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Im Hause des Kummers verschließt Gott die Herzen kleiner Kinder, so daß sie nicht gebrochen werden. Die kleine Elin war den ganzen Abend heiter und fröhlich gewesen. Sie war ein lustiger kleiner Kobold, dessen Lachen – wie das Plätschern eines sonnigen Baches – alle Leute ansteckte. Die alte Maria vermochte gar nicht herauszufinden, wem sie von ihren Eltern am ähnlichsten sei. Als das Kind lachte, sagte Maria: »Die Kleine hat doch sehr viel von ihrem Vater, und als sie ihr zuhörte und sie von der Seite anblickte, dachte Maria, daß doch auch viel von der Mutter in ihr läge.
Anna brachte sie zu Bett, und während des Auskleidens ging die kleine Zunge wie ein Mühlrad. Sie hatte schon soviel erlebt, seit sie angekommen war, daß sie nicht genug erzählen konnte. Mit Maria war sie nach der Schlucht hinuntergegangen, um Heidelbeeren zu pflücken, und zwei große Raben hatten auf einer Klippe gesessen und krächzend auf sie heruntergeguckt; dann war sie mit Eric im Kuhstall gewesen, um das Melken der Kühe zu sehen, und Gudrun hatte sie (zu ihrem kindlichsten Vergnügen) ein wenig mit Milch bespritzt; aber das Schönste war, daß sie, ganz allein, ein zahmes Lämmchen gefunden hatte, und es war braun, weil es seine Mutter verloren hatte, und es lebte im Elthause, denn sein Vater war ihm davongelaufen, und es hatte seine kalte Nase an ihr Gesichtchen gedrückt und »Bäh« gesagt, und es hieß Maggie.
»Maggie soll morgen früh kommen und dich wecken, mein Liebling,« sagte Anna.
»Soll sie hier herein kommen, Großmama?«
»Ja, mein Herz,« sagte Anna, und nun rauschte wie ein sonniger Bach das Lachen des Kindes durch das Zimmer.
»Aber jetzt ist es spät, und artige kleine Mädchen müssen so still sein wie die Mäuschen.«
»Ja, Großmama« – flüsterte es atemlos.
»Dies soll immer dein kleines Schlafzimmer sein, mein Liebchen, und Großmama hat es so nett gemacht, daß es auch noch genügt, wenn du ein erwachsenes Mädchen sein wirst.«
»Ja, Großmama,« flüsterte es wieder atemlos.
»Dies ist der Schrank für deine Kleider, und dies ist deine kleine Kommode, und dort oben, an der Wand, das ist die Gitarre deiner Mutter, die wirst du eines Tages spielen lernen.«
»Ja, Großmama.« – Das Flüstern klang schon ein wenig müde.
»Nebenan ist das Fremdenzimmer; Onkel Magnus schläft immer dort, wenn wir keine Gäste haben. Du brauchst in der Nacht nur anzuklopfen, er hört dich gleich.«
»Ja, Großmama,« – das Flüstern wurde leise und schläfrig.
»Großmama hofft, du wirst ein sehr liebes Kind für Onkel Magnus sein. Er hat deine süße, liebe Mutter so sehr geliebt – ach, so sehr – aber er hat sie verloren –«
»Grad wie Maggies Mutter?« Sie schien plötzlich wieder etwas aufzuwachen.
»Maggies Mutter war nur ein Schaf, mein Liebling.«
»O!«
»Aber nun hat der liebe Gott dich dem Onkel Magnus geschenkt, um ihn für alles zu entschädigen, und du mußt so gut und lieb zu ihm sein, wie du nur kannst.«
»Ja, Großmama.« Das Flüstern wurde immer leiser.
»Und wenn du ein großes Mädchen geworden bist, und Großmama nicht mehr da ist, dann mußt du ihn gerade ebenso lieben und pflegen, als ob er dein eigener Vater wäre.«
»J–a, Großmama.«
»Und wenn jemals einer kommt und dich von ihm fortnehmen möchte, dann mußt du nicht mitgehen – sondern immer bei Onkel Magnus bleiben.«
»J–a, Groß– –«
»So, du bist ein artiges Kind! Und nun steige in dein Bettchen, und Großmama gibt dir noch einen Kuß und wickelt dich warm in die Decken ein für die Nacht.«
»Und kommt Maggie wirklich morgen früh?«
»Ja, liebstes Herz.«
»Gute Nacht, Großmama!«
»Gute Nacht, mein süßer Liebling.«
»Gut' – Nach' – Groß – ma – ma.«