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Eine dramatische Skizze in drei Akten
Personen
Egestis, ein parthischer König
Die Königin
Adonia, des Königs Nichte
Nikator, Feldherr
Esla, am Hof des Königs
Totila, Oberster der Leibwache
Halle des Palastes. Nikator und Esla
Nikator
Hinweg von dort! noch tönt in meinen Ohren
Der Menge widerig Triumphgeschrei.
Der Sieg ist längst gesiegt, verlöschet jene Flamme,
Die mich zu kühnen Taten mächtig trug.
Es ekelt mir, den Thyrsus tobend schwingen,
Wenn man nicht voll des Rebengottes ist.
Esla
So willst Du Deinen Sieg nicht feiern helfen?
Den Dank nicht nehmen, den man gern dir gibt?
Nikator
Was ist der Dank und was die Siegesfeier?
Mein Herz ist müd und taugt zum Jauchzen nicht.
Esla
Dein Geist ist wunderlich und schwer zu fassen,
Du wirbst um Ruhm, um dann ihn zu verschmäh'n.
Nikator
Das ist, Du weisst's, stets mein Geschick gewesen
Des Wahren Einsicht kommt mir oft zu spät.
Ein tiefes Sehnen ist in meinem Herzen,
Das hungrig stets nach neuem Raube hascht;
Ich geb ihm hin des Lebens schönste Blumen,
Es frisst sie auf und fragt nach neuem Raub.
Ich stürzte mich in dieses Kriegsgedränge
Und blutig endigt' ich den blut'gen Zwist.
Des Königs Bruder fiel in meine Hände,
Er unterwarf sich meinem Siegerschwert,
Und seine Tochter, frevelhaftes Siegen!
Das sie zu ihres Oheim Sklavin macht,
Mir zur Gefangenen gibt, und mich zum Sklaven
Auf ewig ihrer süssen Schönheit macht.
Der Vater rächt sich in der Tochter Blicke,
Und meine Siege endigt alle sie.
Ja, die Gefangene hat mich gefangen,
Die Überwundene hat mich besiegt.
Esla
Und sie verschmähet Deiner Liebe Werben?
Sprich: nein, schon sagt Dein lächelnd Auge nein.
Nikator
Ihr Blick begegnet freundlich meinem Blicke,
Wenn kühn, doch zaghaft, er Erhörung sucht;
Dann senkt sie wieder blöd' das helle Auge,
Als flieh es meiner Sehnsucht heisse Glut,
Und berge sich in dunkler Wimpern Schatten,
Und kühle sich im eig'nen Perlentau,
Dann hebt sich's wieder aus dem feuchten Spiegel,
Wie sich der Mond kühl aus dem Meer' erhebt.
Esla
So hoff auf sie, vertraue ihrem Herzen,
Auf Deine Macht stütz' Dich bei unserm Herrn.
König, Königin, Gefolge, die Vorigen
König
Nikator! Dir sei Dank, denn Du hast mir erhalten,
Die Krone, die ich lange sorgend trug.
Und Sorge macht auch Könige zu Sklaven,
Ein König ist, wer keine Sorge kennt.
Königin
Nikator flieht den Dank, will er die Schuld vermehren
Und soll vor ihm beschämt sein König steh'n?
Dich nennt der Ruhm, und es gesellt dein Name
Sich allen grossen Namen herrlich zu.
So lohnt die Welt; die Nachwelt, die Geschichte,
Flicht ew'ge Kränze um Nikators Stirn.
Sein König nur weiss nicht ihn zu belohnen,
Denn gross, ja allzudrückend ist die Schuld;
Drum sollte er aus wahrer Grossmut nehmen
Und fordern, wo man blöd' nicht bitten darf.
Nikator
O Königin! es kann kein and'rer wissen,
Wie wenig meine Tat verdienstlich ist.
Ein rascher Wunsch treibt mich in's Kriegsgetümmel,
Das launenhafte Glück zeigt sich mir hold,
Der Zufall will sich mir gewogen stellen,
Und ich weiss selber nicht, wie mir geschieht;
Von Schlacht zu Schlachten werd' ich fortgezogen,
Zum Tapfersein zwingt die Notwendigkeit;
Das Schicksal treibt mich fort in seinen Kreisen
Und ihm befehlend dien' ich ihm als Knecht.
Wir möchten gern uns Herrn des Zufalls stellen,
Doch er gewinnet und verliert die Schlacht.
Der Steuermann beherrschet nicht die Woge,
Sie reisst ihn fort in ihrem wilden Drang.
Königin
Dem Helden mag bescheid'ne Sitte ziemen,
Doch unsre Freude stören soll er nicht;
Von seiner Höhe nicht das Hohe reissen,
Damit es das gemeine Auge schaut.
König
S' ist Übermut, das unbedeutend nennen,
Vor dem wir alle mit Verwundrung stehn;
Was wir gesehn, soll fast gering noch scheinen,
Verglichen mit der höhern Trefflichkeit,
Die er sich fühlt in seinem stolzen Herzen,
Und die er über unsern Beifall hebt.
Nikator
Mein königlicher Herr! Du missverstehest,
Gerecht nur wollt' ich gönnen meinem Glück
Des Ruhmes Anteil, der ihm angehöret.
Adonia, Vorige
Adonia
Vergib, mein grosser, königlicher Herr!
Vergib der Flehenden die kühne Bitte,
Die heute sie zu Deinen Füssen führt.
Zwar sollt' ich heut versteckt und einsam weinen,
Und trauern über meines Hauses Fall;
Mich jedem Aug' entziehen an dem Tage,
Da Ihr mein Unglück feiert, Euern Sieg;
Doch treibt mich Sorge aus der stillen Kammer,
Für meinen Vater knie ich jetzt vor Dir;
Sechs Monde sind's, dass wir gefangen leben,
Und unentschieden noch ist sein Geschick.
Erbarme Dich, Herr! lass ihn Gnade finden,
Gib Freiheit ihm, versichr' ihm Dein Verzeihn.
König
Steh' auf, Adonia! geliebte Nichte,
Du bittest nicht bei Deinem Oheim fehl,
Vergessen hatt' ich Deines Vaters Hassen,
Als ich Dein lieblich mildes Auge sah;
Mich freut der Sieg, weil er Dich mir gegeben,
Und klagen möcht' ich, dass er Dich geschmerzt.
Adonia
Mein teurer Oheim, sprecht das Wort der Gnade,
Das meinen Vater rettet, sprecht es aus.
König
Ihm sei verzieh'n, und alle Siegesfrüchte,
Ich gebe gern und willig sie zurück,
Ein Kleinod nur muss er an mich verlieren,
Ein Kleinod, mehr als alle Kronen wert.
Adonia bleibt, er hat sie mir gegeben,
Ja, seine holde Tochter ist nun mein.
Königin
Und mir verbarg der König diese Freude?
Er teilet sparsam seiner Gattin zu.
König
Nur die gewisse Gabe wollt' ich teilen,
Und nicht der Hoffnung leicht entflohnen Schein.
Man bringe sie zum königlichen Hause,
Und morgen schon mit königlicher Pracht,
Was schön und köstlich ist, soll sie umgeben,
Dass äussrer Glanz sich ihrem Reiz gesellt.
Nach meinem Weib', die nächste meinem Throne
Und meine Erbin, sei Adonia.
Adonia
O König! Herr! doch nein, ich muss verstummen,
Mein zaghaft Herz traut noch dem Glücke nicht.
König
Nikator! bring sie morgen meinem Weibe,
Und schliess den Frieden, wie ich Dir gebot.
Du schweigst! Du senkest trüb die Augen nieder;
Was ist es doch, das Dir so sehr missfällt?
Nikator
Ich zage über meiner Seele Wünsche,
Die hoch sich über mein Geschick gestellt.
Adonia! ich hob zu Dir das Auge,
Zu jeglicher Vortrefflichkeit zugleich.
Und all mein Leben glich dem gier'gen Pfeile,
Der durch die weite Welt sein Ziel nur sucht.
Doch Du, o König! hast zu weit entrücket
Des Pfeiles Ziel, er sinkt zum Staub zurück;
Sein Leben hat er und sein Ziel verloren,
Und Torheit wird, was gross und mutig war.
König
Ein Kluger sendet Pfeile, welche treffen,
Nur Knaben schicken sie den Wolken nach.
Nikator
So hast Du jetzt mein Urteil ausgesprochen,
Für mich verarmt ist alle Herrlichkeit.
Vom Ganges an bis zum beeisten Pole
Reizt nichts des kranken Herzens Wünsche mehr.
Umsonst ruft mich zum Kampf die Kriegstrommete,
Ein neu Geschlecht drängt in die Schranken sich,
Und neue Namen glänzen und vergehen.
Die Weltgeschichte geht den ernsten Schritt,
Ich greife nicht in ihres Rades Speichen,
Und meine Taten dring' ich ihr nicht auf.
König
Besinne Dich, kann wohl die Königstochter,
Der Krone Erbin Deine Gattin sein?
Des Mannes Tochter, den Du überwunden,
In niedre Fesseln ihn, den Herrscher, schlugst?
Besinne Dich, Du musst es selber sehen,
Die Sitte ja und das Gesetz spricht: nein.
Sieh an Adonien, wie sie errötet,
Ein widerig Gefühl färbt ihr Gesicht;
Sie weiss verständig wohl, was ihr gebühret,
Doch Deine Rede jetzt hat sie beschämt.
(Er winkt, die Königin entfernt sich mit Adonia.)
Nikator
Fluchwürd'ger Irrtum einem König dienen,
Die Krone macht dem Undank stets vertraut.
König
Du tatest Deine Pflicht, ich bin zufrieden,
Und lohnen werd' ich nach Gelegenheit.
Nikator
Gib mir Dein Reich, und gib mir Asiens Schätze,
Der Meere Herrschaft, ich verschmähe sie. (
ab)
König
O unerträglich, widrig, freches Trotzen!
Ein Untertan spricht so zu seinem Herrn?
Muss ich des Zornes wilden Ausbruch dulden?
Erschrecken, wenn ein Sklav den Boden stampft?
Esla
O dulde seines Schmerzes kühne Sprache,
Entbehren kannst Du doch den Tapfern nicht.
König
Entbehren nicht? Wer machte Dich das glauben?
Ich stoss' ihn weg, und büsst' ichs mit dem Tod;
Ich duld' ihn nicht, hätt' er auch alle Reiche
Der Erde unterworfen meinem Schwert.
Adonia, die holde Himmelsblume,
Die sollte werden des Soldaten Sold?
Dem Knechte, den ich heben kann und stürzen,
Dem Taggeschöpfe meiner Königshuld,
Dem sollte sie der Liebe Wonne schenken
Und mit ihm teilen sein armselig Los?
O Raserei! du bringst mich fast zum Rasen,
Ja, der Gedanke wühlt in meinem Hirn;
Ich sollte sie, die Herrliche, vermählen
Dem frechen Staub, der ihre Sohlen küsst?
Ich würde sie dem Donnergott missgönnen,
Erniedrigt glauben in Herakles' Arm.
Ich wag' es nicht, die Hand ihr zu berühren,
Ich bebe, streift mich ihres Kleides Saum.
Und dieser denkt und hofft sie zu besitzen?
Nur der Gedanke schon verdient den Tod;
Denn, ihn gedacht zu haben, ist ein Leben,
Ein glänzend schönes, frohes Leben wert.
Esla
Mein königlicher Herr! was soll ich sagen?
Sie scheinet über alles Mass Dir wert.
König
Wer fürchtet, mag die innre Neigung bergen,
Die Macht erhebt mich über jede Furcht;
Du magst es laut auf allen Strassen rufen,
Dass ich sie liebe ohne Mass und Ziel.
Wer darf in mir des Herzens Wünsche richten?
Hoch steh' ich über Tadel oder Lob,
Und mich berührt der Meinung bunt Gedränge
So wenig als des Äthers leichte Luft.
Esla
Vergib, dass ich der Königin gedenke;
Ich fühle wohl, ich wag' ein kühnes Wort.
König
Sie ist mein eigen, was mir angehöret,
Das reiss' ich fort in meiner eignen Bahn;
Ich spende Glück und Gunst nach Wohlgefallen,
Denn mein Geschöpf ist alles um mich her.
Esla
So willst Du nicht der Mäss'gung Stimme hören?
König
Ich will Gehorsam sehn im ganzen Sinn;
Drum geh' und sag' dem Feldherrn meinen Willen,
Ausliefern soll er die Prinzessin mir,
Und zwar an diesem Tag' noch, diese Stunde;
Mich ängstet jeder kleine Augenblick,
Den sie in des Verwegnen Hand verlebet,
Er gebe sie und bräch' sein stolzes Herz. (
ab)
Esla
Schweig' ich dem Freund? zeig' ich ihm die Gefahren,
Die drohend über seinem Scheitel stehn?
Nein, meinen König darf ich nicht verraten,
Und nicht den Freund, mein Handeln bleibe rein.
( Nikator kommt)
Es lässt, Nikator, Dir Dein König wissen,
Dass heut' er die Prinzessin noch verlangt,
In dieser Stunde noch will er sie haben;
Unwiderruflich fest ist sein Befehl.
Nikator
Unwiderruflich! wenn es mir beliebet.
Geb' ich sie nicht, was bleibt ihm dann zu tun?
Esla
Es bleibt kein Vorwand, den Du nehmen könntest,
Da er mit solchem Ernste drauf besteht.
Nikator
Ist es nicht Laune, dass er jetzt sie fordert?
Vor einer Stunde wollt' er anders noch.
Nun, Laune mag bei ihm für Laune gelten,
Ist seine mehr, ist meine minder wert?
Esla
Du wirst ihn diesmal unbeweglich finden,
Mich selbst erschrecket seine Festigkeit.
Nikator
Ist er der Fels? Wohlan! ich bin die Welle,
Die brandend sich an seiner Stärke reibt;
Schwer soll ihm diesmal seine Dauer werden,
Denn ich bin fest wie die Notwendigkeit.
Drum sag' ihm, dass ich die Prinzessin bringe,
Doch morgen erst, wie er zuvor gebot.
Und zürnt er mir ob diesem meinem Grusse,
So lass' ihn; er versuche seine Macht.
Er wird sich hüten, fürchten vor dem Heere,
Das seinem Feldherrn mehr als ihm gehorcht.
Ein Garten. Adonia allein
Adonia
Die Mitternacht sinkt endlich still hernieder,
Und das Gewühl des öden Tags zerrinnt;
Sein bunt Geräusch, sein leeres, kaltes Treiben
Begräbt in heil'ge Stummheit Mitternacht.
O Mitternacht! birg mich in Deinem Schosse,
Lass mich genesen von des Lebens Müh';
Lass schlummern mich in Deinen Sternenarmen,
Und Träume träumen, die der Tag verscheucht.
Der Mond sieht lächelnd durch die Myrtenzweige,
Er regt des Herzens tiefes Sehnen auf.
Der Abendwind spielt leis um meine Lippen,
Als frag' er mich um meinen stillen Gram.
Doch, Mond und Luft, ich darf ihn euch nicht nennen,
Verschwiegne Lippen, sprechet ihn nicht aus.
( Nikator kommt)
Nikator
Wär' ich der Mond, ich weinte Strahlen nieder;
Wär' ich die Luft, ich seufzte durch die Nacht,
Bis die verschwieg'nen Lippen ich beweget,
Zu öffnen mir ihr stilles Heiligtum.
Adonia
Nikator, Du! in dieser Abendstunde,
Was wagest Du, für Dich und auch für mich?
Nikator
Ich wage, ja! aus dieser Abendstunde
Soll dämmern mir des Lebens Morgenrot.
Der Liebe Tag will ich der Nacht entreissen,
Wo nicht, in ihrem Schatten untergehn.
Du kennst mein Herz, ich hab es laut verkündet
Vor aller Welt, bei Dir nur kann ichs nicht.
In Deinem Schauen ist das Wort gefangen,
In Deiner Schönheit ist das Aug' verirrt.
Und all mein Leben hat sich mir entwendet,
Und flieht verräterisch zu Dir, zu Dir.
Wenn Du nicht Grossmut übest, muss ich sterben,
Wenn Du nicht Leben gibst, muss ich vergehn.
Adonia
Nikator! ja, Dich liebet meine Seele
Seit jenem Tag, da ich zuerst Dich sah.
Das Diadem entwand'st Du meinem Haupte,
Und meinem Busen raubtest Du das Herz.
Der Purpur fiel herab von meinen Schultern,
Der Hoheit Glanz zerrann, wie Morgentau;
Da badet' ich die Brust in Lieblingsträumen,
Und unverwundbar ward sie dem Geschick.
Ich stieg vom Thron' und hab' es nicht empfunden;
Denn in dem Schauen war der Sinn entrückt.
So liebt' ich Dich, so wird es ewig bleiben,
Denn ich bin ewig meine Liebe selbst.
Eh' wird das Licht sich von der Sonne scheiden,
Eh' meine Liebe meinen Geist verlässt.
Nikator
Nun, Augen, saugt den Taumeltrank der Reize!
Trinkt, Lippen! ihres Mundes Süssigkeit.
Adonia
O möcht' ich doch in diesem Kuss vergehn,
Wie in dem Meer das Abendrot verglüht!
( Esla kommt)
Esla
Der König kommt, er fordert seine Nichte,
Gib sie zurück, es forderts Deine Pflicht.
Nikator
Nein, sie ist mein, sie hat sich mir gegeben,
In meinem Arm ist Schutz und Heil für sie.
Esla
Du kannst mit guter Art sie nicht verweigern,
Was Du auch sagst; Empörung scheints der Welt.
Nikator
Ich scheu' nicht der Empörung freche Stirne,
Wenn sie der Lohn für den Empörer ist.
Esla
Gedenk' an Pflicht, gedenk' an Eid und Treue,
Ja! an der Götter Rache denke auch.
Nikator
Ich habe nichts und gar nichts zu bedenken,
Als meines Busens heiliges Gebot.
Eh' mag ich Königen die Treue brechen,
Als der Natur, die mir im Herzen spricht.
Wer sie verrät, um eines Königs willen,
Um Ehre, Ruhm und falscher Pflicht Gebot,
Der ist nicht wert, dass sie ihm je gesprochen,
Er ist ein Sklave, der sich selbst verliert.
Esla
Gibst Du nicht nach, wo soll sich's dann entscheiden?
Willst Du des Bürgerkrieges Stifter sein?
Nikator
Es mag die Macht sich gegen Macht empören;
Ich bin gezwungen, wie's auch scheinen mag.
Adonia
Nicht also; nein, so darf sich's nicht entscheiden.
Die Liebe siege, nicht die blut'ge Macht.
Ich dulde nicht, dass Du mich so behauptest,
Denn hassenswert soll unser Bund nicht sein.
Ich geh' zum König, was das Schicksal sinne;
Ich bleibe Dein, vertraue meinem Mut
Und meiner Liebe; viele sinds der Pfade,
Die alle führen zum gewissen Ziel,
Und einen find' ich. Rede jetzt zum König,
Und bring' ihm klüglich unsrer Herzen Bund.
Esla
Ja, zeig' dem König jene kalte Ruhe,
Die in Gefahr ich oft an Dir gesehn.
( der König, mit Gefolge)
Nikator
Mein König! eben ist die Wache aufgebrochen,
Die die Prinzessin zu Dir führen soll.
Denn wohl erwogen, war die Zeit verschwendet,
Die ich mit Weigern gegen Dich verlor.
Denn, ob ich heut' sie, oder morgen bringe,
Ist dies ein Gegenstand des Streites wohl?
Des ernsten Streites zwischen ernsten Männern?
Ich gehe jetzt, mein König! und sogleich
Wird die Prinzessin im Palast erscheinen. (
ab)
König
Ist dieses ruhige Entsagen Spott?
Und gegen wen wend' ich des Zornes Waffe?
Beim Himmel! ganz betroffen steh' ich hier.
( Adonia kommt mit Gefolge, das sich zurückzieht, wie auch Esla.)
König
So hab' ich endlich Dich, Geliebte! Holde!
Wie ungleich teilet Sehnsucht doch die Zeit;
Bist du bei mir, so fliehen schnell die Stunden.
Und bist Du fern, so sind sie lahm und müd.
Du staunest? Du begreifst nicht mein Empfinden?
Dein Herz kennt noch der Liebe Wallung nicht.
Adonia
Ich weiss, mein Oheim, dass mit Vaterliebe
Und väterlicher Zärtlichkeit Du mein gedacht.
König
Von Vaterliebe borg' ich nicht den Namen,
Mein Lieben gleicht nicht Eltern-Zärtlichkeit.
Adonia
So weiss ich keinen Namen, der ihr zieme.
Beliebt Dir nicht, mein Oheim, jetzt zu gehn?
König
Du willst den Namen nicht? Wohl! so vergönne,
Dass ich beschreibe, wie mein Lieben sei:
Es ist ein ewger Durst nach Deinen Küssen,
Verzehren möcht' ich Deiner Wangen Rot;
Ich möchte Deines Blutes Purpur trinken,
Und schlürfen Deines Mundes reinen Hauch;
Es ist ein rastlos, zehrendes Verlangen,
Zu drücken Dich an dieses glühnde Herz.
Ich hungere nach Dir, ich durst' und rase
Nach Deiner Schönheit seligem Beschaun.
Adonia
Halt' ein, mein Oheim, denn die Unschuld sollte
Nicht sehen der Begierde wilde Glut!
König
Der Rose Glut darf sich der Lilie nahen,
Die Lilie bleibt doch immer weiss und rein.
Adonia
Nein, Lilien färben sich in Rosen Nähe,
Ihr reines Weiss wird glühend schamhaft Rot.
König
Das heilige Feuer nähret die Vestale.
Adonia
Das heil'ge Feuer wohl, nicht diese Wut.
König
Und Du wirst mein, ich schwör' es bei dem Gotte,
Der leuchtend über uns die Sonne bringt.
Ja, Du wirst mein, wärst Du in Pluto's Armen,
Ich stieg' hinab, und raubte Dich dem Gott'.
Adonia
Eh' wird die freche Flamme, die Du nährest,
Hinunterbrennen in die Unterwelt;
Eh' wird dein Lieben Pluto's Weib besiegen,
Eh' Du Adonien die Deine nennst.
Nimm Eid für Eid. Ihr Götter hört mein Schwören,
Und rettet mich vor seiner Liebe Wut.
Zimmer im Palast. Die Königin allein
Königin
O jammervolles Los, das mir beschieden!
Grausamer Schritt! vom Thron zur Niedrigkeit!
Wir steigen leicht empor zur Götter Nähe,
Doch tief gebeuget, sinken wir zum Staub.
( Nikator kommt)
Nikator
Ich komme, Königin; wie Du befohlen.
Doch Du bist bleich, und Deine Lippe bebt?
Königin
Du kommst, o Freund! zu meiner Abschiedsstunde,
Was ich besitze, trennt sich jetzt von mir.
Ich bin von meinem Könige verstossen,
Von seinem Herzen und von seinem Thron;
Verbannet hat er mich in ferne Städte,
Denn nimmermehr will mich sein Auge sehn.
Nikator
Ist's möglich? Nein! mein Geist kann es nicht fassen,
Denn zu abscheulich schwarz wär' diese Tat.
Königin
O fasse Dich, denn auch Du wirst vernehmen,
Was Dir zerreissen wird Dein liebend Herz.
Sie, die Du liebest, wird zum Thron geschleppet,
Zum Throne, den ich fallend räumen muss.
Sieh' mich nicht an mit diesem wilden Blicke!
Dein Unglück, wie das meine, ist gewiss.
Adonia wird Deinem Herrn vermählet,
Um ihres Busens Stimme nicht befragt;
Sein unerbittlich Herz hat es beschlossen,
Er will es, und sie muss das Opfer sein.
Nikator
O nimmermehr! so lang' Nikator lebet,
Nennt er Adonien die Seine nicht.
Königin
Versuch' es, sie und Dich und mich zu retten.
Es wird ein Gott Dir seine Kraft verleihn.
Nikator
Ich zage nicht, der Ausgang ist entschieden,
Ich sterbe oder ich errette sie.
Ein anderes Zimmer im Palast. Der König und Esla
König
Sag' mir nichts mehr, er hat den Tod verdienet;
Verhöhnet hat er meine Majestät.
Ich musst' errötend vor dem Stolzen stehen
Und ungewiss, unsicher, schülerhaft.
Doch dies beiseit', denn es ist kein Verbrechen,
Das ich zum Richterstuhle ziehen darf;
Doch wie ich weiss, vertraut er meinem Heere,
Des Gunst ihm Glück und Zufall zugewandt;
Drum glaubt er des Gehorsams sich entlassen,
Und tuet stets, was ihm, nicht mir, gefällt.
Esla
Noch seh' ich unter diesen keine Klage,
Die ihn des Hochverrates schuldig macht.
König
Ein Brief Nikators fiel in meine Hände,
Und dieser ist's, der ihn vor mir verdammt.
An meinen Bruder ist der Brief gerichtet,
Er fordert dessen Tochter sich zum Weib;
Er will dafür ihm treu und immer dienen,
Die Wunden heilen, die er selbst ihm schlug.
Weisst Du genug, um schuldig ihn zu finden?
Ruf ihn zu mir; der Schande glühend Rot
Und des Verbrechens Blässe will ich sehen,
Wie sie die Heldenstirn ihm überziehn.
( Esla ab)
So werd' ich einmal ihn beschämet sehen,
Erniedrigt muss er einmal vor mir stehn.
Verdopple schnell, Totila, Deine Wachen
Und halte Dich auf meinen Wink bereit,
Den ich bezeichnen werde, wegzuführen.
Totila
Wie Du gebietest, Herr, so solls geschehn. ( ab)
König
Nun wohl, das Netz ist klüglich ausgestellet,
Wenn ihn ein Gott nicht rettet, fällt er heut.
( Nikator kommt)
Nikator
Mein königlicher Herr, ich eile, zu vernehmen.
König
Nikator! wahrlich, ich bin tief beschämt,
Denn wie soll ich die Treue Dir belohnen,
Die reicher als mein eigner Reichtum ist?
Nikator
Mein König, mich befremdet Deine Rede,
Denn Dir ist wohl bekannt, dass ich getan
Was gut mir schien, nicht was Dir oft so deuchte,
Und dass ich eigner Einsicht stets gefolgt.
König
Ich bin zufrieden, bist Du's mit Dir selber;
Denn mehr, als selbst Dir gnügen, kannst Du nicht.
Nikator
Ich tat, mein König! was mir nötig deuchte,
Und hielt mit meinem eignen Herzen Rat.
König
Es neidet mich die Welt um Deine Treue,
Drum klagt sie Dich des Hochverrates an;
Doch werd' ich nie von Dir das Schlimme glauben,
Da Du Dir eben bessres Zeugnis gabst.
Sieh! solche Briefe musst' ich von Dir lesen,
Doch sie sind falsch, ich schwörs bei jedem Gott'. (
gibt ihm Papiere)
Nikator
Der Brief ist wahr, ich selbst hab' ihn geschrieben.
König
O schändlicher, abscheulicher Verrat!
Nikator
Ich habe recht getan mit diesem Briefe.
König
Verrat und Tücke also nennst Du recht?
Nikator
Was steht denn Ungeheures in dem Briefe?
Verrat' ich Dich an irgend einen Feind?
Nichts tat ich Dir, was meine Ehre schändet,
Ich stehe Rede Dir für jedes Wort.
König
Und um Adonien wagst Du zu werben,
Und kennest meinen festen Willen doch?
Nikator
Nach diesem Schritte hat nur sie zu fragen,
Und Rechenschaft gebührt nur ihr allein.
König
Du wirst Dich nicht vor ihr rechtfert'gen können,
Denn sie ist mein, Du aber gehst zum Tod';
Zum Throne
sie, und
Du zum Blutgerüste,
In dieser Stunde noch wird es geschehn.
Nikator
Und unbewiesen schickst Du mich zum Tode?
Und fürchtest Deines Heeres Murren nicht?
König
Das Heer vernimmt die Tat, wann sie geschehen;
Und ins Gescheh'ne füget sich der Mensch.
Nikator
Adonia! ich sollte Dich verlieren?
Und keine Rettung wäre mehr für Dich?
König
Es öffnen schon sich Deines Kerkers Türen,
Und schweigend warten Deine Schergen dort;
Du steigst hinab, es schliessen sich die Pforten,
Und öffnen nur sich Deinem Leichenzug.
Drum sei gefasst, vergiss der eiteln Sorgen,
Und denke, was Dir selbst noch nützen mag.
Kann einen Deiner Wünsche ich erfüllen?
So sag' es jetzt, denn bald ist es zu spät.
Bedenke, wie Du leichter sterben mögest,
Denn nach mir sprichst Du keinen Menschen mehr.
Nikator
Ich wünsche nichts, ich habe keine Bitte,
Doch einer Frage Antwort gib mir noch:
Willst Du mich nur mit falschem Schrecken täuschen?
Und sinnst Du doch im Herzen andre Tat?
König
Sie geht zum Thron und
Du zum Blutgerüste;
Ich schwöre Dir, es wird also geschehn.
Nikator
Wohlan! so geh' voraus denn zu den Schatten. ( er sticht den König nieder)
König
Totila! Wache! kommt! ich bin ermordet! ( er stirbt)
( Totila stürzt mit der Wache herein)
Totila
Was ist geschehn? mein Feldherr! Du der Mörder?
( die Soldaten umringen den Nikator)
Nikator
Totila, Du mein edler Kriegsgefährte!
Und ihr, Soldaten! fordert ihr mein Haupt
Für diese Tat? Ich bin bereit zu sterben,
Denn was ich wollte, hab' ich nun erreicht.
Totila
Weisst Du zu Deiner Rettung nichts zu sagen?
Nikator
Ich wollte nicht durch Mord dem Tod entgehn,
Ein grössres Unheil musst' ich von mir wenden,
Das dieser Tote frevelnd auf mich lud.
Totila
Er lebe! bis wir ihn vernommen haben.
Die Soldaten
Er lebe! wenn er sich rechtfertgen kann.