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Aus den Erinnerungen eines Tierhändlers

Obwohl ich in den langen Jahren, die ich in Ceylon, auf dem indischen Festland und in Holländisch-Indien verbracht habe, in der Hauptsache Großkaufmann, Unternehmer und Pflanzer war, habe ich mich aus besonderer Vorliebe doch immer in ausgedehnter Weise mit dem Fange und der Beschaffung wilder Tiere, mit Tierzucht und Tierexport befaßt. Wenn ich behaupte, daß mir der leidenschaftliche Hang zur Beschäftigung mit exotischen Tieren geradezu angeboren war, so ist mir das in Anbetracht meiner Herkunft wohl ohne weiteres zu glauben. Als Sproß einer Familie, die auf dem Gebiet des Tierhandels Weltruf genoß, als Bruder eines Mannes, der für die Anlage Zoologischer Gärten und für alles, was damit zusammenhängt, geradezu bahnbrechend und von Grund auf reformierend gewirkt hat, war ich in diesem Element erzogen und groß geworden. Die Tierliebhaberei saß mir von klein auf im Blut, erfüllte mein ganzes Leben und Trachten, und wenn ich heute bedenke, was mich schon in so jungen Jahren hinaus in die Welt und nach Indien trieb, so muß ich sagen, es war nicht lediglich unklarer, jugendlicher Drang nach der lockenden Ferne, sondern auch der ganz bestimmte Wunsch, meiner auf exotische Tiere gerichteten Passion aus vollem Herzen nachgehen zu dürfen.

Wie unendlich viele Menschen werden von heißen Jugendwünschen bewegt, und wie wenigen gewährt die spröde Wirklichkeit Erfüllung ihres Trachtens und Sehnens! Ich fühle mich deshalb dem Schicksal innig zu Dank verpflichtet dafür, daß es mir in so reichem Maße alles zuteil werden ließ, was ich in der Schwärmerei der frühen Jugendzeit einst begehrte, daß es mich als Jäger, Tierzüchter und Tierhändler eine so ausgedehnte und mich reich befriedigende Tätigkeit entfalten ließ. Blicke ich jetzt, in meinen Erinnerungen blätternd, darauf zurück, mit welcher schier unermeßlichen Fülle exotischer Tiere ich zu tun hatte, wieviele Erlebnisse und Abenteuer damit verknüpft waren, so kommt es mir selber fast märchenhaft vor. Es gibt schwerlich eine Gattung jagdbarer Tiere des asiatischen Südens und Ostens, von der nicht Vertreter durch meine Hände gegangen wären, von der zarten Gazelle und dem Axishirsch an bis zu den edelsten Geschöpfen der indischen Großtierwelt, den Elefanten, den Tigern und den mächtigen Gaurs oder indischen Bisons, von denen ich die ersten lebenden, selbst gefangenen Exemplare nach Europa gebracht habe. Aber auch andere interessante, nicht jagdbare Tiere, vor allem Schlangen der verschiedensten Art, haben aus meinen Gehegen den Weg in die Ferne angetreten. Meine Jäger und Einkäufer waren beständig unterwegs, und meine Tiertransporte gingen über die ganze Welt. Gewaltig ist die Zahl der Tiere, die ich allein meinem Bruder Carl Hagenbeck in Hamburg für seinen berühmten Tierpark und seine Schaustellungen geliefert habe; außerdem wurden von mir so ziemlich sämtliche bedeutende Zoologische Gärten Europas und Amerikas mit Vertretern der asiatischen Tierwelt versorgt, und verschiedene Gattungen, außer dem schon vorhin erwähnten Gaur, sind durch mich überhaupt zum erstenmal exportiert worden. Wenn ich sagen soll, welche Tiere mir dabei besonders am Herzen lagen, mit welchen ich mich am liebsten abgab, so muß ich mich zu den Elefanten bekennen. Der Elefant, und besonders der ceylonische, der zweifellos würdigste Repräsentant seiner Gattung, hatte es mir nun einmal angetan, und ich habe ein Menschenalter hindurch aus ihm, seinem Fang, seiner Zähmung und seiner Aufzucht ein förmliches Studium gemacht, so daß ich in allen ihn betreffenden Fragen als Experte galt und als solcher von den Interessenten in aller Welt beständig in Anspruch genommen wurde. Zweifellos bin ich der größte Elefantenexporteur gewesen, und die von mir besorgten und aufgezogenen Elefanten erfreuten sich eines so guten Rufes, daß selbst die indischen Fürsten, obwohl sie doch wahrlich keinen Mangel an diesen edeln Repräsentationstieren haben, sich oft an mich wandten, um ihre Gehege immer wieder durch neue und besonders schöne Exemplare zu bereichern.

Tiergeschichten! … Ja, das ist ein Garn, das sich schier endlos fortspinnen läßt und wobei einem alten passionierten Tierhändler und Großwildjäger das Herz zu klopfen beginnt. Vieles von meinen Erlebnissen im Urwald und Dschungel, auf der Steppe und im Gebirge habe ich schon in den beiden Bänden meines Indienwerkes » Fünfundzwanzig Jahre Ceylon. Erlebnisse und Abenteuer im Tropenparadies.« – » Kreuz und quer durch die Indische Welt. Erlebnisse und Abenteuer in Vorder- und Hinterindien, Sumatra, Java und auf den Andamanen.« erzählt. Wenn ich den dort gesponnenen Faden nochmals aufheben soll, so möchte ich jetzt zunächst ein bißchen näher auf etwas eingehen, das ich bisher nur flüchtig berühren konnte: Das Verschicken exotischer Tiere und die damit verbundenen Schwierigkeiten.

Man kann ein guter Jäger, ein trefflicher Züchter, ein erfolgreicher Tierhändler sein – aber wilde Tiere zu transportieren, über das große Wasser und durch die Länder um den halben Erdball herum zu schicken, mit dem Ergebnis, daß sie am Ort ihrer Bestimmung heil und gesund anlangen, das ist wieder ein Kapitel für sich, das verlangt eine Summe von Erfahrungen, die man nur durch die jahrelange Praxis erwirbt.

Man kann eben Tiere, besonders die großen und die sehr empfindlichen, nicht einfach dem Spediteur übergeben und im übrigen die Vorsehung walten lassen, die es wahrscheinlich schon gut machen wird. Alles, was mit dem Tiertransport zusammenhängt, die Frage der Verpackung, des Futters, der Bequemlichkeit, der Pflege, der Sicherung gegen Krankheit und Gefahren verlangt die größte Aufmerksamkeit und hält den Exporteur von Anfang bis Ende in Spannung. Und wenn er alles auch noch so umsichtig vorbereitet und geregelt hat und seiner Sache völlig sicher zu sein glaubt, so ist ganz sicher nur das Eine: daß irgendein unvorhergesehener dummer Zufall, irgendeine nicht geahnte Widerwärtigkeit dazwischen kommt und den Transport oft genug ernstlich gefährdet. Immer wieder muß der Tierexporteur deshalb von neuem Lehrgeld bezahlen; so alt er auch wird, er lernt niemals aus.

In früherer Zeit, als die Schiffe noch kleiner und die Verladungseinrichtungen noch recht primitiver Art waren, hatte der Tierexporteur freilich noch weit größere Schwierigkeiten zu überwinden. Noch in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts weigerte sich, wie mein verstorbener Bruder Carl Hagenbeck aus eigener Erfahrung erzählt, die Hamburg – Amerika-Linie, große Tiere auf ihren Dampfern zu transportieren, und es bedurfte langer Verhandlungen und der Erlegung einer ungewöhnlich hohen Frachtgebühr, um sie schließlich doch zur Mitnahme eines Elefanten von Hamburg nach Amerika zu bewegen. Der Transport gestaltete sich damals zu einem ebenso komplizierten wie kostspieligen Unternehmen. Nebenbei bemerkt, wäre es recht interessant, etwas Näheres darüber zu erfahren, auf welche Weise die Tiertransporte im Altertum bewerkstelligt wurden. Bekanntlich ist Pyrrhus schon im dritten Jahrhundert vor Christus mit zwanzig Kriegselefanten über das Mittelmeer nach Italien gezogen, und diese Elefanten haben bei seinen Kämpfen mit den Römern eine erhebliche Rolle gespielt. Es muß sehr schwierig gewesen sein, sie mit den kleinen Schiffen der damaligen Zeit über das Meer zu bringen. Auch Hannibal hat dann später siebenunddreißig Kriegselefanten von Afrika nach Spanien überführt und ist mit ihnen über die Pyrenäen nach Gallien gezogen. Und wenn man bedenkt, in welchem Umfang die Römer bei ihren Arenaspielen außer Elefanten die verschiedensten reißenden Tiere, Löwen, Tiger, Panther und Bären, in großen Mengen auftreten ließen, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß es schon damals einen gut organisierten Tierhandel gab, dessen Beziehungen bis Indien und bis zu den Ländern des inneren Afrika reichten.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen beginne ich nun in zwangloser Reihenfolge mit einigen Geschichten aus meiner Praxis als Tierexporteur.

In den größeren Städten Indiens befinden sich kleine Zoologische Gärten, z. B. in Madras, Bombay, Kalkutta, Haiderabad, Lahore, Gwalior, Karachee, Trivandram usw. Diese Anlagen werden meistens von den Stadtgemeinden unterhalten und sind im allgemeinen so mäßig dotiert, daß eine Vermehrung des Tierbestandes gewöhnlich nur auf dem Wege des Tausches erfolgen kann. Noch lieber gesehen sind natürlich Geschenke. Aber das ist auch bei den großen Zoologischen Gärten außerhalb Indiens der Fall, da sie mit wenigen Ausnahmen durchgängig mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben und ohne die Freigebigkeit vermögender Stifter auf manchen lockenden Erwerb verzichten müßten. Da ich nun als Tierexporteur in ganz Indien bekannt war, und man überall wußte, daß ich fortwährend neue Eingänge von Tieren aus den holländischen Kolonien, den Straits Settlements, aus Hinterindien, China und andern Ländern erhielt, fehlte es natürlich nicht an Anfragen, ob ich diesem oder jenem Zoologischen Garten das eine oder andere dort noch nicht vertretene Tier schenken oder gegen ein entbehrliches Tier austauschen möchte. Ich habe diesen Gesuchen immer nach Möglichkeit entsprochen und habe deshalb mit den verschiedenen Stadtgemeinden die angenehmsten Beziehungen unterhalten, was mir dann bei Gelegenheit gut zustatten kam.

Hier möchte ich von einem Tauschgeschäft erzählen, das mit großen Unannehmlichkeiten für mich verknüpft war. Der Zoologische Garten in Trivandram in Südindien wollte mir zwei schwarze Panther überlassen, wogegen ich ihm einen Schabrackentapir liefern sollte. Die schwarzen Panther sind so selten und gesucht, daß mir dieser Vorschlag sehr willkommen war. Ich beauftragte also meinen Shikari Fernando, den Schabrackentapir zu »verpacken« und mit dem Dampfer von Colombo nach Tuticorin, weiter mit der Eisenbahn nach Trivandram zu transportieren und dort die Panther in Empfang zu nehmen.

Fernando langte mit dem Tapir glücklich in Trivandram an und übernahm dort die beiden Panther zum Transport nach Colombo. Aber anscheinend hatte der sonst so bewährte Mann es diesmal an der nötigen Vorsicht fehlen lassen und für die Panther, die an einen großen Käfig gewöhnt waren, einen zu kleinen und schwachen Transportkäfig gewählt. Kurzum, ich bekam keinen schlechten Schreck, als bald darauf ein Telegramm aus Tuticorin einlief, des Inhalts, daß die Panther unterwegs den Transportkäfig gesprengt hätten und sich im Innern des Eisenbahnwaggons frei bewegten; ich möchte sofort mit einem neuen großen und starken Käfig kommen, damit man die Tiere wieder einfangen und weitertransportieren könnte.

Es blieb mir also nichts anderes übrig, als einen geeigneten Käfig auszusuchen und mich mit diesem schleunigst nach Tuticorin zu begeben. Das ist kein Katzensprung, sondern eine Seereise von fünfzehn Stunden. In Tuticorin erwartete mich Fernando am Hafen – und welches unheilige Donnerwetter ihn erwartete, bedarf wohl keiner näheren Schilderung. Ich erfuhr nun in aller Ausführlichkeit, was vorgefallen war. Nachdem man die Panther in Trivandram eingeladen hatte und der Zug abgefahren war, wollten die Bahnbeamten auf einer Zwischenstation aus dem betreffenden Waggon ein Frachtgut herausholen. Sie öffneten die Schiebetür – und fauchend fuhren ihnen die Panther fast ins Gesicht und versuchten, ins Freie zu springen. Zum Glück hatte man die Tür nur ein wenig geöffnet und konnte sie sofort wieder zuschieben, sonst wäre wahrscheinlich schweres Unheil entstanden. Die vor Schreck schlotternden Beamten riefen Fernando herbei, der sich im Passagierwagen nebenan befand. Aber auch der Shikari war machtlos, denn ehe nicht ein geeigneter neuer Käfig zur Hand war, konnte er nicht an das Einfangen der großen gefährlichen Katzen denken, die sich, wie es bei wilden Tieren auf Reisen immer der Fall ist, im Zustand höchster Gereiztheit befanden. Es blieb also zunächst nichts anderes übrig, als den Waggon recht sicher zu verschließen und zu plombieren und ihn so nach Tuticorin weiterfahren zu lassen. Da es aber in Tuticorin, wo die Tiere auf den Colombodampfer verladen werden mußten, keine Raubtierkäfige gab, hatte Fernando mich telegraphisch um Hilfe ersucht.

Nun begann für uns beide das schwierige Werk, den mitgebrachten Käfig in den Waggon hineinzubringen und dann die Panther in den Käfig zu treiben. Das konnte, um jeden Fluchtversuch der Tiere zu verhindern, nur mit äußerster Vorsicht geschehen. Wir öffneten also die Schiebetür behutsam gerade so weit, daß der Käfig zuerst nur mit einer Ecke und dann allmählich immer weiter ins Innere des Wagens geschoben werden konnte, während wir zugleich Vorsorge trafen, daß die Panther nicht etwa mit kühnem Satz über den Käfig und uns hinwegsprangen. Aber die Sache ging besser, als ich gedacht hatte, denn die Tiere verhielten sich merkwürdig still – warum, das sollte mir bald klar werden. Nun befand sich der Käfig glücklich im Wagen, und, mit langen Eisenstangen bewaffnet, Gesicht, Hände und Arme stark bandagiert, schoben wir uns hinter dem Käfig ebenfalls in den Wagen hinein, um die Panther mit Hilfe der Stangen zum Beziehen ihres neuen Quartiers zu ermuntern. Auch das ging leichter, als wir erwartet hatten, denn die großen Katzen waren ziemlich apathisch und schläfrig und fügten sich mit einigem Knurren ohne langen Widerstand in ihr Schicksal. Bald waren sie besorgt und aufgehoben, diesmal in einem festen Gewahrsam.

Aber ach! Jetzt wurde es mir auch klar, weshalb sich die Panther so faul und gleichgültig zeigten. Sie hatten inzwischen eine gute Zeit gehabt. In dem Waggon hatte sich nämlich, in leichten Lattenkäfigen verpackt, ein großer Transport wertvoller Hühner befunden, mehr als hundert Stück. Daß sich die Panther einen derartigen Leckerbissen nicht entgehen ließen, ist selbstverständlich. Wahrscheinlich wären ihnen ein paar wohlgenährte Ziegen noch lieber gewesen, aber schließlich sind auch Hühner nicht zu verachten. Kein einziges Stück von dem armen Geflügel war dem furchtbaren Gemetzel entronnen, und die überall herumliegenden Federn, dazwischen das kurz und klein geschlagene Holz der Käfige, legten Kunde ab von dem Trauerspiel, das sich hier in der Abgeschlossenheit des wohlverwahrten, plombierten Waggons zugetragen hatte. Und dem Zustand der Sättigung, in dem sich die Panther befanden, war es zuzuschreiben, daß wir sie mit so geringer Mühe in den Käfig hineinkomplimentieren konnten.

Für mich kam das dicke Ende des Zwischenfalls nach. Denn außer den stark erhöhten Reisespesen, von allem sonstigen Ärger abgesehen, hatte ich noch eine gepfefferte und gesalzene Rechnung zu bezahlen, die mir der Besitzer der unglücklichen Zuchthühner präsentierte. Nach seiner Behauptung, die sich ja nicht widerlegen ließ, war jedes einzelne Huhn eine preisgekrönte Schönheit und unersetzliche Rarität gewesen. Selbstverständlich! Dieses Tauschgeschäft mit Trivandram ist mir teuer zu stehen gekommen.

Die kleine Geschichte zeigt, auf welche Vorkommnisse sich der Exporteur wilder Tiere gefaßt machen muß. Er mag auf diesem Gebiete noch so reiche Erfahrungen haben, mag noch so umsichtig und vorsichtig sein – immer wieder ereignet sich etwas, das nicht im Programm steht und die Entschlossenheit und Geistesgegenwart des Tierexporteurs oftmals auf die stärkste Probe stellt. Es läßt sich deshalb denken, mit welchem Gefühl der Befreiung der Tierhändler aufatmet, wenn ein schwieriger Transport glücklich angekommen ist und sich in Sicherheit befindet.

Eines Tages erhielt ich aus Singapore von einem bekannten chinesischen Tierhändler das Angebot einer Gruppe von Tigern, Gibbons, Orang-Utans, Leoparden und anderen wertvollen Tieren. Entsprechend der Seltenheit der Objekte waren die Preise hoch, aber nicht übertrieben, und so reiste mein Sozius, Herr Bruno Werlich, nach Singapore, um das Geschäft abzuschließen, die Tiere zu verladen und gleich nach Colombo zu bringen.

Der Handel kam zustande, aber die Frage des Abtransportes bereitete Schwierigkeiten, da die Verbindung zwischen Singapore und Ceylon damals noch nicht so günstig war wie jetzt. Eile tat not, denn die Tiere, die man erst vor kurzem im Innern Sumatras eingefangen hatte, waren bei dem Chinesen in Singapore schlecht untergebracht und bedurften einer sorgfältigen Pflege, die ihnen erst in Colombo zuteil werden konnte. Es blieb deshalb nichts anderes übrig, als einen im Hafen von Singapore liegenden japanischen Trampdampfer, der nach Bombay fahren wollte, zum Anlaufen von Colombo zu bestimmen und mit ihm den Transport zu bewerkstelligen. Der Kapitän sträubte sich sehr dagegen, die Tiere mitzunehmen, natürlich nur zu dem Zweck, um eine desto höhere Fracht herauszuschlagen. Nachdem er das glücklich erreicht hatte, ließ mein Sozius die Tiere, die in ihrer stattlichen Anzahl ja eine ganze Menagerie, und zwar eine sehr kostbare, darstellten, an Bord des Dampfers verladen. Schon hierbei flößte ihm der Zustand der Käfige schwere Bedenken ein, denn diese in Sumatra angefertigten Käfige war nicht nur schlecht, sondern zum Teil auch aus so wenig widerstandsfähigem Material konstruiert, daß die Gefahr unangenehmer Zwischenfälle nicht ausgeschlossen erschien. Indessen, man hatte zur Herstellung neuer Käfige keine Zeit, auch war Singapore dafür nicht der richtige Platz. Mein Sozius begnügte sich also damit, einige der schwächsten Behälter, so gut es ging, zu verstärken, und vertraute im übrigen seinem schon oft bewährten Glück.

Es war eine unangenehme, aufregende Fahrt. Obwohl man reichlich Futter mitgenommen hatte, befanden sich die Tiere in einem beständigen Zustand äußerster Gereiztheit, und da sie, wie schon gesagt, erst vor kurzem eingefangen worden waren, bekundeten sie noch ihre ganze ursprüngliche Wildheit und machten sehr energische Befreiungsversuche. Am schlimmsten gebärdeten sich die beiden großen Tiger. Schon in der ersten Nacht auf hoher See bearbeiteten sie ihre Käfige mit Zähnen und Tatzen so erfolgreich, daß sie ihr Ziel beinahe erreicht hätten; zum Glück vernahm der wachthabende Offizier das Geräusch und weckte Herrn Werlich, so daß dieser noch rechtzeitig herbeieilen und die schon stark demolierten Käfige wieder notdürftig vernageln konnte. Mein Sozius blieb nun zur Sicherheit jede Nacht bei den Tieren und kam auf diese Weise fast gar nicht zum Schlafen. Trotz aller Bemühungen ließen sich die Tiger nicht beruhigen, und als eines Morgens Herr Werlich sich nur auf kurze Zeit entfernt hatte, gelang es einem der Tiere, sich mit Kopf und Brust aus dem Käfig herauszuzwängen. Unter den Schiffsleuten brach eine förmliche Panik aus, die Japaner flüchteten nach dem hinteren Teil des Dampfers und schrien nach Waffen. Da erschien mein Sozius wieder, und seiner Energie und Geistesgegenwart gelang es, zusammen mit dem chinesischen Tierwärter den Tiger, der jetzt jeden Augenblick auf die Planken des Decks springen konnte, mit eisernen Stangen in den Käfig zurückzudrängen. Obwohl man die Käfige abermals so fest wie möglich vernagelte, ließen die Tiger, die dabei eine unglaubliche Kraft und Ausdauer entfalteten, von ihren Befreiungsversuchen nicht ab und hielten meinen Sozius und den Wärter Tag und Nacht in äußerster Spannung. Alle atmeten auf, als die abenteuerliche Überfahrt endlich beendigt war und das Schiff in Colombo ankam, wo ich die Tiere in meine starken Käfige übernahm. Mein Sozius aber verschwor sich, nie wieder einen Tiertransport ohne absolut sichere Behälter zu bewerkstelligen.

Auch durch allerlei Gebrechen und Krankheiten, von denen die Tiere unterwegs häufig befallen werden, verursachen sie viel Mühe und Sorge. So hatte ich einmal einen großen Transport von zwölf Elefanten, zahlreichen Tigern, Zebus, Eseln usw., dazu ungefähr hundert Singhalesen und Inder nach Europa zu bringen, so daß das ganze Hauptdeck und Zwischendeck des Dampfers mit Menschen und Tieren angefüllt war – eine schwimmende exotische Schaustellung größten Stils. Unter den Tieren befand sich ein fast ausgewachsener Tiger, der ziemlich zahm war. Auf hoher See stellte es sich heraus, daß dieser Tiger, an dem ich besonders hing, von einer Zahnfistel befallen war, die ihm ersichtlich die ärgsten Schmerzen bereitete und das arme Tier am Fressen hinderte. Wenn die Fistel nicht alsbald durch einen operativen Eingriff ausgeschnitten und entfernt wurde, so mußten wir auf das Verenden des Tieres gefaßt sein. Ein günstiger Zufall wollte es nun, daß sich an Bord des Dampfers unter den Passagieren ein Sachverständiger befand, der bekannte deutsche Chirurg Professor St. Er erklärte sich sogleich in freundlicher Weise bereit, die Operation vorzunehmen. Wir trafen also die nötigen Vorbereitungen, der Tiger wurde gefesselt, sein Kopf in die passende Stellung gebracht, und das Tier benahm sich dabei so verständig, als ob es den Zweck der Maßnahmen einsähe. Dann ging die Operation rasch und erfolgreich von statten. Der wohl sonderbarste von allen Patienten, die Professor St. in seiner Praxis gehabt hat, wurde von dem Zahngeschwür befreit und konnte bald wieder mit bestem Appetit seine Fleischrationen zerbeißen und zu sich nehmen. Dieser Tiger hat übrigens später bei Richard Sawade, dem ersten und besten Tigerdresseur in Deutschland, in der großen Tigergruppe eine Hauptrolle gespielt und sich dort lange als ein hervorragender Künstler in seinem Fach bewährt.

siehe Bildunterschrift

Fesseln eines wilden Elefanten mit Hilfe zahmer Lockelefanten

siehe Bildunterschrift

Treiberlinie beim Elefantenfang

Wenn von den Schwierigkeiten beim Transport exotischer Tier gesprochen wird, dürfen auch jene Zwischenfälle nicht unerwähnt bleiben, die man der Kleinlichkeit oder Bosheit der lieben Mitmenschen zu verdanken hat. Ein hierfür bezeichnender, aber ganz ergötzlicher Vorfall spielte sich einmal im Hafenzollamt von Colombo ab. Ich hatte damals einen großen Schlangentransport, wahrscheinlich den umfangreichsten, der jemals vorgekommen ist, von Kalkutta nach Colombo geleitet. Es waren ungefähr 300 Pythonschlangen, in großen Kisten verpackt, und diese Kisten hatten Ähnlichkeit mit jenen, die man zum Versand von Seide, Baumwollwaren und sonstigen Textilien benutzt. Als der Transport in Colombo angelangt war, wurden die Kisten vom Schiff in die Zollhalle gebracht. Ich begab mich sogleich in mein Kontor und überließ die Erledigung der Angelegenheit meinem Reisenden, da es sich ja nur um eine Formalität handeln konnte, denn das Amt hatte bisher meinen Deklarationen auch ohne skrupelhaft genaue Untersuchung stets Glauben geschenkt. Aber diesmal sollte es anders kommen. Es dauerte nicht lange, da erschien mein Reisender im Kontor mit der Meldung, der Zollbeamte bestände auf Öffnung sämtlicher Kisten. Er, der Reisende, hätte gleich darauf aufmerksam gemacht, daß bei der großen Hitze die Schlangen, sobald man die Kisten öffnete, sehr schnell herauskriechen würden, was man bei ihrer Menge dann kaum verhindern könnte; aber der Zollbeamte ließe nicht mit sich reden und berufe sich auf seine Instruktion.

Die Sache verdroß mich sehr, denn da ich dem Zollamt natürlich aufs beste bekannt war, und von einem ernsthaften Verdacht, daß ich unter der falschen Flagge »Schlangen« Konterbande einzuschmuggeln versuchte, nicht die Rede sein konnte, mußte ich das Verlangen als eine Schikane empfinden, für die mir jede Erklärung fehlte. Ich ging also selber aufs Zollamt und traf dort einen mir noch unbekannten jungen Beamten an, der soeben neu in Colombo eingestellt war. Vergebens suchte ich ihn von der Grundlosigkeit irgendeines Verdachtes zu überzeugen, vergebens bemühte ich mich, ihm klarzumachen, daß das Öffnen der Kisten in der Zollhalle ernste Unannehmlichkeiten zur Folge haben könnte, sintemalen Pythonschlangen, wenn auch nicht giftig, so doch bestimmt keine Schoßtiere sind, sondern allerlei lästige Eigenschaften besitzen, und daß es mindestens unersprießlich wäre, die Zollhalle in ein Monstremeeting von 300 großen Schlangen, meistens von mehreren Metern Länge, zu verwandeln. Wenn der Beamte – so sagte ich – den Inhalt der Kisten durchaus untersuchen wollte, so möchte er die Kisten zunächst nach meiner Besitzung schaffen lassen und dort die Prüfung an Ort und Stelle vornehmen.

Alles vergebens! Ob sich der junge Mann durch eine ungewöhnlich rigorose Befolgung der Vorschriften bei seinen Vorgesetzten (die im Augenblick leider nicht anwesend waren) in Gunst zu setzen hoffte, oder ob ich das Unglück hatte, ihm zu mißfallen – ich weiß es nicht; jedenfalls bestand er darauf, daß die Kisten innerhalb der Zollhalle geöffnet würden.

Nun packte mich insgeheim doch die Wut, und ich beschloß, dem sympathischen jungen Mann eine kleine Lektion zu erteilen. Zunächst verlangte ich, daß man alle Türen der Halle schlösse, weil ich es nicht verantworten könnte, wenn die Schlangen den Weg ins Freie fänden. Das wurde mir zugestanden, mein Reisender schloß die Türen ab, und ich steckte, ohne daß der Beamte darauf achtete, die Schlüssel in die Tasche. Dann gab ich meinen Leuten Befehl, alle zehn Kisten auf einmal zu öffnen. Ich muß noch einschalten, daß sich während unseres im erregten Tone geführten Gesprächs allerlei Neugierige aus den anderen Abteilungen des Amtes, Unterbeamte und Eingeborene, eingefunden hatten, so daß sich ziemlich viel Menschen in der Halle befanden. Meine Leute machten sich flugs ans Öffnen der Kisten, und als sie die Deckel abhoben, schossen die Schlangen, die infolge der großen Hitze und der langen Gefangenschaft sehr mobil und unternehmungslustig waren, wie auf Kommando mit Ungestüm heraus. In ein paar Sekunden wimmelte der Boden ringsum buchstäblich von Schlangen, die sich rasch nach allen Richtungen der Halle verbreiteten …

Auf ein derartiges Schauspiel waren die Anwesenden doch nicht gefaßt gewesen. Vielleicht hatten sie nur an kleine Schlangen gedacht, aber nicht an solche Pythons, unter denen sich ausgewachsene Burschen von sechs Meter Länge befanden. Die Wirkung war frappant. Mit Ausnahme meiner Leute, die an den Umgang mit Schlangen gewöhnt waren, stürzten die Anwesenden, entsetzt durcheinander schreiend, nach den Ausgängen, die aber verschlossen waren. Allen voran der angenehme junge Zollinspektor, der es auf einmal besonders eilig zu haben schien. Man rief nach den Schlüsseln, man suchte danach. Ich tat so, als ob ich nichts hörte und mich lediglich für meine Schlangen interessierte. Erst nach geraumer Zeit, als die Beamten und Angestellten genügend Angst ausgestanden hatten und schon auf die höchsten Kistenstapel geklettert waren, »fand« ich die Schlüssel und ließ sie hinaus.

Jetzt verlangte der Inspektor aus sicherer Entfernung, nämlich von draußen durch die Fensteröffnung, daß die Schlangen wieder eingefangen werden sollten. Ich schlug ihm das rundweg ab. Ich hätte meiner Pflicht, die Kisten zu öffnen, genügt – aber nun auf den Schlangenfang zu gehen, dazu verspürte ich gar keine Lust. Da der junge Mann allmählich merkte, daß man sich im Verkehr mit einem alten Kolonisten doch anderer Umgangsformen bedienen muß, lenkte er bald ein, suchte den verfahrenen Karren auf ein gemütliches Geleis zu bringen und wurde schließlich so höflich und zahm, daß ich nicht länger zögerte und meinen Leuten den Auftrag gab, die Schlangen mit Hilfe von Decken und Fangapparaten wieder in Sicherheit zu bringen. So endigte dieses Intermezzo. Jener Beamte aber hat mich fortan mit ausgezeichneter Höflichkeit behandelt und ist mir nie wieder mit schikanösen Zumutungen in den Weg getreten.

Beim Transport von Schlangen muß hauptsächlich darauf geachtet werden, daß sie, wie auch andere Reptilien, einer gewissen gleichmäßigen Wärme bedürfen. Die Tiere von Indien bis Port Said zu befördern, ist deshalb nicht schwer, denn bis dahin kann man immer auf anhaltend warmes Wetter rechnen. Aber im Mittelmeer, wo in der kälteren Jahreszeit sich gleich nach der Abfahrt von Port Said der Klimawechsel schroff bemerkbar macht, beginnen schon die Schwierigkeiten, und die Schlangen gehen dann oft in Mengen ein. Um ihnen möglichst gleichmäßige Wärme zu verschaffen, muß man sie deshalb in der Nähe des Maschinenraumes unterbringen, und beim Abtransport vom Dampfer ans Land müssen die Kisten sorgfältig in Decken gehüllt werden.

Ein Kapitel für sich ist der Elefantentransport. Er macht bei dem ungeheuren Gewicht und bei der Eigenart dieser Tiere ganz besondere Vorbereitungen nötig, die schon längst vor dem Transport, und bei dem frisch eingefangenen wilden Elefanten bereits an Ort und Stelle des Fanges, beginnen müssen, da es vor allen Dingen darauf ankommt, sie an die gänzlich veränderte Lebensweise und besonders an die veränderte Ernährung zu gewöhnen. Denn ein so schwerfälliges und robustes Tier der Elefant auch zu sein scheint, so ist er doch seiner inneren, sozusagen seelischen Struktur nach durchaus kein »Dickhäuter«, sondern ein sehr empfindliches Wesen, viel empfindlicher als die anderen exotischen Tiere, allenfalls mit Ausnahme der Menschenaffen.

Nachdem die wilden Elefanten im Kraal gefangen sind, wird sofort mit der Zähmung der Tiere begonnen, und zwar werden die gefangenen Elefanten immer unter Bewachung einiger zahmer Artgenossen gestellt. Sie verbleiben zunächst einige Zeit an Ort und Stelle im Wald und werden schon hier langsam an das veränderte Futter gewöhnt, das sich von dem in der Wildnis merklich unterscheidet. Die Eingeborenen brauchen zur Zähmung der wilden Elefanten ungefähr drei Monate. Ich habe jedoch nach eigener Methode die Zähmung viel schneller bewerkstelligen können, so daß wir jüngere Tiere, die sich mit dem Verlust der Freiheit rascher aussöhnen als die alten, schon nach sechs Wochen so weit hatten, daß wir sie ohne Begleitung anderer Elefanten nach Colombo oder nach Bombay oder Madras abtransportieren konnten. Natürlich macht sich beim Abtransport dann und wann noch die Wildheit bemerkbar insofern, als die Elefanten in erster Zeit noch sehr scheu sind und jeder fremde Gegenstand, den sie früher in ihren Wäldern nicht zu sehen bekamen, sie in heftigen Schrecken versetzt. Die Schreckhaftigkeit des Elefanten, die in so auffälligem Gegensatz zu seiner Stärke und zur Gemessenheit seiner Bewegungen steht, ist ein Zeichen seiner nervösen Veranlagung. Um Zwischenfälle zu vermeiden, die mitunter einen verhängnisvollen Verlauf nehmen, benützt man deshalb beim Abtransport gern Wege mit möglichst geringem Verkehr. Als ich einmal mit einer Anzahl frisch eingefangener, fertig gezähmter Elefanten auf der Landstraße an einigen Ochsenkarren vorbei mußte, nahm meine ganze Herde beim Anblick der harmlosen Ochsen Reißaus, und ich hatte mit meinen Leuten stundenlang zu tun, um die Tiere wieder einzufangen und zu beruhigen.

Hat man die Elefanten glücklich zum Einschiffungsplatz gebracht, so müssen sie vor Antritt der langen Seereise erst vollkommen an trockenes Futter gewöhnt sein. Das frische grüne Futter der Wildnis ist ihnen inzwischen allmählich entzogen und durch Reisstroh und ungeschälten Reis, sogenannten Paddy, ersetzt worden. Das ist eine mühselige Arbeit, da man den Paddy in faustgroßen Mengen mit Stroh umwickeln und den Tieren aus der Hand zu fressen geben muß, denn von selbst nehmen sie dieses Futter anfangs nicht an. Hierbei stellen sich in der ersten Zeit arge Verdauungsstörungen ein, weshalb darauf geachtet werden muß, daß die Elefanten stets genügend Bewegung haben. Vorsichtshalber wird immer noch ein großer Vorrat Grünfutter auf die Seereise mitgenommen, hauptsächlich Kokosblätter und Bananenstauden, um den Tieren dann und wann eine kleine erfrischende Abwechslung in der Kost bieten zu können. Aber gewöhnlich reicht es nur bis Port Said, und dann müssen die Elefanten so weit sein, daß sie europäisches Trockenfutter annehmen und vertragen.

Es ist nicht bloß die Ernährungsfrage, die dem Tierexporteur beim Transport von Elefanten – und schließlich auch den Elefanten selber – viel Sorge macht. Auch das Verladen der mächtigen Dickhäuter und ihre Unterkunft und Pflege an Bord erfordert die größte Aufmerksamkeit. Das Einschiffen erfolgt gewöhnlich in der Weise, daß man die Tiere mit eigens dazu hergestellten Gurten vom Kran in die Höhe heben und so vom Kai auf Deck schaffen läßt. Wo der Dampfer, wie in Colombo, auf der Reede liegt, müssen die Elefanten erst mit dem Kran in die Boote und dann mit dem Schiffskran aus den Booten an Bord befördert werden. Auf dem Dampfer werden sie im Zwischendeck in stallähnlichen engen Verschlägen untergebracht. Mitunter verladet man aber größere Elefanten auch in Kisten, die genau der Größe des betreffenden Tieres angepaßt sind, und zwar so, daß es gerade darin stehen kann. Wohlmeinende, aber schlecht unterrichtete Passagiere ereifern sich bisweilen über die »tierquälerische« Enge der Behälter oder Verschläge. Aber diese Enge, so lästig sie auch für den Elefanten sein mag, ist notwendig und liegt gerade im Interesse des Tieres, da es sonst bei schwerem Seegang hilflos hin und her taumeln würde und der Gefahr schwerer Verletzungen ausgesetzt wäre. Ein Elefant kann sich bei seiner Schwerfälligkeit eben nicht jeder Situation so leicht anpassen, wie etwa ein Affe. Es läßt sich ja nicht bestreiten, daß solch ein langer Seetransport, der von Indien bis zur Nordsee dreißig bis vierzig Tage dauert, die Geduld und Ausdauer der Dickhäuter auf eine harte Probe stellt. Während der ganzen Zeit kann sich das Tier nicht legen, und da es von hinten gefesselt ist, muß man die Beinfesseln, die auch dazu dienen, ihm bei schlechtem Wetter den nötigen Halt zu geben, ab und zu in eine andere Lage bringen.

Nicht nur an die Elefanten, auch an ihre Wärter (fast immer Singhalesen) werden bei langen Seetransporten hohe Anforderungen gestellt. Tag und Nacht heißt es auf Posten sein, die Tiere gut pflegen und kaum aus den Augen lassen, besonders bei schlechtem Wetter. Gerade der Elefant gewöhnt sich sehr rasch an einen tüchtigen, liebevollen Wärter und ist in um so besserer Stimmung, je mehr sich dieser in seiner Nähe aufhält. Gewisse »vernünftige« Menschen, die an ein regeres Seelenleben der Tiere nicht glauben wollen, mögen es ja bezweifeln; aber wer dauernd mit höher organisierten Tieren umgeht, der weiß – und jeder Hundebesitzer kann es bestätigen –, welche große Rolle beim Tiere die Liebe zu seinem Pfleger spielt und von welchem Einfluß diese seelische Verfassung auf seinen körperlichen Zustand ist. Ganz besonders mit Elefanten erlebt man da die merkwürdigsten Geschichten.

Verläuft die Reise bei vorwiegend gutem Wetter, so befinden sich die Tiere trotz aller Beengtheit bei reichlichem Futter ganz wohl. Herrscht aber, wie zur Zeit des stärksten Monsuns, tagelang schwere See, so daß das Schiff ununterbrochen rollt, dann leiden die Tiere genau wie die Menschen arg unter der Seekrankheit und befinden sich in einer bedauernswerten Verfassung. Nicht immer hat man das Glück, sie lebend über den Ozean zu bringen, nicht selten gehen sie an den Strapazen der Seereise ein. Auch akute Erkrankungen kommen häufig dazu. Eine der schwersten, die hauptsächlich frisch gefangene Elefanten befällt und viele Opfer fordert, besteht in einer Zersetzung des Blutes, die sich darin äußert, daß sich am Bauch Wasserbeutel bilden. In den meisten Fällen gibt es da keine Rettung. Durch den Ausbruch dieser Krankheit habe ich einmal bei einem Transport von sechs Elefanten den Verlust von nicht weniger als vier Tieren zu beklagen gehabt. Die Elefanten stammten aus dem Inneren Sumatras und hatten sich dort auf merkwürdige Art selber gefangen: sie waren nämlich infolge einer durch irgendeinen Schreck verursachten Verwirrung in ein Kampong (Eingeborenendorf) gerast und hatten sich dort in einer Sackgasse dermaßen verrannt, daß man sie einfangen und fesseln konnte. Sie kamen dann in meinen Besitz, und da mein Bruder Carl Hagenbeck in Hamburg zu jener Zeit gerade dringenden Bedarf an Elefanten hatte und auf beschleunigte Absendung drang, brachte ich die sechs Tiere auf den Transport, ohne daß mir genügend Zeit blieb, sie vorher an europäisches Futter zu gewöhnen. Die Folge davon war, daß vier Elefanten unterwegs an der Wassersucht eingingen. Derartige Vorkommnisse bedeuten für den Exporteur natürlich einen schweren Verlust, aber darüber muß man sich hinwegsetzen können, oder man darf sich eben auf ein so riskantes Geschäft, wie es der Tierhandel ist, nicht einlassen.

Die schon erwähnte Schreckhaftigkeit der Elefanten, die oft im Handumdrehen zu einer verhängnisvollen Panikstimmung der Tiere führt, hat mir beim Verladen der Transporte wiederholt recht böse Streiche gespielt. Als ich in Colombo wieder einmal eine größere Anzahl Elefanten des Nachts auf das Schiff zu verladen hatte – das mußte immer nachts geschehen, weil uns die Polizei nicht erlaubte, die Tiere am Tage durch die Straßen zu führen –, rissen sie sich, durch den Lichterglanz beunruhigt, plötzlich los, stürmten wie toll über den Lagerplatz und richteten dort unter den Teekisten und anderen Warenstapeln die größten Verheerungen an. Wir brauchten mehrere Stunden, um die Flüchtlinge wieder einzufangen. Zwei von ihnen waren vom Kai abgestürzt und schwammen im Hafenwasser herum. Erst gegen sechs Uhr morgens, als der Tag dämmerte, hatten wir die Elefanten wieder gefesselt und auch die beiden kühnen Schwimmer mit größter Mühe wieder ans Land gebracht. Dabei verlor ich einen meiner besten Leute durch einen bedauerlichen Unglücksfall. Als er sich den im Wasser befindlichen Elefanten schwimmend näherte, wurde er von einem der Tiere durch einen Schlag mit dem Rüssel oder einen Fußtritt so verletzt, daß er sogleich versank. Erst nach einigen Stunden konnten wir seine Leiche bergen.

Bei einer anderen Gelegenheit wurden vier große Arbeitselefanten, die ich im Hafen von Colombo an meinen Bruder Wilhelm Hagenbeck verladen wollte, durch das Geräusch der Dampfkrane erschreckt. Sie brannten durch, zertrampelten das Gitter des Warenstapelplatzes, als ob es Spielzeug wäre, und verschwanden im Dunkel der Nacht, so daß wir nicht wußten, wohin sie sich gewendet hatten. Als wir in entsprechender Gemütsstimmung den Heimweg antraten und ich mit meinen Leuten zu Hause ankam – siehe, da standen die Ausreißer neben den Bäumen, an denen sie immer angebunden gewesen waren, und verzehrten friedlich, als ob sich inzwischen gar nichts ereignet hätte, die Reste ihres Futters. Die Elefanten hatten also im Dunkeln den Weg durch die ganze Stadt bis zu meinem Hause gefunden, obwohl sie diesen Weg nur ein einziges Mal, auf dem Hintransport zum Hafen, zurückgelegt hatten! Erst am nächsten Tage erfuhr ich, daß ihr beschleunigter Rückzug allerdings nicht ganz ohne Zwischenfall verlaufen war. Sie hatten nämlich unterwegs ein paar Ochsenkarren umgeworfen, die mit Töpferwaren beladen waren, und für mich blieb nun das zweifelhafte Vergnügen übrig, eine ellenlange Rechnung für alle die kurz und klein geschlagenen Töpfe zu bezahlen. Immerhin war ich über den einigermaßen glimpflichen Ausgang der Sache froh. Die Verladung erfolgte dann in der nächsten Nacht, und diesmal ging alles nach Wunsch vonstatten.

Wenn das Wärterpersonal, das die Tiertransporte begleitet, nicht absolut zuverlässig ist, kann man die unangenehmsten Überraschungen erleben, wie es mir einmal bei einem großen Tigertransport von Singapore nach Deutschland geschah. Der malaiische Wärter, der den Transport begleitete, hatte einen so guten Eindruck gemacht, daß mir um das Schicksal der Tiere nicht bange war. Um so peinlicher berührte es mich, als aus Deutschland später die Mitteilung eintraf: die Tiger wären dort in einem kläglichen Zustand und ganz abgemagert angelangt. Die Sache war unbegreiflich, denn ich hatte dem Transport einen sehr reichlichen Futtervorrat in Gestalt von Ziegen usw. mitgegeben. Genug, die Tiere gingen sämtlich ein, und als die Sezierung vorgenommen wurde, um den Grund ihrer rätselhaften Krankheit zu ermitteln, fand man in ihren Magen Strohknäuel von der Größe einer Kegelkugel. Der Malaie hatte auf der Reise aus Faulheit niemals das Stroh aus den Käfigen entfernt, und so hatten die Tiger ihr Fleisch mit dem Stroh zusammen verschluckt; die großen Katzen können jedoch das Stroh nicht vertragen, sie verdauen es nicht, und die Tiere waren deshalb an dem im Magen zusammengeballten Stroh allmählich elend zugrundegegangen. Ein harter Schlag für mich, da ich für den Schaden aufzukommen hatte.

Wenn man von allen den mannigfachen Gefahren spricht, denen die kostbaren Ladungen des Tierexporteurs ausgesetzt sind, darf man nicht das Feuer vergessen. Schiffsbrände auf hoher See kommen zwar heute nur noch selten vor, aber hin und wieder ereignen sie sich doch, wie auch zuweilen von Zirkus- und Menageriebränden zu hören ist. Ich habe einmal als Begleiter eines großen Transports einen Schiffsbrand durchzumachen gehabt, der zu den aufregendsten Ereignissen meines Lebens gehört. Das war damals, als ich für eine der berühmten Schaustellungen meines Bruders Carl Hagenbeck wieder einmal eine große Anzahl Elefanten, Tiger und andere Raubtiere nebst einer Menge Reptilien zusammengestellt hatte und zugleich mit einer ansehnlichen Truppe indischer Volkstypen, Gaukler, Schlangenbeschwörer, Tänzerinnen usw., insgesamt fast 200 Personen, selbst von Ceylon nach Hamburg brachte. Wir waren beim schönsten Wetter von Colombo abgefahren, und die Reise war bis Marseille wunschgemäß und ohne Unfall verlaufen. Wohl hätte ich meinen Transport von Marseille auf dem Schienenwege ans Ziel bringen können, aber dazu wären sieben Waggons nötig gewesen, und das hätte die Sache bedeutend verteuert. Wir setzten also die Reise mit dem Dampfer nach Hamburg fort.

Als wir uns zwischen Marseille und Gibraltar befanden, wurden wir eines Morgens jäh aus dem Schlafe geweckt. Feueralarm! Der erste Gedanke, der mir bei den schrillen Klängen der Glocke durch den Kopf schoß, galt meinem Transport, den mir anvertrauten Menschen und Tieren. Alles stürmte an Deck, um nach den Weisungen der Offiziere bei den Löscharbeiten mit Hand anzulegen. Zunächst wurden sämtliche Luken fest verschallt und dann bei den Luken jener Räume, in denen der Brand entstanden war, Dampfrohre angelegt, um aus dem Maschinenkessel heißen Dampf – das beste Löschmittel – in die brennenden Räume zu leiten. Diese befanden sich in dem vordern Teil des Schiffes, gerade dort, wo auch meine Inder und die großen Käfige mit den Tieren untergebracht waren. Die Gefahr war um so größer, als die Ladung des Dampfers hauptsächlich aus Kokosnußöl, Kokosfasern und getrockneten Ölfrüchten bestand, also aus sehr leicht brennbaren Waren. Darum war es von größter Wichtigkeit, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken, denn sobald es weiter um sich griff, schwebte das Schiff samt allem Lebendigen an Bord in höchster Gefahr.

Während die Löscharbeiten vorgenommen wurden, brachte ich im Einverständnis mit dem Schiffskommando meine Leute im hinteren Teil des Schiffes in Sicherheit und leitete dann den Umtransport der Käfige vom Vorderschiff nach dem Hinterschiff. Das war ein schweres und aufregendes Stück Arbeit. Nichts vertragen die Tiere so schlecht wie Feuersgefahr. Der dicke, beizende Qualm, der aus den brennenden Räumen durch alle Ritzen drang und vom Wind gerade nach der Stelle des Vorderdecks getrieben wurde, wo sich die Käfige befanden, hatte die Tiere in ungeheure Erregung versetzt. Die Tiger und anderen großen Katzen sprangen wie toll in ihren engen Behältern herum, und auch die sonst so ruhigen Elefanten waren durch den Rauch und den ganzen Lärm in eine bedenkliche Panikstimmung geraten, so daß ich mit meinen Wärtern die größte Mühe hatte, sie einigermaßen zu beruhigen. Die Käfige wurden nun einer nach dem andern mit dem Dampfkran in die Höhe gehoben und nach hinten transportiert, wo sich die Tiere vorläufig in Sicherheit befanden und wo sie auch nicht mehr so stark vom Qualm beunruhigt wurden.

Da das Feuer in den Räumen, wo es ausgebrochen war, an den Kokosfasern und Ölfrüchten reiche Nahrung gefunden hatte, gestalteten sich die Löscharbeiten sehr schwierig. Die Flammen durchbrachen das Deck und schlugen lodernd in mächtigen Garben empor, zugleich verbreitete sich nun von neuem der beizende Qualm in dicken Schwaden über das Schiff. Der Kapitän ließ jetzt mit langen, am Kran befestigten Haken die ganze brennende Ladung hochheben und über Bord werfen, so daß der Dampfer bald von den im Wasser schwimmenden, schwelenden und qualmenden Überresten der Kokosfasern umgeben war. Auf diese Weise gelang es allmählich, den Brandherd dermaßen zu beschränken, daß das Feuer schließlich, nach langen bangen Stunden, gelöscht werden konnte. Als ich dann meinen Tiertransport revidierte, stellte es sich heraus, daß von den Reptilien eine kleine Anzahl durch Rauchvergiftung eingegangen war. Alle andern Tiere hatten die Attacke gut überstanden und erholten sich rasch, so daß ich sie später, nach unserer Ankunft in Hamburg, im besten Zustand abliefern konnte.

Zum Schluß möchte ich noch von einem Tiertransport erzählen, der mit einer in dieser Art wohl einzig dastehenden Katastrophe endigte. Der Hauptleidtragende bei diesem verunglückten Transport war ein früherer Geschäftsfreund von mir, ein gewisser W., Besitzer eines respektablen Wanderzirkus von ansehnlicher Größe. W. bereiste mit seinem Zirkus hauptsächlich die holländischen Kolonien und den Südosten des asiatischen Festlandes. Sein Tierbestand, zu dessen Vermehrung er wiederholt meine Hilfe in Anspruch nahm, war durchweg von hoher Qualität; er umfaßte als Glanznummer eine große, gut dressierte Raubtiergruppe, die W. persönlich vorzuführen pflegte, und unter vielen kleinen Tieren eine beträchtliche Anzahl wertvoller Affen, außerdem ein Dutzend gut zugerittener, zum Teil dressierter Manegepferde nebst einigen Ponys. Es war ein solid fundiertes Unternehmen.

Zu jener Zeit, als dieser Vorfall sich ereignete, hatte W. von einem Manager in Manila den Auftrag erhalten, dort, in der Hauptstadt der Philippinen, eine Saison hindurch Vorstellungen zu geben. Es ist merkwürdig, daß W. aus Gründen, über die er sich selber keine Rechenschaft ablegen konnte, starke Abneigung gegen das Projekt hatte und wiederholt seiner Befürchtung Ausdruck verlieh, daß diese Sache nicht gut für ihn ablaufen würde. Auf welche verhängnisvolle Weise sollte seine Ahnung bestätigt werden! Aber die Bedingungen des Engagements waren so günstig, daß W., allen instinktiven Bedenken zum Trotz, den Vertrag doch unterzeichnete und sich in Singapore, seinem letzten Aufenthaltsort, auf einem Frachtdampfer nach Manila einschiffte.

Der Transport eines ganzen Zirkus mit allen Tieren, den gesamten Aufbauten, wozu vor allem die große Arena gehört, dem Inventar, den artistischen Mitgliedern und dem Hilfspersonal ist natürlich immer ein sehr umständliches und kostspieliges Unternehmen. Der Nichtkundige, der einen Wanderzirkus gewöhnlich zu den jahrmarktsmäßigen Schaustellungen rechnet, macht sich überhaupt schwerlich einen richtigen Begriff davon, welche Millionenwerte – Goldmarkmillionen, versteht sich – in einem größeren Wanderzirkus stecken, und welche Mittel dazu gehören, ein derartiges Unternehmen auf der Höhe zu halten und über gelegentliche schlechte Saisons hinwegzubringen. Niemals aber wird die Umsicht des Unternehmers auf eine härtere Probe gestellt, als beim Transport des Zirkus auf weite Entfernungen oder gar über das Meer. Die Unterbringung einer großen Menge der verschiedenartigsten Tiere erfordert umfassende Einbauten auf dem Schiff. Eine besonders heikle Aufgabe ist es, die wertvollen Manegepferde gut über See zu bringen, denn Pferde werden an Bord bei schlechtem Wetter immer sehr unruhig und aufgeregt und ziehen sich, wenn das Schiff stark stampft und rollt, leicht Verletzungen zu. Eine unheilbare Verrenkung, ein gebrochener Fuß – und das Zirkuspferd ist nicht mehr zu brauchen, sein Schicksal ist besiegelt. Man muß deshalb sorgfältige Vorkehrungen treffen, damit die Pferde bei schwerer See eine feste Stütze haben. Zu diesem Zweck werden die Deckplatten, auf denen sie in ihren Verschlägen stehen, mit schmalen Holzleisten benagelt, damit die Hufe besseren Halt finden; außerdem zieht man den Pferden, sobald das Schiff seinen Tanz beginnt, breite Gurte aus Segelleinen unter dem Bauche durch und befestigt sie oben an der Decke, so daß die Tiere von dieser Bandage gehalten werden und nicht umfallen können.

Die auf fünf bis sechs Tage berechnete Reise nahm anfangs einen ungetrübten Verlauf. Das Schiff befand sich am dritten Tage inmitten des Südchinesischen Meeres auf der Höhe von Saigon. Die See war bisher nur mäßig bewegt gewesen, Passagiere und Tiere fühlten sich wohl. Aber man befand sich in der berüchtigten China-See, und es war im September, in der Hauptsaison der Taifune. Man rechnet dort mit durchschnittlich vier Taifunen im September. Diese gefährlichen Wirbelstürme kündigen sich durch ungewöhnliche atmosphärische Erscheinungen und später, in Nähe der Sturmbahn, durch rasches Sinken des Barometers an.

Als am späten Nachmittag des dritten Tages die dichten, dunklen Wolkenballen sich in langgestreckte, parallel mit dem Horizont gelagerte Streifen auflösten, und von diesen ein seltsames Glühen ausging, zollten die Passagiere in ihrer Ahnungslosigkeit dem fesselnden Schauspiel am Himmel alle Bewunderung. Aber der Kapitän und seine Leute sahen das Phänomen mit anderen Augen an und beeilten sich, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Die Luft wurde feucht, schwül und drückend, die Wolken ballten sich wieder zusammen, auf dem Meer setzte plötzlich eine starke Dünung ein, und als es dunkel wurde, begann es heftig zu regnen.

Da nicht zu bezweifeln war, daß man einem schweren Sturm entgegenfuhr, wurden auch in den Tiergehegen flugs alle Maßregeln zum erhöhten Schutz der Tiere getroffen, die Käfige auf ihre stabile Befestigung überprüft, und die Pferde mit den Gurten bandagiert. Es war, als ob die Tiere, die ja fast durchgängig ein sehr feines Gefühl für atmosphärische Veränderungen haben, das kommende Unheil ahnten; sie waren zum Teil, hauptsächlich die Pferde, sehr unruhig, zum Teil preßten sie sich gedrückt in die Winkel ihrer Behälter.

Als die Nacht angebrochen und es stockfinster war – denn an dem dicht überzogenen Himmel leuchtete kein Stern –, brach auch der Taifun los, und zwar sogleich mit einer ungeheuren Gewalt, die das Meer bis in die Tiefe aufzurütteln schien, so daß sich bald ungestüme Sturzseen auf das Deck ergossen. Obwohl man alle Luken und sonstigen Öffnungen so fest wie möglich verschalkt hatte, bahnte sich die Flut, die das Deck fortwährend überspülte, doch einen Zugang zum Zwischendeck und setzte dort alles unter Wasser. Der Dampfer legte sich so unheimlich weit auf die Seite, daß es den Anschein hatte, als ob er jeden Augenblick kentern müßte, und stampfte zugleich wie toll vom Bug zum Heck.

Die von Seekrankheit gepeinigten Passagiere lagen halb bewußtlos in allen Ecken herum, bei den Tieren aber brach eine wilde Panik aus. Infolge der heftigen Bewegungen des Schiffes hatten sich die Käfige fast sämtlich losgerissen, fielen durcheinander und glitten auf den überspülten nassen Planken bald hierhin, bald dorthin; die Tiere brüllten und stöhnten, die Bandagen der Pferde waren gerissen und diese wälzten sich, vor Angst ganz von Sinnen und mit den Beinen wild um sich schlagend, in einem wüsten Knäuel herum. Obwohl die Wärter und anderen Zirkusmitglieder, soweit sie sich überhaupt noch einigermaßen aufrechterhalten konnten, sich nach Kräften um die Tiere bemühten, konnten sie bei diesem Höllenaufruhr der Elemente doch nur wenig tun. Sie wurden selber nur hilflos hin- und hergeschleudert, und einige wurden von den um sich schlagenden Pferden bedenklich verletzt. Schließlich ließ man den Dingen einfach ihren Lauf, war doch ohnehin schon jeder davon überzeugt, daß für das Schiff und alles Lebendige an Bord die letzte Stunde geschlagen hätte.

So weit sollte es freilich nicht kommen. Der Dampfer zeigte sich widerstandsfähig und kam durch die Sturmbahn des Taifuns glücklich hindurch. Als der Morgen graute, war das Schwerste überwunden, das Meer beruhigte sich, und die schwer mitgenommenen Passagiere kehrten aus ihrem halbtoten Zustand allmählich zur Besinnung zurück. Aber welches trostlose Bild eines unbeschreiblichen Durcheinanders gewährte das Zwischendeck, wo die Tiere untergebracht waren! Große und kleine Käfige, umgestülpt, verbeult und ineinander verkeilt, das zersplitterte Holz der Verschläge, das von der Wasserflut fortgerissene und über das ganze Deck gespülte Futter, alles lag im chaotischen Wirrwarr übereinander und durcheinander, und aus dem wüsten Haufen erscholl das Brüllen und Klagen der Tiere. Man griff nun mit allen Händen zu und brachte in fieberhafter Arbeit einigermaßen wieder Ordnung hinein. Doch die Bilanz der Sturmnacht war niederschmetternd. Am schlimmsten waren die Pferde dabei weggekommen. Nicht weniger als sechs, noch dazu gerade die besten Dressurpferde, hatten Brüche und so schwere Wunden erlitten, daß nichts weiter übrig blieb, als sie blutenden Herzens abzutun. Auch bei den anderen großen Tieren gab es eine Menge mehr oder minder schwerer Schäden, und von den kleinen Tieren war eine ganze Anzahl in ihren Käfigen ertrunken. Obendrein hatten drei Männer des Personals bei dem Versuch, den Pferden zu helfen, so bedeutende Verletzungen erlitten, daß sie in Manila, wo man nach zwei Tagen ankam, sogleich das Hospital aufsuchen und dort noch längere Zeit behandelt werden mußten.

Für meinen Freund W. bedeutete die unglückselige Überfahrt einen schweren Schlag, von dem er sich eigentlich niemals mehr richtig erholt hat. Er ist ein paar Jahre darauf gestorben, und der Zirkus wurde aufgelöst, der Tierbestand in alle Winde zerstreut.

 

Die Bevölkerung Ceylons hat vor jener des indischen Festlandes den Vorteil voraus, daß sie vor reißenden Tieren fast völlig gesichert ist. Während nach einer amtlichen Statistik auf dem indischen Festland in den zehn Jahren von 1887-1896 insgesamt 27 291 Menschen und 757 365 größere Haustiere von wilden Tieren zerrissen wurden, war der Verlust an Menschen und Vieh in derselben Zeit in Ceylon verschwindend gering. Die meisten Menschenopfer in Indien fordert der Tiger, aber auch Leoparden, Wölfe, Bären und Krokodile heischen ihren Tribut, und dem Vieh wird außerdem auch noch die Hyäne gefährlich, die sich an den Menschen nicht heranwagt. Noch viel größer aber sind in Indien die durch den Biß giftiger Schlangen verursachten Menschenverluste. Die Schlangen sollen in der vorhin genannten Zeit von 1887 bis 1896 nicht weniger als 210 500 Menschen zum Tode gebracht haben, also im Jahr durchschnittlich 21 000, und wenn diese Ziffer bei den Schwierigkeiten, die sich einer genauen Statistik entgegenstellen, vielleicht auch nicht ganz zuverlässig ist, so stimmt sie mit den Schätzungen der Sachverständigen doch ungefähr überein.

siehe Bildunterschrift

Elefantenkraal

siehe BildunterschriftPrachtelefant mit seinen Wärtern

siehe Bildunterschrift

Elefantentreiber mit Fesseltauen

Auch Ceylon hat seine Giftschlangen, aber bei weitem nicht in so riesiger Menge wie Indien, auch werden sie dem ceylonischen Landbewohner nicht so gefährlich, weil er sich dank seiner größeren geistigen Regsamkeit vor den Reptilen besser in acht nimmt als der indolente indische Bauer. Dasselbe gilt für die Krokodile, die es ja auch in Ceylon gibt, die hier aber verhältnismäßig sehr wenig Unheil anrichten. Was nun die reißenden Tiere betrifft, so fehlt der Tiger, der sich in Indien mit Recht als König der Tiere betrachten darf und der dort in manchen Gegenden noch immer ein wahres Schreckensregiment ausübt, in Ceylon vollkommen. Das muß seltsam erscheinen, da Ceylon, das in vorgeschichtlicher Zeit zweifellos mit dem indischen Festland verbunden war (die Insel- und Sandbankkette der Adamsbrücke im Norden erinnert noch heute an diesen Zusammenhang), sonst in Fauna und Flora mit Indien so ziemlich übereinstimmt. Es darf aber als sicher gelten, daß früher in Ceylon auch der Tiger heimisch war und daß er erst in neuerer Zeit ausgestorben ist. Abgesehen von den bildlichen Darstellungen, die in den alten Tempelbauten an den Tiger erinnern, wird sein damaliges Vorkommen auch von alten Reiseschriftstellern bezeugt. So schreibt der weitgereiste Nürnberger Johann Jakob Saar in seinem zu Nürnberg 1672 erschienenen Werke »Ost-Indianische Fünfzehn-Jährige Kriegs-Dienste« über die großen Katzen in Ceylon: »In den Wäldern finden sich viel Tygerthier; Weil sie aber viel andere Thiere, als junge Büffel, Kühe, Hirschen und dergleichen zur Speise haben, ist der Mensch für ihnen wohl sicher. Unsers Theils sahen wir es gar gern, wann er der Heyden Viehe, eine Kuh oder anders, tod gebissen hatte. Denn seine Natur ist, daß er nur das Blut aussauget, das Fleisch aber weil er liegen ließe, und solches den Indianern auch ein Greuel war, die nichts essen, was sie nicht selber geschlachtet haben, kam es uns trefflich zu Statten, und wünschten, daß der Tyger oft ein solches Fest anrichten mögte.« Da sich der biedere Kriegsmann Saar (der mit »Indianern« natürlich die Inder meint) in seinem höchst interessanten Buch als zuverlässiger Beobachter zeigt, mag seine Bemerkung über den ceylonischen Tiger, den er weiterhin für nicht so gefährlich wie den javanischen Tiger erklärt, im wesentlichen wohl stimmen. Daß aber der Tiger sich lediglich mit dem Blut seiner Opfer begnügt, ist natürlich nicht richtig; er verschlingt im Gegenteil ungeheure Mengen Fleisch, und nur, wenn er schon übersättigt ist, delektiert er sich nur noch allein an dem Blut.

Tiger gibt es also in Ceylon längst nicht mehr, dagegen kommt der Leopard in den entlegeneren Gegenden noch ziemlich häufig vor. Richtiger gesagt, handelt es sich dabei um eine besondere ceylonische Abart des Panthers, aber da nun einmal das Tier in Ceylon immer als Leopard bezeichnet wird, wollen wir den Namen beibehalten. Es herrscht auf diesem Gebiet einige Verwirrung, die sich selbst in zoologischen Werken und in Jagdbüchern bemerkbar macht. Der Panther unterscheidet sich vom Leopard eigentlich nur durch die Größe; während jener im Durchschnitt etwa zwei Meter erreicht, bringt es der Leopard gewöhnlich nur auf 1,60 Meter. Hervorragende Kenner der indischen Tierwelt, wie G. P. Sanderson, sind deshalb der Meinung, daß man Panther und Leopard lediglich als Varietäten ein und derselben Spezies zu betrachten hat. Die Lebensgewohnheiten und Charaktereigenschaften der beiden großen Katzen stimmen miteinander überein, nur daß der Panther wegen seines größeren und stärkeren Körperbaues Großvieh zu schlagen vermag und dieses vorzieht, während der kleinere Leopard sich an Kühe nur selten heranwagt und sich mit Ziegen, Hunden, Hasen und selbst Geflügel begnügt. Nun findet man bei beiden Tieren wiederum, je nach der Gegend, verschiedene Abweichungen in Größe und Farbe. Bei den ceylonischen Leoparden geht das charakteristische Rötlich-Gelb mehr in eine dunkle, manchmal fast schwärzlich erscheinende Färbung über. Er darf deswegen aber nicht mit dem schwarzen Leoparden oder richtiger Schwarzpanther ( Felis melas) verwechselt werden, der eine Art für sich ist und in Indien nur noch an einigen Stellen des Südens, häufiger in Sumatra und Java vorkommt.

Der Leopard ist ein kühner und listiger Räuber, und da ihn seine Geschmeidigkeit befähigt, auf Bäume zu klettern, wird er dem kleineren Wild sehr gefährlich. An Freßgier und Blutdurst steht er dem Tiger kaum nach. Erwachsenen Menschen geht er aus dem Wege, unbewachte kleine Kinder soll er schon häufig geholt haben, und wenn er bei der Jagd verwundet ist und gestellt wird, setzt er sich kräftig zur Wehr. Während der Inder vor dem Tiger großen Respekt hat und ihm trotz aller Schrecken, die von dem starken Raubtiere ausgehen, sogar eine gewisse Sympathie, ein Gefühl scheuer Bewunderung entgegenbringt, spricht er vom Leoparden mit Geringschätzung und beteiligt sich eifrig an allen Maßregeln, die zur Ausrottung dieser großen Katze getroffen werden. Der Leopard wird hauptsächlich in Fallen gefangen.

Jetzt kommt der ceylonische Leopard, wie schon gesagt, meistens nur noch in den entlegeneren Gegenden vor, wo er kleinere Dörfer beunruhigt und sich bei Verfolgung rasch in den nahen Wald zurückziehen kann. Es ist jedoch noch gar nicht so lange her, da wagten sich die Leoparden auch in die Nähe größerer Orte, holten sich nachts aus schlecht verwahrten Ställen Ziegen und Lämmer, begnügten sich aber in Ermangelung besserer Beute auch mit den armseligen Pariahunden, die in den Vierteln der unteren Bevölkerungsschichten auf den Straßen herumlungern und sich ihre kärglichen Mahlzeiten aus dem Inhalt der Kehrichthaufen zusammenstellen.

Wie weit die Dreistigkeit der Leoparden geht, davon habe ich mich einmal auf drastische Weise überzeugen können. Es war zu jener Zeit, als ich in Nuwara Eliya den Ausbau und die Leitung des Grand Hotels übernommen hatte. Nuwara Eliya, von den Engländern meistens abgekürzt Nurellia genannt, wird von Kandy aus mit einer höchst interessanten Gebirgsbahn erreicht und ist der beliebteste klimatische Höhenkurort nicht nur Ceylons, sondern des ganzen südlichen Indiens. Mit seinen Hotels und Villen liegt es 1900 Meter hoch in einem wasserreichen Hochtal unweit des höchsten Berges Ceylons, des 2538 Meter hohen Pidurutalagalla. Hier spürt man kaum etwas von den Tropen, kühl und herb weht die Luft, und abends sitzt man gern am Kamin, in dem ein paar mächtige Holzkloben prasseln. Der Aufenthalt in Nuwara Eliya ist ein Labsal für Körper und Geist und verleiht dem geschwächten Organismus des Kolonisten neue Widerstandsfähigkeit.

Als der Vorfall, von dem ich erzählen will, sich ereignete, hatte die eigentliche Saison noch nicht begonnen, und es waren erst wenige Kurgäste erschienen. Unser Hotel lag etwas abseits und grenzte dicht an den Wald, der noch völligen Urwaldcharakter hatte. Neben dem Hotel hatte ich in Ermangelung eines Eiskellers, der in dem rauhen Klima von Nuwara Eliya auch überflüssig ist, auf einem noch freien Grundstück einen Schuppen errichten lassen, in dem wir das Fleisch und andere Lebensmittel aufbewahrten. Als mir eines Tages gemeldet wurde, daß aus dem Schuppen einige Schinken und andere große Fleischstücke verschwunden wären, dachte ich erst an Spitzbuben und ließ das Grundstück fortan von zwei Eingeborenen in Begleitung von Wachthunden bewachen. Es vergingen zwei oder drei Tage, da erschienen des Morgens die Wächter bei mir und erzählten, noch schlotternd vor Schreck, nachts wären Leoparden gekommen und hätten die Hunde, die sich ihnen in den Weg stellten, niedergeschlagen und verschleppt. Ich sah, daß mit diesen Helden von Nachtwächtern nichts anzufangen war, sie hatten viel zu viel Angst vor den Bestien. Darüber, daß es wirklich Leoparden gewesen waren, konnte kein Zweifel obwalten, denn ihre Spuren waren deutlich zu erkennen. Ich ließ nun den Schuppen noch durch ein starkes hohes Drahtgitter sichern – mit dem Erfolg, daß die Räuber das Drahtgitter eines Nachts einfach durchbrachen, die Planken des Schuppens auseinanderzerrten und sich ein tüchtiges Quantum unserer besten Bratenstücke zu Gemüte führten. Die tapferen Wächter hatten es aber für vorteilhaft gehalten, sich in den Schutz des Hotels zurückzuziehen, und als ich sie zur Rede stellte, wiederholten sie immer nur die eine Redensart: » Kotia, mahutra, api bahya« (Tiger, Herr, wir bange).

Aber es sollte noch besser kommen. Unsere liebenswürdigen Nachtgäste fühlten sich bald so sicher, daß sie uns auch am Tage besuchten. Als eines Morgens eine in unserem Hotel einquartierte Dame in dem zum Hotel gehörigen Garten mit ihren beiden Foxterrierhunden spazieren ging, hörte sie plötzlich im Gebüsch ein Geräusch – ein Leopard sprang heraus, packte einen der Hunde und verschwand mit seiner Beute ebenso schnell, wie er aufgetaucht war. Ehe die Dame noch recht zum Bewußtsein des Geschehenen kam, war auch schon alles vorbei …

Es läßt sich denken, in welchem Zustand die Dame ins Hotel zurückkehrte, um, an allen Gliedern zitternd, den Vorfall in abgerissenen Worten zu erzählen. Wäre mir das unerhört dreiste Treiben der Leoparden nicht schon allzu bekannt gewesen, so hätte ich ihren Bericht für das Produkt einer krankhaften Einbildung gehalten. So aber war an dem Sachverhalt, so unglaublich er auch klingen mochte, nicht zu zweifeln. Das Vorkommnis war im höchsten Grade fatal. Denn wenn es sich erst herumsprach, daß die Gäste nicht einmal im Hotelgarten vor Raubtieren sicher waren, so mußte das für den Ruf des Etablissements geradezu ruinös sein. Wir bemühten uns also, und glücklicherweise mit Erfolg, die Dame zu beruhigen und sie davon zu überzeugen, daß der vermeintliche Leopard nur eine große Wildkatze gewesen sein könnte, leisteten Schadenersatz und trafen sogleich die nötigen Maßregeln, um dem weiteren Treiben der unheimlichen Tiere jetzt mit aller Energie ein für allemal ein Ende zu bereiten.

Das war nun freilich leichter geplant, als ausgeführt. Denn das alte Sprichwort: »Die Nürnberger henken keinen, sie hätten ihn denn« hat, mutatis mutandis, auch für den Umgang mit Leoparden Gültigkeit. Die Abhaltung einer förmlichen Jagd verbot sich aus mannigfachen Gründen, schon deshalb, um kein großes Aufsehen zu erregen. Ich machte mich also daran, im nahen Wald, den die Leoparden bei ihren nächtlichen Streifzügen passierten, einige Fallen aufzustellen, setzte in jede Falle als Locktier eine junge Ziege hinein und bedeckte die Fallen oben und an den Seiten mit Grasboden, so daß sie nicht als Fallen zu erkennen waren.

Nach zwei Tagen und Nächten glückte es uns in der Tat, die dreisten Räuber abzufangen. Es waren zwei Prachtexemplare von Leoparden, ein Männchen und ein Weibchen, die sich nun wie wild in der Falle gebärdeten. Da die körperliche Beschaffenheit des Weibchens darauf schließen ließ, daß es säugende Junge hatte, lag mir viel daran, den Schlupfwinkel der Tiere aufzuspüren. Ich machte mich mit ein paar befreundeten Sportsmännern in Begleitung guter Jagdhunde auf die Suche, und nach langem beschwerlichen Herumklettern entdeckten wir die Wohnung unserer Gefangenen endlich in einer Felsenhöhle, die aber in einem trichterförmigen Abgrunde so versteckt lag, daß weder wir Jäger noch die Hunde herankommen konnten. Mein braver Shikari Fernando ließ sich später an der steil abfallenden Wand des Felsentrichters mit einem Seil hinunter, drang in die Höhle ein und kam mit der Meldung zurück, daß sich darin, ganz wie ich es vermutet hatte, Junge befänden, und zwar drei Stück im Alter von etwa zwei Monaten. Sie waren schon recht kräftig und hatten ihm ein paar tüchtige Kratzwunden beigebracht. Man mußte sie also mit Vorsicht behandeln. Wir stellten aus einem großen Sack und einigen Holzreifen eine Art Catcher (Fänger) her, dann ließ ich mich mit Fernando zur Höhle hinab, und es glückte uns dort, die jungen Leoparden trotz ihres heftigen Sträubens, Kratzens und Fauchens mit unseren durch dicke Lederhandschuhe geschützten Händen zu packen, in den Sack zu stecken und aufwärts zu befördern.

So endete diese seltsame Leoparden-Idylle mit einem ganz überraschend guten und lockenden Fang. Denn auch die drei Jungen entwickelten sich in meinem Tiergehege in Colombo zu sehr ansehnlichen und vielversprechenden Vertretern ihrer Rasse. Die ganze fünfköpfige Leopardenfamilie trat dann auch nach einigen Monaten die Reise nach Hamburg zu meinem Bruder Carl Hagenbeck an.


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