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V.
Das Ewigweibliche hält seinen Einzug

Ein kurzer Spitzbart erhob sich in spitzem Winkel von dem Kinn eines Schlafenden. Folgte man seiner mathematischen Verlängerung, so kam man zu einem Dachfenster, das sich durch seine Kleinheit auszeichnete; es sah aus, als hätte ein nervöser Architekt vor allem Diebe hindern wollen, auf diesem Wege hineinzugelangen. Das Dachfenster befand sich mitten in einer schrägen Wand; sowohl diese Wand als die drei übrigen im Zimmer waren in einer cholerischen, giftgrünen Farbe gestrichen. An der einen Längswand, der Eingangstüre gegenüber stand ein Bett; über diesem Bett hing an der giftgrünen Wand eine Auslese des dänischen Königshauses, vier Generationen in einer Reihe, und auf dem Bett lag der Mann mit dem Spitzbart. Er schlief. Es war Adjunkt Möbius.

Gerade jetzt wurde Adjunkt Möbius von bösen Träumen geplagt.

Er träumte, er liege in einer Koje eines Dampfschiffes, das nach Amerika ging. Eine Serie von Unredlichkeiten hatte ihn zu diesem verzweifelten Schritt gezwungen. Er hatte sich insgeheim davongemacht; das Gymnasium in Brostad war ihm für Zeit und Ewigkeit verschlossen; er wurde von einer Anzahl schwedischer Banken verfolgt, bei denen er sein Diskontorecht überschritten hatte, von der dänischen Polizei und vom Domkirchendiener in Roskilde. Tante Lundéns Herz war gebrochen. Vor der Kojentür saßen zwölf Polizisten aufgereiht, wie Spatzen auf einem Telegraphendraht, und warteten auf ihn. Sie dachten nicht daran, hineinzugehen und ihn zu holen. Sie wußten, daß er bald herauskommen mußte, um seinen Hunger zu stillen. Und sie warteten auf ihn, wie die Jäger darauf warten, daß der Seehund aus seinem Eisloch herauskommt. Hinter ihnen stand der Domkirchendiener in Roskilde mit einem boshaften Grinsen; er wies auf die Kojentüre und sagte: »Diese Türe wurde in den Jahren 1648 bis 1650 erbaut, nach Zeichnungen Christians IV. Es ist eigentlich gar keine Türe, sondern eine Falle, die aufgestellt wurde, um Gustav II. Adolf zu fangen. Anstatt dessen haben wir den Adjunkt Möbius gefangen, der Gustav Adolfs Barttracht nachäfft und mich um fünfzig Oere geprellt hat. Außerdem hat er sämtliche Goldkränze in der Domkirche gestohlen.«

Bei diesen Worten sprangen alle Polizisten auf, schlichen zur Tür hinein und beugten sich über Möbius. Das ist merkwürdig, dachte Möbius, ich hatte geglaubt, sie würden nach Branntwein riechen, aber sie riechen ja sehr gut. Immerhin verrieten die Polizisten ihren wirklichen Charakter, indem sie ihn am Bart zupften, um sich zu überzeugen, ob er echt war. Angesichts einer solchen Frechheit verlor er seine natürliche Sanftmut und beschloß, sie zu beuteln. Ja, was war denn das? Sie hatten langes Haar. Trug die dänische Polizei Perücken wie die alten Aegypter?

Er schlug langsam die Augen auf. In den Sekunden, die verflossen, bis er ganz wach wurde, fuhr ein Schwarm von Erinnerungen durch seinen Kopf, die Träume verjagend. Er erinnerte sich an zwei Gesichter, im grauen Morgenlicht gesehen; das eine ein Schauspielergesicht mit beginnendem Doppelkinn, schwarzen Augen, in kleine Wülste gebettet und mit einem Telegraphendrahtnetz von Runzeln, von den Augenwinkeln ausstrahlend; das andre ein schmales Cherubgesicht mit blondem Schöpfchen, scharfen, hellblauen Augen und einem frechen Lausbubenlächeln um die roten Lippen. Das erste gehörte dem Schweren, der ihm in der Domkirche fast den Brustkorb zertrümmert hatte, dem Mann mit dem Dialekt und dem Geschmack für Branntwein; das letztere seinem hellstimmigen Freund. Dieser war es, der am Lenkrad des Autos saß. Seine Hände waren schmal und wohlgepflegt wie die einer Frau; er lenkte, die eine Hand auf dem Rad, eine Zigarette im Winkel seines frechen Mädchenmundes, und warf hie und da über die Schulter hinweg einen blinzelnden Blick auf Möbius. Möbius, der sofort nach der Abfahrt aus Roskilde eingeschlafen war, war dadurch aufgewacht, daß das Auto eine Wendung machte – b-r-r – o-i-u – b-r-r – und in derselben Richtung zurücksauste, aus der es gekommen war. Als er erwachte, saß der Schwere da und fixierte ihn mit einem stechenden gedankenvollen Blick; es sah aus, als suchte er sich Möbius' Aussehen einzuprägen, bevor er von ihm Abschied nahm, um ihn für immer in einen Brunnen oder einen Kanal zu werfen. Möbius saß noch immer in die Strickleiter eingeschnürt da. Er stierte schlaftrunken und hypnotisiert zurück, seine Muskeln zuckten wie bei einem Paralytiker; er fühlte, wie sein Kinn mit dem Spitzbart auf- und niederging, wie bei einem kauenden Kaninchen. Plötzlich packte ihn der Schwere; der junge Mann am Lenkrad, dessen Gesicht im Morgenlicht kalkweiß war, schnitt eine vielsagende Grimasse, so als dächte er: »Jetzt geschieht es!« Dasselbe dachte Möbius. Ein paar Augenblicke darauf lag er mit einem Knebel im Munde und einer Binde vor den Augen auf dem Boden des Autos und hörte die Autoräder mit verschiedenen Geräuschen rollen. Das war alles, was geschah. Das saugende Geräusch von Gummi auf Landstraßenstaub ging in ein Knattern über, das anzeigte, daß man über holpriges Pflaster fuhr. Plötzlich pfiffen die Pneumatiks, so als sausten sie über einen gebohnten Boden; das Auto glitt ohne Stöße dahin. Möbius vermutete, daß sie über Asphalt fuhren. Das leichte Saugen kam wieder; das Summen des Motors sank um eine Oktave. Plötzlich hörte es auf, und Möbius wurde zur Autotür herausgehoben, blind, stumm, ein Paket, nicht ein Fahrgast. Er hörte eine Tür öffnen und schließen; man trug ihn eine unbestimmte Anzahl Stufen hinauf, in ein Zimmer hinein, befreite ihn vom Knebel und der Strickleiter, aber nicht von der Binde um die Augen, und ging. Das war die erste längere Autofahrt, die er in seinem Leben unternommen hatte. Nach einiger Zeit faßte er Mut und hob die Hände zur Augenbinde; nichts geschah, und er zog sie ab. Er sah ein grüngestrichenes Zimmer mit einem Dachfenster und einer Tür in der dänischen Nationalfarbe – schmutzigbraun; er stellte fest, daß die Tür von außen verriegelt war, das Fenster gleichfalls; daß die Aussicht aus dem Wipfel eines Kastanienbaumes und vier Generationen des Hauses Glücksburg bestand, und die Bequemlichkeiten seiner Wohnung aus einer Kommode, einem Tisch, einem Stuhl und einem Bett. Nach allem zu urteilen war es eine Dienstbotenkammer. Er zerschmetterte eine der vier kleinen Fensterscheiben mit einem Stuhlbein, ohne daß die Aussicht sich darum erweiterte, und versank in Grübeleien. Unleugbar war seine erste unrichtige Wahl von größerer Tragweite gewesen, als es den Anschein gehabt hatte … sie hatte ihn vor neue Entscheidungen gestellt, von denen er hoffte, daß er sie richtig getroffen hatte; er war in Situationen versetzt worden, die sich nicht überblicken ließen; er konnte mit Bestimmtheit voraussehen, daß er vor zahllose neue Entscheidungen gestellt werden würde, bei denen es galt, seinen sittlichen Gehalt zu beweisen. Hatte er sich Versuchungen gewünscht, um seine Tugend zu erproben, so waren sie ihm auch zuteil geworden … Nach einiger Zeit erwachte sein Magen, gereizter, als er es ihm je zugetraut hätte. Der wollte Essen haben, sofort, augenblicklich, und kein Geschwätz. Müde aller Diskussionen, entschlummerte Möbius endlich auf dem Dienstbotenbett, träumte, daß ein Polizist ihn am Bart zog, und erwachte dadurch, daß er ihn an seinem langen Haar beutelte. Nun schlug er die Augen auf. Was in aller Welt hatte er da über sich?

Zuerst hielt er es für einen hellblauen Himmel, dann für klares Meerwasser. Dann sah er, daß er gerade in zwei Mädchenaugen starrte.

Es dauerte einige Sekunden, bis er gewahr wurde, wo seine Hand sich befand. Er hatte sie mitten in das Haar gesteckt, das in einer Welle über zwei blaugrüne Augen hing. Dieses Haar war braun, und seine Hand umklammerte es mit festem Griff. Das Gesicht unter dem Haar war auch braun, sonnverbrannt, mit zwei geraden Augenbrauen und einem ausdrucksvollen Mund. Gegenwärtig drückte er Zorn aus.

»Ziehen Sie mich doch nicht beim Haar! Lassen Sie das, sage ich! Das tut weh!«

Der Mund sprach dänisch. Möbius blinzelte, wie man gegen allzu starkes Licht blinzelt. Weit davon entfernt, das braune Haar loszulassen, grübelte er nach, ob dies ein neuer Traum war oder eine Fortsetzung des alten.

»Lassen Sie mein Haar los, sage ich!«

Möbius starrte die giftgrüne Wand an, die vier Generationen, das Dachfenster mit der eingeschlagenen Scheibe. Es war dasselbe Zimmer, in dem er eingeschlafen war, das stand fest. Auch die Kommode, der Sessel und die schmutzigbraune Tür waren alte Bekannte. Plötzlich stach ihn eine Wespe am linken Ohr. Er ließ das Haar los und griff sich mechanisch an die Wange. Es sah aus, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Ja, das ließ sich nicht bezweifeln. Seine Wange brannte. Das Mädchen richtete sich auf und sah ihn mit einem befriedigten Ausdruck an. Er schwieg; sie benetzte den Mund mit der Zunge.

»Warum haben Sie nicht losgelassen, als ich es Ihnen sagte?«

Sie runzelte mißbilligend die Augenbrauen und strich sich das Haar zurecht.

Es lag in einer Madonnenfrisur um das Gesicht, aber das Gesicht selbst hatte nichts Madonnenhaftes außer der Stirn, die niedrig und breit war. Die Nase war eine leichte Stupsnase, und die Augen, die ziemlich weit voneinander entfernt waren, waren blau und sichtlich weltlich. Sie war schlank und trug ein halsfreies, dünnes, dunkelblaues Kleid. Hals und Hände waren stark sonnverbrannt. Wenn Adjunkt Möbius, anstatt sie zu zausen, den Arm um ihre Taille gelegt hätte, so würde er bemerkt haben, daß sie kein Mieder trug.

Möbius lag auf dem Bette und suchte sich vergebens einzureden, daß er erwacht war.

»Sie,« stammelte er, »haben Sie mich am Bart gezogen?«

»Ja, wer glaubten Sie denn? Warum tragen Sie einen Bart? Das ist häßlich.«

»Ich träumte, es sei die Polizei,« murmelte Möbius, »darum habe ich Sie beim Haar gepackt.«

»Die Polizei!« sagte sie. »O je! Warum glauben Sie denn, daß die Polizei hinter Ihnen her ist?«

Möbius fuhr sich über die Stirn und setzte sich im Bett auf. Seine praktische Lage war verwirrender denn je. Es war an der Zeit, daß er Klarheit erhielt. Wo befand er sich? Wer war dieses Mädchen?

»Wo bin ich?« fragte er. »Was ist das hier für ein Haus? Wer sind Sie?«

»Sagen Sie mir, wer Sie sind, dann werde ich es Ihnen sagen.«

»Ich heiße Möbius –«

» Wie heißen Sie?«

»Möbius, M–ö–«

»Mö!!! Ha, Ha! So machen ja die Kühe draußen auf dem Lande.«

Sie muhte aus vollem Halse wie eine Kuh, die signalisiert: »Melkzeit, Angelus, kommt geschwind!« Er schwieg und fixierte sie grimmig. Endlich verstummte sie.

»Ich sag's ja immer, was für komische Namen ihr Ausländer habt! Wo sind Sie denn her?«

Er antwortete kurz:

»Aus Schweden. Darf ich bitten …«

»Wirklich? Nicht aus Deutschland?«

»Sie hören doch, daß ich schwedisch spreche.«

»Gott! Deutsch und schwedisch, das ist doch beinahe ein und dasselbe.«

Möbius zuckte die Achseln über diese philologische Behauptung. Sie kam einen Schritt näher.

»Sind Sie schon lange in Dänemark?«

»Nein, erst einige Tage. Wollen Sie jetzt so gütig sein und mir sagen, was …«

»Sie haben noch nicht gesagt, was Sie sind. Was sind Sie?«

»Ich bin Gymnasialadjunkt. Wollen Sie vielleicht jetzt so freundlich sein und mir sagen, wo ich bin?«

Sie starrte ihn total verständnislos an. Er wiederholte sein Anliegen. Sie antwortete nur mit einer Frage.

»Was sagen Sie? Gymna …«

»Gymnasialadjunkt.«

»Was ist denn das?«

»Adjunkt an einem Gymnasium.«

»Was ist denn das?«

Möbius sah zu Christian IX. auf, um Hilfe zu suchen, aber er fand keine bei diesem stillen Monarchen. Endlich umschrieb er:

»Gymnasialadjunkt … Adjunkt …« Ein Licht ging ihm auf. »Lehrer, Lehrer an einer Schule! Wollen Sie jetzt …«

Er war stolz auf sich selbst. Sie unterbrach ihn.

»Lehrer an einer Schule! Ist ja nicht wahr! Sie sind doch kein Lehrer! Ich habe noch nie einen Lehrer gesehen, der so ausgeschaut hat wie Sie …«

Infolge seiner Unvertrautheit mit dem dänischen Schulwesen wußte Möbius nicht, wie er das aufnehmen sollte. Jedenfalls glättete er seinen Sakkoanzug. Der sah nicht mehr so frisch aus wie am vorigen Tage auf der Nimbschen Terrasse. Das war die Folge des Schlafens in Kirchen. Als er jetzt aufstand, sah er, daß er ebenso groß war wie sie. Die blauen Augen huschten neugierig über ihn hin. Er zupfte seinen Kragen zurecht und richtete seine Krawatte.

»Lehrer! Lehrer! Sie sind doch kein Lehrer!«

»Sie hören, was ich sage.«

»Was unterrichten Sie denn?«

»Ist es notwendig, daß … Ich unterrichte in biblischer Geschichte. Nun Sie das wissen …«

»Sie unterrichten in biblischer Geschichte! Sind Sie Pfarrer?«

»Nein, Sie hören, was ich sage. Ich bin Lehrer. Sind Sie jetzt geneigt, mir …«

»Schlagen Sie Ihre Schüler?«

»Nein! Es gibt Anlässe, wo man Lust dazu hätte, aber man darf nicht.«

»So? Ich habe mal eine Ohrfeige vom Lehrer Lund erwischt, das letzte Jahr, als ich in die Schule ging.«

»Aha! Darf ich Sie also bitten ….«

»Ja, vor der ganzen Klasse. Aber keiner von unsern Lehrern hat so ausgesehen wie Sie.«

Möbius suchte nach noch etwas an seiner Toilette, das er in Ordnung bringen konnte, aber er fand nichts.

»Nein, Sie sehen so fein aus! Ich glaube nicht, daß Sie jemand schlagen könnten. Sind die Mädels in Ihrer Klasse nicht in Sie verliebt?«

Möbius fühlte seine Wangen brennen und fuhr sich durchs Haar.

»Nein – ich habe nur Buben. Jetzt möchte ich Sie aber doch allen Ernstes fragen: Was ist das für ein …«

»Sie haben noch nicht gesagt, wo Sie her sind.«

»Ich bin aus Schweden.«

»Aus Stockholm?«

»Nein, aus einer kleinen Stadt, die Brostad heißt.«

»Wo liegt die?«

»In Südschweden, zwischen Stockholm und Malmö. Wollen Sie jetzt so gut sein und mir sagen: Haben Sie eine Ahnung, woher es kommt, daß ich hier bin? Und wollen Sie mir sagen, was das für ein Haus ist und wo ich mich überhaupt befinde?«

Möbius verstummte, und es wurde still. Sie schloß den Mund und sah ihn fest an. Er schloß den Mund und starrte sie durchdringend an. Die vier Generationen betrachteten sie mit acht schlauen Glücksburgischen Augen. Der Kastanienbaum rauschte hörbar durch die eingeschlagene Scheibe. Es vergingen einige Sekunden, eine Minute, einundeinhalb. Möbius grübelte so heftig nach, daß der Kopf ihm brummte. Wer war sie? Eine Helfershelferin der Leute, die ihn hergebracht hatten? Sie sah nicht so aus. Aber was konnte sie sonst sein? Nein, sie sah nicht so aus. Ihre Augen waren übermütig, aber sie sprachen nicht von der Bekanntschaft mit Verbrechen und Lastern. Er sah ihren linken Ringfinger an, er war leer. Zögerte sie noch länger mit der Antwort, dann war die Sache ausgemacht; dann war sie in das Ganze eingeweiht. Plötzlich öffnete sie den Mund, aber es war, um eine Frage zu stellen.

»Warum sind Sie nach Dänemark gekommen?«

»Ich wollte es mir ansehen.«

»Nur darum?«

»Ja – das heißt …«

Möbius verstummte. Er erinnerte sich, daß Touristenneugierde nicht die Ursache seiner dänischen Reise gewesen war. Es hatte eine andere Triebfeder gegeben. Eine Triebfeder von sittlicher Natur. Er hatte das Leben und seine Versuchungen kennenlernen, seine Tugend erproben und ein Mensch werden wollen. Aber hatte es einen Zweck, ihr das zu sagen? Sicherlich nicht. Sie hätte ebensoviel davon verstanden, als wenn er ihr die zehn Gebote hebräisch vorgelesen hätte. Aber etwas mußte er doch finden, denn sein Zögern war den zwei neugierigen Blauaugen nicht entgangen. Sie ahnten etwas hinter diesem Zögern. Mysterien, die man erforschen, Geheimnisse, in die man eindringen konnte; sie folgten ihrem angeborenen Urtrieb und wünschten diese Geheimnisse und Mysterien zu enträtseln.

»Nun?« wiederholte sie insinuierend. »Sie sind doch nicht nur in Dänemark, um es sich anzusehen? Wozu also?«

Er schwieg. Plötzlich hörte er ein klingendes Lachen.

»Haha! Ich hab' es ja gewußt! Das haben die andern auch geglaubt. Sie sind nicht mehr Lehrer als mein Bräutigam Peter. Sie waren dort selbst auf der Ausschau, nur sind Sie zu spät gekommen!«

Ein blaues Kleid wirbelte zu einer Tür hinaus, die dann zugeschlagen und von außen verriegelt wurde. Ehe er sich's versah, war er allein mit den vier Generationen. Aber sie hatten nun neugierige blaue Augen anstatt schwarzer und vier Reihen weißer Zähne, in hellem Lachen entblößt. Und plötzlich erinnerte er sich des Bibelspruches von gewissen Personen, die äußerlich ganz passabel aussehen, aber tatsächlich voll innerer Unreinlichkeit sind.

Es war keine Frage, ob sie der Verbrecherbande angehörte oder nicht, sie hatte es ja selbst gesagt.

Gleichviel warum, kamen erst jetzt die Konsequenzen seiner ersten unrichtigen Wahl Möbius in ihrer ganzen Tragweite zum Bewußtsein.


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