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Anna fand große Befriedigung an dem Unterricht in der großen höheren Mädchenschule. Man hatte bald erkannt, daß man eine tüchtige Kraft an ihr gewonnen hatte; die Leiterin hätte sie gern als Klassenlehrerin gehabt. Anna aber wollte sich mit Rücksicht auf ihre Schwester nicht ganz binden und beschränkte sich nur auf einige Stunden. Französisch-, Englisch- und Religionsstunden. Biblischer Unterricht war immer ihr Lieblingsfach gewesen, sie fand, daß sie in diesen Stunden den Herzen der Kinder besonders nahekam. Julia freute sich, wenn Anna aus der Schule erzählte oder wenn diese und jene Schülerin sie besuchen kam. Die jungen Mädchen, die bald für Fräulein Anna Golf schwärmten, waren glücklich, wenn sich ein Grund fand, ins Rosenhaus zu gehen. Julia merkte bald, wie die Herzen der Kinder der Schwester zuschlugen und dachte mitunter: »Ich wollte, ich würde auch so geliebt!«
Im Winter wurden mehr und mehr Anforderungen an Anna gestellt. Sie war Mitglied eines Frauenvereins geworden, gehörte einem Streichquartett und einem literarischen Kränzchen an und besuchte eine ganze Reihe von Vorträgen.
Bei Julia, die mitunter ein leises Kopfschütteln nicht unterdrücken konnte, entschuldigte sie sich damit, daß sie solche Anregungen früher so lange habe entbehren müssen. Sie pflegte Julia immer sehr zu bitten, sie zu diesem oder jenem Vortrag zu begleiten, mit ihr in dieses oder jenes Konzert zu gehen, so daß sie in letzter Zeit öfters zusammen ausgingen. Dann wurde das Haus geschlossen und Ika zur Mutter geschickt. Doch Julia fühlte sich unter vielen Menschen unsicher, sie sehnte sich dann nach ihrer stillen Häuslichkeit.
An einem Abend, Anna hatte sich eben zu einem Konzert fertiggemacht, fiel es Julia ein, einen Besuch im Pfarrhaus zu machen.
»Sie böses Fräulein Julia, wo stecken Sie nur immer? Wo haben Sie denn Ihre liebe Schwester, die sollte doch nicht allein zu Hause bleiben?«
Julia überhörte absichtlich die letzte Frage und antwortete auf die erste, daß sie viel im Hause zu schaffen gehabt habe, besonders mit der Obsternte. Eben jetzt sei der Gärtner dabei, das letzte in einer Bodenkammer unterzubringen. Und außerdem habe sie großen Herbstputz gehabt.
»Ja, ja«, meinte die kleine, lebhafte Frau Pfarrer, »in einem solchen Anwesen gibt's viel zu tun.«
»Ich arbeite gern und bin besonders froh, daß ich noch den alten Gärtner habe, er ist mir unentbehrlich.«
Ihr Gespräch wurde durch den Eintritt des Pfarrers unterbrochen, eines Mannes in mittleren Jahren, der schon lange in dieser Gemeinde wirkte.
»Ich höre, die Damen reden von der Wirtschaft, ich komme nun mit etwas ganz anderem dazwischen. Wollte eben zu Ihnen kommen, mein liebes Fräulein, und Sie bitten –«
»Ach ja«, fiel die Pfarrfrau ein, »das hatte ich ganz vergessen, sonst hätte ich schon vorgearbeitet.«
»Vorarbeit ist, denke ich, nicht nötig. Ich kenne Fräulein Julia zu gut, um eine Absage zu befürchten.«
Julia war neugierig geworden und schaute erwartungsvoll auf. Nun kam der Pfarrer mit seiner Bitte heraus. »Fräulein Julia, Sie haben jetzt ein großes Haus, würden Sie wohl einem kleinen, schmächtigen Studenten ein Zimmer abgeben, ohne auf Entschädigung zu hoffen?«
»Vermieten darf ich sowieso nicht, aber von Herzen gern will ich dem jungen Mann ein Zimmer geben, ja von ganzem Herzen. Ich freue mich, wenn ich jemand helfen kann. Er mag gern das ganze obere Stockwerk bekommen.«
Der Pfarrer lachte herzlich. »Ja, wenn der junge Mann eine Familie hätte, wäre das annehmbar. Aber zum Glück ist er noch frei, los und ledig, braucht nur für sich ein Unterkommen.«
Er erzählte dann, daß der Student sehr begabt sei. Da hätte ihn sein Pfarrer erkannt und hätte ihn unentgeltlich unterrichtet. Die letzten Jahre hätte er dann das Gymnasium besucht. Der Pfarrer hätte durch Sammlung bei Freunden und Bekannten das nötige Geld aufgebracht und der Student habe alles getan, sich durch Stundengeben etwas zu verdienen, und später das Abitur mit Auszeichnung bestanden.
»Für einen so begabten Menschen muß man etwas tun«, fügte der Pfarrer hinzu. »Ich habe gleich gewußt, daß Sie uns helfen würden.«
Die Augen des kleinen Fräuleins leuchteten. »Seit langem habe ich darauf gewartet, daß Gott mir etwas vor die Tür legen sollte, ich wußte schon, daß es einmal geschehen würde.«
Während dieser Worte stand sie auf, aber die Pfarrfrau hielt sie zurück: »Nur nicht gleich wieder fort, jetzt bleiben Sie noch ein Weilchen.«
»Kann ich ihn sehen?« fragte Julia.
»Er ist in die Stadt gegangen. Diese Nacht behalten wir ihn und morgen –«
»Morgen bringen Sie ihn zu mir. Es wird alles in Ordnung gebracht, er soll sich bei uns wohl fühlen.«
»Das wußte ich, das wußte ich. Sie müßten nicht die immer hilfsbereite Julia sein.«
Die Anerkennung tat dem kleinen Fräulein wohl. Aber nun gab es kein Aufhalten mehr. Sie trippelte eilfertig nach Hause und lief so schnell die Treppe hinauf, daß Ika ganz ängstlich fragte: »Fräulein, ist wer hinter Ihnen?«
»Dummes Zeug. Wir beide haben heute abend noch einiges zu tun.«
»Aaach«, kam es gedehnt von Ikas Lippen. »Aberst wir haben jetzt noch mit die Äpfels zu tun, dann muß das Abendbrot gemacht werden und dann der Aufwasch.«
Julia sah ein, daß es besser sei, bis zum andern Morgen zu warten, doch bereitete sie Ika schon darauf vor, daß sie morgen eine Stunde früher aufzustehen habe. Dies beschäftigte das Mädchen sehr, besonders als sie bemerkte, daß Fräulein Julias Augen so freundlich strahlten; vielleicht stand eine große Festlichkeit bevor.
Als Wolf gegangen und alle Arbeit getan war, erschien Ika fragend mit einem Buch in der Hand. Es gefiel ihr jedenfalls besser, wenn Fräulein Julia hübsche Geschichten vorlas, als wenn noch gearbeitet werden sollte.
»Lege das Buch weg, es geht jetzt nach oben. Mach nicht solch verdutztes Gesicht, ich will nur etwas mit dir beraten, gearbeitet wird nicht mehr.« Sie erzählte, während sie die Treppe hinaufstiegen, um was es sich handelte. Heute solle nur das Zimmer ausgesucht werden.
Das war freilich etwas ganz neues. Ein junger Herr im Haus, das gab noch mehr Leben.
Julia musterte kritisch alle Räume. »Dieser ist zu groß«, entschied sie, »und jener zu schmal – in diesem stehen meine von den Eltern ererbten Sachen, die möchte ich nicht hergeben – aber das Eckzimmer vielleicht. Leuchte einmal hierher. Ja, Ika, das wird passen. Zwei Fenster nach vorn heraus, eins nach der Seite, nebenan eine hübsche Kammer zum Schlafen, ja, dies nehmen wir. Hier wird er's gut haben. Also morgen beizeiten ausräumen und scheuern, aber gründlich, hörst du, Ika. Sofa und Tisch lassen wir stehen, das große leere Bücherregal von nebenan kommt dann noch hinein.«
Ika nickte beifällig, obwohl sie dachte, das hätte morgen auch alles noch bestimmt werden können. Allein, es war Julias Bedürfnis, heute abend noch etwas zu tun. Nun, da sie wußte, wo der junge Mann untergebracht werden sollte, kamen ihre Gedanken zur Ruhe.
»Was geht denn hier so spät am Abend vor?« rief eine wohlbekannte Stimme. »Ich finde die Haustür offen und niemand unten. Julchen, was schaffst du denn da oben bei Nacht und Nebel? Immer noch beim Obst?«
»Wir haben ein Zimmer für den jungen Herrn ausgesucht«, sagte Ika wichtig.
»Ika, laß mich antworten, wenn du nicht gefragt bist. Ich erzähle dir alles, Anna, wir kommen gleich herunter.«
Julia gab Ika das Buch mit der Erlaubnis, die angefangene Geschichte zu Ende zu lesen. Nun berichtete sie. Anna fand es prächtig, daß ein Stückchen des Hauses einem guten Zweck dienen sollte. Die drei Insassinnen aber warteten, jede auf ihre Art, gespannt auf den Neuen.
Er erschien um die Mittagszeit, ein schmächtiger junger Mann, verneigte sich vor der Besitzerin des Hauses. Julia streckte ihm die Hand entgegen und hieß ihn herzlich willkommen. Halb um Entschuldigung bittend, setzte sich der Student auf den angebotenen Stuhl und beantwortete höflich die an ihn gerichteten Fragen. Herr Maß, so hieß er, drückte seine Dankbarkeit in so rührender Weise aus und versicherte immer wieder, wie glücklich er sei, daß er zu Anfang seiner Studienjahre hier unentgeltlich wohnen dürfe. Fräulein Julia frohlockte, was würde er erst sagen, wenn er die Zimmer sehen würde!
Aber er sagte nichts, so überwältigt war er, als sie mit freundlichem Lächeln und leuchtenden Augen das Zimmer öffnete, das mit ihren und Ikas vereinten Kräften an Sauberkeit und Behaglichkeit wohl seinesgleichen suchte.
»So«, sagte Julia, »nun machen Sie sich's bequem. Gott segne Ihren Eingang und Ihre Studien.« Er stammelte Worte des Dankes. Sie wehrte ab und verließ ihn, da sie noch Anordnungen für den Mittagtisch zu machen hatte.
Nach einer Weile fiel ihr ein, daß sie ihn nicht aufgefordert habe, mit ihnen zu essen. Sie schickte deshalb Ika hinauf mit der Bitte, Herr Maß möge um halb zwei Uhr zum Essen herunterkommen.
»Der Herr ist weg«, meldete sie.
»Schon fort, das ist ja merkwürdig. Hast du denn gehört, daß jemand die Treppe herunterkam?«
»Ja, es war noch einer bei ihm.«
»Hatte er denn schon Besuch?«
»Ja, er sagte zu jemand, er wollte sich einmarinieren lassen.«
Jetzt konnte Julia nicht mehr an sich halten. Sie lachte herzlich und sagte: »Er hat wohl immatrikulieren gesagt?«
»Ja, so etwas Ähnliches war es. Die zwei gingen dann miteinander los.«
»Hoffentlich kommt er bald wieder.«
Damit beruhigte sich Julia, aber Herr Maß kam nicht.
»Wo ist denn das Studentlein?« fragte Anna.
»Weg!« sagte Ika, die gerade mit der Suppe ins Zimmer kam. Julia, die etwas enttäuscht war, sagte ärgerlich: »Ika, du sollst nicht immer antworten, wenn du nicht gefragt bist.«
Ika schlich hinaus und Julia erzählte, was sie erlebt hatte. Anna, die die Verstimmung der Schwester bemerkte, suchte sie mit Geschichten aus der Schule aufzuheitern. Die aber unterbrach sie immer wieder: »Warum kommt er nur nicht, warum kommt er nur nicht?«
Als die Schwestern nach Tisch im kleinen Zimmer zusammensaßen, steckte Ika den Kopf zur Tür herein: »Das Studentlein ist jetzt da!«
»Für dich ist er ›Herr Maß‹, das merke dir ein für allemal«, mahnte Julia. Anna lachte herzlich, als Ika verschwunden war. »Das hat sie von mir gehört, ich muß künftig vorsichtiger sein.«
»Sie ist schon gut«, meinte Julia, »aber kurz muß sie gehalten werden, sonst schlägt sie über die Stränge.«
Ein leises Klopfen ließ sich hören, Herr Maß betrat das Zimmer.
»Das Mädchen sagt mir eben«, begann er stotternd, nachdem er sich tief vor der fremden Dame, die Julia als ihre Schwester vorstellte, verneigt hatte, »das Mädchen sagt mir eben, verehrtes Fräulein Golf, daß Sie mich zum Mittagessen erwartet haben. Soviel Güte kann ich kaum annehmen.«
»Warum nicht, Sie komischer Kauz«, – er errötete bei diesem Tadel – »freilich, Sie sollen alle Tage bei uns essen. Ich bin ja froh, wenn ich für einen Menschen mehr zu sorgen habe. Nein, nicht soviel danken. Es ist gar kein Opfer von meiner Seite, es ist selbstverständlich. Wo waren Sie denn so lange?«
»Ich mußte mich erst immatrikulieren lassen, und dann – ja dann bin ich in einem Restaurant in der Mühlenstraße gewesen. Ein Freund sagte mir, daß man dort einen billigen Mittagstisch bekomme.«
»In der Mühlenstraße! Am anderen Ende der Stadt! Und dahin wollen Sie jeden Mittag laufen, um sich eine kärgliche Kost zu holen, die weder Saft noch Kraft hat? Nein, daraus wird nichts, Sie bleiben hier bei uns alten Damen.« Herr Maß warf einen Seitenblick auf die schlanke hübsche Frau neben Julia, als ob die Bezeichnung »alt« wohl nicht ganz zutreffend sei.
»Nicht wahr, Herr Maß«, sagte Anna munter, »mich sehen Sie noch nicht als Großmutter an, ich wenigstens fühle noch viel Kraft und Frische in mir.«
»So möchte ich das ältere Fräulein Golf aber auch nicht angesehen haben.«
»Aber setzen Sie sich doch, Herr Maß«, bat Julia freundlich.
Der Student entschuldigte sich, daß er gleich gehen müsse. Er habe noch einige Gänge zu tun. Zum Abend werde er sich erlauben, einen längeren Besuch zu machen.
»Sie können ganz nach Belieben kommen und gehen und brauchen sich keinen Zwang aufzuerlegen. Nur die Mittags- und Abendzeiten bitte ich pünktlich einzuhalten oder vorher zu sagen, wenn Sie etwas anderes vorhaben. Heute abend bitte ich einen tüchtigen Appetit mitzubringen, das Mittagessen wird aufgewärmt.« –
Julia hatte nie Grund zu bereuen, daß sie das Studentlein bei sich aufgenommen hatte. Es gab keinen dankbareren und bescheideneren Menschen. Am ersten Abend, nachdem er anscheinend schon zur Ruhe gegangen war, ging Julia nach oben, um aus irgendeinem Zimmer etwas zu holen. Da bemerkte sie, daß vor seiner Tür ein kleiner Kasten stand. Neugierig kam sie näher und sah, daß es der Wichskasten war, worin sich alles befand, was zur Reinigung der Fußbekleidung gehörte.
Sie ging kopfschüttelnd in die Küche und fragte Ika, was dies zu bedeuten habe.
»Das Studentlein – Herr Maß«, verbesserte sie sich, »hat mir gebeten, ich soll ihm die Bürsten vor die Tür setzen, er will sich seine Stiefel selbst putzen.«
»Schäme dich, Ika.«
»Ja, aber Fräulein, wenn er es doch sagte.«
»Ich wollte dir gerade heute abend sagen, daß ich deinen Lohn erhöhen will. Es tut mir leid zu sehen, daß du nicht gern umsonst etwas für deine Mitmenschen tust.«
Als Ika gute Nacht sagte, reichte sie Fräulein Julia die Hand und sagte: »Ich will die Stiefel für Herrn Maß doch gern putzen und mehr Lohn brauchen sie mir nicht zu geben.«
»Das werde ich doch tun. Es freut mich aber, daß du dein Unrecht eingesehen hast.«
Herr Maß war vom ersten Tag an ein von allen gern gesehener Hausbewohner, immer höflich, bescheiden und dienstfertig. Er war stets zur Hand, wenn etwas gesucht wurde oder wenn etwas Schweres getragen werden sollte. Man konnte sicher auf seine Hilfe rechnen, selbst Ika erfuhr Proben seiner Aufmerksamkeit. Anna entdeckte bald, daß der junge Mann geistig sehr interessiert war und unterhielt sich gern mit ihm über alles mögliche. Er war zu einem anregenden Element des Hauses geworden.
Und wenn man ihn gefragt hätte, welcher Schwester er den Vorzug gäbe, so würde er gesagt haben: der kleinen. Dies mütterliche Sorgen für ihn, diese Freude in ihren Augen, wenn er sein Wohlbehagen ausdrückte, dieses Denken an alles, was zu seinem Wohlbefinden beitrug, erweckte in ihm eine tiefe Dankbarkeit. Er fühlte sich wie ein Sohn des Hauses.
So war mit Herrn Maß' Einzug keine Unruhe, sondern Segen ins Haus gekommen. Er selbst konnte oft kaum glauben, daß er, der arme Junge, im Besitz einer Wohnung war, um die ihn viele der wohlhabenden Studenten beneideten. Er suchte Fräulein Julia auf jede Weise seine Dankbarkeit zu zeigen. Als er merkte, daß sie oft abends allein war, fragte er sie, ob er mitunter kommen dürfe und ihr vorlesen. An solchen Abenden geschah es dann, daß er auftaute und über seine Familie sprach.
»Ihre Eltern sind arm?« fragte Julia. »Ich hörte wohl so etwas im Pfarrhaus.«
»Mein Vater ist lange tot, meine Mutter lebt in einer freilich sehr bedrängten Lage. Sie ist mit mir dankbar für das, was Sie für mich getan haben und noch tun.«
»Darf ich fragen, was der Vater gewesen ist?« forschte Julia weiter. Sie hatte bei der Äußerung des Pfarrers »von armen Eltern« und »Dorf« geglaubt, daß der Vater Landarbeiter oder so war. Die Art und Weise aber, in der er von seinem Vater sprach, machte sie irre.
»Mein Vater war Musiklehrer. Durch die Musik hat er auch meine Mutter kennengelernt. Sie hat sich leider dadurch mit ihrem Vater entzweit, der ihrer Heirat mit einem Mann, der nach seiner Meinung nichts war, die Zustimmung versagte.«
»Ich glaube ja. Aber ich habe ihn nie kennengelernt.«
Julia mochte nicht weiter fragen. Der Student gewann aber noch an Interesse. Es stand im Hintergrund etwas Geheimnisvolles, das vielleicht noch ein überraschendes Nachspiel haben könnte. Er selbst schien daran nicht zu denken; er war und blieb in seinen Augen ein armer Schlucker, der von der Gnade anderer Menschen leben mußte. Aber das war ihm auch stets ein Ansporn gewesen. So saß er auch jetzt bis spät in die Nacht, studierte und lernte, um später als tüchtiger Theologe seinen Platz auszufüllen.