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»Det is 'n feina, jebild'ta Mensch«, hatte Frau Lemke nachher zu ihrem Mann gesagt, »bloß det er Anton heeßt, paßt nich recht zu seene Ascheinung.«
»Du brauchste'n ja nich bein Vornamen zu nennen«, sagte Herr Lemke.
»Jott – Willem – ick weeß nich, watte hast und worum du so vadrießlich bist.«
»Wat ick da wieda drunta zu leiden haben werde –«, sagte Herr Lemke, »det wird jenau dieselbe Schohse wie mit den Hahn oder wie dunnemals, woste mit die Theatajeherei anfingst!«
»Aba – Willem – woso denn?« sagte Frau Lemke vorwurfsvoll.
»Na – weeßte nich mehr? Da hatte ick dia plötzlich zu weite Hosen an, und denn paßte dia meen Kopp nich mehr – ibahaupt, ick konnte froh sind, det ick noch Piep saren durfte!«
»Da tuste mia aba wirklich unrecht«, sagte Frau Lemke, »seh mal, Willem, wenn man so'n Menschen angaschiert, denn sollen doch alle wat von haben – wahr? Wozu schmeeßt man denn det teire Jeld raus? Und et is wirklich wat Scheenet um ne scheene Aussprache!«
»Ick jloobe man bloß, Anna, wia beede werden det nie und nimmamehr lernen«, sagte Herr Lemke mit einer Gebärde völliger Hoffnungslosigkeit.
»Det sare nich, Willem«, tröstete ihn seine Gattin, »denk ma' bloß, wie wia uns schon vafeinat haben! Und denn – seh ma' – wenn ick's man lerne, bei dia kommt's nich so druff an!«
»Wa'm kommt's denn bei mia nich so druff an?« fragte Herr Lemke mißtrauisch.
»Ick könnte ja een armet, aba sehr jebildetet Meechen jewesen sind, det du jeheirat't hast«, sagte Frau Lemke verschämt.
»Und wat haste von?«
»Weil et sich bessa macht, Willem – späta – wenn wenichstens eena von uns beeden aus na sojenannten juten Familje stammt!«
»Ick stamme aus na juten Familje«, sagte Herr Lemke, »ick hab nischt zu vaheimlichen!«
»Ick ooch nich«, sagte Frau Lemke, über den Ton pikiert, »jewiß doch, du kannst immahin uff deene Urjroßmutta, uff Lemkens selje Witwe, stolz sind, aba et wär doch nu sehr scheen, wenn ick die Tochta von eenen Jeheimrat oda so wat wäre.«
»Jloobt dia ja keena«, sagte Herr Lemke.
»Det sare nich, Willem, du weeßt nich, wie ick mia benehmjen kann. Denn koof ick mia bloß 'n juten Ton in alle Lebenslagen, und denn sollste ma' sehen, wie ick ufftrete – wie ne Jräfin!«
»Denn wirde ick mia doch lieba wat Feineret ausdenken«, sagte Herr Lemke, »mit Findelkind und so, wie in so'n richtjen Roman.«
»Findelkind is unanständich«, lehnte Frau Lemke ab, »sonne Zicken mach ick nich. Laß mia man janz alleene, du wirst noch stolz uff mia sind, Willem.«
»Ick möchte bloß wissen, woso und warum«, sagte Herr Lemke.
»Weil wia doch nich ewich hia uff denselbjen Fleck sitzen werden, bis wia ooch uff'n Kirchhof kommen«, sagte Frau Lemke, »du jloobst nich, Willem, wie ick's plötzlich mit die Angst zu tun jekricht hab, als ick Jroßmuttan so steif und kalt daliejen sah. Wozu rackert man sich denn da so ab, wenn't nachher doch so kommt? Jewiß doch, sterben missen wia ja leida Jottes alle mal, aba man kann doch vorher noch wat jehabt haben. Denn wer weeß, wie det nachher in'n Himmel is und ob wia uns da ibahaupt wohl fiehlen!«
»Villeicht schmeißen se uns ooch jleich in die Hölle –«, sagte Herr Lemke.
»Da'm heeßt et mitnehmen, wat noch mitzunehmen is«, sagte Frau Lemke, »det wia von unse Ainnerungen nachher zehren können! Die Welt is so jroß und scheen, und wat kennen wia davon? Den Jrunewald! Der reicht aba nich for die Ewichkeet aus. Aba wenn man in die Schweiz jewesen is oda in Italjen, denn kann man doch mitsprechen und ooch wat azehlen!«
»Wenn't bloß nich so ville Jeld kosten wirde«, meinte Herr Lemke nachdenklich.
»Aba, Willem«, sagte Frau Lemke, »du kannst doch die Jeldkisten nich nachher mit in'n Himmel nehmen! Ne Vaschwenderin bin ick nie jewesen und werd ick ooch, Jott sei Dank, nie nich werden. For Edwin und Lieschen is jesorcht, da hab keene Bange nich. Haste ma' mit Jroßvatan jesprochen, weeßte eejentlich, wat da is? Ick weeß't, ick hab mia drum jekimmert. Wenn da noch zukommt, wat wia uff die hohe Kante haben und wat wia jetz for det Lokal und det Jrundstick rauskriejen, denn kann Edwin sich heite schon hinsetzen und saren, er is Rentjeh!«
»Et hat ja jeheckt«, stimmte Herr Lemke zu.
»Natierlich – wo wat is, kommt wat zu, aba nu missen wia ooch in die vaenderten Vahältnisse wat for unse Bildung tun!«
»Na – denn bilde dia man mit Herrn Anton Fiedler«, meinte Herr Lemke mit einem gutmütigen Lachen, »aba mia laßt jefällichst aus't Spiel. Ick kann mia mit den besten Willen nich mehr umkrempeln.«
»Ha' ick dia doch jleich jesacht, Willem, aba ick will mia presentieren, mia sollen die Leite for wat Besseret halten!«
»In eire Familje is eben unruhjet Blut, det is wie Bärme«, sagte Herr Lemke, »ihr möjt noch so solide vaanlacht sind, 'n bißcken hat doch jeda von eich abjekricht. Selbst Tante Marie – wat mußte die den ollen Knacka, den jeizjen Krause, heiraten, bloß weil se dachte, se kricht noch uff ihre ollen Tage durch den Kerl 'n Ansehen. Und denn Tante Liese mit ihre Zimpabeene! Det jepumpte Klavier hat se uns noch imma nich zurückjejeben, spielen hat se ooch nich jelernt, steht det Ding also bloß zun Staat da, det man denken soll, se sind wat Feinet!«
»Na, wennste nu schon bei bist, unse Familje schlechtzumachen, denn derfste vor allen Dingen Onkel Karreln nich vajessen«, sagte Frau Lemke.
»Na ja, der hat ja die Bärme jleich mit Löffel jefressen und is ibahaupt aus'n Leim jejangen!«
»Wat er jetz woll so macht –?« fragte Frau Lemke, »'n zu komischet Jestecke, diesa janze Karrel! Uff eenmal is er wech, als sei er nie dajewesen! Det is ja sicha, det er uns mit det Wechjeloofe nua 'n Tort antun wollte, der jloobt ja, wia kommen nich ohne ihn aus ...«
»Nee – so is er nich, denn hätt er uns seene Adresse hintalassen, damit, wenn wia'n rufen wollen –«, meinte Herr Lemke.
Minna, das Dienstmädchen, erschien mit irgendeinem Anliegen, und Frau Lemke sagte: »Ja, ja, ick komme, komme schon – jeh man wieda hinta und laß dia hia nich vor die Jäste in den Uffzuch sehen!«
Minna trat verstört den Rückzug an, und Frau Lemke sah ihr kopfschüttelnd nach: »Die sollten wia uns ausstoppen lassen, so'n Exemplar is mia ja noch nich vorjekommen! Wenn man nich immafort bei steht und ihr 'n Puff int Kreiz jibt, macht se allens, aba ooch allens vakehrt. Und nu, wo der Herr Anton Fiedler se neilich Freilein jenannt hat, is se janz hin. Da hat se keene Ruhe in die Kiche, da muß se immafort kieken kommen, ob er etwan da is!«
»Det is ja unjlaublich, wat der Mann for Vaheerungen in eire Jemieta anricht't –«, sagte Herr Lemke, »aba nu wollen wia man wieda 'n bißken wat machen, sonst wird's nachher zu ville!«