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4

Eines Tages kam ein Hausboot herangerudert, ein weißer Achtriemer mit vier Ruderknechten. Weil es ein guter, warmer Frühling war, ruderten die vier Mann in Hemdsärmeln, aber der, den sie ruderten, saß wohl unter Deck, denn er war nicht zu sehen. Das Boot legte etwas oberhalb der Flußmündung an, bei der Ziegelei.

Aus der Kajüte hervor kroch ein großer, dicker Mann in Pelz und mächtiger Ausstaffierung, es war nicht der Doktor und nicht der alte Coldevin, das Boot war auch fremd, mußte also von weiter her sein. Der Mann stieg aus dem Boot, sagte einige Worte zu der Mannschaft und begann am Fluß entlang zu gehen. Zwei von den Männern begleiteten ihn.

Vor allen Hütten standen Leute und starrten dieser ungewöhnlichen Erscheinung nach. Es sah so aus, als würde es dem großen Herrn zu warm, er zog den Pelz aus und gab ihn einem von seinen Leuten zum Tragen; er hatte einen so fetten Hintern, seine Rockschöße spreizten sich bei jedem Schritt, er ging auch nicht schnell, er blieb oft stehen und hob die Hand vor die Brust. So gingen sie und gingen, sie drangen vielleicht bis zum Wasserfall vor, sie verschwanden oben im Wald.

Jetzt gingen die Leute zu dem Achtriemer hinunter, um zu fragen, müßiges Volk ging hinunter, Lars Manuelsen ging hinunter, und viele Kinder von den Hütten folgten ihm in einigem Abstand. Die Männer im Boot verstanden wohl, was dieser Besuch zu bedeuten hatte, sie richteten sich danach ein; sie begriffen, daß sie wichtige Personen waren, die Mitwisser eines großen Geheimnisses.

Friede sei mit euch, sagt Lars Manuelsen, obwohl eigentlich die im Boot zuerst diesen Gruß hätten sagen müssen, da sie doch in ein fremdes Land gekommen waren.

Friede sei mit euch! antworteten sie nur.

Das ist jetzt ein feines Wetter geworden?

War warm beim Rudern.

Sie sprachen eine Weile darüber: ob draußen keine Brise sei, ob sie nicht von Osten her stehe. Die Männer im Boot sind geizig mit ihren Antworten.

Das ist ein schöner Achtriemer, sagt Lars, gehört der euch?

Die Männer im Boot spucken aus und werfen sich in die Brust.

Dann ginge es uns gut, antworteten sie.

Woher seid ihr?

Pause, bedeutungsvolle Pause. Die Kinder horchen.

Wir sind von weither, von Ytterleia.

Dachte mir's, nickt Lars.

Er geht näher ans Boot heran und sieht es sich an, aber er kennt es nicht; auf den Riemen und dem Wasserschöpfer steht nichts als ein paar Buchstaben.

Aber jetzt meinen die Männer wohl, daß die Geschichte sich gar zu lange hinziehe, sie haben durch ihre Haltung diesen Eingeborenen vielleicht so abgeschreckt, daß er sich zurückzieht und sie an ihrem Geheimnis zugrunde gehen läßt – sie lüften dies große Geheimnis ein wenig, und der eine von ihnen sagt: Nein, das Boot gehört leider nicht uns.

Nein, leider, sagt der andere auch.

Und von jetzt an sprechen meistens nur die beiden Ruderknechte, so daß Lars nicht weiter zu fragen braucht. Sie schwätzen länger und länger ziellos ins Blaue, der eine paßt auf den anderen, der eine überbietet den anderen mit Aufschneidereien, aber sie halten immer noch rechtzeitig ein:

Denn wir sind nur für diese Fahrt geheuert.

Na. Wer ist denn das, der euch geheuert hat, fragt Lars.

Pause.

Hm. Nein, das wird jetzt allzu leicht.

Der, dem das Boot gehört, antwortet der eine.

Der andere, der wie auf Kohlen steht, fügt hinzu:

Ja, er hat das Boot nur wegen dieser Fahrt gekauft.

Geld herausgezogen und es mit klingender Münze bezahlt, wegen dieser Fahrt.

Die Männer sahen Lars Manuelsen an. Die Kinder standen da und sahen die Männer an und horchten, horchten.

Aber Lars bemerkt nur:

So muß das wohl eine höchst wichtige Fahrt gewesen sein?

Er hat bereits einmal gefragt, wer der Fremde sei, und keine Antwort bekommen, jetzt läßt er es auf sich beruhen – das kommt wohl noch von allein.

Was nun die Fahrt angeht, darüber könnte ich nichts sagen, antwortet der eine von den Männern.

Er ist jetzt oben am Fluß, verkündet der andere.

Pause.

Es war prachtvoll, wie groß und inhaltsreich so eine Pause sein konnte.

Lars mustert das Boot eingehend und lange, schwatzt mit den Fremden über gleichgültige Dinge, über den Frühling, über den Heringsstand bei der Langinsel, über eine Galeasse von Ytterleia, die in einem Unwetter Vorjahren hierher verschlagen worden war. Ja, gewiß, die hatte sogar dem Handelsmann Henriksen auf Utvär gehört.

Die Männer nickten, sie kannten den Handelsmann Henriksen.

Ja, das ist wohl nicht gar der Mann, den ihr hergerudert habt? fragt Lars.

Nein.

Lars schien zu ermüden. Er spuckte aus, legte die Hände auf den Rücken und blieb so ein Weilchen stehen. Plötzlich sagte er und tut dabei, als wolle er gehen:

Ja, das ist ein schöner Achtriemer, wenn der nur mir gehören würde!

Nein, ich meine, ich stehe nur hier und halte euch auf.

Die Männer werden aufmerksam.

Du hältst uns nicht auf, antwortet der eine.

Nein, ganz und gar nicht, antwortet auch der andere.

Und jetzt berechnen wohl die Männer ganz richtig: wenn sie nicht selbst das Geheimnis offenbarten, so würden die beiden anderen Kerle, die oben am Fluß waren, bald kommen und es tun; wie schnell könnte zum Beispiel nicht der eine sich etwas bei irgendeiner der Hütten zu schaffen machen, dort um Wasser bitten und erzählen, für wen er den Pelz trug.

Also, fragt der eine von den Fremden:

Ja, ihr wißt wohl nicht, ihr hier in der Gegend, wer das ist, den wir hergefahren haben?

Nein, antwortet Lars und glotzt.

Die Kinder glotzen auch.

Nein, das merkte ich gleich, sagt der andere Fremde und greift ein. Er sah aus, als wenn er auf Kohlen stände. Aber ihr werdet euch wundern, es zu hören, fügt er hinzu.

Lars war jetzt ganz unglaublich neugierig. Das Ärgerliche war übrigens, daß seinem Nachbar Bertel in Sagvika die Wartezeit zu lang geworden war und er jetzt schaukelnd daherkam, auch er.

Ja, dann ist es also nicht der Amtmann? fragte Lars.

Nein, antworteten die Männer.

Aber ich verstehe jetzt, er ist ein großer Herr, weil er so dick ist, was?

Ja, antworteten die Männer, der ist wohl ein sehr großer Mann!

Lars wartete etwas, dann hatte er endlich den Entschluß gefaßt, zu gehen. Denn da kam ja nun auch Bertel, und er hatte wirklich keine Lust, mit dem das Geheimnis zu teilen.

Friede sei mit euch, sagte Lars.

Und außerdem ist er nun nicht einmal mehr als ein Kind aus unserem Dorfe, das kann ich gerne sagen, fuhr der eine von den Fremden fort.

Der andere Fremde griff wieder ein:

Unser Schulkamerad, kann ich sagen.

Na, sagt Lars.

Ja, das können wir gut sagen. Jaja, er ist nun nicht gerade aus unserer Gegend, aber –. Es liegen nur ein paar Kirchspiele zwischen uns, aber –. Aber wir kennen verschiedene von seiner Verwandtschaft. Er ist nämlich dreißig Jahre lang fortgewesen.

Der andere Fremde fühlt, daß er zurückbleibt, er will den ersten einholen und führt einen großen Schlag:

Er ist schon als Kind von zu Haus fort, er war in allen fremden Ländern und kam nach Australien und kam nach Amerika, und dann verheiratete er sich und hatte ein großes Geschäft, und dann fand er Gold.

Von jetzt an war es ein Wettstreit zwischen den Bootsmännern, jeder überwachte neidisch des anderen Worte.

Jaja, du kannst dir ja keine Zeit lassen, Jon, sagt der eine von ihnen mißvergnügt und berichtigt seinen Kameraden; aber er war doch auch in China.

Ja, wo ist der nicht überall gewesen, antwortet der andere.

Und einmal, da lag er sogar auf einem gekenterten Boot, viele Tage und Nächte – ich weiß im Augenblick nicht einmal mehr, in welchem Lande das war.

Das war damals, als er zur See fuhr, das war in seiner Kindheit. Aber das sind ja nun die späteren Jahre, wovon ich erzähle.

Du brauchst nicht zu versuchen, mir irgend etwas davon zu erzählen – ich weiß das ebensogut wie du. Er lag auf einem gekenterten Boot, auf dem Kiel, viele, sehr viele Tage und Nächte – frag ihn, so kannst du's hören. Das ist doch eine Schweinerei, verflucht noch mal, daß ich den Namen des Landes nicht mehr behalten habe.

Das war in einem unbekannten Lande. Aber aus Mexiko, daher bekam er seine Frau.

Ja, glaubst du, das wüßte ich nicht?

Und wie heißt er? fragt Lars Manuelsen.

Er heißt –

Holmengraa! antwortet der andere schnell wie ein Blitz.

Es ist nämlich der Tobias, der damals reiste, beeilt sich der erste zu erklären. Hast du denn nicht von dem Jungen gehört, der auszog und ein König wurde?

Da war es heraus!

Lars Manuelsen ist der Atem ausgegangen, und er glotzt. Wie sollte er nicht von Tobias gehört haben, dem Fischerjungen von einem kleinen grauen Holm draußen in Ytterleia, der vor einem Menschenalter von daheim fortgezogen und ein großer König geworden war, irgendwo vor Gott und den Menschen erhöht worden und niemals wieder heimgekommen war! Und jetzt war er hier!

Die Kinder hatten das Märchen auch gehört, sie standen da und horchten mit weit offenen Mäulern den Männern zu.

Er, der Tobias! sagt Lars Manuelsen. Und sein Vater hieß doch auch Tobias, habe ich gehört?

Nein, sein Vater ist tot, antwortet Jon. Seine Mutter ist jetzt auch tot, aber er soll eine Schwester haben, die in Bergen lebt.

Ja, sein Vater hieß Tobias, sagt der andere Bootsmann mit Nachdruck und berichtigt seinen Kameraden. Aber übrigens nennt er sich selbst nur Holmengraa mit Namen.

Ein Wunder! sagt Lars.

Er wirft seine Augen zu Bertel hinüber, der jetzt unheimlich nah gekommen ist. Lars hat eben noch Zeit, nach dem Allerwichtigsten zu fragen, und die Bootsleute antworten abwechselnd.

So, er ist verheiratet? Hat er seine Frau mit?

Nein, sie ist nicht mit. Sie ist in der Fremde zurückgeblieben.

Ja, sie ist in der Fremde und im Ausland zurückgeblieben.

Sie ist wohl eine feine Frau? Wie heißt sie?

Das kann ich nun nicht sagen, aber sie ist –

Sie ist tot, sagt der andere Mann und macht der Sache ein Ende.

Na, Herrgott, tot? Hat er keine Kinder?

Er hat zwei Kinder, die sind noch klein – ein Junge und ein Mädchen.

Behaupte doch nicht, daß sie so klein sind, Jon, denn das Mädchen ist ja schon eine Anzahl Jahre alt.

Ja ja, aber der Junge, der ist klein. Das ist es ja, was ich sage.

Und da steht Bertel. Und Lars bringt noch im allerletzten Augenblick die Fragen heraus:

Wo hat er die Kinder? Wie heißen die? Was macht er oben am Fluß?

Er sagte zur mir, er wolle sich da nur umsehen.

Das sagte er auch zu mir.

Die Bootsmänner sprachen das noch einmal durch, jeder auf eine besondere Art, und waren schließlich einig.

Das war großartig, wie er angezogen war, sagt Lars.

Die Männer legten überwältigt den Kopf auf die andere Seite.

Ja, er hat Kleider aus Fell und Samt.

Er sagt, daß er friere in unserem kalten Lande und daß er nicht mehr warm werden könne.

Bertel grüßt nicht, aber er horcht, was er kann. Er hat die längsten Ohren.

Von wem sprecht ihr denn da? fragt er.

Die Bootsleute antworten ihm nicht, sie wenden sich weiter nur an Lars und berichten jetzt von den Reichtümern des Königs, von seinem Papiergeld, als er das Boot bezahlte, von seiner Brieftasche.

Ein Wunder, sagt Lars Manuelsen.

Habt ihr jemand hergerudert? fragt Bertel.

Die Bootsleute messen ihn mit den Augen, spucken aus und antworten: Ja, das haben wir. Worauf sie sich wieder zu Lars hinwenden, schwätzen, den Kopf schütteln, nachdenken und sich eingehender über den reichen Herrn auslassen.

Ja, ich und er, Jon, wie wir hier stehen, wir sind nun weiter nichts als kleine Wracks und Bojen, kann ich wohl sagen, gegen das, was er ist. Und dabei sind wir doch an demselben Meer aufgewachsen.

Ja, so und auf solche Weise kann es im menschlichen Leben zugehen, sagt Jon weiter.

Jetzt wendet sich Bertel an Lars und fragt:

Von wem sprecht ihr eigentlich?

Aber Lars hat keine Zeit, keinen Augenblick Zeit, er überhört Bertels Frage und sagt plötzlich:

Nein, ich meine, ich habe euch nun lange genug aufgehalten. Damit geht er.

Und nun kommt die Reihe an Bertel, das Geheimnis herauszubringen. Oh, wie neugierig er ist, und wie prachtvoll die beiden Schiffer ihn zu peinigen verstehen.

Anfangs ging Lars seinen gewöhnlichen Trott übers Feld, er meinte, es sei eine Schande, zu laufen. Aber allmählich beschleunigte er seinen Gang, und ungefähr halbwegs bog er ab nach Ole Johans Hütte, das war der kürzere Weg. Lars bläht sich, er ist dick vor Geheimtuerei und weiß mehr als die Leute landeinwärts; geht er damit haushälterisch um, so kann er den ganzen Tag über eine bedeutungsvolle Persönlichkeit sein. Er erblickt bereits ein paar Frauen oben bei Ole Johans Hütte, die auf ihn warten.

Aber als Lars herankommt, stellt sich heraus, daß die Kinder ihm zuvorgekommen sind, seine eigenen Jungen und die von den anderen, dies langohrige Ungeziefer in Lumpen und sein eigener Lars, dieser lange, häßliche Laban. Und jetzt rennen diese verfluchten Kinder von Hütte zu Hütte und machen ihm alles zuschanden, sein eigener Sohn voran. Das war ja niedlich!

Ole Johan trat Lars entgegen und fragte:

Wen haben die eigentlich hergefahren? Und als Lars damit beginnen will, sich kostbar zu machen, fragt Ole Johan gerade heraus: Stimmt's, daß es der Tobias ist, der König wurde?

Ein paar Stunden darauf stand das Volk in dicken Haufen um den weißen Achtriemer, alle wollten hier warten und aufpassen, um wenigstens einen Blick vom Märchenkönig zu erhaschen, wenn er wieder an Bord ginge. Die Weibsleute hatten sich sogar noch fein gemacht, hatten Kopftücher umgelegt, Daverdana aber war so wild und rothaarig, sie war groß und jung, sie hätte vor den Augen eines Königs bestehen können.

Aber ach, sie wurden alle miteinander genarrt.

Als die drei Wanderer vom Wasserfall zurückkamen, gingen wohl die beiden Bootsleute mit dem Pelz nach dem Schiff, aber der Herr selbst bog vom Wege ab, ging nach dem Gut hin, nach Segelfoß, zu Leutnants. Und es war ihm nicht anzusehen, daß er dort nichts zu tun gehabt hätte.

Er war durchaus kein leichter und gewandter Fußgänger und brauchte viel Zeit. Seinen Hut trug er in der Hand. Dieser Mann sah nicht sehr abenteuerlich aus, er trug neue Kleider und hatte eine dicke Halskette um den Hals, im übrigen war er wie ein gewöhnlicher Sterblicher anzusehen, mit einem bleichen und scharfen Gesicht, einem Vollbart, einer geraden Nase und einer Unzahl Falten um die Augen herum. Er mochte hoch in den Vierzigern sein. An seiner rechten Hand trug er einen kleinen gewöhnlichen Goldring. Er hatte noch alle seine Haare. Seine Wohlbeleibtheit bestand eigentlich nur aus einem dicken, ungesunden Bauch, seine Ober- und Unterschenkel waren dünn.

Als er auf den Hof kam, sah er sich um und wählte den Hintereingang, den Kücheneingang, obgleich es auf der Vorderseite des Hauses zwei große Steintreppen gab. Er grüßte ein Dienstmädchen, das er traf, fragte, ob Herr Holmsen zu Hause sei, und übergab ihr seine Karte.

Der Leutnant kam heraus und blieb einen Augenblick stehen.

Der Fremde verbeugte sich und sagte:

Ich weiß nicht, ob ich Sie begrüßen darf. Ich würde es nicht seltsam finden, wenn Sie nein sagten.

Das war ja sehr bescheiden, der Mann blieb außerdem absichtlich vor dem Küchenfenster stehen.

Tobias Holmengraa. Ich war einmal aus Ytterleia.

Herr Holmengraa?

Ich habe viel von Ihnen gehört, sagt der Leutnant.

Ich habe auch von Ihnen und den Ihrigen viel gehört, sagt der Mann, von Ihrem Vater und Ihren Ahnen, von dem Gut Segelfoß; jetzt wollte ich einmal herreisen und mir die Stätte ansehen. Ich war oben am Fluß.

Wollen Sie nicht hereinkommen? sagt der Leutnant und reicht ihm endlich die Hand.

Sie gingen hinein in die Stuben des Leutnants und nahmen Platz.

Dieser Fremde, Holmengraa, hatte sich anscheinend entschlossen, bescheiden und unterwürfig in diesem feinen Hause aufzutreten; er schwieg sehr lange und sagte endlich:

Ich sitze hier und denke darüber nach, wo ich bin. In meiner Kindheit war Segelfoß der größte Ort, wovon wir in Ytterleia hörten, ich ließ es mir nicht einmal träumen, daß ich je hier in dieser Stube sitzen würde.

Der Leutnant antwortete: Sie träumten gewiß ganz andere Träume – und haben diese auch verwirklicht.

O ja, o ja, sagt Holmengraa gedankenvoll.

Zum Unterschied von uns anderen, die daheim auf ihrer Scholle gesessen haben.

Ich verwirklichte unter anderem auch den Ruin meiner Gesundheit.

So. Ist Ihre Gesundheit nicht besonders gut?

O ja. Und ich bin an vielen Orten gewesen, um zu versuchen, sie wiederzufinden, aber –

Der Mann imponierte dem Leutnant und gefiel ihm.

Er hatte seit langen Zeiten von diesem Fabelhelden gehört, sein Ruhm war sogar bis in die Stuben auf Segelfoß gesickert; jetzt saß er hier so natürlich und selbstverständlich, wie nur möglich, ja, das tat König Tobias.

Der Leutnant klingelte.

Wie, wenn Sie es hier daheim einmal wieder versuchen würden?

Ich habe daran gedacht.

Eine Weile jedenfalls?

Ja. Aber es ist nicht so leicht, abzukommen, ich habe einige Geschäfte.

Die Hausjungfer trat ein.

Was dürfen wir Ihnen anbieten? fragte der Leutnant.

Holmengraa dankte und bat um ein Glas Milch.

Sonst nichts?

Danke, ein Glas Milch.

Die Milch kam.

Ja, ich möchte es hier schon einmal gern wieder versuchen, fuhr Holmengraa fort, aber ich habe einige Sachen in Mexiko. Ich wohne in Mexiko, und da habe ich einige Sachen. Es ist nicht viel, aber bleibe ich lange weg, so wird es leicht noch weniger.

Geschäfte?

Einige kleine oder halbgroße Unternehmungen, etwas Land, eine Mühle, ein Sägewerk, dergleichen.

Können Sie nicht verkaufen?

Dafür ist es eigentlich zu gut. Meine Frau ist tot, aber ich habe zwei Kinder; wir hatten da draußen unser Auskommen.

Das war eine Auskunft. Der Leutnant mochte wohl geglaubt haben, daß dieser mystische Mann die Sache nicht von dieser Seite zu betrachten brauche.

Aber seine Gesundheit muß man sich doch erhalten, sagt er.

Zurückgewinnen. Ja, so ist es. Aber ich hatte da drüben so viel Arbeit, ich hatte die Geschäfte übernommen, als sie noch klein waren, und sie sehr erweitert.

Der Leutnant erhob sich und ging ans Fenster. Hatte er etwas Ungewöhnliches da draußen bemerkt? Sah er, wie alles, was Beine hatte, nach der Bootsbrücke gelaufen war? Er stand einen Augenblick still – vielleicht behielt Herr Holmengraa ihn im Auge, vielleicht auch nicht. Der Leutnant sah all seine Häusler und Pächter in vollendetster Nichtstuerei unten beim weißen Achtriemer stehen, ein großes langes Bündel ging zwischen ihnen herum, das war der Pelz, der wurde vorgezeigt. Er drehte sich um und fragte mit fast geschlossenen Augen:

Das ist wohl Ihr Achtriemer, der dort unten liegt?

Holmengraa erhob sich und sah hinaus:

Ja … Nein, was für eine Aussicht von hier – Meer und große Wälder, Felder und Wiesen. Und dann der Fluß. Und dann die Kirche da draußen.

Das klang etwas unecht in dem Munde des Fremden, und es schien als Schmeichelei für den Besitzer gesagt zu sein. König Tobias schien kein besonderer Kenner von Aussichten zu sein, denn was man hier von den Fenstern aus sehen konnte, war weiter nichts als See und nackte Holme.

Klein-Willatz sagte, das Mittagessen sei angerichtet.

Bitte schön! sagte der Leutnant und öffnete seinem Gast die Tür.

Im Speisezimmer wurde Herr Holmengraa der Frau des Hauses vorgestellt. Sie war verwundert und gespannt. Wohl war sie nicht von Kind an mit all den Märchenerzählungen über diesen Mann aufgewachsen, aber sie hatte von ihm seit vielen Jahren sprechen hören; heute hatte außerdem die Hausjungfer ihr Gedächtnis aufgefrischt und sie vorbereitet.

Sie war hausmütterlich und liebenswürdig.

Herr Holmengraa ist nach Norwegen zurückgekehrt, um sich zu stärken, teilte der Leutnant mit. Seine Gesundheit habe in der letzten Zeit gelitten.

So käme es also darauf an, ob sie ihm auch das Richtige anbieten könnten? sagte die gnädige Frau. Er hielte vielleicht Diät.

Holmengraa hielt keine Diät. Oh, er war durchaus nicht so krank, nur etwas überarbeitet, es würde vielleicht wieder gut werden.

Der Mann hatte wohl einen starken Willen, er stellte sich vielleicht gesünder, als er war, sein Gesicht trug kein Zeichen irgendwelchen Schmerzes, still und unbemerkt steckte er sich sogar eine Pille in den Mund, die er ohne Wasser hinunterschluckte. Aber die nächste Pille fiel auf den Boden, und es sah nicht so aus, als sei dies beabsichtigt gewesen.

Sie kommen von draußen aus der großen Welt, Herr Holmengraa, sagte die Hausfrau.

Er antwortete mit einem Blick über den Tisch:

Ich bin heute zu der großen Welt gekommen, gnädige Frau. Ich sitze in der Stube auf Segelfoß.

Das war nicht schlecht gesagt, es gab Silber und Wein und Blumen auf dem Tisch, und es gab Fisch und Geflügel und viele Leckerbissen auf dem Tisch. Wahrhaftig, endlich saß da vielleicht jetzt am Holmsenschen Tisch ein Fremder, der sich auf Lebensart verstand; der Frau gefiel sein Benehmen nicht weniger, als es ihrem Manne zu gefallen schien. Er sprach unterhaltend über viele Dinge und schien auch mit Kindern umgehen zu können, hie und da erreichte er sogar, daß sich Klein-Willatz für ihn interessierte.

Wie finden Sie es nun hier zu Hause nach so langer Abwesenheit? fragte die Hausfrau. Dreißig Jahre, habe ich gehört?

Es ist recht wunderlich für mich, antwortete er. Ich gehe umher und sehe mich auf dem Holm um und kenne die Steine wieder und den Sand am Strande und höre die Brandung des Meeres. Obschon alle aus meiner Familie jetzt fort sind – einige sind tot, und der Letzte, der noch lebt, ist fortgereist –, so kommt es mir seltsamerweise dennoch so vor, als sei es noch nicht so lange her, seit wir alle beisammen waren. Da lag ein halber Schleifstein draußen auf einem Hang, der liegt heute noch da; da standen ein paar kleine Föhren draußen an der Klippe, die stehen heute noch da.

Das gleiche Gefühl hatte ich auch, als ich vor einigen Jahren einmal wieder zu Hause bei meinem Vater in Hannover war, sagte Frau Adelheid. Daß es nicht lange her sei, seit ich daheim war, sondern erst eine kurze Zeit.

Ja. Leider kommen wir nicht mehr hin.

War es damals, als ich mit war? fragte Klein-Willatz.

Der Leutnant macht sich mit irgend etwas an seinen Fingern, die er im Schoß hält, zu schaffen, er steckt seinen Ring an die linke Hand.

Ich weiß auch nicht mehr, ob es dort lustig war, sagt Willatz.

Ach du, mein Junge, nein, du warst damals klein. Weißt du denn nicht mehr, daß Großvater dir seinen Ehrensäbel lieh?

Nein.

Der Vater der gnädigen Frau ist Offizier? fragt Holmengraa.

Oberst. Aufgehört als Oberst. Alles hat daheim jetzt aufgehört.

Ich habe von der großen Umwälzung in Hannover gelesen, sagte Holmengraa. Ich bin nie da gewesen. Es ist ein reiches und schönes Land.

Ja, ein reiches und schönes Land.

Und Ihr Herr Vater nahm Abschied, gnädige Frau?

Er war nicht alt, und er hatte sich ausgezeichnet. Oberst Moritz von Platz. Aber er gehörte zu denen, die sich doch zu alt fühlten, um – ja, wie soll ich mich ausdrücken – um in fremde Dienste zu treten.

Der Leutnant fragte:

Macht Ihnen Norwegen nun den Eindruck, als sei es aufwärts oder abwärts mit dem Lande gegangen, Herr Holmengraa?

Aufwärts. Unbedingt aufwärts. Alle Länder gehen ja aufwärts. Die Menschen wohnen in großen Häusern, sie haben mehr Vieh, sie leben besser. Die Einwohnerzahl hat sich auch vergrößert. Ich habe übrigens nicht viel vom Lande gesehen, ich fuhr mit einem englischen Dampfer, der meinetwegen in Drontheim anlegte. Und nördlich von Drontheim fuhr ich mit einem Küstenschiff. Ja, statistisch befindet sich das Land im Aufstieg.

Statistisch?

Ich meine maß- und gewichtsmäßig: die vergrößerte Bevölkerung hat etwas mehr Ackerwirtschaft und etwas mehr Fürsorge notwendig gemacht. Ob das die Menschen nun von Natur aus tüchtiger gemacht hat, weiß ich nicht.

Sonst wäre es verkehrt.

Hier im nördlichen Norwegen, meine ich, ist am wenigsten von Fortschritt zu merken. Hier sind wohl neue Menschen aufgewachsen. Aber sie gleichen so merkwürdig den alten, sie gehen mit den Händen in den Taschen, sie sind Nordländer.

Ja, sie gehen mit den Händen in den Taschen, sagt auch die gnädige Frau.

Holmengraa begann über einen Gedanken zu lächeln, in Erinnerung an etwas, und er erzählte:

Als ich ein Boot leihen wollte für meine kleinen Ausflüge, konnte ich keines auftreiben. Man verwies mich an den Handelsmann Henriksen auf Utvär, der hatte einen Achtriemer, ein Hausboot, das niemals gebraucht wurde, aber er wollte es nicht ausleihen. Wollen Sie das Boot verkaufen? fragte ich. Er faßte dies als einen Scherz auf und antwortete, ja, wenn er dafür zweihundert Taler bekommen könne. So kaufte ich das Boot.

Frau Adelheid lächelte, der Leutnant lächelte. Holmengraa fuhr fort:

Als ich Bootsleute haben wollte, konnte ich keine auftreiben, sie standen wohl in Henriksens Laden und trieben sich auf der Brücke herum, mit den Händen in den Taschen. Segeln wollten sie, aber es gab keinen Wind, und rudern wollten sie nicht. Ich erkannte meine Landsleute wieder.

Hatten Sie sich nicht zu erkennen gegeben? fragte der Leutnant.

Ich hatte es angedeutet, mehr sogar als nötig, meinte ich; aber sie glaubten mir sicher nicht. So sagte ich denn gerade heraus, sie könnten wohl ruhig einen alten Bekannten vom Holm rudern, ich hieße Tobias, ob sie sich meiner nicht erinnerten. Aber sie sahen mich von oben bis unten an und glaubten mir nicht recht. Ich erkannte meine Landsleute wieder und ging heim, band mir ein paar feste Tücher um den Leib, machte mich dick, zog mir andere Kleider an und hängte mir diese Halskette hier um. Ich wußte ja: gab es etwas, was den Nordländern Achtung einflößt, so mußten es Dickbäuchigkeit, feine Kleider und Flitter sein. Das Wetter war recht warm, und ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich es aushalten sollte, aber ich zog obendrein noch den Pelz an. Wie ich, dermaßen aufgetakelt, angestiegen kam, sahen sie mich mit anderen Augen an, und ich bekam Bootsleute.

Hier lachte der ganze Tisch. Das war ja auch ein prachtvoller Witz.

Und Sie glauben wirklich, die Veränderung in Ihrer Ausstaffierung sei es gewesen, die Ihnen die Leute verschaffte?

Ich bin überzeugt davon, gnädige Frau. Diese Menschen hatten ja viele und großartige Erzählungen über mich gehört, jahrelang, ich sei so mächtig geworden, ich sei so reich geworden, ich sei beinahe König – mußte ich also nicht dick und reich aussehen? Wenn ich mit Pelz und Goldkette kam, so war ich der Tobias vom Holm, ich wurde anerkannt. Das ist genauso, als wenn der Negerkönig allein von seinem ganzen Volk sich einen Kochtopf auf den Kopf setzt und im übrigen nackt ist. Man hat es mit Kindern zu tun, die Nordländer sind Kinder.

Als den Leuten klar wurde, wer Sie waren, wurde wohl viel Staat mit Ihnen gemacht?

Es war alles andere als behaglich für mich. Von allen Enden kamen die Leute, sie wollten mich sehen, sie kamen mit Blecheimern und mit Säcken, sie baten um Geld und um Andenken, alle hatten sie Wünsche. Einige erinnerten sich meiner als Kind, alle kannten sie meine Schwester, die zuletzt auf dem Holm gewohnt hatte, die meisten waren mit ihr verwandt und folglich auch mit mir. Ein Weib bat um Hilfe für ein Begräbnis, ein Mann wünschte sich Bauholz zu einem Stalle; ein Junge kam mit seinem Vater, der Junge hatte gestohlen, und nun sollte ich ihn frei bekommen –

Nein, da hört doch alles auf –

Ja, gnädige Frau, Sie können mir glauben, das waren mühevolle Tage für mich. Inzwischen habe ich diese Tollheit wohl etwas gedämpft, es sickerte wohl durch, daß ich nicht so übermäßig nobel sei, daß ich mir nicht mehr als eine Million in die Brusttasche gesteckt hätte und mich folglich etwas einschränken müßte, bis meine eigentliche Geldsendung käme; sie sei unterwegs, fünfzig Kisten, und jede Kiste hätte vier Vorhängeschlösser. Kurz und gut, ich war in dem alten – nicht Arbeits- und Wirksamkeits-, sondern Märchenland. Ich kannte mich wieder aus.

Der Leutnant hatte aufmerksam und höflich zugehört, er hatte zuletzt mehrere Male seine Augen auf Holmengraas dicke Halskette geworfen. Hatte er die erst jetzt bemerkt? Oder waren ihm Zweifel aufgestiegen, ob sie auch echt sei? Das würde gut zu diesem peniblen Mann passen, mißtrauisch zu werden und vielleicht sogar ein wenig Unbehagen zu fühlen.

Ja – also gesegnete Mahlzeit, sagte er und stand auf. Seine Frau war in bester Stimmung und folgte den Herren ins Gartenzimmer. Der Kaffee kam, altes, kostbares Silber funkelte dem Fremden wiederum entgegen, und der Likör war echt. Von den Fenstern hatte man die gleiche Aussicht.

Klein-Willatz rief: Alle diese Menschen da unten am Ufer, kommt einmal her und schaut!

Die gnädige Frau trat zu ihm hin.

Da sind doch eine Menge Menschen, sagte sie, was kann da vorgefallen sein? Und sie ließ sich durch den Ton der Antwort ihres Mannes nicht abschrecken: Die stehen da und glotzen den Achtriemer des Herrn Holmengraa an! – Sie fand dies lustig, sie lachte: Mein Gott, die stehen da und betrachten sich Ihr Boot, Herr Holmengraa, die warten auf Sie! Oh, Sie bekommen da unten noch einen Empfang!

Holmengraa ging lächelnd und kopfschüttelnd zu ihr hin und sah gleichfalls hinaus. Aber er ließ sich weder über die Menschen noch über den Empfang aus, mit keinem Wort, er bewunderte wieder die Aussicht, den Fluß, der talabwärts schäumte, die Landschaft. Er wandte sich an den Leutnant und äußerte den tollkühnen Wunsch: etwas von diesem Grund hier sein eigen nennen zu dürfen.

Der Leutnant hatte nichts dagegen, daß seine Frau etwas von der Köstlichkeit ihres Segelfoß zu hören bekam, aber er nahm sich wohl in acht, auch nur das Geringste zu unterstreichen.

Finden Sie wirklich, daß es hier so großartig ist? sagte sie.

O ja, o ja.

Ich habe mir den Wasserfall angesehen, sagte Holmengraa, ein prächtiger Wasserfall, ein erfrischender Spaziergang. Mir war, als sei ich nicht mehr krank.

Sie müssen hier wohnen! rief Frau Holmsen. Sie müssen sich bestimmt hier anbauen und hier wohnen! Dann werden Sie auch wieder gesund!

Holmengraa sagte:

Wenn der Herr Leutnant mir einen Bauplatz verkaufen will?

Sie sahen alle auf den Leutnant. Über dessen Arabergesicht zuckte ein kleines Erstaunen, er beugte den Kopf und dachte nach.

Darüber werden Sie sich noch einigen, sagte die gnädige Frau.

Der Leutnant bemerkt lächelnd:

Meine Frau macht mit Ihnen eine Ausnahme, Herr Holmengraa, sonst ist sie immer so sehr dagegen, etwas von Segelfoß herzugeben.

Ja, vom Walde. Das ist etwas anderes, wandte Frau Adelheid ein. Das sagt mein Vater auch.

Oh, diese singende und spielende Dame war nicht umsonst eine deutsche Hausfrau, sie hatte einen gesunden Verstand, sie stand mit beiden Füßen auf der Erde.

Und Sie sind selbst wohl auch der letzte, der jetzt nicht bedauert, daß Ihr Vater – daß seinerzeit Gehöfte mit Wald verkauft worden sind, fügte sie hinzu.

Sie spannte den Bogen zu straff.

Ich bedauere diesen Verkauf ganz und gar nicht! antwortete der Leutnant.

Pause. Seine Frau strich über Klein-Willatz' Haar und tuschelte etwas mit ihm.

Ja, von Wald soll auch keine Rede sein – Holmengraa schüttelte überwältigt den Kopf –, das fiel mir nicht ein. Aber einen Fleck irgendwo, wo Sie wollen, einen kleinen Bauplatz am Fluß droben –

Das hörte sich nicht so dumm an. Hier saß nun ein kranker Mann mit einem begreiflichen Wunsch, vielleicht fiel bei dem Handel auch Geld ab; das würde nicht ungelegen kommen. Weshalb war nun auch die Frau zugegen? Weshalb ging sie nicht wieder? Glaubte sie, er verkaufe Land, weil er dazu gezwungen sei?

Ich will mich selbstverständlich Ihrem Versuch, hier Ihre Gesundheit wieder zu gewinnen, nicht entgegenstellen, sagte der Leutnant. Wenn das Ihre feste Absicht ist?

Ich muß gestehen, es fiel mir ein, als ich vorhin am Fluß entlang ging, sagte Holmengraa. Der Tannenduft war so wohltuend und stark, mein Atem ging ordentlich leichter. Auf einen Versuch könnte man es wenigstens einmal ankommen lassen, dachte ich. Und es lag ja auch für einen Mann von jenem kleinen grauen Holm etwas Verlockendes in dem Gedanken, eine Hütte auf Segelfoß zu haben, setzte er hinzu und lächelte bescheiden.

Der Leutnant saß da und merkte sich sicherlich genau jedes Wort und jeden Ausdruck, er fragte:

Hat man in Mexiko keinen Nadelwald?

Und Herr Holmengraa antwortete ohne Bedenken:

Ja. Aber nicht dort, wo ich wohne.

Es wurde nichts weiter verabredet. Als Herr Holimengraa seinen Kaffee getrunken und noch eine Weile dagesessen hatte, verabschiedete er sich mit den schönsten Dankesworten. Kommen Sie bald wieder! sagte Frau Holmsen.

Der Leutnant ließ sein Pferd satteln und geleitete ihn ein Stück Wegs, er wollte sowieso etwas reiten.

Jetzt geschah etwas. Die Menschenmenge unten am Ufer hatte standhaft auf König Tobias gewartet, bis jetzt; aber in diesem Augenblick, wo er endlich kam, schlichen sich erst einige, dann mehrere und schließlich alle miteinander übers Feld davon und gingen nach Hause. Das war so widersinnig, wenn man darüber nachdachte, so töricht – alles Warten war also weggeworfene Zeit! Wie konnte das geschehen? Diese guten Häusler und Pächter hatten nicht berechnet, daß der Leutnant mitkommen würde, daß der Leutnant in eigener Person mitkommen würde; aber da kam er jetzt, zu Pferde, wie gewöhnlich, indes König Tobias nur zu Fuß ging, der Pelz war außerdem vorausgeschickt worden. Zu dieser Zeit war Leutnant Willatz Holmsen ein Mann, dem man in allen Stücken unbedingten Gehorsam entgegenbrachte, man blieb vor ihm nicht mitten auf dem Weg stehen, man tat nicht so, als wüßte man von nichts, wenn er kam, er, der geborene Herr.

Dort oben könnte ich es mir wohl denken, auf der anderen Seite vom Fluß, sagte Holmengraa und zeigte hinauf.

Was meinen Sie? Ah so, den Baugrund? Ja, darüber werden wir uns schon einigen, gegebenenfalls.

Ich danke Ihnen. Es ist jedenfalls einen Versuch wert. Und was den Preis angeht, so überlasse ich das ganz und gar Ihnen.

Sie blieben noch ein Stück Wegs beisammen, bis Holmengraa nach der See hin abbiegen mußte. Er zog den Hut und dankte herzlich für den schönen Tag. Die Herren nahmen voneinander Abschied.

Aber während der Leutnant weiterritt, dachte er: War das alles, war dies das ganze Märchen! Ein kranker Mann, der Baugrund zu einer Hütte haben wollte, zu einem Häuschen vielleicht, was es nun auch sein mochte. Aber auch ein einfacher und bescheidener Mann, er machte keinen abstoßenden Eindruck. Sein Benehmen bei Tisch war merkwürdig gut.


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