Hans Freiherrn von Hammerstein
Mangold von Eberstein
Hans Freiherrn von Hammerstein

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Der Jude

Durch das bunte, lärmvolle Getriebe des Hauptmarktes zu Nürnberg schlich Chajm Wachtel, der Jude. Er trug einen fadenscheinigen, mit schäbigem Fuchspelz verbrämten Mantel, der an den Ärmeln fettig spiegelte, und eine abgegriffene Mütze aus dem gleichen Rauchwerk auf dem Kopf. Unter der blickte, von den zwei Haarschnecken umringelt, sein Antlitz im würdigen Bart betrübt und leidend hervor. Es war ein frostiger Tag zu Anfang März des Jahres 1522, Sonnabend vor Faßnacht. Über Nacht war neuer Schnee gefallen und deckte Giebel, Gassen und Platz mit einer sauberen, knarrenden Schicht. Allenthalben machte sich schon die faßnächtliche Lustbarkeit bemerkbar. An den Buden hingen Masken und Narrenmützen zum Verkauf, und die Buben liefen bemalt, vermummt und ausgelassen umher. Überall aber standen Gruppen plaudernder Menschen beisammen, und die Heiterkeit, die sich auf ihren Gesichtern zeigte, in ihren Reden da und dort wie Jubel laut wurde, schien nicht allein der Frohsinn des beginnenden Tanz- und Schmausfestes zu sein. Der Jude wußte die Ursache. Häufig war in den lebhaften Berichten, die neugierigen Lauschern von Kundigen zum besten gegeben 368 wurde, der Name Tucher zu hören. Und jedesmal, wenn ihm der ans Ohr schlug, zuckte der Chajm zusammen, und seine Miene nahm den Ausdruck eines schwer Gepeinigten an. Ja, manchmal fuhr er mit der Hand in die Luft, riß die Augen weit auf und wimmerte still vor sich hin: »Zwanzigtausend Gülden, zwanzigtausend Gülden! . . . Ich bin der Mann, der sein Elend sah unter seines Grimmes Rute . . . er sättigte mich mit Bitterkeiten und tränkte mich mit Wermut . . . zwanzigtausend! . . . Verloren ist mein Ziel, dahin meine Hoffnung auf den Herrn . . .«

Er strebte dem Rathaus zu. An der Straßenecke trieb sich ein Haufen Kinder in bunten Kappen und Larven umher. »Jud – Jud – Jud!« rief es. Ein Schneeball traf den Alten auf den Rücken. »Jud – Jud – Jud!« umringte und umtanzte es ihn. »Gib deine Beikes her – ich will mir ein Schwänzlein draus machen – ich schneid dir deine Lausschaukeln ab und häng sie an den Brunnen – Jud – Jud!« Und nach jedem Zuruf gab es ein helles Gelächter.

»Gott segne euch, ihr Kinder, laßt mich wandern meinen Weg,« sprach er milde. »Gott straf euch, wie er gestraft hat die Spötter des Propheten, verfluchte Gojims,« murmelte er dazu. Ein zweiter Schneeball flog ihm am Ohr vorbei. »Treibt ihn aus als den Winter!« schrie eine Knabenstimme. Es reihte, sang und lachte um ihn:

»Winter, du mußt Urlaub han,
das hab ich wohl vernommen.
Was mir der Winter hat Leids getan,
das klag ich diesem Sommer.«

»Gebt mir Platz, ihr lieben, lustigen Kindlein,« bat er freundlich und klagend, »gebt Platz einem armen, alten, kranken, geschlagenen Mann. – Oj waih! Jisroel!« jammerte er auf, »zwanzigtausend Gülden! Last über Nürnberg!« zischte er, »der Herr schlag und vertilg euch, ihr Gojims, ihr ganz unverschämten Hunde. Er gieße seinen Grimm aus über die Kinder der Gasse . . . ihre Häuser sollen andern zuteil werden, ihre Äcker und Frauen zumal, der Herr strecke seine Hand aus wider das Land der Philister!« 369

Er hob den Stock und drohte. Die Kinder liefen schreiend und lachend auseinander. Ein Schneeball traf ihn in den Nacken. Mit einem Prophetenfluch beschleunigte er seine Schritte und flüchtete ins Tor des Rathauses.

Er schlürfte durch die Torhalle. Auch da und auf den Treppen standen Bürger und Stadtjunker in prächtigen Pelzen, und überall war Fröhlichkeit und hieß es: Tucher, Tucher, Tucher . . .

Denn Herr Endres Tucher war tags zuvor ganz unvermutet aus der langen Gefangenschaft in die Stadt zurückgekehrt. Daß er entkommen sei, munkelte man in den Kreisen des Rates schon seit dem Herbst. Aber man sprach mit Fleiß nicht laut davon und ließ es nicht wissen. Denn es war zu denken, daß die Schnapphähne auf den Flüchtigen Jagd machen würden über alle Straßen hin. Lange hielt er sich zu Frankfurt verborgen; dann reiste er unter starkem Geleit bei Nacht nach Heidelberg, wo ihm der Pfalzgraf Obdach gewährte, und von dort auf abenteuerlichen Umwegen durch Schwaben über Augsburg nach der Heimatstadt.

Im Rat war die Freude über seine Befreiung um so größer, als man nun gegen den von Eberstein, der das kostbare Pfand verloren hatte, rücksichtslos vorgehen konnte.

Trotz aller Heimlichkeit hatte der Wachtel auch schon einmal was von der Flucht des Tucher gehört. Aber Hans Thomas von Absberg, darüber zur Rede gestellt, wußte glaubhaft zu machen, man habe die Nachricht absichtlich verbreitet, um die Nürnberger und die Reichsexekution irre zu führen, und der Tucher sei nur auf ein anderes Schloß gebracht worden. Und da er in Nürnberg nicht auftauchte, hatte sich der Jude wieder dabei beruhigen müssen.

»Zwanzigtausend,« seufzte Wachtel, indem er schnaufend eine der gewundenen Schneckenstiegen erklomm. »Zwanzigtausend . . . Ich ward zum Gespött für mein ganzes Volk, ihr Spottlied den ganzen Tag . . . immer denke ich daran, und meine Seele schmachtet in mir hin.«

Er mußte ausruhen und setzte sich auf die Stufen. »Zwanzigtausend!« Er ballte die Faust und stieß aus blauen, verzerrten Lippen: »Ein lauernder Bär ist er mir geworden, 370 ein Löwe im Hinterhalt . . . wie ist das Gold verdunkelt, verändert der schönste Glanz! . . . Vergilt ihnen, Herr, nach den Werken ihrer Hände . . . verfolge sie mit Grimm und tilge sie hinweg unter dem Himmel . . .«

Mühsam erhob er sich wieder und zog mit schleifenden Tritten einen Gang hin. Ein Ratsdiener begegnete ihm mit der Frage: »Was willst du?«

Der Chajm verbeugte sich tief. »Ich muß sprechen die Herren vom hohen Rat,« sang er in klagendem Ton mit großer Bewegung seiner Arme. »Ich hab Wichtiges, Dringliches, absonderlich Großes zu vermelden den Herren vom hohen Rat, meinen hochgünstigen Herren. Gott segne die Herren und mache ihre Feinde zum Schemel ihrer Füße.«

Der Diener lächelte und führte ihn in den leeren Kaisersaal, den eine Tür mit der Kriegsstube verband. Er hieß den Juden warten und trat ein. Der Wachtel vernahm Stimmen. Der Diener kam wieder heraus und fragte, was er eigentlich wolle. Der Chajm geheimnisvoll flüsterte: »Kunde bring ich von den Feinden der Stadt.« Auf diese Meldung ward ihm neuerlich geheißen zu warten. Er kauerte sich auf den Boden hin, zog den Pelz hoch und streckte die Hände in die Ärmel, denn es war sehr kalt in dem riesigen Saal mit den steilen, buntbemalten Fenstern, dem langen Zug der Wandmalereien und der wappengeschmückten Decke, deren Mitte ein mächtiger Kaiseraar mit dem Schild auf der Brust und der Krone überm Doppelhaupt einnahm.

An zwei Stunden wartete geduldig der Wachtel. Wären nicht ab und zu Stimmen im Nebenraum hörbar geworden, er hätte glauben müssen, daß man seiner vergessen habe. Endlich öffnete sich die Tür, und drei Handwerker wurden von einem Stadtknecht herausgeführt. Der Jude stand auf. Aber der Mann mit der Hallparte in der rotgelben Tracht geleitete die Bürger durch den Saal fort und kümmerte sich nicht um ihn. Nicht lang, so ging die Tür wieder auf. Christoph Kreß und der alte Hieronymus Holzschuher traten hervor.

»Ja!« sprach der Kreß. »Den hätt ich schier vergessen. Sieh da, es ist der Wachtel. Ei, wie gehts, was macht der Wachtel?« 371

Chajm verbeugte sich bis an die Erde. »Segen über Nürnberg!« sang er. »Segen, Glück und Reichtum über die Herren vom hohen Rat, meine edlen, gnädigen, großgünstigen Herren. Was soll singen die Wachtel? Lobe Gott, lobe Gott! Wie solls gehn dem Wachtel? Schlecht gehts ihm in solchen Zeiten der Teuerung und Gefahr. Ka Geschäft und viel Unglück, und er is a geschlagener Mann.«

Die Ratsherren lachten. »Was hast du uns zu berichten?« sprach der würdige Holzschuher mit dem klugen Blick und runden, roten Gesicht im weißen Bart. »Komm herein.«

Sie gingen in die Stube zurück. Die Herren setzten sich an den Tisch, wo noch der Schreiber Johann Kirchhammer mit der Brille auf der Nase hinter einem Stoß Akten saß. Und daneben lag in einem halb aufgegangenen, zerknitterten, blutigen Papier ein gräßliches Ding: eine menschliche Hand, blaugelb und verkrampft mit abgehacktem, rotem Stumpf.

»Alsodann sag, was du zu sagen hast,« sprach der Holzschuher.

Der Wachtel, Mütze und Stab in der Hand, ein fettiges, schwarzes Käppchen auf dem breitgewölbten Haupt, stand demütig gebeugt vor dem Tisch ihnen gegenüber und machte ein mildes, trauriges Gesicht. Aber in seinen Augen leuchtete es schlau.

»Wollet sagen, Ihr gnädigen, günstigen und wohlgeneigten Herren: wer ist der großmächtigen Stadt Nürnberg, Gott laß sie gedeihen und wachsen, schlimmster Feind?«

Die zwei sahen sich verwundert an. Der Schreiber rückte die Brille herab und blickte über die horngefaßten Gläser weg forschend auf den Juden.

»Nürnbergs größter Feind?« sagte nachdenklich der Kreß. »Was soll das für ein jüdisch Rätsel sein?«

»Nü,« versetzte der Wachtel mit redender Handbewegung, »was soll sein ä jiddisches Rätsel? Werden die gnädigen, wohlweisen Herren vom Rat doch wissen, wer am meisten Schaden und Abbruch tut der Stadt und dem Handel zu Nürnberg.«

»Die Stadt hat viele Feinde,« meinte der Holzschuher, »und tut einem die Wahl weh, welchen man den gefährlichsten 372 nennen soll. Vielleicht aber meinst du den Junker Mangold von Eberstein?«

Der Wachtel drauf die Schultern hebend und das Haupt wiegend: »Der Junker von Eberstein is a großer Feind und tut viel Schaden; Gott soll ihm vergelten nach seinen Taten. Aber ich wüßt an größeren, grausam wie Holofernes, furchtbar wie Nabuchodonosor und sein Heer. Gott schütz die Stadt vor ihm und seiner Rotte.«

Der Holzschuher schüttelte das weißlockige Haupt.

Der Kreß sagte: »Etwan meint er den Kunz Schott oder gar den Markgrafen, der ihm hilft?«

Der Chajm mit listigem Lächeln auf die blutige Hand zeigend: »Nü – von wem is das a scheener Gruß an den hohen Rat?«

»Der Absberg!« riefen die zwei Herren zugleich. Der Schreiber nickte.

»Der Herr hat erleuchtet die wohlweisen Herren,« sprach der Wachtel mit einer Verbeugung. »Der Herr wolle erleuchten den hohen Rat zu Nürnberg, daß er schaue und erkenne, was große Gefahr droht der Stadt vom Junker Hans Thomas von Absberg. Tut er nicht Schaden der Stadt und ihrem Handel seit vielen Jahren? Ist er nicht der Schreck aller guten Bürger und Handelsleut mit Rauben, Fangen, Schatzen, Handabhacken, Foltern, Morden und anderer grausamlicher, entsetzlicher Gewalt?«

Der Holzschuher: »Das stimmt.«

Der Wachtel fortfahrend: »Gott erleuchte die wohlweisen, ehrsamen Herren, Gott hat erleuchtet seinen geringen Diener Chajm, Sohn Levis, daß ihm ist kund worden, was große, entsetzliche, erschreckliche Gefahr droht der Stadt von Thomas von Absberg. Er hat sich verbunden und versprochen zu harten Eiden mit dem von Eberstein, dem Voit von Rieneck, dem Fuchs und vielen andern grimmen, grausamen Junkern im Land zu Franken, und sie werben Landsknecht und Heerscharen und werden heranrücken mit großem Heer und rings umzingeln die Stadt, wie umzingelt hat Nabuchodonosor Jerusalem.«

Der Kreß: »Von solchem Anschlag hab ich auch schon 373 vernommen. Aber mich daucht die Gefahr nit so groß. Auch wir haben Landsknecht und Heerscharen.«

Der Holzschuher mit faltiger Stirn: »Die Raubbrüder wollen der kaiserlichen Exekution zuvorkommen.«

Der Jude rückte ein wenig näher an den Tisch und bog sich vor. Lauernd blickte er über seinen Geierschnabel hin, als er flüsterte: »Wollen die Nürnberger den Raubern zuvorkommen? Was zahlt der hohe Rat für den Kopf des Hans Thomas von Absberg?«

Wieder blickten sich die zwei Ratsherren an. Der Kreß stand auf, stellte sich vor das Fenster und musterte den krummen Chajm von oben her. Auch der Holzschuher erhob sich, trat zum andern und zog ihn in die Nische, wo beide miteinander leise berieten. Schließlich winkten sie noch den Ratsschreiber herbei. Der Jude stand demutvoll gleich einem Schuldigen, der sein Urteil erwartet, mit geneigtem Kopf und niedergeschlagenen Augen, die nur zuweilen nach den dreien verstohlen hinüberschielten. Schließlich kehrte sich der Kreß und sagte: »Wie willst du das anfangen, daß du den von Absberg kriegst?«

Der Chajm hob die Schultern: »A schwere Sach,« antwortete er geheimnisvoll, »aber, so die Herren geben Geld, werd ich machen.«

Wieder berieten die drei. Dann trat der Kreß einen Schritt vor und sprach: »Gut. Wann du den Absberger bringst, tot oder lebendig, sollst du fünftausend Gulden haben.«

»Erbarmung!« fuhr der Wachtel auf. »Fünftausend Gülden vor so großen Schnapphahn? Da krieg ich nix an Sporen oder an alten Rock von ihm – unter zehntausend geh ich ihm überhaupt nix in die Näh – an so an gefährlichen, gewältigen Balmachomer! . . . Zwanzigtausend schwere Gülden kost er mich selbst, daß ich find und bezahl tapfere Leut, die was sich getrauen, ihn zu greifen an – fünftausend gehn hin, daß ich ihn bring zu steigen, wo man ihn kann fassen – vierzigtausend Gülden, dabei bleibt mir ka Tinnef, weil ich nix will verdienen und tun allein der Stadt Nürnberg an guten Dienst – vierzigtausend, Ihr Herren, das is wenig, das is billig vor so an Kopf und so an großen Dienst.« 374

»Du bist verrückt,« warf der Kreß hin. »Für vierzigtausend Gulden stell ich sechstausend Lanzen und Geschütz und Reuter dazu und hol mir den Absberg selber samt allen seinen Helfern.«

»Wie haißt verrückt?« gestikulierte der Chajm erregt. Er hatte Stab und Mütze zu Boden gelegt, um besser reden zu können. »Wie haißt verrückt? Der Herr wird nehmen sechstausend Lanzen, der Absberg wird nehmen zehntausend und tausend Reiter dazu und wird schlagen den Herrn Kreß, wie David hat geschlagen die Amalekiter. Werden mir geben die Herren vierzigtausend Gülden, werd ich bringen das Haupt des Holofernes, braucht der hohe Rat nix zu bedürfen zu bezahlen a anzige Lanz, und muß der Herr Kreß sich nix begeben in Gefahr. Dann wer sich begibt in Gefahr, der kömmt darin um.«

Die Ratsherrn überkam das Lachen. »Nein, nein, Wachtel,« sagte Christof Kreß, »für vierzigtausend Gulden fangen wir uns den Absberg selbst.«

Der Wachtel eifernd: »Nü – und so viel Blut, was das kost, Tote, Verwundte, zerbrochene Waffen und Geschütz? Und fangen werdt Ihr den Absberg, wo Ihr ihn gern hättet gefangen schon zwanzig Jahr? Auskommen wird er und sich verstecken in Gebirgen und Wäldern, und rauben wird er und schatzen und nürnbergische Händ abhacken noch zwanzig Jahr.«

Die drei berieten neuerlich. Der Schreiber sprach lange und wichtigtuerisch mit den Ratsherren. Der alte Holzschuher nickte mehrmals. Dann kehrte er sich dem Wachtel zu und sagte: »Wir wollens dem Rat fürlegen und erwägen, ob die Stadt dir zwanzigtausend Gulden geben kann für solche Tat.«

»Zwanzigtausend?« winselte der Jude fast in Tränen. »Gott über die Welt, dabei verlier ich zehntausend Gulden zumindest. Sechs verwegene Gesellen muß ich dingen, für fünftausend jeden, unter dem wagt keiner sein Leben, und reisen und laufen hin und her, und hab noch nix für meine Müh und Gefahr. Fünfunddreißigtausend – darunter kann ich nix machen . . .«

Der Holzschuher schüttelte das Haupt. 375

»Dreißig,« rief der Wachtel, »dreißigtausend, ihr Herren! Nie mehr so wohlfeil ist Euch der Kopf des Hans Thomas von Absberg!«

»Du Narr!« lachte der Kreß, »für die Hälfte will ich ein paar Mordbuben dingen, die uns das besorgen.«

»Wie haißt Mordbuben?« lächelte der Chajm. »Und wie sollen die kommen zu dem von Absberg, der sich hüt wie a Fuchs und wehrt wie a Löw?«

Der Kreß: »Und du – wie kommst du zu ihm?«

Der Wachtel: »Hab ich Wege, weiß ich Wege, werd ich machen. Aber dreißigtausend Gülden, das kosts.«

Der Holzschuher: »Zwanzigtausend – nichts mehr, nichts minder.«

Der Wachtel nahm Kappe und Rock auf. »So wird der grausame Thomas von Absberg noch zwanzig Jahr oder dreißig – er is a starker und gesunder Mann – plagen die Nürnberger mit großer Gewalt – wer weiß – so wird er bekriegen und zerstören die gute Stadt mit großer Rotte, schlimmem Raubgesindel, das er wirbt mit vielem Geld zu Hauf im Land. Ich hätt ihn gebracht – billig – ich bin nix schuld – Gott bewahr! – an dem Blut, das wird kommen über Euch.«

Er verneigte sich tief und schlürfte hinaus. Vor der Tür stand er still und überlegte halblaut mit sich redend.

»Zwanzig, die sind hin,« murmelte er. »Der Tucher ist ihnen entkommen, der Absberg und der Eberstein kriegen kane Sellner – meine zwanzigtausend – oi schmayes Jisroel – die hat der Belial! Soll ich ihnen noch geben zwanzig, dreißig, funfzig, daß sie kaufen Mann und Geschütz? – Soll ich nehmen die zwanzig von der Stadt und fünfe dazu?«

Er krallte die Finger in den Bart und sah mit bösem Blick auf die Steinfließen des Saales hinab. Die drinnen in der Stube sprachen noch miteinander. Er horchte an der Tür, er faßte die Klinke, drückte auf, steckte den Kopf hinein.

»Achtundzwanzig, Ihr Herren, achtundzwanzigtausend zum letztenmal . . .!«

Der Kreß lachte hell auf.

»Gut!« rief der Holzschuher, »fünfundzwanzig sollst du 376 haben. Und jetzt scher dich zum Teufel – sonst kriegst du sie auf den Hintern. Fünfundzwanzigtausend schwere Gulden, wenn du bringst den Kopf des Hans Thomas von Absberg.«

»Und ists der rechte nit,« fügte der Kreß hinzu, »dann hat dein Kopf zulängst auf deinem Hals gesessen.«

Chajm Wachtel verbeugte sich grinsend und schloß die Tür. Immer noch mit sich rechnend und raunend schlürfte er durch den Saal und auf den Gang hinaus. »Wollen wir schauen,« murmelte er an den Bartlocken drehend, »wie gehn die Geschäfte. Das Geld ist sicher. Wollen wir schauen . . . Wann se kriegen viele Sellner und machen an tüchtigen Krieg mit guter Beut, kann ich ihnen geben mehr. Schaut es her, es will werden a machloike, laß ich ihn umbringen – kost mich zweitausend – hab ich noch nix verloren dabei.«

 


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