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|
Wir zwei blieben alleine:
Da verstand mich wohl die Reine,
Daß ich gerne bei ihr saß.
Auf das allerschönste Gras |
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335 |
Das einen Garten mochte zieren,
Thät sie an ihrer Hand mich führen,
Ein wenig von den Leuten fern.
Weiß Gott, ich folgte da ihr gern.
Hier fand ich Weisheit bei der Jugend, |
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340 |
Große Schöne und ganze Tugend;
Ich sah so lieblich Kind noch nie.
Was ich sprach, das hörte sie
Und antwortete mit Güte.
Es bezwang mein Gemüthe, |
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345 |
Und machte mir das Herze schwer
Kein Weib noch Jungfräulein so sehr,
Und wirds auch keine Andre je.
O weh mir immer, o weh,
Wie bald mir alle Freude nahm, |
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350 |
Ein Bote der vom Burgherrn kam,
Der uns zum Imbiß hieß bescheiden:
Da mußt' ich Red' und Freude meiden.
Als ich mit ihr zu Tische ging,
Der Wirth mich abermahls empfing. |
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355 |
Es entbot ein Wirth nie mehre
Seinem Gast so große Ehre.
Er wünschte den Pfaden und Wegen
Manchen gütlichen Segen
Auf denen ich gezogen war: |
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360 |
Und damit übergoldet' er's gar,
Daß er mich nicht von ihr getrennt,
Und mir so liebreich das gegönnt
Mit der Jungfraue zu essen.
Es ward allda auch nichts vergessen: |
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365 |
Wir hatten von Allem Füll' und Kraft
Was nur gehört zur Wirthschaft;
Wir fanden Speise die war gut,
Dazu willigen freundlichen Muth.
Nachdem wir mit Freuden gegessen, |
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370 |
Und noch zusammen gesessen,
Und ich ihm sagte meine Sitte,
Daß ich nach Abentheuern ritte;
Wundert es ihn sehr,
Und meint' er, es sey noch nimmermehr |
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375 |
Kein Gast zu ihm gekommen,
Von dem er hätte vernommen,
Er suche sich Kampf und Ungemach.
Recht dringend bat er mich danach,
Wenn mich der Weg vorüberführe, |
|
380 |
Sollt' ich anklopfen an seiner Thüre;
Dagegen hatt' ich keinen Streit,
Ich versprach's, und hielt es seit der Zeit.
Als es nun Zeit zu schlafen ward,
Da gedacht' ich an meine Fahrt, |
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385 |
Und weil ich weder wollte
Noch bleiben durft' und sollte,
Ward der tugendlichen Magd
Von mir viel Dank gesagt,
Ihrer guten freundlichen Art. |
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390 |
Die Süße, meine Jungfrau zart,
Die lächelte und neigte sich mir:
Seht, so mußt' ich scheiden von ihr.
Das Gesinde befahl ich Gott;
Zu meines lieben Wirths Gebot |
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395 |
Gelobt' ich mich viel manches mahl,
Nahm Abschied früh, und ritt zu Thal
Zum Walde vom Gefilde.
Ich wandte mich zur Wilde,
Und fand nach mitten Morgen |
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400 |
In dem Walde verborgen
Ein weites Feldgereute
Einsam, und ohne Ackersleute.
Da ersah ich mir zum Leide
Eine schwere Augenweide: |
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405 |
Gethier' allerhande,
Die man mir jemals nannte,
Wider einander springen
In erschrecklichem Kämpfen und Ringen.
Da stritten in ihrem Grimme |
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410 |
Mit greulicher Stimme
Wisent' und Urstiere.
Ich entsetzte mich schiere,
Und reute michs, daß ich gekommen:
Und hätten sie mein wahr genommen, |
|
415 |
So mein' ich blieb kein andrer Rath,
Als daß ich Gott um Hülfe bat.
Viel gerne wollt' ich aus dem Wald:
Da sah ich eines Mann's Gestalt,
Der mitten aus ihnen ragt' hervor. |
|
420 |
Das kam mir Anfangs tröstlich vor;
Doch als ich näher kommen war,
Und schaut' ihn recht genau und klar,
Da fürchtet ich ihn also sehr,
Als die Thiere, oder noch mehr. |
|
425 |
Sein menschliches Gebilde
War sonst grausam und wilde:
Wie ein Mohr sah er aus,
Riesenhoch und graus,
Daß es Niemand wohl glaubt. |
|
430 |
Ich sag' es, sein Haupt
War größer denn eines Ures Kopf
Der Unhold trug einen Schopf
Von wüstem, rußfarb'nem Haar
Verwachsen ganz und gar; |
|
435 |
Ein Wald ihm Haupt und Bart umstarrt,
Struppige Borsten, verfilzt und hart.
Sein Antlitz war wohl Ellen breit,
Bedeckt mit Runzeln tief und weit.
Auch waren ihm die Ohren |
|
440 |
Dem ungeschlachten wilden Thoren
Vermoos't, das sag' ich fürwahr,
Mit spannenlangem Haar,
Und breit wie eine Wanne.
Dem ungefügen Waldmanne |
|
445 |
Waren Wimper und Brau'
Lang, graulich und rauh;
Die Nase wie eines Ochsen groß,
Kurz, weit, von Borsten nirgend bloß:
Das Antlitz weit, mager und flach; |
|
450 |
Mit Grauen sah ich dem Scheusal nach.
Roth funkelte sein Augenpaar:
Sein weiter Rachen mochte gar
Von einem Ohr zum andern langen,
Er fletscht' ihn über beide Wangen. |
|
455 |
Er trug starkes Gezahn
Wie ein Eber, nicht wie ein Mann:
Außerhalb des Mundes Thür
Ragten die Hauer herfür,
Lang, scharf, spitz wie Stangen. |
|
460 |
Das Haupt ließ er niederhangen,
Daß ihm sein rauhes wüstes Kinn
Fast an die Brust gewachsen schien.
Sein Rücken war hinaufgezogen,
Zu einem Buckel ausgebogen. |
|
465 |
Ein seltsam Kleid der Unhold trug;
Zwei Häute dünkten ihm genug;
Die hatt' er vor wenig Stunden
Zwei Gethieren abgeschunden.
Eine mächtge Kolbe war sein Stecken, |
|
470 |
Die mochte mich beinah erschrecken.
Und als ich d'rauf ihm näher kam,
Daß er mein rechte Kunde nahm,
Alsbalde sah ich ihn aufstehn,
Und nahe mir entgegengehn. |
|
475 |
Ob nun wider mich sein Muth
Feindlich sei, oder ob gut,
Das wußt' ich in der That noch nicht;
Doch war ich auf meine Wehr gericht't.
Weder der Waldmann sprach, noch ich. |
|
480 |
Als er schwieg, da versah' ich mich
Ob ich einen Stummen vor mir sähe,
Und bat ihn daß er Rede stehe.
Ich sprach: »bist du feindlich oder gut?«
Er sprach: »wer mir nichts Leides thut, |
|
485 |
Der soll auch über mich nicht klagen.«
»Wohlan, so laß mich weiter fragen,
Welcherlei Creatur Du bist?«
»Ein Mann, wie Dir wohl sichtbar ist.«
»Welch Amt und Geschäft magst Du hier treiben?« |
|
490 |
»Hier bei den Thieren muß ich bleiben.«
»Und thun sie Dir Nichts? das sag' mir Du.«
»Frag lieber, ob ich sie laß' in Ruh?« –
»In Treuen, sag mir, fürchten sie Dich?« –
»Ich pflege sie, und sie fürchten mich |
|
495 |
Als ihren Meister und Herrn allhie.«
»Nun sage mir, was fördert sie
Deine Meisterschaft und Hut?
Sie laufen nach ihrem freien Muth
Zu Walde und zu Gefilde; |
|
500 |
Ich weiß doch sicher, sie sind wilde,
Sie erkennen weder Menschen noch ihr Gebot,
Und mein' ich nicht, daß außer Gott
Jemand so viel möchte vollbringen
Mit Gewalt die Thiere zu zwingen |
|
505 |
Ohne Käfig und Eisenband.«
Er sprach: »meine Zung' und meine Hand,
Mein Schmeicheln und meine Keule schwer
Zähmten sie mir so sehr,
Daß sie vor mir stehen und beben, |
|
510 |
Und thun nach meinem Willen eben.
Wer aber sonst als ich allein
Bei den Ungethümen sollte sein,
Der wäre verlohren alsobald.«
»Herr, hast Du über sie Gewalt, |
|
515 |
So gebeut ihnen Friede gegen mich.«
Er sprach: »Mit nichten fürchte Dich;
Sie thun Dir Nichts wenn sie mich sehn.
Nun mußt' ich Dir viel Rede stehn
Nach allem was Du gewünscht zu fragen; |
|
520 |
So sollst Du mirs auch nicht versagen,
Und melden, weshalb Du kamst hieher,
Und was noch weiter Dein Begehr;
Ich bin zu Deinem Dienst bereit.«
Ich sprach: »so wisse denn, ich reit' |
|
525 |
Ins Land auf Abentheuer.«
Da sprach das Ungeheuer:
»Abentheuer? was ist das?«
Deß will ich Dich bescheiden baß.
Nun sieh' wie ich gewappnet bin; |
|
530 |
Ich heiß' ein Ritter, und hab im Sinn
Daß ich aufzusuchen reite
Einen Mann der mit mir streite,
Der gewappnet sei wie ich.
Das preiset ihn, erschlägt er mich; |
|
535 |
Wenn ichs ihm aber angethan,
So hält man mich für einen Mann,
Und steig' ich dadurch an Werth.
Drum wenn Du irgendwas gehört
Von solchem Wagniß hier im Walde, |
|
540 |
Das melde Du mir also balde,
Und führe mich zur Stelle hin,
Denn nichts andres hab' ich im Sinn.
Also sprach er drauf zu mir:
»Steht es so beschaffen mit Dir, |
|
545 |
Daß Du nach Ungemache strebest,
Und nicht gern in Frieden lebest, –
(Ich hörte noch in meinen Tagen
Von solchem Dinge nimmer sagen,
Was Abentheuer wäre) – |
|
550 |
So künd' ich Dir die Märe:
Willst Du den Leib dran wagen,
Brauchst Du nicht lang zu fragen.
Hier ist ein Bronnen nahe bei,
Etwa kurzer Meilen drei; |
|
555 |
Getraust Du Dirs den zu erspähn
Und lässest ihm sein Recht geschehn,
Und findst hernach die Wiederkehr
Ohne große Schmach und Unehr,
So bist Du in Treu'n ein tapfrer Mann, |
|
560 |
Und zweifeln will ich nicht daran.
Was hilft Dir's, wollt ich mehr Dir sagen?
Ich weiß, Du pflegst nicht zu verzagen:
So siehst Du denn in kurzer Frist
Selber, wovon die Rede ist. |
|
565 |
Noch höre, was sein Recht denn sei:
Eine Capelle steht nahe bei,
Die ist schön und zierlich, aber klein.
Kalt und viel rein
Ist derselbe Bronne; |
|
570 |
Ihn treffen nicht Regen noch Sonne,
Noch trüben ihn die Winde:
Deß schirmt ihn die schönste Linde.
Ihre grünen Zweige, breit und flach,
Sind sein Schatten und sein Dach: |
|
575 |
Sie ist mächtig hoch, und also dick,
Daß nicht Regen noch Sonnenblick
Nimmer je hindurch sich drängt;
Ihr schadet der Winter nicht, noch kränkt
An ihrer Schönheit er ein Haar, |
|
580 |
Sie grünt und blüht das ganze Jahr.
Ueber dem Bronnen steht ein
Wunderzierlicher Stein,
Unterstellt mit vieren
Marmelgehauenen Thieren, |
|
585 |
Durchlöchert hin und wieder.
Von einem Ast hernieder
Hängt ein Becken von lauterm Gold;
Ich traue daß Niemand haben sollt
Gold so fein geprägt. |
|
590 |
Die Kette so die Schaale trägt,
Die ist aus Silber geschlagen.
Willst Du nun nicht verzagen,
So thu dem Becken nicht mehr als dies:
Auf den Stein, der da stehet, gieß |
|
595 |
Von des Bronnens Wasser ein Theil;
Und wahrhaftig, Du hast Glück und Heil,
Ziehst Du mit Ehren von der Stelle.
Da wies mir der riesige Waldgeselle
Einen Steig zur linken Hand: |
|
600 |
Ich zog des Weges und fand
Seine Rede genau und klar.
Was er mir sagte, verhielt sich wahr,
Und große Pracht erblickt' ich dort.
Man hört wohl nimmer an keinem Ort, |
|
605 |
Die Welt steh' kurz oder lang,
So wonniglichen Vogelgesang,
Als ich aus jener Linde vernahm,
Da ich herangeritten kam.
Und wär' ein Mann bis in den Tod |
|
610 |
Betrübt gewesen durch Gram und Noth,
Deß Herze hätte sich erfreut.
Mit Vöglein war der Baum bestreut,
Daß ich die Aeste kaum noch sah,
Und selbst das Laub verschwand beinah. |
|
615 |
Da waren nicht zwei einander gleich.
Ihr Chorgesang vertheilte sich reich,
Die Melodie bald hoch, bald nieder;
Anmuthig klangen die süßen Lieder,
Und wiedertönend aus dem Wald |
|
620 |
Das Echo zu den Stimmen schallt.
Den Bronnen fand ich auch sofort,
Wie mir der Riese beschrieb den Ort:
Der Stein darauf war ein Rubin,
Und aus jeglicher Ecke schien |
|
625 |
Ein also leuchtender Smaragd,
Daß selbst des Morgensternes Pracht
Nicht schöner glänzt, wenn er aufsteigt,
Und die trübe Nacht vor ihm entweicht.
Als ich das Becken hangen sah, |
|
630 |
In meinem Sinn gedacht ich da,
Wollt' ich als Ritter Ruhm erreiten,
So müß' ich mirs als Feigheit deuten,
Wenn ich des Wagestücks entbehre,
Und nicht versuche, was da wäre. |
|
635 |
So rieth mirs mein unweiser Muth,
Der mir so häufig Schaden thut,
Daß ich Wasser goß auf den Rubin.
Da erlosch die Sonne die eben schien,
Rings verstummte der Vögel Gesang, |
|
640 |
Ein schwarzes Gewitter zog entlang.
Sturmeswolken flogen
An den Himmels Bogen
Von vier Enden finster und schwer,
Es schien der lichte Tag nicht mehr, |
|
645 |
So daß ich die Linde kaum ersah:
Große Trübsal mir da geschah.
Es zückten nun viel balde
Rings um mich her im Walde
Viel tausend Blitze zumahl; |
|
650 |
Und neben mir zu Thal
Fiel so heftig ein Donnerschlag,
Daß ich entsetzt am Boden lag.
Es erhob sich Sturm, Hagel und Regen,
Und hätte nicht Gottes Segen |
|
655 |
Mich geschirmt vor des Wetters Noth,
Lag ich derweile zehnmal todt.
Der Sturm ward also ungemach,
Daß der Wald zusammenbrach.
Jeglicher Baum wie breit und groß, |
|
660 |
Stand nun verwüstet, kahl und bloß,
Und alles Schmuckes leer,
Als ob er versenget wär.
Was da lebte im Walde,
Es entrinne denn balde, |
|
665 |
Das lag zur Stunde todt.
Ich hatte durch des Wetters Noth
Des Leibes mich begeben,
Ich dachte nicht zu leben,
Und harrte auf gewissen Tod: |
|
670 |
Als der Hagel und die Noth
Nach kurzer Weile ließen nach,
Und licht ward wieder und hell der Tag. –
Als das Grauen geendet,
Und der Sturm sich zum Frieden gewendet, |
|
675 |
Ich schwöre, wär' ich noch zehen Jahr
Bei dem Brunnen geblieben, fürwahr,
Ich begösse ihn nimmer mehr,
Und hätt' es lieber gelassen vorher.
Die Vöglein kamen wieder, |
|
680 |
Es ward von ihrem Gefieder
Die Linde, wie vorhin, bedacht.
Sie erhuben aufs Neu der Stimme Pracht,
Und sangen lieblicher als je.
Und was ich zuvor erlitt an Weh, |
|
685 |
Das war nun gänzlich vergessen;
Mir war, als hätt' ich besessen
Das zweite Paradeis,
Und dieser Freude geb' ich den Preis
Vor allen die mich je entzückt. |
|
690 |
Schon wähnt' ich, ich sei auf immer beglückt,
Und frei von Angst und Ungemach,
Da seht, es kam die Enttäuschung nach,
Und Leid und Schande folgten bitter.
Denn merkt nur auf! Es zog ein Ritter |
|
695 |
Zu Roß mit so grimmer Gewalt,
Und solchem Getöse durch den Wald,
Daß ich schon wähnt' es sei ein Heer:
Doch hielt ich mich bereit zur Wehr.
Er selbst war groß und stark sein Roß, |
|
700 |
Nur wenig Freud' ich davon genoß.
Seine Stimme erschallte wie ein Horn,
Ich spürt' es bald, es sei in Zorn.
Doch als ich merkt' es nahe nur Einer,
Ward meine Furcht und Zagheit kleiner: |
|
705 |
Ich fühlte Muth zu dem harten Strauß,
Und dachte mir, noch sei's nicht aus:
So schnallt' ich mir die Gurten baß.
Als ich im Sattel wieder saß,
Da hatt' er mich sofort erschaut, |
|
710 |
Und rief ergrimmt und überlaut
Schon aus der Ferne so mich an:
»Ritter, Ihr seid ein falscher Mann!
Ohne Ansag' und Fehdespruch
Habt Ihr Schand' und Schaden genug |
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715 |
In Eurer Bosheit mir gerüstet.
Wie seh' ich meinen Wald verwüstet!
Den habt Ihr mir verdorben.
All mein Wild ist erstorben,
Mein Gefieder verjagt. |
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702 |
Euch sei von mir das jetzt gesagt,
Ihr sollt die Strafe tragen,
Oder dem Leben entsagen.
Das Kind wenn man's geschlagen,
Das mag wohl weinen und klagen; |
|
725 |
So klag' ich Euer Verschulden.
Ich hatte nimmer an Euern Hulden
Mit meinem Wissen mich vergangen;
Nun muß ich zu der Schmach gelangen!
Ich will von Frieden nichts mehr wissen, |
|
730 |
Kämpft, wollt Ihr nicht das Leben missen.«
Da erklärt' ich meine Unschuld,
Und suchte seine Huld,
Weil er fürstlicher war denn ich.
Er aber sprach nichts wider mich, |
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735 |
Als daß ich mich wehren sollte.
Und ob ichs ungern wollte,
Und suchte mich zu schützen,
Doch mochte nichts mir nützen.
Ich tjostirte wider ihn, |
|
740 |
Dafür nahm er mein Roß mir hin.
Das beste Glück das mir geschach,
War daß ich noch die Lanze brach:
Er setzte mich mit starker Hand
Hinter das Roß recht in den Sand, |
|
745 |
Daß ich sofort durchaus vergessen,
Ob ich jemahls im Sattel gesessen.
Mich ließ er liegen, mein Roß nahm er mit,
All' meines Glückes war ich quitt.
Nichts verdroß mich da so schwere, |
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750 |
Als daß er mir nicht gönnte die Ehre,
Mich nur einmahl noch anzusehn.
Da ihm so voller Sieg geschehn,
Da war sein Wesen und Gebahr,
Als ob ihm jeden Tag im Jahr |
|
755 |
Zehnmal solch Glück verheißen wäre;
Mein war die Schmach, und sein die Ehre.
Was ich auch dort an Schande gewann,
Halb war ich doch unschuldig dran.
Mir war der Wille gewißlich gut, |
|
760 |
Die Stärke fehlte, nicht der Muth,
Das Werk an ihm zu vollbringen:
So mußte mir's mißlingen.
Auf meinen Gaul mußt' ich verzichten,
Doch mocht' ich liegen bleiben mit nichten; |
|
765 |
Drum geruht ich und ging sodann
Zu Fuß als ein siegloser Mann,
Und setzte mich an den Bronnen hin.
Mir kam's bei Gott nicht in den Sinn,
Wie neugierig ich sonst wohl sei, |
|
770 |
Und säß' ich all' mein Leben dabei,
Begießen thät ich den Stein nicht mehr;
Ich entgalt es allzuschwer.
Da ich nun lang' genug dort saß,
Und bei mir überlegte was |
|
775 |
Mir ferner zu beginnen wär',
Ward mir der Harnisch allzuschwer,
Ich konnt ihn nicht im Gehn ertragen.
Was soll ich Euch noch weiter sagen?
Abstreift' ich ihn, und ging hindann. |
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780 |
Ich gnadenloser Mann
Gedachte wohin ich kehrte,
Bis mich mein Herz belehrte,
Und mir zu meinem Burgherrn rieth,
Von dem ich am selben Morgen schied. |
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785 |
Als ich zu Fuß hinaufgegangen,
Ward ich nicht schlechter empfangen,
Als gestern da ich kam geritten:
Das thaten seine höf'schen Sitten.
Ich fand mich liebreich aufgenommen, |
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790 |
Als wär' ich siegreich heimgekommen,
Und alles wohlgethan und gut.
Beide trösteten meinen Muth;
Er und die Jungfrau pflegten mein,
Gott laß es dem Kinde stets gedeihn! |
|
795 |
Nun aber bin ich ein Thor zu achten,
Euch Mären die mir Schande brachten
In Ewigkeit nicht zu verhehlen!
Ich wollt' auch nie davon erzählen.
Hätt' ichs mit besserm Erfolg gewagt, |
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800 |
Ich hätt es eben so frei gesagt:
Und wer von Euch mehr Glück erfahren,
Mag wenn er will es offenbahren. |