Anastasius Grün
Volkslieder aus Krain
Anastasius Grün

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Lamberg und Pegam.Der um Geschichte und Topographie Krains so verdiente Chronist Freiherr von Valvasor berichtet folgendes: »Inwendig im Schloß (Stein in Oberkrain) sollen an der Wand eines Zimmers abgemalt sein zween zu Pferde eifrigst kämpfende Männer, von denen einer diese Worte: Helff dir Gott! der andere aber: Gnad dir Gott! spricht. Und sagt man, daß diese Zween den Streit bemerken, so ein Herr von Lamberg aus Crain mit einem böhmischen Riesen angenommen. Für diesem hatte sich Jedermann entsetzt und sich ihm Niemand widersetzen wollen, biß endlich dieser Herr von Lamberg einen Kampf auf Leib und Leben mit ihm angenommen und in solchem öffentlichen Streit ihm den Schädel weggeschmissen. Wie solche Geschichte noch täglich von den Bauern in einem Crainerisch gemachten Liede abgesungen und auf die Nachkommen fortgepflanzt wird.« (Valvasor a. a. O.)

Kein Volkslied erfreut sich einer so großen Ausbreitung in Krain und zugleich so vielfältiger Varianten als das von Lamberg und Pegam. Es dürfte auch eines der ältesten unserer Sammlung sein. Nach Hormayrs Angabe (Taschenbuch 1835) fallen »die alten Sagen und Mythen vom Kampfe christlicher germanischer Helden mit heidnischen ungarischen Riesen, wie jener des krainerischen Ritters Lamberg mit dem Pegam und jener berühmteste Hanns Dollingers (in Regensburg) mit dem ungarischen Heeresfürsten Krako, Abgesandten an den deutschen König Heinrich nach Regensburg, in die Epoche der magyarischen Schrecken des 10. und 11. Jahrhunderts.« – In dem alten deutschen, des erwähnten Dollingers Tat feiernden Liede heißt der Heide nicht Ungar, sondern Türke:

»Es rait ein Türckh aus Türckhenlandt
Rait gen Regensburg in die stat« usw.

Von verwandter Auffassung des deutschen mit unserem slawischen Liede zeugen folgende Stellen:

»Sie fuerten gegeneinander zwei scharffe Speer,
Das eine gieng hin, das andre gieng her,
Da stach der Türckh den Dollinger ab,
Das er an dem ruckhen lag:
»O Herr Jhesu steh mir jetzt bei
Steckh mir ein Zwei (var. Zweig),
Sind Irer drei,
Bin ich allein,

Vnd fuer mein Seel in das ewig himmelreich.«

und am Schlusse, nachdem der Heide gefallen:

»Du verfeyter Teuffl nun steh im bei,
Sind irer drei,
Bin ich allein,

Vnd fuer sein Seel in die bitter Hellenpein.«

(Vgl. A. E. Kaisers Beschreibung von Regensburg. 1797.)

            Das weiße Wien vor euch dort steht,
Vernehmt nun, wie's in Wien ergeht!
Es liegt ein Marktplatz mitten drin,
Drauf sprosset eine Linde grün
Und kühlt mit ihrem Schatten Wien.
Ein gelber Tisch im Schattenplan,
Von Stühlen ist der Tisch umfahn,
Viel große Herren sitzen da
Der Majestät des Kaisers nah.
Da trabt Herr Pegam stolz heran,
Zum mächt'gen Kaiser hebt er an:
»Hast du den Helden unter dir,
Der sich im Kampfe mißt mit mir?«
Antwortet ihm der Kaiser dann:
»Was fragst du? Traun, ich weiß den Mann,
Der dich vom Sattel werfen kann!
Sein Nam' ist Christoph Lamberger,
Nicht groß, wohl aber breit ist er,
Auf grauer Felswand nistet er,
Nur weit von hier ist er daheim
Im Krainerland am weißen Stein.«
»Und ist er nah, so schickt um ihn,
Und ist er fern, so schreibt um ihn!
Ein Bursche wird zu finden sein,
Dem kund der Weg zum weißen Stein?«
Ein Bürschlein jung fand bald sich ein,
Dem kund der Weg zum weißen Stein;
Er nahm wohl untern Arm den Hut,
Nahm in die Hand das Brieflein gut.

Der Bursche durch die Felder geht,
Herr Lamberg dort am Fenster steht,
Und also spricht und redet er:
»Ein Wienerbürschlein kommt daher
Und bringt wohl neue Wienermär!«
Dem Boten er entgegen wallt
Und trifft ihn auf der Treppe bald,
Mit einer Hand er ihn umfangt,
Ums Brieflein mit der andern langt.
Das Schreiben er gar schnell durchliest,
Zum Mütterlein dann sprach er dies:
»Alt Mütterlein, was sag' ich dir,
Der böse Pegam schickt nach mir!«
Antwortet drauf alt Mütterlein:
»Du hast ein Roß, wie'n Vögelein,
Das kam noch nie ans Sonnenlicht
Und sah den weißen Tag noch nicht,
Steht an der Krippe sieben Jahr,
Trank nie vom Quelle kalt und klar,
Das trinkt nur süßen, welschen WeinDiese ungewöhnliche Kost des Streithengstes mag wohl zugleich auf dessen ungewöhnliche Eigenschaften deuten. Auch der Königssohn Marko lehrt im serbischen Volksliede sein Leibroß, den Schecken Scharatz, Wein trinken. (Talvj, Volkslieder der Serben. I, 180.)
Und kaut das goldne Weizkörnlein.
Zwei Teufel stehn dem Pegam bei,
Besiegen wirst du alle zwei!
Du wirst ihn mit drei Häuptern sehn,
Die beiden äußern lasse stehn,
Doch soll dein Schwert das mittre mähn!«
Er schwingt sich auf sein schnelles Roß,
Das flink mit ihm von dannen schoß,
Er saust euch wie ein Donnerkeil
Und hält euch nirgends Rast und Weil',
Wie in der Luft das Vöglein schnell.
Am nächsten Tag war er zur Stell'.

Er sprengt die Wienerstadt entlang,
Der Scheiben Glas in Splitter sprang,
Der Löffel sank aus Pegams Hand,
Der eben froh beim Mahl sich fand:
»Herbei, herbei, du mein Lakai!
Sprich, ob Erdbeben, Donner grollt,
Ob Sturmwinds Wagen kommt gerollt?«
»Nicht Donner, nicht Erdbeben grollt,
Nicht Sturmwinds Wagen kommt gerollt,
Der Herr Lamberger trabt herein.«

Zum Imbiß lädt ihn Pegam ein,
Doch also Herr Lamberger spricht:
»Ich kam zu dir zu Gaste nicht,
Doch kam ich dir zum Kampfe her,
Dein graues Haupt zu treffen schwer
Und deine Feder weiß und rein,
Ein goldner Rand umsäumt sie fein,
Zu treten in den Kot hinein!«
Drauf Pegam ihm erwidert so:
»Mich macht ein einzig Ding unfroh,
Mich dauert dein spinatfarb Hemd,
Jetzt wird es bald mit Blut verbrämt!«
Und weiter frägt ihn Pegam fort:
»Sprich, wo für unsern Kampf der Ort,
Ob in des Kaisers Hof wir gehn,
Ob in den Straßen Wiens wir stehn?«
Herr Lamberger entgegen spricht:
»In Höfen man die Schweine sticht,
In Gassen Weiberzunge ficht,
Da schlagen sich die Helden nicht!
Laß auf das ebne Feld uns gehn,
Daß uns die Leute alle sehn
Und alle Herren von ganz Wien!«
Da wallten sie zur Ebne hin.

Jetzt rennen an zum Strauß die zwei,
Sie sausen Ohr an Ohr vorbei,
Doch bleiben beid' an Schaden frei,
Die Helme flogen auf den Grund.
Und wieder sprach des Pegams Mund:
»Noch siegte über mich kein Mann!
Ficht, Christoph, dies dein Herz nicht an?
Dein Rößlein doch wird trauern dann,
Allein im Feld wird's irren fern,
Und suchen wird es seinen Herrn.«
Drauf Christoph ihm erwidernd spricht:
»Was mir jetzt einzig von Gewicht,
Dran denkst du wohl im mindsten nicht!
Dein schönes Weib im Seidenkleid,
So jung bestimmt zum Witwenleid,
Weiß Gott, sie wird von mir gefreit!«

Pegam sprengt an zum zweiten Stoß,
Nun Christophs Blut vom Finger floß,
Geschah ihm erst nicht Leides groß.
Ansprengen sie zum dritten dann,
Jetzt greifen sie sich wacker an!
Aufs Mittelhaupt zielt Christoph bloß,
Die äußern zwei hält er nicht groß,
Und haut vom Rumpf das mittre los.
Drauf fängt er's auf dem Speere hoh
Und trägt es vor den Kaiser froh.

Des Kaisers Majestät begann:
»Was willst zu Lohn du, tapfrer Mann?
Willst hundert weiße Burgen du?«
Herr Lamberger doch sprach dazu:
»O gebt mir nur neunzig und neun,
Das wird noch mehr zu zählen sein!«


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