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Ein Sturmwind blies – und weggeweht Mit Einem waren die Gäßchen und Gassen, Der Römer, die Börs' und die Häusermassen, In deren Mitte die Paulskirch steht. Und weit im Kreise rings herum Es war der deutsche Père la Chaise, Und über dem Eingang im Mondenschimmer An meiner Seite als Ciceron Er sah so trüb und traurig drein, Er trug einen langen weißen Bart Wer bist du, rief ich, traurig Gespenst, Er sprach – und ich glaubte mit Schrecken, den Laut Denn ich bin Du, und du bist Ich, Ich bin das Stück von dir, das den Haß Und fragst du, warum ich jetzt mit dir Man hat uns Zweie, die wir doch Gib Acht, es werden die Todten sogleich Ein Jeder wird dir selber den Stoff Er sprach's, und wie einstens der Präsident, Der Jucho krähte das Protokoll, Da gab's ein arges Knochengeklapper, |
Heinrich von Gagern
(auf dem Ministergrab):
Ich mit der Persönlichkeitsgewichtsbewußtseinsaufgeblasenheit, Ich bin ich, in ganzer Größe, wie Sie sehen jeder Zeit, Ich bin ich, Das ist gewiß, doch bin ich selber noch mit mir im Streit Ueber Das, was ich denn bin, denn ich selbst – (Ungeheure Heiterkeit) Sagt' ich etwas gegen alle Schicklichkeit, ihr lieben Herren, o so verzeiht, Denn mit umgedrehter Seele stehe ich vor Ihnen auch noch heut, Wenn man ein so ungeheurer Mensch ist und so fürchterlich gescheut, Ist man manchmal schrecklich dumm aus Uebermaße an Persönlichkeit. 105 Finden Sie vielleicht die Rede viel zu hohl, zu leer, zu aufgeblasen und zu breit – So versichere ich Ihnen, Das ist Geist, ist Scharfsinn, ist Beredsamkeit. |
Da gab's ein großes Knochengeklapper, Sie applaudirten fort und fort; Mit einmal legt sich das Geplapper, Herr Mathy hat das Wort. |
Mathy:
Entschuldigen Sie, ich bin der Mathy, Der allergrößte Apostat hie, Drum komm ich auch auf dem Register Gleich hinter unserem Minister, Der eben hat die Welt befreit Mit herrlicher Persönlichkeit. Ich war einmal ein Advokat |
Da gab's ein großes Knochengeklapper, Sie applaudirten fort und fort; Mit einem Mal legt sich das Geplapper – Herr Bassermann hat das Wort. 107 |
Bassermann:
Ich und der Mathy, Der Mathy und ich – Man nennt uns stets zusammen, Das ehrt und zieret mich. Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Man nennt uns stets zusammen Das Monument, das uns wird ragen, |
Da gab's ein großes Knochengeklapper, Sie applaudirten fort und fort; Mit einmal legte sich das Geplapper – Herr Beckerath hat das Wort. |
Beckerath:
Ich bin so schüchtern auf offener Szene, Ach, ich bin nichts als eine Thräne, Ich bin ein nasses Taschentuch, Ich bin ein frommes Liederbuch, Ich bin ein sittsam duftend Veilchen, Vom großen Gagern ein kleines Hintertheilchen, 110 Und wenn ich mich manchmal erbose brav, Bin ich doch nur ein wüthendes Schaf, Auch bin ich Minister, doch im Ganzen Versteh' ich wenig von Finanzen. Am Webstuhl meines Vaters stand Die Wiege mein – Das ist bekannt. |
Da gab's ein großes Knochengeklapper, Sie applaudirten fort und fort; Mit einmal legte sich das Geplapper – Herr v. Peucker hat das Wort. |
Peucker:
Ich bin gewiß ein Mann von Gewichte, Doch schweigt von mir die Geschichte. |
Da lachten die Geister sehr vergnüglich, Doch applaudirten sie fort und fort – Der Deetz fand die Worte etwas bezüglich. Fallati, Wiedemann, Biedermann, Duckwitz &c. hatten das Wort. |
Die Genannten im Chorus:
Wir sind so wenig, daß nicht ein Keimchen In uns zu finden zu einem Reimchen. 111 |
Es fühlte sich der Schneer getroffen, Er rief entrüstet: ich will nicht hoffen – Die Geister aber mit lautem Gelächter, Sie applaudirten fort und fort; Der Soiron, der dicke Pächter, Trat auf sein Grab – er hatte das Wort. |
Herr v. Soiron:
Einst schwärmt' ich für die Republik Und hab' in diesem Sinn toastet, Jetzt aber bin ich viel zu dick Dafür, ich bin zu sehr gemastet. Ich hab', was einst mein Herz entflammt, Erstickt für meinen edlen Gagern – Ich hoff' auf ein Reichsrichteramt, Um wieder etwas abzumagern. Ich hab' mein Apostatenthum Gebracht in Formen und Methode – Nicht schäm' und gräm' ich mich darum: So geht die Politik nach Brode. |
Sehr gut, sehr gut – so riefen die Seelen Und applaudirten fort und fort – 112 Jetzt soll der Raumer historisch erzählen: Er nahm die Brille und das Wort. |
Friedrich v. Raumer:
Ich bin Friedrich der Hohenstaufe, Und schickt man mich wohin – ich laufe. Ich lief nach Italien und Engelland Und schiffte nach Amerika's Strand Auf Buchhändlerkosten, und überall fand Ich, selbst in der großen Republik, Daß nur im holden märkischen Sand Gedeihen Teltower Rüben und Völkerglück. Bei meiner Rückkehr hielt ich die Berühmte Rede in der Akademie – Mein König fand sie viel zu spitzig, Obwohl das Thema altenfritzig, Und Encke that mich in den Bann. Zwei Tage war ich ein großer Mann, Bis ich zur Entschuldigung ward bewogen Und mich von meiner Größe hab' zurückgezogen. Vor Kurzem lief ich als Schmerlings Bot' Nach Frankreich, um unterthänig zu bitten, Daß uns nicht werde die als todt 113 Geborne Zentralgewalt bestritten. Ich habe verbraucht sehr viele Chemisetten, Ich trug sogar einmal Manschetten, Um Deutschlands Ansehen und Ehre zu retten. Den Heine vermied ich aus alter Bekanntschaft, Er hätte gewiß mich ausgelacht Und einen unpatriotischen Witz gemacht Auf Kaiser und Reich und meine Gesandtschaft. |
Pfui, pfui! so riefen die Geister Und wurden stiller, als mit dreister Bewegung trat der Schmerling vor, Als hätt' er zu sagen große Dinge. Er streckte Hals und Kopf hervor, Als steckten beide in einer Schlinge. |
Herr v. Schmerling:
Die Ehre und Unabhängigkeit Von Deutschland hab' ich stets versprochen, Ich habe sie auch zu jeder Zeit Geschändet, beschmutzt, gebrochen. Einst Bundesnachtumnächtigter, Jetzt Oesterreichs Bevollmächtigter, 114 War ich Minister auch inzwischen. Da ließ ich in Frankfurt die Kugeln zischen, Ließ schöne Barrikaden bauen Und erfand den Belagerungszustand – Und nach also befestigtem Vertrauen Konnten mit Sicherheit auf mich die Fürsten bauen, Und ich lebte in meinem Ministerruhstand; Sie wußten: ich werde sie nicht verrathen. Da nannten mich die Diplomaten Einen Staatsmann mit scharfem Blick – Das ist Dasselbe und synonym, Wenn ein Demokratenungethüm Mich nennet einen Galgenstrick. Man nennet mich auch den Mörder Blums, Allein man kann mir nichts beweisen, Den Schleier des Diplomatenthums Wird Niemand von der Geschichte reißen. Ich ruf' es entgegen der ganzen Welt: Ich heiße Freiherr Anton Schmerling, Und ohne des Herren Wille fällt, So heißt's, vom Dach kein Sperling! |
Der Mühlfeld jubelte: Bravo, brav! Dr. Egger lächelte Schlangen – 115 Da kam aus seinem Grabe als Schaf Verkleidet der Heckscher gegangen. |
Dr. und Advokat Heckscher:
Nie trug ich weiße Wäsche – Mein staatspapiernes Gesicht Gleicht einer Handelsdepesche, Die Fallimente bespricht. Ich kam auf meinen Reisen Ich kam just an in Frankfurt, Ein Portefeuille erhaschen, Zwar wurd' ich höchst geprügelt Doch kann die Katze lassen Ich hab' ihn, ach, verloren, |
Welcker (vom Platz):
So ist es recht, du edler Geist, So ist's, wie ich es mache – Sie macht nicht dick, sie macht nicht feist, Die liebe gute Sache. Was Schönes ist die Theorie, Ich bin eine Wetterfahne – Jeder sehe, So dank' er mir, daß zum Teufel geht |
Da machten die Geister gewaltigen Tusch, Im Hintergrunde lächelte Dusch, Der designirte Gesandte von Baden. – Auftrat der Ritter von Gottes Gnaden |
v. Vincke (von Hagen):
Ich bin der grimme Ritter von Hagen, Von Hagen aus der Mark – Mein Stammbaum hat schon Wurzel geschlagen Im urweltlichen Chaosquark. 118 Die Mark ist durch mich ein bekanntes Man nannte mich einst den Mirabeau, Ach, damals hätt' ich gern zu Lorden Es ging nicht. Drum hab' ich Treue geschwor'n So lieg' ich, so führ' ich meine Waffe |
Gewaltiger Lärm der Geister all – Der Präsident rief durch den Schwall: »Das Wort hat Herr von Radowitz!« Der aber rief von seinem Sitz Mit pergamentenem Gesichte: |
Ich verzichte. Ich bin verschlossen wie ein Kloster, Drin sich die Mönche eingemauert, Und schweigsam stumm wie ein bemooster Gefängnißthurm, den Nacht umschauert: Ich spreche nur, wenn es erlaubt Rothan in Rom, mein Oberhaupt. |
Da ging ein Murmeln durch die Versammelten, Sie wollten applaudiren und stammelten: »Sollte noch Jemand nach ihm zu sprechen gelüsten?« Wir! – riefen Phillips, Lasaulx und Buß, Er ist unser Pater Seraphikus; Wir nähren uns an seinen Brüsten. Doch ist wenig, was wir zu sagen wüßten: »Wir sind die barmherzigen Brüder, »Das Opfer liegt, die Raben steigen nieder.« 120 |
Hoffmann von Ludwigsburg
(vom Platze):
Ich bin ein armer Schlucker, Doch glaub ich, ich gehöre Mit in die heiligen Chöre, Denn ich bin groß als Mucker! |
Der Döllinger schickte ihm freundliche Winke Und Blicke voll heiliger Huldigung. Der Simson fragte: Wo ist die Linke? Sie fehlt mir ohne Entschuldigung. Der Parlamentskonstabler rief, Der Breuning, vom Platze: Gewiß hat tief Sie sich durchgewühlt bis an den Xanthus, Um mit dem Bösen sich zu verschwören Und Minos, Aeakus und Rhadamantus Zu Demokraten zu bekehren, Und halten Volksversammlungen in den elisäischen Feldern – Gewiß mit französischen und polnischen Geldern, – Ich hoffe, daß der Reichspolizist, Der Rauscheplatt, nicht von ihnen ferne ist! 121 |
Da krähte plötzlich ein gallischer Hahn, Um Traum und Spuk war es gethan, Zerstoben waren die Gespenster – Ich wachte auf, und durch mein Fenster Mit Lächeln und mit mildem Schein Herein hat geblickt des Märzen Sonne – O März, wo bist du mit deiner Wonne! O März, du neuer Reim auf Schmerz, O März mit deinen Iden, Wie schnell bist du geschieden, Wann wirst du wieder wohl erscheinen? – Ich rieb mir die Augen und mußte weinen. |