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Bericht eines romantischen Lebens nach Wolfgang Frank
Kinder, Kinder – ihr könnt sagen, was ihr wollt: man hat es gar nicht leicht! Mit dem einen Bein steht man noch in der Organisation des Hamburger Künstlerfestes, mit dem andern bereits in der Kombüse des Atlantiklüsternen Seglers – trotzdem bitten einen die Verleger inständig, man möchte seine Bücher endlich fertig schreiben. Man tut es ja ganz gern, gewiß, aber man weiß nicht, wie man es schaffen soll, um so mehr, als sich zwischendurch die freundlichen Mädchen immer an einen herandrängeln.
Sie nennen mich Lorelei, die Mädchen, denn sie behaupten, mein Haar sei Gold. Lassen wir sie bei diesem frommen Glauben. Und überhaupt, ein Mädchen zur rechten Zeit ist eine gute Gabe Gottes, meine Lieben, und es kommt gleich hinter einem guten Schluck Bier oder Wein (es darf auch was Gemixtes sein).
Und als ich in Dalmatien rumkutschierte, waren die Mädchen und der Wein gerade der richtige Hinter- und Untergrund für die Begebenheiten. Ein Vierzeiler fällt mir ein, und ich schreibe ihn ins Tagebuch. Wenn ich ihn später meiner Sekretärin diktiere, wird sie wieder rot werden, die drollige Jungfrau, aber das steht ihr gut. Dies ist der Vierzeiler:
Auch hier blühn die Akazien,
damit ihr es nur wißt,
es wird auch in Dalmatien
getrunken und geküßt.
Ach, das Leben wäre verdammt langweilig, wenn man es so machte wie die Wald- und Wiesen-Poeten, die in ihren Zweieinhalbzimmerwohnungen mit Zentralheizung auf die Belegexemplare warten.
Ich mag es nicht immer so freundlich haben, dies sogenannte Leben, und an Bord einer Segeljacht gibt es Schrammen und Beulen, und seekrank wird man auch, denn ich gehöre nicht zu jenen mutigen Seefahrern, die das nicht zugeben. Hui, heult der Sturm. Das Schiff macht viele Meilen. Der Großmast schwankt jetzt durchs nächtliche Meer wie ich vor vier Wochen durchs nächtliche Althamburg. Topp und Klüver grinsen den Besanmast an. Es wird überhaupt derartig nautisch-fachlich jetzt, daß Leip sich vor Neid entleipt.
Windstärke 11. Junge, Junge, ihr Armleuchter von Landratten, die ihr nicht über eine besinnliche Barkassentour hinauskommt, ihr macht euch wohl keinen Begriff davon, was das hier ist auf der See. Aber ich tausche mit keinem Barkassenführer, und ginge es gleich nach Lauenburg.
Wie ich hinaufschaue an Deck – wer sitzt am Ruder? Viele werden es natürlich wieder nicht glauben, und doch ist es wahr: der liebe Gott persönlich steuert unser Schiff; ein bißchen langsam, aber sicher. Wer es nicht glaubt, der frage bei Broschek an, der hat es gedruckt und Broschek druckt nichts, was nicht wahr ist.
Der liebe Gott am Ruder. Ich lache ihn an, er lacht zurück. Ich bitte ihn um einen schönen Traum – er nickt. Da lege ich wich in meine Koje, die Beine muß ich anziehen wegen meiner Länge … und nun träume ich von Hildegard und Sophie, von Hortensia und Anneliese … er ist nett, unser Rudergänger, er ist wirklich sehr nett.