, insonderheit wenn sie beträchtlich ist, vermindert fast allezeit den Stich, und vertreibt ihn oft ganz. Nach Verlauf von einigen Stunden aber kommt er gemeiniglich wieder, entweder an derselbigen oder bisweilen an einer andern Stelle. Diese letzte Veränderung ist sehr vortheilhaft, hauptsächlich wenn der Schmerz, der anfangs unter der Brustwarze sich äuserte, sich nach den Schultern, dem Rücken, dem Schulterblatte, oder dem Genicke hinzieht.
Wenn der Schmerz sich gar nicht, oder nur wenig vermindert, oder wenn er, nachdem er sich vermindert hat, eben so heftig als das erste mal wiederkömmt, insonderheit wenn dieses an derselbigen Stelle geschieht, und die übrigen Zufälle auch eben so heftig fortdauern, so muß man die Aderlässe wiederholen. Wenn aber die Verminderung des Stiches anhält, wenn er von Zeit zu Zeit nur schwach und in dem eben gemelten Theile wiederkömmt, wenn die Geschwindigkeit oder Härte des Pulses und alle übrige Zufälle abgenommen haben, so kann man sie bisweilen unterlassen. Doch ist es klüger gehandelt, bey einem starken vollblütigen Menschen dieselbe vorzunehmen. Sie kann nicht schaden, hingegen läuft man bisweilen große Gefahr, wenn man sie versäumt. In schweren Fällen wiederholt man sie oft; es sey dann, daß man in der Beschaffenheit des Kranken, entweder in seinem Alter oder in einigen andern Umständen, ein Hinderniß finde.
Ist das Uebel nicht so sehr schwer, so kann man es oft in wenig Tagen mit einer einzigen Aderlasse, und einer großen Menge Holderblüth als Thee getrunken, und mit etwas Honig vermischt, heilen. Das schädliche Getränk, das man auf dem Lande aus gleichen Theilen von Wasser und Weine macht, und wozu man eine Menge Theriack mischt, tödtet alle Jahre sehr viele Menschen.
Im trockenen Seitenstechen, in welchem der Stich, das Fieber, die Kopfschmerzen sehr stark, der Puls sehr hart und voll, die Haut und die Zunge erstaunlich trocken ist, muß man die Aderläße sehr bald aufeinander vornehmen. Sie thun oft der Krankheit ohne irgend eine andere Ausleerung Einhalt.
Es giebt ein paar lächerliche und ganz unnütze Mittel, die in dieser Krankheit unter dem Landvolke sehr gebraucht, auch sogar von einigen Aerzten gerühmt werden, nämlich, Bocksblut und Ruß in einem Ey. Man kann freilich nicht läugnen, daß nicht einige Leute sollten genesen seyn, nachdem diese Mittel gebraucht worden, aber es ist nicht weniger wahr, daß beydes auch sogar das Ey, worinn der Ruß eingenommen wird, gefährlich ist. Folglich fordert die Klugheit, nie dergleichen zu gebrauchen, weil es sehr wahrscheinlich ist, daß sie mehrentheils schaden, und weil es gewiß ist, daß sie nichts helfen können.
Das falsche Seitenstechen ist eine Krankheit, so die Lunge nicht angeht, sondern nur die Haut und die Muskeln, welche die Rippen bedecken. Es ist die Wirkung einer rheumatischen Feuchtigkeit, welche sich nach diesen Theilen hinzieht, und daselbst sehr lebhafte Schmerzen erweckt, die wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem sogenannten Stich, dieser Krankheit die Benennung gegeben haben.
Oft geht vor demselbigen ein Schauder her, und fast allemal ist es mit etwas Fieber, einem kleinen Husten, und einer geringen Beschwerde beym Athemholen begleitet; die letztern beyden Zufälle rühren daher, weil der Kranke, der beym Athemholen Beschwerden empfindet, dasselbige, so viel er kann, zurückhält, wodurch sich etwas zu viel Blut in der Lunge anhäufet. Doch hat er weder Bangigkeit, noch die andern Zufälle des wahren Seitenstechens. Der Schmerz verbreitet sich bey einigen Kranken fast über die ganze Brust und bis an den Nacken. Man kann nicht auf der kranken Seite liegen.
Nach einer oder wiederholter Aderläße, thut ein Blasenpflaster auf dem angegriffenen Theile oft eine sehr gute Wirkung. Dies Uebel vergeht bisweilen nach der Aderläße, oft endiget es sich am dritten, vierten oder fünften Tage durch einen häufigen Schweiß; selten hält es länger, als sieben Tage an. Bisweilen kommt es ganz plötzlich nach einer gehemmten Ausdünstung. Wenn alsdann unverzüglich, ehe das Fieber anfängt, und ehe es Zeit gehabt hat, das Blut zu entzünden, die Ausdünstung wieder herstellt, so erfolgt die Besserung sehr geschwinde.
Aeuserlich sind auch Steinblumen, mit Chamillen und Holderblüthe in Milch gekocht, in eine Kalbsblase oder Blatter gethan und warm auf den leidenden Theil mit einem Tuch, oder Serviette befestiget, von sehr guten Nutzen, und können sowohl beym wahren als auch falschen Seitenstechen gebraucht werden.