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An Jakoblis Hochzeittage hatte über seinem väterlichen Hause die Sonne nicht geschienen. Anne Bäbi rumorte übel im Hause herum, wußte aber selbst nicht warum. War es Zorn, daß die Heirat doch nun erzwängt sei, war es das unheimliche Gefühl der Schwiegermutter, der eine Schwiegertochter ins Haus zieht, die Nachfolgerin, vielleicht auch die Nebenbuhlerin in des Hauses Meisterschaft, oder war es gar das merkwürdige Mißbehagen, welches oft den Menschen ergreift, wenn er etwas erzwängt hat, das ihm hintendrein nicht recht ist, dessen Schuld er lange auf keine fremden Achseln zu schieben weiß? Anderthalb Tage hatte es Jakobli nicht gesehen, und wieviel Liebesangst oder ängstliche Liebe kann nicht in anderthalb Tagen in einem Mutterherzen erwachen, und besonders wenn während diesen anderthalb Tagen das Kind Hochzeit hält! Was konnte Jakobli in dieser Zeit alles erfahren, alles aufgelesen haben, wie konnte er heimkommen zu Fuß und ohne Mähre?
Es ist möglich, daß von allen drei Dingen in Anne Bäbis Herzen war, aber wer will es entscheiden, da unsere Augen so selten ins eigene Herz hinunterschauen, geschweige denn in ein fremdes. Das kam an Tag, daß die innere Pein immer mehr dem armen Meyeli zur Last geschrieben ward; denn immer häufiger entfuhren Anne Bäbi Worte, die wie Täschli, Lumpenmönsch usw. lauteten.
Mädi ermangelte nicht, ins Feuer zu blasen, es mochte Anne Bäbi seinen Ärger gar herzlich gönnen und immer herzlicher, je größer er ward. So wie für sich selbst sagte es, für eine Lustreise sei heute schön Wetter; es wäre heute gut, einen Trossel zu führen, der Regen verderbte ihn nicht. Es nehme ihns nur wunder, ob sie mit zwei Wagen kämen oder nur mit einem, und ob es nicht Platz machen sollte, für die Sachen abzustellen. Anne Bäbi sollte ihm raten, ob es die junge Meisterfrau ehren müsse; «säg, Marei» werde wohl zu unhöflich sein für son e Zimpferlige. Hansli, der im Vorbeigehen so was hörte, kam es übers Herz, und er sagte, es duech ihn, er wollte nicht in Sachen reden, die ihn nichts angingen, und niemanden den Plätz machen, ehe man ihn gesehen.
Diese von Hansli unerhörte Zurechtweisung nahm Mädi bedenklich übel. «So, kömmt das schon so, ehe das Täschli noch im Hause ist?» sagte es, «wohl, das wird schön gehen! Aber es ist gut, daß man mit solchen Leuten nicht verheiratet ist, und daß man öppe sy cha, wos ist. O jere, wenn ih de usla, ih well wyter, de wirds de es schöns Gschryß gä um mi, u mängi längi Nase wirds gä; aber i Gottsname, meh as a eys Ort cha e Mönsch nit.»
Auch Hansli war es bang ums Herz, und je näher der Abend kam, um so banger; doch sagte er es niemanden. Aber er stand fast wie genagelt neben dem Brunnenstock, von wo man den Weg nach Raxigen übersah, rauchte aus Leibeskräften, und doch wollte das Pfeifchen nie brennen, und so streng er anzündete, ebenso streng mußte er von neuem Feuer schlagen, was nie mit einem Streiche abging und manchmal nicht mit einem Dutzend. Hansli hatte den Grundsatz, nichts zu gschänden; daher warf er keinen Feuerstein fort, solange er ihn noch in den Händen behalten konnte, und wenn er auch rund war und nirgends eine Ecke hatte, wie ein Marmorkügelchen. Anne Bäbi schnauzte ihn oft deswegen ab, wenn er eine ewige Zeit dängelte, ehe er Feuer hatte; ja es kramte ihm einmal ein Druckli Streichhölzchen. Das sei eine bsungerbare Sache, sagte Anne Bäbi, und Chummligers hätte es nichts gesehen noch. Aber Hansli sagte, von solchem hätte sein Vater und sein Großvater nichts gewußt, und wenn nicht der Teufel die Finger darin hätte, so käme es nicht erst jetzt auf. Er kam damit ab Weg, man wußte nicht wohin, und erklärte rundweg, daß, solange er öppis zu sagen hätte, selligs Züg nicht mehr in sein Haus kommen solle. «He», sagte Anne Bäbi taubs, «was frag ich dem nach; wenn du Freud am Dängele hast, so dängele; aber myr Lebtig krame ich dir nichts mehr, und wenn ich Feuer mangle, so kann ich öppe machen, daß ich von einem Mal zum andern auf der Feuerplatte finde.» Seither hat Hansli oft gesagt, wie er es den Hölzlene gemacht, und wenn dRegierige so witzig wäre wie er, so verböte sie dieselben ganz; denn die halbe Brünste kämen von dene schießige Hölzlene, u de söll afe alles azündet worde sie, wes dLüt doch ume vrliechtsinniget heyge. So tubakete und dängelete Hansli am Brunnenstock, während Sami tränkte und im Stall hantierte.
Lang schnürfelte die Mähre im Brunnen, und als endlich Sami, der unterdessen gestreut hatte, kam, um sie hineinzujagen, hatte sie fast Mut zu einigen ungattlichen Sprüngen. «Wenn ich Meister gewesen wäre», sagte Sami, «so wäre mir die auch nicht zwei Tage z'leerem im Stall gestanden, während der Bub zHochzeit hat laufen können.»
«He ja», sagte Hansli, «es ist bald viel zwängt; aber je mehr sie zwängen, desto mehr soll man dSchuld sein, und sagt man ihnen etwas ab, so hat man Hungs bös bei ihnen.» Er sehe keinen Unterschied, sagte Sami, zwängt oder nit zwängt, es duech ihn, sie seien alle Tage ghässig. «Und wenn ich es gezwängt hätte», sagte Hansli, «so hätte es doch nichts abgetragen; laufen oder ryten, man kömmt am Ende doch an einen Ort.» «Allweg», sagte Sami, «aber es wäre mir doch wegem allgemeinen Gebrauch, und daß ich auch wüßte, wer Meister wär.» «Selb wundert mich nicht», sagte Hansli, «u wegem Bruuch kömmts immer darauf an, ob man es hat oder nicht hat; hat mans, so hat man dem Brauch nichts nachzufragen.»
«So, das ist mir e suferi Sach!» keifte es hinter ihnen. «Während ich mich halb töten muß, machst du, als ob dich die ganze Sache nichts anginge; und wer hets zwängt, ich frage, wer hets zwängt, daß e sellige Schnuderbub scho hochzitet?» «Es hat mich wunder genommen, ob sie bald kommen», sagte Hansli. «Und wenn es mich schon wunder nähmte», sagte Anne Bäbi, «so zöge es mir sich doch nicht, dazustehen wie ein Stock und z'ölgötzen. Da will e jedere Schnürfli zwänge, was ihm i Gring schießt, aber daß dann zuletzt alles in der Ordnung sei, dafür zu sehen, ist dann Anne Bäbi gut genug. Aber wenn du Fleisch willst zNacht, wie es öppe der Bruuch ist an einem Hochzeit zNacht, so komm und hau ab, und wenn du Wein willst, so gib Geld oder schick neuere!» «Wie d meinst», sagte Hansli. «Wie d meinst, wie d meinst», sagte Anne Bäbi, «man sollte meinen, was ich zu befehlen hätte; wie d meinst, u macht es n ieders nach seinem Gring, und zletsch muß ich doch zu allem luegen, wes gut gehen soll; und was für einen Dank hab ich dafür: es Söhniswyb, wie es einem jeden Bettler ab dem Karren fallen könnte.»
«Das dünkt mich wunderlich», sagte Sami, als Hansli ihm Geld gab für Wein, «daß die in der Küche jetzt ein Mahl machen wollen und tun doch den ganzen Tag nichts als branzen und balgen, daß es einem duecht, Säuerdäpfel sollten ihnen zu viel scheinen.» «He», sagte Hansli, «das chunnt vo wegem Zwänge; wenn ih vo Fleisch und Wein gesagt hätte, so hätten wir es mit saurer Milch und halbgeschwellten Erdäpfeln machen können.»
Schon lange war der Wein zweg und das Fleisch eßbar, aber kein junges Ehepaar ließ sich merken. Die Sterne glitzerten immer schöner am Himmel, aber immer dunkler wurden Anne Bäbis Stimmungen, immer deutlicher der Jammer über den Sohn und immer lauter der Ärger über das Söhniswyb. Ja, es kamen ihm sogar Beispiele in Sinn, wo eine Dirne Hochzeiterin geworden, auf dem Heimweg den jungen Mann gemordet und mit Geld und Uhr sich davongemacht, daß man nie ein Wort von ihr gehört, gäb wie man nachgefragt. Es hielt sich nicht dafür, sonst wäre es ihnen längst entgegen gegangen mit Mädi und der Laterne. Das Mannevolk schicken mochte es nicht, die sollten nicht wissen, wie es ihm war. Aber mehr als hundertmal sagte es, und Mädi wiederholte es mehr als zweihundertmal, es sei ihm nichts so zwider als das verflucht Mannevolk. Hätte man es nicht nötig, so stehe es einem allenthalben im Weg, und könnte man es brauchen, so zeige sich kein Schnürfli, und wenn man sie am wenigsten begehre, so hängten sie das Maul in alles, und dann wiederum tät längs Stück kein Stock das Maul auf, und wenn sie etwas sinnen sollten, so seis, helf ihm Gott, als ob sie gar kein Hirni hätten. Die Türks Donnstige, wenns ume keine hätt müsse schmöcke syr Lebtig!
Wenn Anne Bäbi gewußt hätte, wer ungefähr eine Viertelstunde von ihm auf einem Abweissteine saß und weinte und sich gar nicht trösten konnte, es weiß kein Mensch, was es angefangen hätte.
Dort saß Meyeli mehr als eine halbe Stunde, und immer neuer Jammer entströmte seinen Augen, wie bei hartem Regen ein Bach nach dem andern anläuft und dem Hauptstrome sich zustürzt. Vom Stolze, eine reiche Frau geworden zu sein, fühlte es auch nicht die geringste Regung, sondern die Gefühle seiner Niedrigkeit, seiner Armütigkeit, und wie es im neuen Hause sich bewegen solle, daß es recht sei, und wie es Jakobli vergelten könne, daß er ihns erwählet; aber wie es sich diesen Abend schämen müsse in seinem Staate und morgen in seinen Hüdelenen, das tauchte eins nach dem andern auf, und wenn Meyeli einen Jammersturm begwältiget hatte, die Tränen abwischen, sich aufrichten wollte, so gärte es neu in den Kammern seines Herzens, neues Schluchzen zuckte in seinem Halse, neue Tränen strömten ihm nach.
Jakobli war es himmelangst bei der Sache, und darum fand er das rechte Trostwort nicht, gäb wie er es suchte, und das machte Meyeli wieder elend, und es dünkte ihns, Jakobli sei schon reuig, und er schäme sich, mit ihm ins väterliche Haus zu ziehen, er sagte ja nichts als: «Schwyg ume, schwyg!» und sagte nicht: «Chumm doch recht u stang uf, sie werde daheime blange u länge Zyti ha nah is!» Es pressierte Jakobli also selbst nicht, meinte es; so gehe es, wenn ein arm Meitschi einen reichen Burschen heirate, und wenn doch nur alle ein Exempel nähmten an ihm, dachte es. Es dünkte ihns, wenn der liebe Gott ihm nur über die erste Stunde, die ersten Tage helfen wollte, so wollte es sein Lebtag zufrieden sein mit allem, was ihm zustoße, und nie mehr klagen, und sich unterziehen Gott und Menschen. Und wie es dieses dachte mit unaussprechlichem Seufzer, zog durch den klaren blauen Himmel ein heller Stern zwischen ihm und Jakobli durch dem elterlichen Hause zu, rascher und rascher glitt er, daß es fast einen Schein gab, und über dem Hause schwand er. Da war es Meyeli, als dränge des Sternes heller Schein in sein dunkles Herz und verscheuche dort des Jammers Gestalten, und eine Verheißung sei ihm gegeben, daß es getrost sein, sich aufmachen solle, Gott werde mit ihm sein.
Als seine Mutter noch lebte, hatte sie ihnen einmal erzählt, wenn man schnell einen schönen Wunsch tue, während ein Stern durch den Himmel fahre, so werde derselbe erfüllt. Seither hatte es gar manchmal in den blauen Himmel gesehen, hatte in seinem Herzen einen schönen Wunsch gerüstet und in frohem Bangen auf den Stern gewartet, der ihn vor Gott tragen sollte. Und wenn er kam, vertraute es schnell ihm an, was es ausgesonnen, und allemal war es ihm leicht geworden ums Herz, und in kindlicher Zuversicht legte es sich schlafen, daß sein Wunsch jetzt schon vor Gottes Thron und einem Engel die Erfüllung aufgetragen sei. Jetzt hatte es an keinen Stern gedacht und doch einen frommen, schönen Wunsch im Herzen gerüstet; da sandte ihm Gott selbst einen Stern, der den Wunsch mitnahm und die Zuversicht der Erfüllung einem hellen Scheine gleich durch seinen finstern Jammer hindurch ihm ins Herz warf. Das ist der Segen frommer Gemüter, daß sie solch wunderbaren Tröstungen, von denen die Unfrommen keine Ahnung haben, offen sind, sie empfangen mitten in des Lebens wildestem Sturm, sich an ihnen aufrichten, wenn Last und Druck der Welt am größten sind. Wie Öl, aufs Meer gegossen, desselben sturmbewegte Wellen sänftigen soll, so klärte der helle Stern Meyelis Gemüt; die Fluten erhoben sich nicht mehr, kein Schluchzen brach mehr hervor aus des Herzens Klüften, es faßte sich zum Gehen. Doch vorher hängte es noch die schweren Göllerkettelein aus, von denen es fürchtete, daß die Mutter an ihnen das erste Ärgernis nehmen möchte; die breiten Haften, welche unter dem Tschöpli hervorsahen, hätte es gerne verborgen, das ließ sich aber nicht tun; dann sagte es zu Jakobli: «Ich denke, wir gingen in Gottes Namen.»
Mit jedem Schritt leichtete es Meyeli; heiteres Gottvertrauen breitete sich über seine Seele aus, und es war ihm, als rege sich eine Kraft in ihm, die sich nicht verbittern läßt, die alles duldet, nie das Ihre sucht.
Das Licht im dunkeln Hause wurde glänzender, und Jakobli schien es, als rutsche der Weg ihm unter den Füßen weg und das Haus auf den Hals, daß es eine grüsliche Sach sei, und endlich sagte er dem Meyeli, er hülf nicht so laufen. Ihm war es noch bitter angst; er war von denen einer, die merken, was kommen kann, aber in sich keinen Rat finden, auf das Kommende einzuwirken, abzuwenden und herbeizuführen, was in der Menschen Kräfte liegt. Kaum wird es diesen übler gehen als denen, die in selbstbewußter Kraft dem Ereignisse entgegengehen, jedenfalls geht es ihnen besser als denen, welche in vorwitziger Üppigkeit in das Rad des Schicksals greifen; aber das schwere Bangen vor den entscheidenden Stunden ist ihr eigentümlich Teil, dem sie nicht loswerden, während der, welcher seiner Kräfte sich bewußt ist, besonnen sie braucht, gefaßten Mutes in die Gefahren geht.
Schon hörte er den Brunnen rauschen, sah aber keinen Menschen, keinen Schatten sich bewegen; das war ihm ein bös Zeichen. Er hatte erwartet, daß ihnen wenigstens Sami entgegen kommen werde, wenn nicht der Vater selbst, und daß die Andern ums Haus herumstehen würden zu einem freundlichen Empfang. Man glaubt gar nicht, wie schwere Lasten man durch ein Entgegenkommen abnehmen, und wie leicht ein freundlicher Empfang vor dem Hause den Eintritt in ein Haus machen kann.
Endlich regte sich etwas, aber Jakobli erschrak, er meinte, der Brunnenstock spalte sich in zwei Teile, und der eine Teil schwanke hin und her. Aber es war Hansli, der ausguckte, von wannen sie kämen, und dem, als er endlich sie erkannt hatte, es sich zweiete, sollte er sie begrüßen oder den ersten Gruß Anne Bäbi gönnen, da bekanntlich Anne Bäbi in sonderbarem Grade die Kunst besaß, bei übler Laune an jeder Rede und jeder Handlung Anstoß zu nehmen, daher Hansli sich sehr ausgebildet hatte in der Kunst, weder zu reden noch zu handeln, sobald bei Anne Bäbi die böse Laune im Anzug war. So bildet ein Mensch den andern Menschen. Indessen gewann diesmal doch das Bewußtsein des Vaters die Oberhand, und er trat unter dem Dachtrauf hervor und hieß sie willkommen in Gottes Namen.
Meyeli konnte nicht satt werden, des neuen Vaters rauhe Hand zu schütteln und zu drücken, aber Hansli sagte, sie sollten machen und hinein kommen, sie hätten afe längi Zyti nach ihnen gehabt, und je weniger lang das Weibervolk warten müsse, desto besser sei es. Dem Meyeli nahm er trotz dessen Sträuben den Bündel weg und sagte, er sei ihm ja nur im Weg, und er wolle ihn gleich dahin tun, wo er hin gehöre. «He nu, so nimm den auch gleich!» sagte Jakobli und reichte dem Vater den andern Bündel; es ward ihm so leicht, als ob das Säcklein sieben Zentner schwer gewesen wäre.
«Si chöme, sie chöme!» rief Mädi, das, wenn es wollte, seine Ohren offen haben konnte, wenn schon sein Maul ging. «Meinethalb», schnauzte Anne Bäbi, «wären sie doch nur geblieben, wo sie gewesen sind! Ist das afe e Manier, heyzcho am ene Hochzyt? Schon vor mehr als einer Stunde hats sieben geschlagen.» Indessen gewann doch auch bei Anne Bäbi die Mutter die Oberhand über den Kyb, und als eine freundliche Stimme unter der Türe sagte: «Guten Abend geb Euch Gott, segn is Gott Usgang und Ygang und bhüt is vor allem Bösen in alle Ewigkeit!» so sagte Anne Bäbi: «He nu so de, su sygs eso, bis Gottwillche, du wirst doch das neu Sühniswyb sölle sy?» «Ih sött», sagte Meyeli, «u wes Gottes Wille ist, so will ih öppe tue, daß si niemere über mi z'erchlage het u Jakobli si nit reuig wird, son es arms Meitschi gno z'ha.» «He nu so de», sagte Anne Bäbi, «mi cha de luege; öppe zu dene wüstiste Hünge bist o nit cho u mußt dy Sache öppe ha, we d scho nüt ykehrt hest, u wärs ume Jakoblis dwege. Drnebe vrspricht mänge alles Guts u git notti dr wüstist Hung ab. Aber chömit yche, mir wey esse, es kaltet sonst alles.»
Bei der Wendung nach der Türe sah Meyeli Mädi beim Schüttstein stehen, ging auf ihns zu, bot ihm die Hand und sagte: «Bis mir auch Gottwillche, du wirst ds Mädi sy; Jakobli hat mir viel brichtet, wie du ihm abgewartet und ihm gluegt heygist.» Mädi wußte, während es sich die Hand am Fürtuch abstrich, nicht, sollte es rauen wie eine Katze oder schnauzen wie ein Hund, von wegen es konnte beides, und sagte daher nur: «Ih darf dr dHang fast nit gä, ih ha gar e wüesti, vo wege die het gar wenig Sunndig gha; die junge Meitscheni hey se jetz scho zimpferer. He nu ja so de, su bis mr mynetwege o Gottwillche!»
Mädi hätte gerne etwas angehängt, aber Anne Bäbi sagte: «Rüf, mr welle esse!»
«Rüf, mr welle esse!» wiederholte Mädi im Hinausgehen, «da meint der alte Sturm, als mangle es nichts als z'bifehle; aber bim Wetter, gäb ih mr de myr Lebtig geng so will la bifehle, gohn ih lieber u häyche mi. Ihr söllit yche!» brüllte es Hansli und Sami an, auf die es draußen im Schopfe stieß. Während Sami am Handtuch in der Küche seine Hände abtrocknete, fragte er Mädi boshaft: «U wie gfallt si dr, ist si so hübsch wie du?» «Gang yche u lue selber, du Möff!» sagte Mädi. «Um mängs tusig Pfung möcht ich kes selligs Gfräß ha, wo me ds ganz Jahr ire Drucke ha muß wie dSunndekappe, wes nit abschieße söll, und wo brämt (von Ruß geschwärzt) wird, wes e Mönsch aluegt u bsungerbar de son e Drecksami.»
«Du hast recht», sagte Sami, «wenn ich es hätte wie du, es wäre mir auch so. Es mag deinem Gesicht geben, was es will, wüste kann es nicht, ume hübsche. Und da weiß ke Tüfel, wenn recht viel darüber geht, und wenn du hundertjährig wirst, wie hübsch du zuletzt noch wirst, vielleicht wie eine Königstochter.»
«Emel hübscher als du, weißts, du Karrensalbküng du, was du bist, u du wärist froh, wenn du o hundertjährig würdest. Aber dLüs werde di lang vorher gfresse ha, wenn d ne nit öppe z'fast steychst.» «Du wirst dich meinen», sagte Sami und wollte das Gefecht fortsetzen, aber Hansli sagte, er hülf, si wette yche, selligi Wort am e sellige Tag trage nüt ab. Man sollte immer acht geben, was man rede, aber bsungerbar a sellige Tage, da bedeutete alles etwas, un öppis Wüsts werd chum öppis Guts bidüte, darum duechte es ihn witziger, sie schwiegen.
Mädi deckte seine Zähne ab und wußte nicht was machen, denn so war Hansli ihm noch nie gekommen; aber ehe es sich besonnen hatte, war derselbe in der Stube.
Drinnen stand die Lampe auf dem Tisch, die Kaffeekanne auf dem Ofen, und Jakobli und Meyeli saßen oben am Tisch und hatten Eiertätsch auf einem Teller und Brot daneben. Meyeli hatte sich untenan setzen wollen, wo sonst dJumpfere hocket; das hatte Anne Bäbi bsunderbar gefallen, und bei sich selbst hatte es gedacht, he nu so de, so ists doch no es manierligs Mönsch, wes scho nüt het. «Seh, hockit da obe a Tisch nebeangere, so ists der Bruuch, we me Hochzit gha het, morn prediget de scho en Angere.» Und Meyeli war ohne Zimpferigi da oben hingesessen, hatte sich gehorsam unterzogen, saß auch still da oben, ließ Anne Bäbi machen und einschenken und vorlegen; kein Zeichen tat Meyeli, Anne Bäbi etwas abnehmen, vorlegen oder einschenken zu wollen. Von wegen auf dem Lande besteht die Meisterschaft im Selbstmachen und nicht im Zusehen und Befehlen, und ein Söhnisweib, das mit städtischer Zuvorkommenheit der Schwiegermutter ihre Geschäfte abnehmen wollte, würde sich nicht nur bei einem Anne Bäbi, sondern noch bei ganz Andern schlecht empfehlen. Das chömm nicht gut, würde es heißen, schon den ersten Abend hätte sie die Finger in allem haben, alles regieren wollen.
Als Hansli und Sami hinein kamen, stand Meyeli auf, und zu Hansli sagte es, es wolle jetzt in der Stube innen ihm noch die Hand geben und ihm nicht nur wünschen, daß Gott ihm einen guten Abend gebe, sondern ein langes Leben und Gsundheit bis äne us (bis zuletzt). Dann ging es zu Sami, gab auch ihm die Hand und sagte, das werd Sami sein allem an. Es denk, sie wollen im Frieden beieinander sein, an ihm solle es nicht fehlen, und wie Jakobli säg, werd sich das mit Sami schon machen. Den beiden Schnürflene, wie Anne Bäbi sie gewöhnlich nannte, wurde es ganz wunderlich; es war ihnen fast, als ob man ihnen mit rohen Zwiebelen im Gesicht herum gefahren wäre, aber Anne Bäbi sagte schnell, z'rühmen mangle sich da nichts, und sie sölle niederhocke u näh, es kalte sust. «Aber wo bleibt Mädi, die schießige Kniepe?» sagte Anne Bäbi und rief zur Türe hinaus: «Warum chunnst nit?» «He, es het mi niemere heiße ychecho», antwortete Mädi. «So, das wär mr afe, we me no dJumpfere aparti sött heiße cho esse, wo me gnue z'tüe het, dene Stopfine nahzlaufe; u we d nie hättist welle cho, oder mi hätt di gheiße, du liefest längst nit meh da ume! Dä Sturm!» sagte Anne Bäbi zur Stube hinein. Endlich kam Mädi wie eine Wolke voll Blitz und Donner, die nur aufs Anrühren wartet, um zu platzen und das gewaltigste Wetter loszulassen aus ihrem Bauche.
So saßen endlich in düsterm Lampenschein die sechse beisammen, die unter einem Dach fürder leben sollten, sie aßen und tranken; wer aber die Blicke sah, die verstohlen herumfuhren von einem Gesicht zum andern Gesicht, der merkte wohl, daß bei Essen und Trinken die Seelen der sechse nicht waren. Gar hell glänzte oben am Tische Meyeli, seine blauen Augensterne strahlten freundlich über den Tisch weg, aber auch seine großen silbernen Haften glänzten und wollten sich nicht verdecken lassen, gäb was Meyeli auch versuchte, denn Mädis Augen hefteten sich darauf wie Katzenaugen auf das Mäuseloch. Je schneller die Blicke sich kreuzten, desto langsamer bewegte sich die Rede um den Tisch herum, wie die Tritte eines Furchtsamen an einem dunkeln Orte, der oft stillesteht, lange tappet, ehe er einen Fuß weitersetzt.
Was ist unsere Rede anders als eine unsichtbare Hand, wunderbar und vielfach gefingert, mit welcher wir fahren über unserer Mitmenschen Gemüter! Und diese Gemüter sind die Instrumente, aus denen Töne quellen bei jeder Berührung, himmlische und himmelschreiende, eben je nach der Berührung. Jedes Instrument gibt einen andern Ton, eine andere Antwort dem Finger, der darüber hinfährt, und wie die Harfe Wind und Wetter fühlen und je nach Regen oder Sonnenschein andere Töne geben soll, so gibt des Menschen Gemüt andere Töne des Morgens, andere des Abends, andere vor dem Essen, andere nach dem Essen, andere nach einem Glas Wasser, andere nach einem Glas Wein, andere nach jedem andern Gesicht, das man gesehen, andere nach jedem Blick, den eine Hausfrau in Küche und Keller getan oder gar auf eine Staubdecke, die nicht sein sollte und doch ist.
Das ist nun die unendliche, nie auszulernende Kunst, und Takt wird sie genannt, die Tasten der Gemüter immer so zu berühren, daß sie nicht gen Himmel schreien, nicht donnern, nicht toben, nicht züngeln spitzig und giftig, sondern fein manierlich aufquellen, wohllautend und schön tönend in mannigfachen harmonischen Weisen sich ergehen und rührsam und wohltuend verklingen, so daß ein süßer Ton in der Seele nachklingt, wie wenn Götter verschwinden ein himmlischer Duft die Luft erfüllt, nach des Teufels Abgang aber ein bestialischer Gestank. Dieser Takt wird wie anderer Takt mehr angeboren als angelernt; aber wie alles auf Erden unvollkommen ist, so ist auch der noch nicht gefunden worden, der taktfest war auf jedem Instrument, dem es nicht entgegengixete und -gaxte, wenn er zur zartesten Melodie angesetzt zu haben glaubte. Es gibt musikalische Tölpel, die fahren mit ihren Fingern überall und zu jeder Stunde herum, und wie gräßlich es ihnen entgegenklingt, sie haben ihre Freude dran, wenn es nur klingt. Kunstverständige setzen mit großer Vorsicht sich hinter ein fremdes Instrument, und eines, von dem sie wissen, daß es verstimmt ist, lassen sie stehen, bis es anders gestimmt ist.
Aber das ist der Gugger mit dem Instrument in des Menschen Brust, daß dieses gerade, wenn es am verstimmtesten ist, am meisten nach Fingern verlangt, welche auf ihm herumfahren. Aber nicht immer, um Laut zu geben und so recht vaterländisch wüsten, sondern um gar keinen zu geben, denn gerade wer kupen will, der wird am taubsten, wenn niemand zu ihm reden will, von wegen wenn niemand einen anredet, so hat man auch niemanden zu antworten, und wer merkt es da, daß man eigentlich kupe, und warum kupet man, als daß man es merke? Ich frage.
Ach, wie mancher arme Teufel hat es erfahren, was es heißt, nicht reden zu jemand, der kupen will, oder auch nichts reden zu jemand, der verstimmt ist! Der wußte fürder, wie man aus dem Regen in die Traufe kommen kann. Das ist übrigens ein Kapitel, über welches junge Ehemänner sich eigene Vorlesungen sollten halten lassen und sie schön honorieren. Doch bewahre, daß ich damit sagen will, daß nur junge Weiberherzen verstimmt sein können, bewahre! Es gibt der alten Weiberherzen in die Tausende, die ruggen und raxen, wenn man sie anrührt nur von weitem mit einem Stecklein, wie die Türen unserer leeren Kornhäuser ruggen und raxen würden, wenn man sie wieder einmal öffnen täte. Aber alte Ehemänner haben sich etwas angelernt, wie dumm sie daneben sein mögen; sie wissen ungefähr, was sie zu sagen haben, daß es am wenigsten macht, wenn die Frau die Verstimmig hat, und gar mancher findet sich am besten dabei, wenn er geradezu mit dem Finger düpft, als ob seine Frau eine geladene Elektrisierguttere wäre, ein Schlag oder zwei, und der Teufel ist raus, das Wetter vorbei; aber eben, was gut ist, lernt man nur durch Erfahrung und bei gutem Willen.
Offenbar schwebte Bangigkeit über dem Tische, wo die sechse aßen und tranken, und band die Rede der Mehrzahl. Mädi saß da wie ein geladener Katzenkopf, um den oft das Pulver weit herumliegt und sich entzündet, ehe man noch dabei ist, und Anne Bäbi glich einem Bienenstock, von dem man glaubt, er wolle stoßen, und der es oft gerade nicht tut, wenn man es am meisten glaubt.
Meyeli kannte die Gemüter zu wenig und war daher in großer Verlegenheit, was es reden sollte, ohne Anstoß zu geben oder vorlaut zu scheinen, und schweigen schicke sich auch nicht, das fühlte es wohl. Es rühmte den Eiertätsch; sein Lebtag hätte es keinen sellige gegessen, sagte es. Ho, öppe gspart hätte es nichts daran, sagte Anne Bäbi, «u wenn es dich gut duecht, so nimm!» Und somit schlenggete es ein gewaltiges Stück auf Meyelis Teller. Es möge wäger, wäger nicht mehr, gäb wie gut es sei, sagte Meyeli. «So?» sagte Anne Bäbi, «warum rühmst de? Aber du wirst auch eins von dene junge Täschlene sy, wo meine, mi chönn e alti Frau für e Narre ha, wie me well.» Da sagte Jakobli, sie wollten teilen; wenn es den einen Teil nehmen wolle, so wolle er sehen, ob er den andern möge, er sei wirklich bsungerbar gut, aber dMutter vrstangs. «Ho», sagte Anne Bäbi, «du wirst das jetzt grad nimme glaube, wo du jetzt e Jungi hest, u die wey hützutag alles besser wüsse als öppe e Mönsch, der afe e Plätz drbygsi isch.» Meyeli hätte gerne noch den Kaffee gerühmt, aber es merkte, daß heute nicht Wetter fürs Rühmen sei, und ein drittes Kacheli Kaffee begehrte es auch nicht. Hansli frug, um dem verlegenen Kinde zu Hülfe zu kommen, ob noch mehr Hochzeit, oder ob sie alleine gewesen? «Mi muß doch e Göhl sy, selligs z'frage», sagte Anne Bäbi, «fahren sie an einem Freitag nicht schwallsweis herum u wie Käfer im Maien? Es duecht mi, es sötte i ere jedere Chilche es halb Dotze sy dere Göhle. Aber es meint es jeders Schlärpli, wes chum cha über e Milchhafe us luege, su muß e Ma zuche.»
Während Anne Bäbi jede Rede auf diese Weise auffing und wiedergab, war Kaffee und Eiertätsch, der erste Gang, vollbracht, und der zweite, Fleisch und Schnitz und Wein, marschierte auf. Sami wischte ab Mund und Löffel und wollte sich zurückziehen; aber bei aller Hässigi gönnte Anne Bäbi das Essen den Seinigen und meinte nicht, daß sie zu keinen Zeiten am Bessern teilnehmen sollten, bestund das Bessere, aus was es wollte. Es war einmal eine Mutter, die hatte eine Tochter, und diese hatte einen Bräutigam, und dieser aß gerne Haferbrei. Wenn nun der Bräutigam kam, so ward ein Haferbrei gekocht und als Dessert damit aufgewartet, aber wohlverstanden, nur dem Bräutigam und der Braut, und wenn es wohl ging, auch derselben Papa, die andern konnten gehen oder zusehen. So aber war Anne Bäbi nicht, und Sami mußte sich setzen und Mädi, nachdem es aufgetragen, auch. Essen und Trinken ging von neuem an, und Anne Bäbi streute sonder Unterlaß Salz und Pfeffer dazu, und wenn Meyeli nicht alles versorgen konnte, was es essen sollte, so sagte Anne Bäbi, sie könnten ihm nicht helfen, sie gäbten, wie sie es hätten, und wenn es das nicht schätze, so sei es bös zweg bei ihnen. Mädi, durch Anne Bäbis Reden und den Wein kuraschiert gemacht, begann in abgebrochenen Worten seinen Senf beizugeben, und da ihm niemand darauf antwortete, so ward es immer kuraschierter und sah die Wetter nicht, die in manchem Auge aufstocketen; es sah nur das schöne Fraueli oben am Tisch neben Jakobli, fühlte nur die Bosheit, ihm seinen Platz zu verbittern, und meinte unter Anne Bäbis Schutz sich sicher und durch dessen Beispiel dazu sich berechtigt.
Meyeli hatte eine Ecke seines Fürtuchs aufgenommen und über den Schoß zurückgelegt, hatte auch noch das Nastuch ausgebreitet, überhaupt die größtmögliche Sorgfalt an den Tag gelegt. Als aber dennoch ein Stücklein Fleisch entwischte, hinunter fiel und Meyeli eben nicht wußte, wohin, daher aufsprang, als ob es auf eine Biene gesessen, und sich nicht beruhigen konnte, bis es bestimmt wußte, daß es keinen Flecken gegeben, so sagte Anne Bäbi, allbets hätten sie es kommoder gehabt und nicht solche Angst ausstehen müssen, da hätten sie Kleider gehabt, die solches hätten erleiden mögen, und die gewiß weniger gekostet hätten als selligi Fetzlein.
Oh, hürmehi heyg alles Geld genug, sagte Mädi, und mi müß dSach öppe ha, daß si zäme akkidiere. Sellig Haften hätte es auch noch nie gesehen, und es nähmte ihns wunder, was es Paar sellige kosteten.
«Aber mi düecht, das sött di gar nüt agah», sagte Anne Bäbi, «es wird dir für die, wo es hat, niemere ds Geld heusche, u we du sellig witt, su frag de dr Gürtler!» «Ds Frage wird doch erlaubt sy», sagte Mädi. «He ja», antwortete Anne Bäbi, «was dich angeht, kannst du fragen, soviel du willst.» «So, ist das so gemeint», antwortete Mädi, «so, es soll mich nichts mehr angehen, und ich soll nichts mehr fragen? Oh, ich verstehe das wohl, den Verstand braucht man mir nicht mit dem Holzschlegel ychezdopple. Schon morgen kann ich gehen, schon heute, wenn man will. O Jere, Mädi findet Platz genug! Aber daß es mir so gehen werde, hätte ich keinem Menschen geglaubt, gäb wie er sich verflucht hätte. Aber unser Heiland sagt nicht vergebens, das sei der Welt Lohn. Fünfzehn Jahre treu dienet und am einzige King ds Lebe grettet, u jetz geyht me dä Weg mit mr um! Aber es ist graglych; es ist gut, daß e grechte Gott im Himmel ist, u daß der alles gseht un o, wie me mit arme Mönsche umgeyht; und es wird öppe nit vrgebe heiße, daß de am jüngste Tag alles werd a dSunne cho.»
Somit stund Mädi auf, nahm seinen Teller mit und schoß in die Küche hinaus wie eine Bombe in eine Festung, rumorte draußen eben auch akkurat wie eine geplatzte Bombe in einem Gemach von irdischen und gebrechlichen Dingen. Drinnen sagte Anne Bäbi zu Meyeli, dessen Augen voll Wasser standen: «Häbs nit ungern; das ist öppe nit viel dra glege, was das sagt. So uvrschant ist es öppe nit geng, u de währts o öppe nit lang; mi cha das de öppe angers mache, we me will. Es ist hützutag mit frömde Lüte nüt meh z'schaffe, u we dLüt öppe wäre, wie si sy sötte, u werchete, wie me allbets gwerchet het, mi manglete a mengem Ort weder Jumpfere noch Knecht, mi chönnt dSach selber mache. Du bruchsts nüt ungern z'ha, Sami, aber ih säge dSach, wies mi duecht.» «Ih ha das nit ungern», sagte Sami, «ih ha das scho mengist ghört, un ih denke, we me mi nimme well, so werd me mi scho heiße gah, u wenn es mir nimme gfallt, su chann ih o mache, wie ih will. Gut Nacht mitenangere!» sagte er und ging.
Da sagte Meyeli, es begehre niemand zu vertreiben, aber arbeiten wolle es, was man ihm vorgebe, es sei daran gewohnt und tue es gern. Es werde nie vergessen, daß es arms sei, und daß es mit Werchen seine Sache machen müsse. Man solle ihm nur befehlen, und wenn es etwas nicht recht mache, es ihm sagen, es werde alles gerne annehmen und alles auszurichten suchen, wie man es begehre, und zufrieden wolle es sein mit allem, nur ein wenig liebhaben soll man es. Vater und Mutter seien ihm gestorben, und fremd sei es in der Welt gewesen, und es duechs, wenn es e Vater und e Mutter wiederfänd, es wär im Himmel, und syr Lebtig wetts nit es Brösmeli meh klage.
So redete Meyeli, bot beiden Alten die Hand, und dicht liefen ihm die Tränen dBacken ab. «Bis nit e Göhl!» sagte Anne Bäbi und wischte sich auch die Backen ab, «öppe fresse wird di niemere. Ih ha di nit gern gseh cho, ih wills graduse säge, und es hat mi es strengs duecht, daß ih dMutter sy sött u nüt drzue säge söll. Aber we d öppe tust, wies dr Bruuch ist u aständig, su bin ih de notti ke Tüfel nit, u das bin ih nit, si möge mi de vrbrülle, wie si wey. Nüt hest, das ist wahr, aber sövli hey mrs o nit nötig; stoß mr aber nit öppe dr Gring mit dene Schnürflene zäme oder gar mit Mädi, dem Uflat; de wirds scho gah, u viellicht, daß mrs öppe mache cheu, ohne daß frömd Lüt ds Mul bruche i üsi Sach z'häyche. Aber trinkit, seh, mach us, dr Wy sött dir seltsam sy, du wirst öppe nit all Tag drzucho sy. Mir hei ne o nit all Tag, we mers scho vermöchte, aber ih ha däicht, we d scho nit wert chömist, ih well notti tue, was öppe dr Bruch syg. Ke Mönsch hätt dra däicht weder ih, u wes nit gscheh wär us unger dLüt cho wär, so hätt ih doch a allem sölle dSchuld sy, u ds Mädi, die Täsche, wär ds erste gsi, wos wär ga usbrülle. Aber wart das ume, dem lütet es einist ungsinnet Fürabe!» Anne Bäbi, durch Mädi entladen, kam nach und nach in glücklichen Zug und ward durch den Wein immer redseliger und fand sein Glück im Rühmen, wie gut Meyeli geheiratet; wie reich, wisse es noch lange nicht, und wie reich Jakobli hätte heiraten können, wenn er nicht so den Narren an ihm gefressen, könne es sich nicht vorstellen. Aber das mache jetzt nichts, sie hätten notti z'esse, un es werd scho gah; aber ds Mädi, dä Strupf, dä müß me nit Meister la, u erst jetz well es ihm afa zeige, wer eigetlich z'bifehle heyg.
Anne Bäbi hätte vielleicht die Nacht durch geschwatzt, aber es begann die Lampe düsterer zu werden, kam dem Erlöschen immer näher, und endlich merkte es Anne Bäbi und hieß Jakobli das Ölkrüglein holen. Aber Jakobli fand es nicht. Anne Bäbi hieß ihn einen Stürmi, öppis nit z'finde, wo ja es jeders King wüß, wos syg. Aber Anne Bäbi fand es selbsten nicht, gäb wie es suchte; es rief Mädi, aber Mädi gab wohlweislich keinen Bescheid; es schimpfte über Sami, der es vielleicht im Stalle hätte, aber dort es suchen, war ihm zwider. Im Keller war noch Öl, aber Hansli wehrte und meinte, es wär am besten, sie gingen nieder, so möchten sie am Morgen auch auf. Anne Bäbi mußte sich darein ergeben, aber unter vielem Schimpfen über die böse Zeit, wo man im eigenen Hause nicht mehr soviel Meister sei, aufzubleiben so lang man wolle, und nichts mehr sicher sei, wo es hundert Jahre lang gestanden und Mutter und Großmutter es blindlings gefunden; aber warten die nur, morgen sei auch noch ein Tag, und wer ihm das Krüglein verstellt habe, der solle sehen, was er gemacht, dem wolle es es verleiden, eins für alle Male. So räsonierte Anne Bäbi, bis ihm der Schlaf die Augen zudrückte; es hörte das Kichern nicht, welches schadenfroh im Dunkel des Gadens hörbar ward.