Anastasius Grün
Volkslieder aus Krain
Anastasius Grün

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Terdoglav.Terdoglav (wörtlich Hartkopf), nach dem Volksglauben ein koboldähnliches Wesen, der Hüter und Beschützer unterirdischer Schätze; vielleicht auch der mythische Repräsentant der geologischen Beschaffenheit des Krainerlandes, seiner zahlreichen Grotten, Bergwerke, unterirdischen Flüsse und andern Wunderdinge.

Die Erinnerungen an den ursprünglichen Kultus der Slowenen sind selbst gänzlich verschwunden; die auf uns gekommenen Überreste bezeugen, daß sie einen höchsten guten Gott (Bog, Belibog, Gott des Lichtes, Svantevid), dann ein urböses Grundwesen (Cert, Černibog, Gott der Finsternisse und des Unheils), ferner eine große Zahl von Untergöttern verehrt haben. Die Mora (Alp, Drude) erdrosselt die Bösen im Schlafe; Kurent (der slawische Priap) war Beschützer des Gastmahls und der Schwelgerei, Radegast Gott der Freude und des Wohllebens, ŽivaSchon Dombrowsky (Slavin, Prag 1834) und neuerdings J. E. Wocel (Grundzüge der böhmischen Altertumskunde, Prag 1845) machten auf den Gleichlaut des Namens der indischen Gottheit Schiwa mit der slawischen Živa (belebendes Naturprinzip) und auf die Verwandtschaft der slawischen mit der indischen Mythologie aufmerksam. die liebliche Göttin des Lebens und der Ehe, die Venus der Wenden (der Planet Venus trägt ihren Namen), endlich Triglav (Dreihaupt), welcher mit einem Haupte die Erde, mit dem andern die Luft und mit dem dritten das Wasser beherrschte. Man glaubte, daß die Götter in Wäldern, Bäumen, Flüssen und Seen wohnten, weihte ihnen Haine und opferte ihnen im Hram (Opferplatz) Tiere und Früchte. (Nach Linhart a. a. O. und J. V. Sonntag: »Die Slowenen in Untersteiermark« in L. A. Frankls Sonntagsblättern 1842.) Auch kennt und nennt Lied und Sage noch die Rojnice, parzenähnliche Wesen, Vila, die Wile in bekannter gleicher Bedeutung wie in Serbien, Torca, ein Gespenst, das beim Spinnen das Rad mit einer Hundspfote umdreht, Skratelj, das Bergmännlein (deutsch schrettel, scrat. Vgl. Grimms deutsche Mythologie), Dioji moš Waldgeist, Povodni moš Wassermann, Rakuš eine Erscheinung in Krebsengestalt u. m. a. Koleda (daher koledniki und kolednica, vgl. Anmerk. zum »Neujahrslied«) wird von einigen für die Gottheit der öffentlichen Feste gehalten. Vrag, Slode, Hudič (Hudir), einst Benennungen einzelner dämonischer Wesen, bezeichnen im heutigen Sprachgebrauche sämtlich nur den Teufel.

      Ragt ein schwarzes Schloß empor,
Das nicht Fenster hat noch Tor,
Innen hell von Gold es glänzt,
Außen nur von Moos umkränzt,
Nur ein Fenster auswärts geht,
Dran Marjetiza jetzt steht,
Kämmend ihr lang wallend Haar,
Draus entfliegen Perlen klar
Und Demantensteine klein,
Alles rings wirft goldnen Schein.

Kam ein junger Königsohn,
Einst bestimmt für Spaniens Thron,
Hasen jetzt im Feld er jagt;
Dieser spricht zu ihr und sagt:
»O, von Leib so schön und rein,
Möchtest du getauft nur sein,
Traun, du müßtest werden mein!«

»Ward zur Taufe längst gesandt
Und Marjetiza benannt,
Dir als Schwester blutverwandt!«

»In dies Schloß wie kamst du her?
Künde, Schwester, mir die Mär'.«

»Als vom Taufstein mich gebracht
Patenvolk, jung, unbedacht,
Legt's am Kreuzweg nieder mich,
Schlug kein Kreuz auch über mich;
Schnell kam Terdoglav heran,
Hoffend, daß er mich gewann.
Neun der Ammen dienten mir.
Tugend war nicht ihre Zier,
Sie betranken fleißig sich,
Schlugen nie das Kreuz für mich,
Bis mich Terdoglav errafft
Und gebracht in diese Haft.«

»Kann ich dir ein Helfer sein,
Dich erlösen, Schwesterlein?«

»Brüderlein, o leicht, gar leicht
Wird mir Hilf' in dir erreicht!
Von heut' abend noch acht Tag'
Am Quatember Donnerstag
Mußt vor diesem Schloß du sein,
Terdoglav ist nicht daheim.
Er verreist nach Ungarn fort,
Denn zwei Männer schwören dort,
Eine Seele wird dann sein!
Bringe diese Gaben fein:
Weihewassers Tropfen drei,
Bring dazu der Körner drei
Von Sankt Stephanssalz herbei;
Nebst Marienkerzen sei
Noch ein Meßgewand mit dir,
Es zu breiten unter mir.«

Übend treu, was sie beschloß,
Kam er, als die Woch' entfloß;
Terdoglav ist nicht im Schloß,
Ist verreist nach Ungarn fort,
Denn zwei Männer schwören dort,
Eine Seele wird da sein!
Jetzt besprengt das Brüderlein
Dreimal mit dem Weihbronn sie,
Dreimal mit dem Salze sie,
Brennt Marienkerzen an,
Legt das Meßkleid auf den Plan,
Drauf an goldner Kette fest
Sich das Mädchen niederläßt,
Doch gewalt'ger Klang erklingt,
Daß er in neun Länder dringt.
Terdoglav sich drob entsetzt:
»Schwöret! Eile treibt mich jetzt!
Da die goldne Kette hallt,
Litt Marjetiza Gewalt.«

Terdoglav kommt heimgerannt,
Längst Marjetiza entschwand.

Und er sprach zum Königssohn:
»Trugst Marjetiza davon,
Doch sie wird zum Weib dir nie,
Denn du nennest Schwester sie,
Drum, o laß sie bleiben mein,
Was dafür du willst, sei dein.«

»Bring, daß ich sie lasse dir,
Eine goldne Henne mir,
Goldne Küchlein obendrein,
Dann soll sie dir eigen sein.«

Terdoglav bringt alles flink
Auf des Königsohnes Wink.

Dieser spricht: »Glaubst du, sie sei
Feil um solche Kinderei?
Bring ein Schloß von Golde mir,
Dann erst wirb das Mädchen dir.«

Terdoglav bringt alles flink
Auf des Königsohnes Wink.

Dieser spricht: »Dein sei die Maid,
Wenn zu waten eine Zeit
Durchs Taufwasser du bereit.«
Terdoglav darauf ihm sagt:
»Kauf mit dir mir nicht behagt.«

Zu dem Mädchen ging er dann,
Tat ihr schön und so begann:
»Komm, Marjetiza, sei mein,
Wird dir nicht so übel sein.«

»Bring mir einen Kamm von Gold,
Der das gelbe Haar mir rollt.«

Goldnen Kamm bracht' er heran.
Schmeichelnd wieder er begann:
»Komm, Marjetiza, sei mein,
War nicht schlecht bei mir zu sein.«

»Bürst' und Wanne bring aus Gold,
Daß ich mit dir wandle hold.«

Beides bracht' er flink heran,
Schmeichelnd wieder er begann:
»Komm, Marjetiza, sei mein,
War's bei mir so übel sein?«

»Mit dir geh' ich nicht zurück,
Bis du Goldes gabst solch Stück,
Daß ein Schloß ich baue draus,
Eh' ich ziehn mag in dein Haus.«

Terdoglav bringt ihr auch dies,
Drauf ein Schloß sie bauen ließ,
Rief dann Mönche noch hinein,
Die das Schloß mit Segen weihn,
Daß man drin mag sorglos sein.

Terdoglav daraus entwich,
Riß das halbe Schloß mit sich.


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