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Scirocco-Phantasien.

Ein schwüler Tag … von unheimlichen Gluthen
Geschwängert, athmet bang und träg die Luft;
Die Sonne scheint am Himmel zu verbluten,
Der Erd' entströmt ein räthselhafter Duft,
Der stark wie Opium die müden Glieder
Dir löst, doch heiß die Sinne dir erregt –
Nur scheinbar küßt der Traumgott deine Lider,
Zu bunt ist, was er zeigt und zu bewegt;
Zu grell und leuchtend malen seine Farben,
Zu lebensprühend täuscht dich seine Macht,
Es ist, als bände er den Blitz zu Garben,
Für seiner Bilder loh'nde Märchenpracht! –

Auf stiller Höh', wo ernst und traumverloren
San Pietro und Bramante's Tempel steh'n,
Hab' ich ein einsam Plätzchen mir erkoren,
Dem dunkle Pinienzweige Kühlung weh'n.
Wie ausgestorben liegt zu meinen Füßen
Die Stadt im Banne des Scirocco: leer
Und öd' … doch die Albanerberge grüßen
Gigantisch über die Campagna her,
Und fern am Rand des Horizontes thürmen
Gewitterschwanger sich die Wolken auf –
Ein Flügelschlag des Windes – und sie stürmen
Wie eine schwarze Legion herauf …

Erwartungsvolles, athemloses Schweigen
Ringsum; ein dumpfes Brüten in der Luft,
Ein geisterhaftes Flüstern in den Zweigen,
Verblühender Magnolien schwüler Duft –
Versengend brennt die Sonne auf mich nieder,
Schon flammt sie roth, wie Moloch im Zenith!
Ha – Kühlung – Luft! Da sinken mir die Lider –
Welch Rauschen? Traumgott – hör' ich deinen Schritt?

1.

Den Schminknapf weg! mit Rosen und Narzissen
Bestreut das Lager mir – es dufte schwül,
Wenn er, von meinem Arm hinabgerissen,
Begehrend lechzt auf heißem Purpurpfühl!
Laßt Weihrauchduft im Schlafgemache steigen,
Im Peristyle sprengt Falerner aus
Und dann – ihr wißt es: athemloses Schweigen –
Kein Laut – bei meinem Zorn! im ganzen Haus!«

Sie ruft's, mit stolzen, königlichen Schritten
Hinwandelnd durch das dämmernde Gemach;
Leis knirscht der Marmor unter ihren Tritten
Und knisternd rauscht des Kleides Saum ihr nach …
»O Herrin – es geschah, wie du befohlen!«
Mit scheuer Lippe haucht's ihr Lieblingssklav'
Und schleicht dann tief gebückt, auf leisen Sohlen
Hinaus – gehorsam, lautlos wie der Schlaf.
Sie nickt und wandelt rascher auf und nieder:
Ihr Busen wogt, das zarte Antlitz flammt –
Wie kosig schmiegt sich an die weichen Glieder
Des Hemdes Byssus und der Stola Sammt!
Nun hält sie ein – mit silbernem Geflimmer
Wirft eines Spiegels blank-polirtes Rund
Ihr Bild zurück: der Augen blauen Schimmer,
Die marmorglatte Stirn, den süßen Mund,
Den lichten Goldglanz ihrer blonden Flechten –
Einst trug sie ein germanisch Fürstenkind,
Nun streicht sie mit der lilienblassen Rechten
Die Römerin; sie denkt's und lächelt: spinnt
Der Zufall doch gleich wirr an den Geschicken
Der Menschen, launisch oder gnadenvoll –
Und wieder flammt es auf in ihren Blicken –
Die Schöne weiß warum und lacht wie toll
Dem eig'nen Bild zu …
Ja, heut' wird er kommen,
Er, dessen Nam' sonst wie Entsetzen lähmt,
Der Bluthund, der Tyrann, der lustentglommen
Zu ihren Füßen liegt, von ihr gezähmt –
Rom's Dämon, Nero! Ha, nur noch Minuten,
Und sie umfängt mit ihrem Sieg ihr Glück,
Ergötzt sich straflos an des Wüth'richs Gluthen –
Mit keinem Nerv bebt sie vor ihm zurück!

»Ja ich, Poppäa bin's, die ihn bezwungen!«
Und wieder lacht sie auf – »ich hab ihm dreist
Um's Löwenhaupt den seidnen Strick geschlungen,
Ich tändle mit der Pranke, die zerreißt
Und hinwürgt, keck und ohne Todesgrauen,
Zum Spielzeug ward er mir, der Wütherich,
Ich hab's gewagt ihm stolz in's Aug zu schauen –
Rom's letzter, einz'ger Held – drum liebt er mich!«

Sie ruft's und steht in des Gemaches Mitte
Hochaufgerichtet, Siegerin und Weib
Zugleich – da nahen leichte Pantherschritte –
Ein süßer Schauer rinnt durch ihren Leib …

2.

In Flammen steh'n die Zinnen Rom's, in Flammen
Die Tempel, Kapitol und Palatin –
Die Angst schaart sich zum letzten Kampf zusammen,
Doch unbarmherzig würgt der Tod sie hin;
Zerstampft von wüthenden Barbarenhorden
Das einst so stolze Rom – geknechtet, siech,
Zur Dirne roher Plünderer geworden,
Im Schreckensbann des wilden Alarich!
Wie rast und tobt und pfaucht durch alle Straßen
Des Sieges blinde, todesbrünst'ge Wuth –
Der Römer Leichen thürmen sich zu Massen,
In heißen Purpurlachen dampft das Blut;
Nicht schont der Fuß des Kriegers mehr die Todten:
Zur Brücke werden sie, darüber hin
Wie toll der jauchzende Triumph der Gothen
Sich wälzt, zerstörungslüstern Faust und Sinn!
Hier eine Feuersbrunst und dort Ruinen, –
Erstürmter Pforten splitterndes Gekrach
Längs ihres Beutezug's und hinter ihnen
Der Hingemetzelten ersterbend Ach!
Wie rasend schwelgt ihr Haß in blindem Morden,
Doch auch ihr Glaube übt sich wuthentbrannt,
Hinsinkt, zerstampft von den getauften Horden
Manch' schimmernd Götterbild aus Künstlerhand!
So wälzt der grause Strom sich immer weiter,
Verheerend, unaufhaltsam, blutig, wild –
In theilnahmsloser Bläue lächelt heiter
Der Himmel über diesem Schreckensbild …

Noch fern' den Gräueln aber, wo verlassen
Und preisgegeben die Subura winkt,
Durchdröhnt ein hohler Ton die öden Straßen,
Deß' Echo seltsam aus der Tiefe dringt.
Wer blieb hier dreist zurück und – tollkühn Wagen!
Weß' Übermuth verräth noch, daß er's that,
Nun Mord und Brand um Rom zusammenschlagen
Und heulend, wahllos die Vernichtung naht?
Und dennoch – sieh! Im letzten, kleinsten Hause
Des öden Stadttheils, das in sich gekehrt
Und feierlich wie eines Siedlers Klause
Gemeiner Schaulust keusch den Eintritt wehrt;
Im sonn'gen Peristyl, deß' Marmorschimmer
Noch fern' dem Graus der Flammen, silber-weiß
Wetteifert mit des Mosaik's Geflimmer –
Kniet hochgeschürzt ein düst'rer Römer-Greis.

Zu seinen Füßen hat in Grabesweite
Die Tiefe schauerlich sich aufgethan;
Zerspellter Marmor häuft sich ihm zur Seite,
Doch unermüdlich schafft sein Arm sich Bahn;
Sein Antlitz glüht, die Schwärmeraugen lodern
Und keuchend ringt die greise Brust nach Luft –
Wahnwitz'ger – willst du selbst darin vermodern?
Für wessen Leichnam öffnest du die Gruft?
Ha – und was birgst du unter jener Hülle,
Die purpurn dort den Mosaik bedeckt?
Ist's eines Märchenschatzes gold'ne Fülle?
Ein Mensch? Ein Feind, den du dahingestreckt?
Da hält er ein: »Vollendet!« tönt es bebend
Von seinen Lippen, tief neigt er den Leib,
Und sacht die goldbefranste Decke hebend
Entschleiert er ein marmorn Götterweib!

»Du bist's, die schönheitsfroh einst der Hellene
Erträumt – der Rom Altäre aufgebaut –
O Lichtbild – Göttin – Anadyomene –
Ambrosiaduftend und nektarbethaut –
Noch einmal, eh' ich dich dem Schooß der Erde
Vertraue, lächle mir dein süßer Mund,
Die Anmuth deiner himmlischen Geberde,
Die heit're Stirn, des Kinn's entzückend Rund,
Des lilienreinen Busens weiche Fülle,
Der Eros und die Grazien genährt,
Der Form Mysterium uns ohne Hülle
Gezeigt, und bis zur Göttlichkeit verklärt!
O sieh, dein letzter Tempel ist gesunken
Mit Hellas' gold'ner, Rom's gewalt'ger Zeit;
Im neuen Gotteshaus wird Blut getrunken
Und murmelnd fleht man dort zur Häßlichkeit,
Die krampf- und schmerzverzerrt die nackten Glieder
Am rauhen Marterholz des Kreuzes reckt:
Ein Sklavengott! Und doch, er warf uns nieder,
Sein finst'rer Schatten hat sich ausgestreckt
Und hält nun grauenhaft das Licht gefangen,
Sein Bild, sein Dulderantlitz hier und dort,
Allüb'rall seiner Leiden grausig Prangen,
Sein düst'res Priesterthum an jedem Ort!
In seinem Zeichen siegt des Feindes Tücke,
In seinem Namen naht was roh und wild,
Seit jener Cäsar an der milv'schen Brücke
Zum ersten Mal sein blutig Kreuz enthüllt
Und wider euch geführt, ihr lichten Götter –
An jenem Tag gab euer Zorn uns preis,
Vergeblich schmachtet Rom jetzt nach dem Retter:
Erniedrigt – in den Staub getreten … sei's!
Du aber, Botin makelloser Schöne,
Der frühe schon der Jüngling sich ergab,
Und nun der Greis, als letzter deiner Söhne
Zum Tempel dir erschlossen dieses Grab
Im Angesicht des nah'nden Todes – grolle,
O groll' ihm nicht, du Bild olymp'scher Lust,
Wenn statt der Myrth' er heut' die harte Scholle
Dir wirft an die entblößte Götterbrust!
Nicht soll der Fuß der Plünd'rer dich zertreten,
Noch dich verdammen ihrer Priester Spruch –
An's Mutterherz der Erd' will ich dich betten,
Dort ruh' mit dir des letzten Römers Fluch,
Um siegreich einst mit dir zu auferstehen,
Denn kommen wird – ich ahn's voll Seligkeit –
Die Stunde des Triumphes, da in Wehen
Das Menschenthum nach eurem Zauber schreit,
Ihr einst verlass'nen Zeugen höchster Schöne,
Verklärte Sonnenkinder der Natur –
Im Staube wird der Undank eurer Söhne
Noch suchen nach dem Golde eurer Spur!
Und dann – ersteht! Herauf aus euren Grüften
Olympier, mit siegender Gewalt,
Geküßt vom Licht, umschmeichelt von den Lüften
Italia's die blühende Gestalt;
Mit heit'rer Stirn und unverhüllter Lende,
So keusch und frei wie Jene, die euch schuf:
Natur, der ich auch dich jetzt wiedersende,
Bis euch befreit der Menschheit Sehnsuchtsruf!
Dann wird man prächt'ge Tempel euch erbauen
Und zu euch wallen wie in alter Zeit;
Und ihr – ihr werdet lächelnd niederschauen
Wie einst! Aufblüht dann wieder wahnbefreit
Des Daseins Lust in Formen und Gestalten,
Und wenn auch nicht im Gotteshaus – im Reich
Des Schönen wird das alte Hellas walten,
Und bilden wird der Mensch nur, was euch gleich –
Dein Lächeln, Göttin, nehm' ich d'rauf zum Pfande!
Und jetzt – hinab! –
Verzeih' o herrlich Weib,
Daß meine flieh'nde Kraft dich nun in Bande
Gelegt, um unversehrt den heil'gen Leib
In dieses Grabes Tiefe zu versenken …
Es ist vollbracht! Da horch – o horch! welch' Schrei'n?
Schon muß der Feind hieher die Schritte lenken!
Darum – vergieb es! füg' ich Stein an Stein
Und Platt' an Platte jetzt, wie sie gelegen,
Und wölbe dir die Gruft zur Nische ein –
Leb' wohl … nein, nimm noch diesen Blüthensegen
In's dunkle Grab: er hat Rom's Sonnenschein
Und meinen Thränenthau in sich getrunken!
Und nun die letzte Platte zu! Verwischt
Die letzte Spur – – – ha, seh' ich Rosen? Funken?
Wo bin ich? Hellas – Rom?«
Sein Aug' erlischt …

Es lacht ihr Bild mit heit'ren Grübchenwangen
In Rom noch heut' dir seinen Zaubergruß,
Darunter kündet gold'ner Lettern Prangen:
» Benedictus. Papa. Pontifex. Maximus.« –

3.

Abendsonnenschein! Er fluthet
Durch ein marmorn Prunkgemach,
Wo er hinirrt, flammt und gluthet
Seide, Gold und Purpur nach.
Schimmernde Pilaster treten
Aus den Wänden stolz hervor,
Reizvoll prangt in den Lünetten
Pinturicchio's Farbenflor:
Cherubhäupter lauschen nieder,
Wo die Makellose fleht –
Heil'ge Unschuld, vom Gefieder
Überird'scher Macht umweht!
Märtyrer in Todesqualen,
Fromme Klausner, weltentrückt,
Augen, die im Brechen strahlen
Triumphirend und verzückt –
Niederrauscht ein ganzer Himmel
Flammend hier und golddurchwebt,
Eine Glorie, ein Gewimmel,
Das im Licht sich regt und lebt …
Hörst du nicht die Engel flüstern?
Tritt ein Cherub dort herfür?
Da – ein leiser Ruf – ein Knistern –
Weitauf springt die gold'ne Thür
Des Gemach's und auf der Schwelle
Steht ein jugend-schönes Weib,
Von des Abends Purpurhelle
Übergossen Haupt und Leib.

Rosig schimmern ihre Wangen,
Rosig blüht der Arme Pracht –
Höll' und Himmel siehst du prangen
In des Auges sammt'ner Nacht.
Kosig unter leichter Hülle
Wogt und ebbt des Busens Schnee
Und der Locken gold'ne Fülle
Küßt die prächtige Kamee,
Die auf ihrer Schulter flimmert –
Spähend huscht sie nun herein,
Lauscht und winkt – ihr Auge schimmert
Und die Lippe haucht: »Allein!
Komm, hier wird uns Niemand stören,
Hier berathen wir's in Ruh –
Nur die lieben Heil'gen hören
Mit erstaunten Augen zu –
Hahaha!«

Und silberhelle
Tanzt ihr Kichern durch's Gemach –
Lautlos, mit des Panthers Schnelle
Gleitet ihr ein Ritter nach.
Doch kein Fremdling: ihre Züge
Weist sein Antlitz streng und treu –
Gleichen Adels stolze Lüge,
Gleicher Schönheit Heuchelei …

»Cesare –« und zum Geflüster
Dämpft des Weibes Stimme sich,
Ihre Marmorstirn wird düster
Und ihr Lächeln fürchterlich –
»Nicht die schlimmste deiner Thaten
Wird es sein, wenn meine Qual
Mit ihm stirbt –«

»Ich kann's errathen,«
Grinst der Bruder – »dein Gemahl!
Uns zu Trotz kehrt er auf's Neue
Jetzt nach Rom – gewagter Spott!
Oder sucht er deine Treue,
Oder – unsres Vaters Gott?«

»Einerlei, du mußt ihn fassen,
Denn er ist uns feind!«

»Gewiß!
Einig sind wir, wenn wir hassen –
Borgia's Wappenspruch sei dies!
Schielst wohl nach dem reichen Este,
Schwesterchen? Ein schmucker Herr!
Neulich merkt' ich's schon, beim Feste –
Nun – Alfonso heißt auch der!
Und du blühst noch wie die Rose,
Üppig, hold, ein wonnig Weib –
Laß dich küssen, Schöne, Lose –
O – wie schmiegsam dieser Leib!
Hängen möcht' ich dir am Munde
So wie einst, wie damals … ha,
Denkst auch du noch jener Stunde,
Jener Nacht, Lucrezia?«

»Schweig', du fehltest an dem Kinde,
Lüstling, an dem eig'nen Blut!«
»Pah – was frag' ich nach der Sünde?
War es süß, so war's auch gut!
Nur wer solcher Lust genossen,
Führt gleich reu'los Dolch und Schwert –
Haß und Lieb' sind Höllensprossen:
Erst der Frevel macht sie werth!«

»Aber wie wirst du's vollbringen?«
Flüstert sie;

»Pah – wie sich's trifft!
Will's dem Schwerte nicht gelingen –
Unfehlbar wirkt Borgia's Gift!
Ich credenze es dem Zecher
Schmunzelnd im Falerner-Wein,
Schütt' es in die Taumelbecher
Ahnungsloser Lust hinein,
Laß es mit dem Weihrauch steigen,
Träufle es in's Andachtsbuch
Meiner Feinde – und sie schweigen
Fromm dann unter'm Leichentuch!
Heut' noch wirst du seiner ledig,
Zaub'rin – doch was ist der Preis?
Wie – du sinnst noch? sei mir gnädig!«
Raunt der Elende und heiß
Strömt, von sünd'ger Lust entglommen
Nach den Schläfen ihm das Blut –
Da – ein Schrei –

»Hinweg! Sie kommen!«
Und fort stürzt die Lasterbrut …

Fromme Litaneien schallen
Salbungsvoll den Flieh'nden nach,
Duft'ge Weihrauchwolken wallen
Hinter ihnen durch's Gemach;
Und wie auf den Fluthen gaukelnd
Sich die Gondel hebt und wiegt,
Naht ein Thron, der leise schaukelnd
Sich an Priesterschultern schmiegt;
Sieh' – ihn selbst bringt man getragen,
Ihn, den Herrn an Gottes Statt –
Seines Kleides Falten schlagen
Um den Thron ein Purpurrad;
Aus der funkelnden Tiare
Bricht es wie ein Feuerschein,
Lockig fallen ihm die Haare
In die mächt'ge Stirn hinein;
Ries'ge Pfauenwedel fächeln
Kühlung ihm und Weihrauch zu,
Und ein sattes Götterlächeln
Kräuselt seiner Züge Ruh'.

Pinturicchio's Heil'ge stieren
Ihm mit finst'ren Blicken nach
Und die Sonnenstäubchen schwirren
Hinter ihm aus dem Gemach. –
Stille wird es rings … schon dunkelt's,
Fern' verhallt der letzte Tritt,
Aber an der Decke funkelt's
Blutig: » Borgia – fundavit« …

4.

Ein öd' Gefild: nicht Baum noch Strauch zu sehen,
Und drüber eines Sommertages Gluth,
Verzehrend, tödtend … welke Halme wehen
Leis' raschelnd in des Sandes gelber Fluth,
Wie Feuer träufelt es vom Himmel nieder
Und unter ihm dehnt wie ein fiebernd Weib
Die Ebene die aufgelösten Glieder
Und den gebräunten, nackten Riesenleib. –
Kein Laut … verstohlen wie Gedanken gehen
Die Lüfte über sie hin, schreckgebannt,
Als läge sie mit einem Traum in Wehen,
So unheimlich, wie dieses Tages Brand.

Und schon entringt sich's grausig ihrem Schooße –
Welch' Bild! Sieh' endlos Kreuz an Kreuz gereiht,
Die harten, blutbesudelten Kolosse
Der Schmach in weltverlor'ner Einsamkeit!
Zehntausend und noch mehr, zieh'n Meil' an Meile
Sie finster hin – unübersehbar ist
Die lange, fürchterliche Schreckenszeile,
Die jeden Schritt mit einem Leben mißt!
Kein Schrei der Qual – kein Athemzug – kein Röcheln
Und Seufzer mehr: zum Kreuze ausgestreckt
Hängt Leib an Leib, vom Haupt bis zu den Knöcheln
Der Schande preisgegeben, unbedeckt;
Gestocktes Blut klebt an den mächt'gen Gliedern,
Die höhnisch nun den Balken angepaßt,
Starr tritt aus den emporgezog'nen Lidern
Das Aug' und sagt, wie's noch im Tod gehaßt!

Da gellt ein Pfiff – und aus dem Sonnenkreise
Des Äthers stößt ein Geier nieder, wild
Die Fänge krampfend nach der leckern Speise,
Dem Riesenmahl auf offenem Gefild.
Vor Kurzem noch ein Pünktchen hoch im Blauen,
Durchrauscht er nun die Lüfte, königlich –
Da zuckt's an einem Kreuze und – o Grauen,
Zwei todesfahle Wangen röthen sich,
Zwei bleiche, schmerzverzerrte Lippen beben,
Nach Athem ringt ein Busen, qualgepreßt,
Und eine Seele klammert sich an's Leben
Wie dort, am Kreuzesstamm, der Geier fest …

»Weh' uns – besiegt!« so röchelt's hohl hernieder –
»O Fluch dir, Fluch dir, unersättlich Rom!«
Und durch die starren, ausgespannten Glieder
Ergießt sich's wie ein neuer Lebensstrom
Und zwingt noch einmal sie, am Kreuz zu ringen;
Noch einmal bäumt in namenlosem Schmerz
Das Fleisch sich unter'm harten Druck der Schlingen,
Der Riesennägel schadenfrohem Erz.

»Weh' mir, besiegt – um auch als Sklav' zu sterben –
Als Sklav'!« und ächzend krümmt er Hand und Fuß –
»Und sah doch, Rom, so nah' schon dein Verderben,
Ich, der ich dir getrotzt, ich – Spartacus!
O Fluch dir, Fluch – du hast aus unsren Knochen
Das Mark, aus unsrem Leib die Kraft gezehrt,
Wir sterben einsam – sterben ungerochen –
Am Kreuz – im Tode noch von dir entehrt,
Koloß der Frevel und des Übermuthes –«
Er stöhnt es dumpf und schwer zur Seite fällt
Sein Haupt und heiße Tropfen rothen Blutes
Entrieseln seinen Wunden – höhnisch gellt
Vom nächsten Kreuz des Geiers Pfiff dazwischen,
Der bleiche Dulder aber hört es nicht;
Sein Aug' wird starr und Tod und Leben mischen
Vor ihm sich fieberhastend zum Gesicht …

Bewegt die Eb'ne sich? Sind's Menschen, Schemen,
Die dort heranzieh'n, wirr und ungezählt?
Ein Meer von Häuptern, scheint's heranzuströmen,
In fremder Tracht, aus einer and'ren Welt
Und Zeit – Gestalten, deren mächt'ge Glieder
So kraftgeschwellt, wie die am Marterholz,
Doch auf den Lippen trotz'ge Siegeslieder
Und in den Augen des Triumphes Stolz!
Dumpf ächzt die Eb'ne unter ihren Tritten
Und endlos, endlos wallen sie heran,
Zerbroch'ne Ketten klirren ihren Schritten
Musik und roth – blutroth ist ihre Fahn'!
Und vor den blutbeträuften Kreuzen beugen
Sie tief sich, wie's der Mensch vor Gott einst that,
Und niederlächeln die verklärten Zeugen
Auf ihres Blutes fleischgeword'ne Saat – – –

Aufschreit, in einem Taumel von Entzücken
Der Sklav, so stolz, wie's Cäsar nie gethan
Und stirbt, den Sieg in den gebroch'nen Blicken –
Erschrocken fliegt der Geier himmelan …


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