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Und kennen wir nicht die Majestät
Von Oesterreich – der Hofpoet
Ist uns doch jüngst bekannt geworden.
Er ist jetzt Einer vom Sängerorden
Der herrlichen Geburtstagsdichter:
Der Bäuerle, Zedlitz und all der Lichter
Der allgemeinen Theaterzeitung.
Bei Gott! Das kam ohne Vorbereitung,
Als plötzlich wir unter einem armen,
Schwarzgelben, holzweg-versigen Karmen
Den Namen eines Poeten lasen,
Der noch vor Kurzem mit tollem Rasen
Als »armer Mann« und Sozialist,
Als Atheist und Kommunist,
Als zerfahrender Poete sang,
Daß Einem das Trommelfell schier zersprang,
Als kleiner Tambour: Trarum, Trarum! –
Der Dichter aber heißt Karl Beck!
Ein guter Reim fällt mir hier wohl ein,
Der männlich ist, nach der Regel und rein,
Doch werf' ich ihn aus Anstand weg
Und füge lieber den schlechten ein,
Wiewohl ich stets in den Reimen fand
Viel weniger Zufall als Verstand:
Als wie in: Licht, Gedicht und Gericht –
In Kriechen und Siechen – in Knecht und schlecht,
In Wahrheit und Klarheit – in dumm und krumm,
In Herz und Schmerz – in Slaven und Sklaven,
In Deutsche und Peitsche – in Preußen und Reussen,
In Franzosen und Ohnehosen – in Polen und Kohlen –
In Bach und Schmach – in Schmerling und Sperling.)
Auch Carlos Beck hat, von der Macht
Des Reims gedrängt, seinen Kaiser gemacht
Und seinen Gefeierten zu einem Chinesen,
Wie wir's in jenem Opus lesen,
Zu einem Chinesen der Turandot.
Du dachtest gewiß nicht an Witz und Spott,
Du frommer Poet, doch hat dich gezwungen
Der kluge Reim. Der Vers ist gelungen.
Siehst du, so treibt der Teufel sein Spiel
Mit Neophyten: die thun gern zu viel
Und wollen ihren Eifer beweisen;
Man glaubt, sie wollen wie Hunde beißen,
So kriechen sie her auf allen Vieren,
Und wollen doch nichts, als hofiren,
Demüthig sich zu Füßen strecken
Und Speichel lecken.
Sie rufen, wenn sie zu Christus beten,
Jehova, Moses und die Propheten,
Und rufen auf dem Markt aus der Bude:
Ich bin ein katholischer Handelsjude. –
O Carlos Beck, was hast du gethan?
Du schämst dich nicht, der Habsburg zu nahn?
Von Ungarns »Schuld« zu deklamiren?
Vom »Recht«, zu hängen und füsiliren?
Bei allerlei Knaben und Vetteln
Um eine »Gnade« für Helden zu betteln?
Du schämst dich nicht, dithyrambisch zu leiern
Vom »Blühenden,« »Brausenden,« »Ununterjochten?«
Viel würdiger wär' es, ihn zu feiern
Als Unreifen, Rasenden, Unausgekochten!
Und besser ist's für ein Volk, zu verderben,
Als solche Milde und Gnade erwerben,
Ein Volk, das hat für sein Recht gerungen
Und das du selber einst hast besungen!
Doch recht' ich nicht mit ihm. In Wien
Ist's jetzt, zu kriechen auf den Knien,
Gewißlich sehr beliebte Mode;
Und Das war immer seine Methode,
Zu thun, was ihm die Mode befahl.
Vor langer, langer Zeit einmal
Sang er mit »Börne«spielendem Herzen,
Dann war er vor den Iden des Märzen
Republikaner und Sozialist –
Nach Ungarns Fall ist er Monarchist.
Er hatte niemals eigne Gedanken:
Ich sah ihn stets zwischen fremden schwanken,
Wie Buridans berühmtes Thier;
Doch biß er an, bald dort, bald hier.
Schon – da er als Himmelsstürmer blaß
»Auf des Gedankens Eicheln saß«,
Als »Sultan«, »Börne« und »Byron« war
Er mehr ein Rabe als »ein Aar.«
Er mag, wie er singt, sich freuen drum,
Daß »Heilig ist das Eigenthum
Jetzt ausgelöscht an allen Thoren« –
Gedankenbesitzer, ihr seid verloren!
Fort, schlechter Witz und bittrer Scherz,
Macht Platz dem schwarzumhüllten Schmerz,
Denn eine Leiche hab' ich zu bestatten
»Auf ewig in der Wehmuth tiefen Schatten.«
Mich aber, Herr, laß in Schmach versinken,
Laß mich in einer Pfütze ertrinken,
Laß ewig mich in Verbannung wandeln,
Laß mich in Staatspapieren handeln,
Schick deine tödtlichsten Blitze nieder
Und mir aufs Haupt, – eh meine Lieder,
Mein Geist und meine Seele verwesen
Zu solchen »blassen Marseillaisen«.
Wie schöner ist dein trauriges Loos,
Gefesselter Sänger, der treu und groß,
Mit Wort und That, mit Lied und Schwert
Im heil'gen Kampfe sich bewährt,
Wie Körner und wie Foscolo,
Rouget Delisle und Chenier,
Und wie der herrliche Lord, der floh
Vor weisem Pöbel an Suniums See,
Um für den götterbevölkerten Strand
Zu sterben im Palikarengewand!
Mein theurer Gastfreund, Gottfried Kinkel!
Jetzt sitzest du im dunklen Winkel
Des Kerkers, trauernd wie Bonnivard.
O hoffe, daß auch deiner harrt
Ein Schicksal, so schön, wie seines war.
Es trug ihn eine jauchzende Schaar
Befreit hinaus ins befreite Land,
Ins Heimatland, das er nicht erkannt.
Er hatt' es verlassen in trüber Zeit.
Von Fürsten und von Pfaffen gedrückt –
Er sieht es wieder, froh und beglückt,
Von Fürsten und von Pfaffen befreit.
O, daß dir würde solch Geschick!
Und daß du balde gingest wieder
Durchs deutsche Land mit heiterm Blick
So frei und schön, wie deine Lieder
Durchs Volk von Herz zu Herzen gehn!
Ich fühl nun auch ein holdes Wehn,
Ich höre fernen Waldhornschall,
»O, schwing dich auf, Frau Nachtigall«,
Die deutschesten Lieder hör' ich singen,
Das ganze Wunderhorn erklingen –
Ich fühl', was mich zur Heimat zieht,
Denk' ich an »Otto den Schützen« – dein Lied. |