Moritz Hartmann
Reimchronik des Pfaffen Maurizius
Moritz Hartmann

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Ungar

                                        hat sein Schwert
Gereint vom Rost des Türkenblutes,
Den stolzen Kalpak aufgesetzt
Und reitet hin voll guten Muthes.
Doch ist er nur ein armer Hirsch,
Den sie auf niederträchtiger Pirsch
Mit blut'gen Hunden rings umstellen,
Um ihn, den Stolzen, bald zu fällen.
Auch wird er fallen – aber noch
Im Fallen hebt er stolzer doch
Und zeigt dem Feinde das Geweih
Und stürzet stolz und frei.
O Windischgrätz, ich mahne dich
An all die Sagen alten Wehs,
Die Schlachtbank von Eperies
Und andre Schlachten fürchterlich.
Aus jenen Zeiten noch zur Stunde
Rennt man »Caraffa« dort die Hunde,
Vom Henker, der im blutigen Sold
Gemordet dort für Leopold –
Gib Acht, daß du dein Fürstenthum,
Der Ahnen und des Namens Ruhm, 35
Weil du vielleicht nicht kennst die Kunde,
Vererbest einem Fleischerhunde.

Geh du nur hin und fahre fort
Mit Würgen und mit Morden.Bist du zufrieden, edler Gagern,
Mit den Kultur-nach-Osten-Tragern?

Mag Nikolaus für jeden Mord
Dir schicken einen neuen Orden –
Magst du aufs Neu zusammenketten
Den morschen Bau, der will zerbrechen,
Und glorreich – wie Journale sprechen –
Den mächtigen Gesammtstaat retten –
Magst du für Legitimität
Im Ungarblute dich berauschen
Und dafür höchste Gnade tauschen,
Wie Jellacic thut, der Poet,
Der hochromantische Baschkir –
Profoß der Freiheit, glaube mir,
Es wird dir drum nicht besser gehn
Als dem hochsel'gen Prinz Eugen
Und Schwarzenberg und Wallenstein –
Bald werfen weg sie dich zum Lohne
Wie eine trockene Zitrone. 36
Doch nein! – dazu bist du zu klein.
Die Helden hat man wohl gehaßt,
Zu edel war des Dankes Last –
Dem Henker wird man dankbar sein.
Den Kossuth, der ein edles Grollen
Und die Empörung ausgestreut,
Wie blitzendes Gewittergrollen
Die faule Zeit erfrischt, erneut –
Dem wird es schlechter gehn als dir:
Den Kossuth wird man hängen wollen.
Doch mach es so – o, folge mir –
Daß sie die Durchlaucht nicht verlachen,
Wie es die Nürnberger machen.
Jetzt sitzt er noch in Szegedyn,
Und es ist schwer, zu fangen ihn,
Den Wühler und den Hochverräther,
Der sich erfrecht, das Land der Väter
Beim Schein des Märzensonnenblicks
Vom Habsburgpatriarchenthume
Befrein zu wollen und vom Ruhme,
Zu zahlen seine Metalliks.

Es ist doch Schade, daß Talente,
Aus denen etwas werden könnte, 37
Die man mit Freuden ja ernennte
Zu Hof-, Staats- und Regierungsräthen,
Sich selber so den Weg vertreten
Zu hoffnungsvollen Carrieren.
Der Bach war auch nur Advokat –
Und jetzt steht er in hohen Ehren
Und spielet eine Roll' im Staat
Und ist, wie Goethe's Floh, Minister
Und protegiret die Geschwister.
Der Maier ist nur ein Philister,
Doch lassen wir ihn ruhig machen,
Er wird sich nächstens auch verbachen.
So auch im heil'gen deutschen Reich.
Der Reh wird balde Sekretär,
Der Zell vielleicht noch etwas mehr,
Und Laube, dem gerührt und weich
Das böhmisch-deutsche Wort versagte,
Als man über Deutschlands Theilung tagte,
So daß er wagte nicht, zu stimmen
(Vielleicht um Gagern nicht zu ergrimmen), –
Der wird in der neuen Kaiserburg
Entweder des Reiches Dramaturg,
Oder er wird des Kaisers Schneider
Und erfindet urdeutsche Kleider – 38
Oder er geht unter die Diplomaten –
Es geht jetzt so schlecht den Literaten,
Viel besser geht's den Apostaten,
Die im Jungen Deutschland so gut gerathen.

Zurück zu dem unpraktischen Mann;
In dieser Praxis wird mir bange –
Zu dir, der noch im Untergange
Dem Vaterland den Ruhm gewann,
Den Ruhm, der uns in Nichts zerrann –
Daß mindestens ein erhabner Geist
Noch über den Ruinen schwebt,
Der es der Nachwelt noch beweist:
Hier hat ein großes Volk gelebt.
Der mächtig aus den Trümmern ragt
Gleich einem stolzen Säulenreste
Und es der späten Nachwelt klagt:
Hier standen herrliche Paläste.
Ihr kennt ihn nicht – und nicht die Macht
Des Wortes, das der Kossuth spricht –
Das bricht hervor wie Morgenlicht,
Wie Wetterleuchten durch die Nacht –
Das dehnt sich wie die Gartenpracht
Des üppigreichen Orientes – 39
Durch Zauber scheint es angefacht,
Und wie ein ewig Feuer brennt es.
Er ist wie jene Sturmbeschwörer,
Die in den Schiffermärchen leben –
Spricht er, dann müssen zitternd beben
Die Herzenswurzeln seiner Hörer.
Sie nennen ihn nur den Zerstörer:
Wohl, er zerstört wie der Vulkan,
Aus dem die Lavaströme fluthen,
Doch sprossen dann den Berg hinan
Die Reben mit den heil'gen Gluthen.

Laßt ihm den Ruhm, ihr Lästerzungen,
Daß er doch seinem Vaterlande
Ein Sterben ohne Schmach und Schande
Und einen schönen Fall errungen.
Wie sind wir selber klein gefallen!
Und


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