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Briefe und Berichte

An Karoline v. Barkhaus

(den 4. Juli 1799)

Ungern verliess ich Sie gestern und im heftigen Kampfe mit mir selbst, ob ich Ihnen die Lage meines Herzens entdecken sollte oder nicht. Ich sehnte mich nach dem Troste, mein Herz in das Ihrige ausschütten zu können, und doch hielt mich eine geheime Furcht, deren Ursache ich mir nicht erklären konnte, zurück. Schriftlich, dachte ich, wird es leichter sein, mich zu entdecken. Dieser Gedanke ward Entschluss, welcher noch jetzt in meiner Seele haftet. Schon beim ersten Anblicke machte Savigny einen tiefen Eindruck auf mich; ich suchte es mir zu verbergen und überredete mich, es sei bloss Teilnahme an dem sanften Schmerz, den sein ganzes Wesen ausdrückt, aber bald, sehr bald belehrte mich die zunehmende Stärke meines Gefühls, dass es Leidenschaft sei, was ich fühlte. Ich wusste mich vor Freude kaum zu fassen, als Sie mir in Ihrem letzten Briefe schrieben, S. käme nach Wilhelmsbad.

Zürnen möchte ich mit mir selbst, dass sich mein Herz so schnell an einen Mann hingab, dem ich wahrscheinlich ganz gleichgültig bin; aber es ist nun so, und mein einziger Trost ist, bei Ihnen, Beste, freundschaftliche Teilnahme zu suchen. Ich weiss nicht, wie Sie mein vielleicht zu voreiliges Zutrauen aufnehmen werden; denn ich habe bei diesem Schritt nicht meine Vernunft, nur mein Herz, welches sich ganz zu Ihnen hinneigt, gefragt; ich bitte, sagen Sie mir bald, dass ich dadurch nichts an Ihrer Freundschaft verlor.

Nun hoffe ich, Sie morgen früh bei uns zu sehen; möchten Sie doch diesen Wunsch erfüllen!

Meine Mutter und Schwester haben sich sehr über Ihre und der Ihrigen Bekanntschaft gefreut und noch den ganzen Abend von Ihnen gesprochen.

Ich umarme Sie in Gedanken. Vergessen Sie mich nicht. Unserer guten Mutter und Schwester Sophie viel Schönes.

Karoline G.

Ich bitte, verbrennen Sie diesen Brief!


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