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Die Ahnfrau.

Novelle.


Erstes Kapitel.

Es gibt nichts Liebenswürdigeres als einen liebenswürdigen alten Herrn! so wie ein heller Herbsttag der schönste Tag, die spät reifende Traube die köstlichste Frucht, die ehrwürdige Eiche der edelste Baum ist.

Mein Held ist ein alter Herr, Cosmus Freiherr von Ingram. Er ist Obrist und Kammerherr gewesen, aber das hat er aufgegeben, um sein eigener Herr auf seinem eigenen freiherrlichen Schlosse zu sein. Das Schloß ist wunderschön gebaut, wunderschön gelegen, es hat nur einen Fehler – es spukt dort – die Ahnfrau des alten Hauses Ingram geht um. Zum öfteren zeigt sie sich aber glücklicherweise nur in der Schloßcapelle, und dahinein braucht ja bei Nacht Niemand zu gehen.

Diese Ahnfrau muß umgehen, weil sie im Groll gegen ihren Gatten gestorben – unversöhnt vor ihren Schöpfer getreten. Was sie nicht verzeihen wollte, war freilich eine Untreue gewesen, wie die Sage berichtet, aber wenn wir solche Nachsicht auch keiner lebenden zumuthen wollen, eine sterbende Frau muß Alles verzeihen können – selbst eine Untreue!

Die Ahnfrau mußte also deswegen umgehen schon seit mehreren hundert Jahren, während der ungetreue, aber buß- und reuefertige Gemahl in süßer Ruhe in seinem Grabe schlief, wie es symbolisch die steinerne Figur darauf andeutete. Er und seine Gemahlin waren in verschiedenen Ecken der Capelle begraben, denn sogar das hatte sie in ihrer letzten Stunde verlangt, und darin bestand jetzt g'rade ihre Strafe, daß sie ihr Grab verlassen mußte, um pflichtschuldigst zu den Füßen des Grabmals ihres Herrn die lange Nacht hindurch zu knien und zu beten.

Cosmus besaß ihr Bild, es hing in seinem Schlafzimmer, denn er war der Einzige im Hause, der sich nicht davor fürchtete. Oft betrachtete er sogar mit einer gewissen Liebe die schönen regelmäßigen, aber todtenblassen Züge der unglücklichen Frau. Ihre Augen waren dunkel und langgeschlitzt und ihre Augenbrauen in der Mitte zusammengewachsen, was ihrer Physiognomie etwas Hartes und Strenges verlieh – aber der Mund war unbeschreiblich lieblich, so lieblich wie je Lukas Kranach einen gemalt hat.

Doch scheiden wir von der todten Ahnfrau, um zu dem lebenden Cosmus überzugehen. Cosmus war Wittwer, er hatte seine Gemahlin bei der Geburt ihres ersten Kindes verloren. Dieses Kind lebte aber noch und war jetzt ein achtzehnjähriger Student also einer der glücklichsten Menschen, die auf Erden leben, denn achtzehn Jahre alt, reich, hübsch und Student, soll das nicht der Inbegriff alles Jungen-Männerglückes sein?

Cosmus war jetzt allein mit seiner Dienerschaft auf dem Schlosse – das heißt, wenn er nicht Gäste hatte, und das war eigentlich das ganze Jahr hindurch der Fall, denn selbst junge Damen kamen, unbekümmert unter der Hut ihrer Mütter, zu dem sechs und fünfzigjährigen Freiherrn – sie fanden ihn nicht gefährlich, obgleich sie einstimmig behaupteten, es gebe auf Erden keinen liebenswürdigeren Mann.

Er hatte spät, in seinem sechs und dreißigsten Jahre erst, geheirathet und seine zweijährige Ehe erschien ihm jetzt in der Erinnerung wie ein Traum, wie ein Moment. Daß er sich nicht wieder vermählt, war aller Welt unbegreiflich, besonders unbegreiflich, da er seine Frau nicht leidenschaftlich geliebt, ja sie eigentlich nur aus Rücksichten, mit etwas Wohlgefallen vermischt, erwählt; also warum sie ein ganzes Leben lang betrauern? Und gerade dieser Umstand enthielt die Ursache seiner Ehelosigkeit – aber das begriffen die Menschen nicht!

Eine liebelose Ehe ist, zumal auf dem Lande, wo man so sehr auf einander beschränkt ist, etwas unbeschreiblich Trauriges! Denn eine Ehe ohne Liebe verstößt ja eben so sehr gegen die Gesetze der Natur, wie eine Liebe ohne Ehe gegen die Gesetze der Welt – und das Widernatürliche dieses Verhältnisses hatte Cosmus tief und voll Reue empfunden – deshalb scheute er vor der Ehe, überdem war kein überwiegender Grund dazu vorhanden. Keine Leidenschaft trat in sein Leben – er hatte nur einmal geliebt und das in frühester Jugend – die Braut eines Andern.

Seine alte Haushälterin, Fräulein Hoffmann, die durch seine Güte vollkommen die Stellung der Hausfrau einnahm, sorgte mit schwesterlichem Eifer für sein körperliches Wohl. Besuchende Verwandte und nicht Verwandte, worunter sich sogar mehrere geistreiche Notabilitäten der nächsten Hauptstadt befanden, sorgten durch ihre liebenswürdige öftere Gegenwart vollkommen für seine geistigen Bedürfnisse – warum also thun, wozu ihn sein Herz nicht trieb? –

Cosmus war bei seiner Morgentoilette. Der Kammerdiener hatte sorgfältig seine schon etwas grau schillernden aber noch vollen Locken um seine hohe schöne Stirne gelegt. Seine großen stahlblauen Augen sahen gedankenlos das eigene Bild im Toilettenspiegel an. Der Freiherr war noch ein schöner Mann, obgleich er nicht jünger, eher älter aussah als er war, was überhaupt oft der Fall bei Menschen ist, die sich viel geistig beschäftigen. Es verging kein Tag, wo er nicht mehrere Stunden in seinem Arbeitszimmer mit den heterogensten Studien zubrachte; in letzterer Zeit beschäftigten ihn die Naturwissenschaften ausschließlich. Die ihm eig'ne Lebhaftigkeit des Geistes verhinderte zwar ein sehr anhaltendes Studium eines und desselben Gegenstandes, wodurch er nicht war, was man gründlich gelehrt nennt, aber sie beförderte die Vielseitigkeit seiner Bildung – es gab keine Kunst, keine Wissenschaft, die er nicht wenigstens einmal in seinem Leben getrieben; zu den ihn anziehenden kehrte er dann immer wieder von Zeit zu Zeit zurück. Bei der Erziehung seines Sohnes hatte diesem der geistige Durst seines Vaters viel genutzt – Kinder sind ja am besten mit Beispielen zu erziehen.

Jetzt, heute, wollte sich der Freiherr noch eifriger als sonst in seine Studien vertiefen. Ein berühmter Gelehrter, sein Freund, hatte ihm sein neuestes Werk im Manuscript zur Prüfung zugeschickt. Obgleich nun Cosmus von der gewöhnlichen Eitelkeit dilettirender Gelehrten frei war, so freute ihn doch diese Anerkennung seiner Urtheilskraft und seiner Bildung ungemein.

Leute vom Fache sollten überhaupt, wenn sie ein unbefangenes Urtheil über ihre Werke zu hören wünschen, dieselben an Dilettanten zur Durchsicht geben, obgleich es gewöhnlich umgekehrt der Fall ist. Erstens sind sie dann sicher, daß ihr Buch gelesen wird und zwar gerne gelesen wird, im Gefühle grüner, richterlicher Eitelkeit. Dann hören sie ein unbefangenes, frisches, von Rücksichten unverkümmertes Urtheil, während im entgegengesetzten Falle die Zeichen unendlich ungünstiger stehen. Wir wollen zum Beispiel einen Schriftsteller der harmlosesten Sorte, den lyrischen Dichter, nennen. Wie unglücklich ist er, wenn ihm von irgend einem dilettirenden Schöngeist ein Paquet weißen, mit regelmäßigen Zeilen beschriebenen Papiers, mit der Bitte um »gütige Beurtheilung« in die Hand gedrückt wird!

»Verse« – ruft er heimkehrend aus, indem er mit kläglichem Gesicht die Rolle aus der Tasche zieht, – »Verse, die ich lesen soll!«

Und Wochen, Monate ruht bestäubt und bestäubter das Manuscript auf seinem Pult, bis ihn eine Mahnung des harrenden Verfassers zur zornigen übereilten Durchsicht treibt. Was kann da das Resultat sein? –

Cosmus ging mit langen Schritten in seinem Zimmer auf und ab. Der grünsammtne Schlafrock hing in weiten Falten um seine schlanke Gestalt. Er war nicht groß, aber fein und aristokratisch gebaut, mit kleinen Händen und Füßen und schmalem Kopfe.

Es gibt Tage, wo die Seele der Erinnerung besonders zugänglich ist, wo längst vergessene Begebenheiten mit lebensfrischer Kraft vor unser inneres Auge treten, ungerufen, ungewünscht – und dennoch ergreifend und bewältigend. Einen solchen Tag hatte heute der Freiherr; er konnte nicht lesen, nicht arbeiten, er hielt das Manuscript in Händen, aber er hatte es noch nicht geöffnet.

›Ein Gang in's Freie wird mir wohl thun und mich aus dieser Zerstreuung reißen,‹ sagte er endlich mit halber Stimme. Diesen harmlosen Vorsatz auszuführen, sollte ihm aber nicht gewährt werden; es kam Besuch, zwei Wagen voll, und Cosmus mußte nun die Honneurs machen. Aber er that dies auch nicht mit der gewohnten Grazie, so daß die Hauptperson unter den Gästen, eine junge Frau, ihm förmlich deshalb Vorwürfe machte.

»Ich habe heute den ersten Streit nach sechswöchentlicher Ehe mit meinem Manne gehabt,« sagte sie laut lachend, »und um ihn zu strafen, erklärte ich ihm, ich wolle die Gesellschaft eines liebenswürdigern Mannes aufsuchen, und da nannte ich Sie.«

Die ganz gewöhnliche Höflichkeit hätte nun verlangt, daß Cosmus mit einigen Worten für diese Auszeichnung dankte, aber selbst dies that er nicht, er verbeugte sich halb und lächelte wie im Traum. Er war heute überhaupt im Begriff, seinen Ruf als galanter Mann einzubüßen, diesen Ruf, der für ihn doppelt kostbar war, weil er damit den eines geistreichen Mannes verband.

Bei Tische sagte er plötzlich nach einem langen Stillschweigen zu seiner Nachbarin: »Wenn ich an Ahnungen glaubte, so würde ich überzeugt sein, daß mir heute noch etwas Besonderes begegnen müsse, denn ich bin so aufgeregt, wie am Vorabende eines Ereignisses.«

Sein Kammerdiener trat in diesem Augenblick ein und flüsterte ihm bestürzt etwas in's Ohr. Der Freiherr musterte ihn wie einen Verrückten.

»Bei Gott, es ist wahr, gnäd'ger Herr, seh'n Sie nur selbst.«

Cosmus stand rasch auf und trat an's Fenster.

»Was ist wahr?« riefen die Damen.

»Die Fenster meiner Capelle sind erleuchtet und die Thüren geschlossen,« entgegnete Cosmus mit bewegter Stimme, indem er vom Fenster fort trat.


Zweites Kapitel.

Adelgunde.

Die Capelle des Schloßes Ingram ist mit dem Hauptgebäude nur durch einen schmalen überwölbten Gang verbunden, der sich übrigens schlecht genug ausnimmt und dem sonst so schönen Anblick der beiden Gebäude schadet. Aber freilich ist es für die Schloßbewohner angenehm, an regnigen Sonntagen trock'nen Fußes ihre Andacht verrichten zu können. Die Thüre, woran dieser Gang sich reiht, ist eine Nebenthüre der Capelle; auf der entgegengesetzten Seite befindet sich eine ähnliche, die auf das freie Feld führt – der Haupteingang hingegen ist auf dem Schloßhofe selbst, wo sich auch bei gutem Wetter die Notabilitäten der Nachbarschaft zum Gottesdienst versammeln, und wenn er vorüber ist, eine Art ländlichen Corso veranstalten. Bei trübem oder kaltem Wetter wird die Kirche im Dorfe, als den Meisten näher gelegen, mit der Gegenwart der guten Gesellschaft beehrt.

Die Capelle war im Aeußern wie im Innern mit großem Geschmacke gebaut, und Herr von Ingram hatte sie erst kürzlich ganz neu herstellen lassen, mit jener Pietät, die man in unserer außerdem so pietätlosen Zeit für alte Gebäude hat.

Den Altar, der hoch erhöht auf weißen Marmorstufen stand, deckte ein rother Sammetteppich, zwei riesige massive Silbercandelaber standen darauf, die Kerzen brannten hell, obgleich kein Bewohner des Schlosses sie angezündet – ihr Licht beleuchtete einen Gegenstand, auf welchen im nächsten Augenblicke des Freiherrn Blicke fielen, nachdem er an der Spitze seiner Gäste in die räthselhaft erleuchtete Capelle gedrungen war.

Auf den Stufen des Altars lag in dichte weiße Schleier gehüllt ein Etwas, das einer menschlichen Gestalt glich. Cosmus zauderte einen Augenblick, aber sich zusammennehmend beugte er sich nieder und entfernte mit scheuer zarter Hand die Hülle, die ihm den Kopf der Gestalt zu verbergen schien. Da kam ein Weib zum Vorschein, und zwar ein schönes junges Weib, mit bleichen Wangen und fest geschlossenenen, die zu schlummern schien. Alle waren angenehm überrascht – nur der Freiherr nicht. Der schlug erschrocken die Hände vor das Gesicht und rief in erschütterndem Tone, indem er drei Schritte zurückwich: »Allmächtiger Gott! Sie ist es!«

Sei es nun durch den plötzlich auf ihre Augen eindringenden Lichtstrahl oder durch den Ausruf Ingram's geweckt, das junge Weib schlug die Augen auf, und als sie Menschen um sich erblickte, sprang sie blitzesschnell auf ihre Füße, indem sie in französischer Sprache ausrief: »Wo bin ich?«

Bei diesen Worten faßte sich Ingram und trat wieder vor. Er nahm freundlich die Hand des zitternden Mädchens in die seine und redete in ihrer Sprache milde beruhigende Worte zu der Erschrockenen.

Als sie in die klaren klugen Augen des schönen alten Mannes gesehn, beruhigte sie sich auch wirklich; sie ließ sich von ihm fortführen, und er wies ihr ein Zimmer an, denn seine Menschenkenntniß gestattete ihm keinen Zweifel, daß das junge Mädchen das Opfer einer Intrigue sei.

Seine Gäste, besonders die junge Frau von Mörfeldt, brannten vor Neugierde, etwas Näheres von dem Abentheuer durch die Fremde selbst zu erfahren, aber Ingram sprach von andern Dingen, und nachdem er Fräulein Hoffmann zu dem jungen Mädchen geschickt, um sie nach ihren Wünschen zu befragen, worauf sie ihn um eine Unterredung bitten ließ, sprach er beinahe gar nichts mehr, die einzige Art, wie Leute von Erziehung Zudringlichen das Lästige ihrer Gegenwart anzuzeigen vermögen.

So mußten sie denn endlich abziehen, voll Freude, soviel Merkwürdiges in der Residenz erzählen zu können, und voll Aerger, nicht mehr erfahren zu haben.

Als der zweite Wagen vom Hofe rollte, verfügte sich Cosmus zu der Fremden. Sie trat ihm weinend entgegen.

»Was werden Sie von mir denken, Herr Baron? Von einem Mädchen, das auf so comödienhafte Art in Ihr Haus gedrungen? Aber, bei Gott, es ist nicht meine Schuld, ich selbst weiß so wenig wie Sie, auf welche Weise ich in Ihre Capelle gekommen!«

»Das glaube ich, das glaube ich Ihnen.«

»Ich muß Ihnen Alles sagen, Herr Baron, mein ganzes Leben schildern, damit Sie begreifen, wie man so mit mir verfahren konnte.«

»Ich bin ganz Ohr.«

Beide ließen sich nieder und die Fremde begann: »Von meinen Aeltern, meiner Familie ist mir nie etwas bekannt geworden. Ich bin in einem Kloster des südlichen Frankreichs erzogen. Ein Fremder hatte mich als einjähriges Kind mit einer Summe als Kostgeld der Äbtissin übergeben und ihr dabei eine, von einem großen Handlungshause in Paris unterzeichnete Anweisung, dieselbe Summe jedes Jahr zu erheben, eingehändigt. Er nannte keinen Namen, versicherte aber, daß ich einer guten Familie angehöre und, sobald ich erwachsen, von derselben solle aufgenommen werden, was jetzt, da die Ehe meiner Eltern noch ein Geheimniß, eine Unmöglichkeit sei. So wurde ich siebzehn Jahre alt. Sechzehn Jahre im Kloster, mein lieber Herr, das ist mein ganzes Leben! An meinem letzten Geburtstage kam eine alte Frau, eine Dienerin, wie es schien, und indem sie sich durch einen Schein desselben Hauses, das mein Kostgeld auszahlte, legitimirte, behauptete sie den Auftrag zu haben, mich zu meinen Aeltern zu bringen. Wer war glücklicher als ich! Die raschen Postpferde, die unseren kleinen leichten Reisewagen zogen, kamen mir unerträglich, wie Schnecken langsam vor. Station um Station wurde zurückgelegt, wir hielten keine Nachtquartiere, immer fort und fort. Jede Viertelstunde frug ich im Anfange meine Begleiterin, ob wir noch nicht bald am Ziele seien. Sie verneinte immer. Außerdem sprach sie wenig. Ich munterte sie auch nicht dazu auf, alle meine Sinne waren zu sehr in Anspruch genommen durch die Erwartung, wie ich meine Eltern, meine Familie finden werde, und darüber konnte mir die Frau keine Auskunft geben, denn sie behauptete, dieselben selbst nicht zu kennen, und nur durch einen Beauftragten gemiethet worden zu sein. Meine letzte Erinnerung von der Reise ist, daß ich in einen festen Schlaf verfiel, nachdem mir die Alte einen Becher Limonade gebracht, den sie auf mein Geheiß in dem Posthause, wo wir die Pferde wechselten, mir bereiten lassen.

Ich erwachte in Ihrer Capelle, vor ihren Augen – das ist Alles, was ich weiß, Alles, was ich Ihnen sagen kann.«

»Wie heißt das Kloster, wo man sie erzogen?«

»Es ist das Kloster der Ursulinerinen zu Bayonne. Und nun erlauben Sie mir auch eine Frage. Ich erinnere mich ganz deutlich, daß ich, als ich erwachte, Ihre Blicke mit dem höchsten Schrecken auf mich gerichtet sah – was hat mein Anblick so Furchtbares für Sie gehabt?«

»O nur eine Aehnlichkeit, eine frappante, unbegreifliche Aehnlichkeit! Aber wie heißen Sie oder vielmehr wie nannte man Sie im Kloster?«

»Algonde, Algonde Ingre.«

»Algonde? Also auch Adelgunde? Sonderbar, immer sonderbarer! und sogar die Aehnlichkeit des Familiennamens!« sagte Cosmus halblaut vor sich hin.

Seine Blicke ruhten wieder forschend, durchdringend auf dem Mädchen, so daß sie die ihrigen niederschlug. In der That war es der Mühe werth, sie zu betrachten, denn sie war eine schöne auffallende Erscheinung. Ihr geschweifter, zarter Hals trug einen oval geformten und edlen Kopf, dessen Scheitel dunkle, reiche, glänzende Haare deckten. Die langgeschlitzten, ebenfalls dunklen Augen schlossen sich schüchtern wie die eines Kindes, obgleich die breiten schwarzen Augenbrauen, die in der Mitte zusammenliefen, ihr ein älteres entschiedenes Ansehen verliehen. Die weichen Sammetwangen waren blaß, aber der schöne kleine Mund war frisch gefärbt wie eine Coralle, und lieblich, so lieblich wie Cosmus nur einen gesehen.

Er riß sich mit Gewalt los von ihrem Anblicke, der ihn immer mehr verwirrte, statt ihm die Räthsel dieser Begebenheit zu lösen. An die Wahrheit der Aussage Adelgundens glaubte er unbedingt. Auf ihrer hohen weißen Stirne stand deutlich geschrieben: Lüge ist mir fremd.

Schwer wurde es dem Freiherrn, Fräulein Hoffmann, die Adelgunden für eine Betrügerin hielt und nach großen Umschweifen ihrem Herrn diese Ansicht mittheilte, vom Gegentheile zu überzeugen. In einem Hause, wo eine häßliche, alte, unvermählte Frau als Herrin waltet, wird ja ohnedem eine junge und schöne nicht gerne aufgenommen. Fräulein Hoffmann zeigte sich in diesem Falle besonders vorsichtig, Cosmus besonders heftig. Die Unterredung zwischen ihm und seiner Haushälterin endigte mit einer Scene.

Er entließ sie mit den Worten: »Ich befehle Ihnen, daß sie das Fräulein wie meine Tochter behandeln.« – Seit achtzehn Jahren hatte er nicht so mit ihr gesprochen. Die arme Gekränkte weinte bitterlich, und Adelgunde genoß ahnungslos die Thränen der Alten in der einfachen Abendsuppe, die sie gewünscht, und welche ihr Fräulein Hoffmann auf das Geheiß des Freiherrn selbst bringen mußte, bei welchem Gange Tropfen um Tropfen in die kleine offene Terrine fiel.

Hätte Eifersucht die Thränen hervor gerufen, so hätte Adelgunde bei ihrem Eintritt in das Haus vergiftet werden können, denn Thränen einer eifersüchtigen Frau, von ihrer Gegnerin getrunken, sollen für diese ja das schärfste Gift enthalten – aber eifersüchtig war Fräulein Hoffmann nicht – bewahre!


Drittes Kapitel.

Ein alter Mann.

Seit sechs Wochen bewohnte Adelgunde das Schloß, und noch war nicht die Spur einer Aufklärung über ihr räthselhaftes Erscheinen verbreitet. Cosmus hatte nicht Mühe, nicht Geld gespart, nach Frankreich geschrieben, sich auf den nächsten Poststationen erkundigt, aber nichts erfahren als das Wenige, was ihm die Fremde bereits mitgetheilt – nur Etwas, und auch das hatte er früher schon errathen gehabt.

Die Äbtissin, die Adelgunde erzogen, pries sie als ein vorzügliches Geschöpf und wünschte jedem Hause Glück, das sie beherbergen durfte. Der Enthusiasmus für ihr Pflegekind verlieh dem Style der alten Frau sogar dichterischen Schwung. Sie schrieb: »Ihr Character ist wie Demant so klar, so fest, so rein. Ihr Herz wie Wachs.«

Der Freiherr brachte diesen Brief zu Adelgunden, weil er dachte, ihr durch diesen Beweis von Liebe ihrer alten Freundin eine Freude zu machen; aber wie allen wahrhaft bescheidenen Menschen war es ihr peinlich, ihr Lob zu hören. Als Cosmus die erwähnte Stelle las, wurden ihre weißen Wangen purpurroth und ihr Athem beklommen. Ingram betrachtete sie voll Rührung.

»Verzeihen Sie, daß ich Sie verletzt,« sagte er freundlich, »ich bin so lange Zeit nicht mit Ihres Gleichen zusammengetroffen, daß ich mich nicht mehr richtig zu benehmen weiß.«

»Wen nennen Sie meines Gleichen?« fragte sie halbängstlich, abermals erröthend.

»Die Engel!« antwortete Cosmus, aber mit so mildem, herzlichem Tone, daß, so stark auch der Ausdruck war, er diesmal doch nur ein Lächeln auf Adelgundens Züge lockte; sie hielt diesen Vergleich für einen Scherz, und fuhr deshalb in demselben Tone fort:

»Wann gingen Sie denn zuletzt mit ›meines Gleichen‹ um?«

Aber jetzt wurde Cosmus plötzlich ernst.

»Das ist mein Geheimniß! Adelgunde – ach ich bin nicht so glücklich wie Sie, mein Kind, ich kann nicht mein ganzes Leben erzählen, nicht so jeden Menschen in mein Herz schauen lassen – ich habe eine Vergangenheit und zwar eine trübe, schmerzliche, und doch was ist das Alles gegen die Gegenwart?« Und Cosmus deckte mit der Hand die klaren Augen, in die Adelgunde so gerne blickte, um ihr zu verbergen, wie trübe sie eben geworden.

Adelgunden schmerzte es, daß auch sie, wie zur Vergeltung, ohne Wissen und Willen die Stimmung des Freiherrn getrübt. Mit weiblichem Tact fragte sie ihn nach dem Einzigen, von dem sie sicher war, daß seine Nennung jederzeit angenehm sei.

»Haben Sie kürzlich keine Nachricht von Ihrem Herrn Sohne?«

»Nein,« sagte Cosmus, indem ein Strahl väterlicher Freude sein Antlitz wieder erhellte, »nein, es wird ihm zu gut gehen. O, er muß kommen, Sie müssen ihn kennen lernen, er Sie. Ich werde ihm sagen, wie Sie mir eine liebe Tochter geworden, wie die unbekannte Macht, die, vielleicht in schlimmer Absicht, Sie bei mir ausgesetzt, mir ein so großes Glück, eine so große Freude zugeführt.«

»Wäre dem so! Aber muß ich nicht fürchten, Ihnen lästig zu sein? besonders seitdem alle Gäste, von denen sonst Ihrem gastfreundlichen Schlosse Leben und Heiterkeit verliehen wurde, um meinetwillen unter nichtigem Vorwande abgewiesen werden?«

»Diese Menschen verdienen nicht anders behandelt zu werden. Sie haben Sie und mich beleidigt. Scharenweise kamen sie hierher, und nachdem ich ihrem unbescheidenen Drängen nachgegeben und Sie trotz Ihrem schüchternen Widerstreben in den Gesellschaftssaal gebracht – wie hat man sich da benommen! Als seien Sie eine Wilde – ein seltener Vogel! – der sich für Geld sehen läßt.«

»Das thaten nur Einzelne, Herr Baron, nur einige junge Leute, verzeihen Sie ihnen!«

»Wollen Sie ihnen verzeihen, Adelgunde, und wieder in den Salon kommen, wenn Leute da sind?«

Adelgunde schüttelte heftig erschrocken den Kopf. »Nein, nein, das kann ich nicht – ich muß hier bleiben in diesen lieben schönen Zimmern, die Ihre Großmuth der armen Heimathlosen eingeräumt, bis endlich meine Verwandten sich meiner erbarmen und mich anerkennen und bei sich aufnehmen werden.«

»Da sei Gott vor,« rief Cosmus rasch, – »ich kann nicht mehr ohne Sie leben! Sie haben sich mir unentbehrlich gemacht, und wenn ich hier bei Ihnen sein darf, kommt es mir nicht in den Sinn, jemals noch andere Gesellschaft zu wünschen.« Er brach kurz ab – dann sagte er bittend: »Singen Sie mir etwas!«

Adelgunde hatte eine bedeutende mächtige Stimme, eine Stimme, die nicht nur vom Zuhörer gehört und innerlich empfunden wurde, sondern so stark war, daß sie einen anwehte wie Lufthauch und die Atmosphäre füllte wie ein starker Duft.

Sie kannte natürlich nur Kirchenlieder, aber ein Ave Maria von ihr gesungen war für Alle, die ihm beiwohnten, wie ein Gottesdienst. Sie sang, und als sie geendigt und aufstand, sah Cosmus sie mit durchdringendem Blicke an. »Den Rest meines Lebens gäbe ich darum, wenn ich wüßte, wer Sie sind,« sagte er zuletzt mit leidenschaftlicher Stimme.

»Ich auch – die Hälfte,« sagte Adelgunde.

»Die Hälfte Ihres Restes,« lächelte Cosmus.

»O Kind – Sie dürfen nichts hergeben von einem Leben, das noch nicht angefangen hat und das, wie meine Ahnung mir sagt, ein Feentraum sein muß – Ihnen darf kein Leid nahen.«

»Das ist mir auch bis jetzt nicht geschehen, aber – auch keine Freude. O schelten Sie mich nicht undankbar, mein Wohlthäter,« fügte sie schnell hinzu, als Cosmus Züge sich bei ihren Worten trübten: »Nein, thun Sie das nicht, wenn ich auch Ihre Güte nicht anerkenne, wie sich gebührt. Aber die Art, wie ich den Aufenthalt in ihrem Schlosse begonnen, hat jede Freude daran unmöglich gemacht – ich fühle mich ewig als Eindringling. O sonst, sonst gewiß würde ich so glücklich hier sein, es ist hier so viel freundlicher, heller, glänzender als in unserm Kloster und Sie sind so gut – o so gut ist nie Jemand für mich gewesen!«

»Ist das wahr, Adelgunde? Adelgunde, ist das wirklich wahr? O täuschen Sie mich nicht! Konnten Sie sich wirklich hier gefallen, wirklich hier glücklich sein, wenn Sie sich überzeugen ließen, daß Sie ein Recht haben, hier zu sein – wenn –« Cosmus stockte in seiner leidenschaftlichen Rede – Adelgundens verwunderte Blicke brachten ihn um seine sonst so unerschütterliche Fassung.

Um seine Befangenheit zu verbergen, zog er ein Buch aus der Tasche, um welches sie ihn heute Morgen gebeten. Sie nahm es angenehm überrascht aus seiner Hand, nicht ahnend, daß die schnelle Erfüllung ihres Wunsches dem besten Pferde des Barons das Leben gekostet, denn sein Reitknecht hatte es in gestreckter Carriere aus der nächsten Stadt holen müssen; dabei war das Pferd gestürzt und hatte bereits erschossen werden müssen – ein Unfall, der außerdem des Barons Heiterkeit auf mehrere Tage getrübt haben würde, aber jetzt, nach einer Stunde, hatte er ihn schon wieder vergessen.

Adelgunde hatte kein Falzbein, um das Buch aufzuschneiden. Cosmus erinnerte sich, noch ein sehr elegantes, ein Geburtstagsgeschenk seiner Frau, zu besitzen. Er ging in sein Zimmer, um es ihr zu holen. Als er das Schiebfach seines Schreibtisches aufschloß, worin es neben mehreren kleinen Geschenken der Verstorbenen lag, überkam ihn plötzlich der Gedanke, wie werthlos diese Dinge jetzt für ihn seien, ja, wie geringen Werth sie eigentlich immer für ihn gehabt, im Vergleiche mit einer welken Blume nur, die er von ihr empfangen!

Tief erschüttert ließ er sich auf seinem Lehnstuhl nieder. Er sah sich rings im Zimmer um, wie um Trost zu holen. Das Bild der Ahnfrau, die Hauptzierde, im prachtvollen goldnen Rahmen, hatte er in neuester Zeit mit eigener Hand sorgfältig verhängt; außerdem hingen noch an den Wänden Schildereien des Befreiungskrieges, den er mitgemacht, Bilder berühmter Generale aus jener Zeit, die er persönlich gekannt.

»O Gott, was bin ich denn,« rief er plötzlich laut aus, »daß ich mit Einemmale finde, daß dies das Zimmer eines alten Mannes ist? Diese Männer sind meine Zeitgenossen, und drüben das Kind kennt sie kaum noch dem Namen nach!«

Vor ihm stand eine goldne Tabatiere, er gebrauchte sie nicht mehr, denn Adelgunde hatte ihn verwundert gefragt: »Warum schnupfen Sie denn? Ist das so angenehm?« Jetzt schob er sie in den Papierkorb, um sie nur nicht mehr zu sehen.

»Was soll das werden?« brach er endlich aus; »ich bin beinahe sieben und fünfzig, sie siebzehn Jahre alt – als sie geboren wurde, war ich schon nicht mehr jung – vierzig Jahre war ich schon alt, und ich liebe sie, ja ich liebe sie wie wahnsinnig, ich habe keinen andern Gedanken mehr – und sie, sie verehrt mich! Wenn sie mich haßte, das wäre besser – aber ich habe den schlimmsten, unüberwindlichsten Fehler, ich bin alt! ich bin ein Greis! ich könnte längst Großvater, ja ihr Großvater sein! Wenn ich um Liebe flehe, wird mir das Schlimmste geantwortet: Zu spät!«

Er stand auf, er trat vor den Spiegel. Wenn ein alter Geck sich in ein junges Mädchen verliebt, so verjüngt ihn das. Er kleidet sich dann sorgfältiger, er lächelt, er ist froh in der Hoffnung, ja in der Ueberzeugung, über alle jüngeren Nebenbuhler zu siegen, und der Ausdruck dieser Sicherheit verjüngt ihn auch wirklich.

Liebt aber ein bedeutender alter Mann ein junges Weib, so liegt für ihn in dem Gedanken des Unpassenden seiner Neigung etwas Drückendes, Entmuthigendes. Die ruhige Heiterkeit des älteren Mannes verläßt ihn nur, um einer quälenden Scham, einer haltlosen Verlegenheit Platz zu machen. Diese ungewohnte Empfindung aber beraubt ihn des letzten Restes jugendlicher Heiterkeit, seine Gesundheit wird erschüttert, und er erscheint deshalb älter als früher, wo er nichts war als ein heiterer alter Herr; jetzt ist er ein unglücklicher alter Mann – und als solcher sah sich auch Cosmus jetzt im Spiegel.

Wo Leidenschaft und Vernunft im Streite liegen, siegt gewöhnlich die erstere, denn sonst wäre es ja keine Leidenschaft – durch diesen Sieg legitimirt sie sich erst als solche. Das war auch der Fall bei Cosmus – noch vierzehn Tage unglaubliche Leiden, zerstörende Kämpfe – und er unterlag.

Bleich, zitternd trat er in das Zimmer des jungen Mädchens, die ihn freundlich, anmuthig, ahnungslos wie immer empfing. Sie reichte ihm auch jetzt, wie immer, wenn er bei ihr eintrat, ihre weiße Hand. Aber diesmal nahm er sie nicht. Auch den Stuhl, den sie ihm bot, nahm er nicht. Er blieb vor ihr stehen, vor ihr, die verlegen über dieses ungewöhnliche Benehmen ihres Beschützers ihn schüchtern anblickte.

»Ich habe Ihnen etwas zu sagen, Adelgunde.«

»Befehlen Sie.«

»Sie ahnen nicht, was es ist – nein – denn es ist Wahnsinn! Und doch müssen Sie ja sagen.«

»Sie machen mich lächeln. Was kann mein edler Freund von mir verlangen, worauf ich nicht mit tausend Freuden ja sagte und abermals ja, froh, mich Ihnen ergeben zu zeigen?«

»Ja, ergeben, Adelgunde: das ist das rechte Wort! Das ist das Wort, nicht verletzend für Sie, nicht lächerlich für mich. Sie sollen mir ergeben sein!«

»Das bin ich ja, mit Leib und Seele.«

»Mit Leib und Seele! O Gott, sie ahnt nichts. Nein, Adelgunde, schütteln Sie nicht den Kopf, es ist etwas zu Ungeheures, Entsetzliches. Sie – sehen Sie mich wohl an, ich bin sechs und fünfzig Jahre alt. Sie siebzehn – also beinahe vierzig Jahre jünger als ich, und dennoch bin ich wahnsinnig, ja gottlos genug, Sie um Ihre Hand zu bitten.«

»Was wollen Sie?« frug zitternd Adelgunde.

»Sie sollen mich heirathen. Hast Du mich nun verstanden, Du armes Kind? Ja, verhülle nur Dein schuldlos Antlitz, weine nur, aber laut mußt Du weinen, vielleicht schämt sich dann der alte böse Mann, und läßt Dich Deine Freiheit, Deine Schönheit, Deine Jugend unverkümmert genießen.«

Cosmus drückte halb bewußtlos seine glühende Stirne an die Fensterscheiben, und biß sich die Lippe blutig in Scham und Reue um dessentwillen, was er doch nicht lassen konnte. Adelgunde saß mit verhülltem Antlitz einige Schritte von ihm, und weinte still, wie jedes unschuldige Kind an ihrer Stelle gethan haben würde.

Cosmus wandte sich und ging nach der Thüre; als er sie schon mit der Hand berührte, sprang Adelgunde auf, faßte den Zipfel seines Kleides, und sagte schluchzend:

»Nein – so dürfen Sie nicht von mir gehen – so nicht. Sie dürfen um meinetwillen nicht unglücklich sein. Wenn Sie mich lieben, wenn es Ihr Leben verschönert, so kann ich Ihre Frau werden eher als die eines Andern, denn Sie liebe ich doch am meisten auf der Welt.«

Als Ingram mit plötzlich leuchtenden Augen ihre Hände fassen wollte, sagte sie mit einem kleinen, nicht ganz zu unterdrückenden Schauder: »Am liebsten hätte ich freilich gar nicht geheirathet!«

»O Adelgunde! Prüfe Dein Herz, ist es Dir so gar entsetzlich – so gar furchtbar, einem alten Manne an den Altar zu folgen?«

»Nein, nein! haben mich nicht Diejenigen, die über mich zu gebieten haben, an dem Altar Ihres Hauses niedergelegt? – Ja,« rief sie mit plötzlich aufflammender Begeisterung: »diesen Altar will ich hüten!«

Cosmus wagte nicht, das junge Mädchen, die wie eine Heilige – und rein wie eine Heilige war sie auch – vor ihm stand, zu berühren. Er beugte nur das Haupt in Ehrfurcht vor ihr, als er sie verließ.


Viertes Kapitel.

Lothar.

Adelgunde war nun die Verlobte des Freiherrn, aber es wußte es Niemand auf Erden als sie und ihr künftiger Gemahl. Beide waren sich in dem Wunsche, ihre Verbindung geheim zu halten, begegnet. Von dem glücklichen Stolze anderer Brautpaare, womit diese aller Welt nicht früh genug ihre Verbindung verkündigen können, fühlten Beide natürlich nichts. Cosmus wollte durch eine besondere Erlaubniß des Landesherrn sich über alle gerichtlichen und kirchlichen Förmlichkeiten vor der Trauung wegsetzen, nach diesem Akte aber mit der jungen Frau eine weite Reise antreten, wo sie sich dann an ihn gewöhnen sollte, wie er hoffte. Er wollte langsam und bescheiden ihre Neigung gewinnen, sei ritterlicher Sinn ließ keine andere Möglichkeit zu.

Er führte seine junge bleiche Braut am Arme durch die große Kastanienallee des Schlossgartens. Sie sprach mit milder Heiterkeit, einem Hauptzuge ihres Wesens, von ihrem stillen Leben im Kloster und in welcher Unkenntniß der weltlichen Verhältnisse sie dort aufgewachsen:

»Die Nonnen erzählten uns natürlich nichts oder wenig von der Welt, und die Pensionärinnen, die von draußen zu uns kamen, waren noch immer vollständige Kinder und wußten wenig mehr als wir. Eines erinnere ich mich noch, denn es machte große Epoche in unserem Leben – trotz Kloster und Clausur drang eine Liebesgeschichte zu unseren Ohren, und zwar war im Kloster selbst die Veranlassung dazu.

Es hatte früher dem Orden der Clarissinn zugehört, und eine Menge Leichensteine zeigten noch, wo diese Armen, die unter so strenger Regel gelebt, nun im Tode ruhten. Ein Stein in der Kirchhofsmauer erregte besonders unser Mitleid. Es war das Grabmal einer lebendig Eingemauerten, wie uns eine Laienschwester sagte. Als in kindischer Neugier nach ihrem Vergehen frugen, sagte man uns im Anfang nur, sie habe gegen die Regel des Ordens gesündigt. Später aber, ich war damals schon vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, sagte uns eine Pensionärin, die ungewöhnlich spät noch aus besondern Rücksichten aufgenommen worden – sie war schon dreizehn Jahre alt – jene Nonne sei eingemauert worden zur Strafe, daß sie einen Edelmann geliebt.

›Aber man soll ja alle Menschen lieben,‹ riefen wir Klosterkinder im Chor.

›Davon versteht Ihr nichts,‹ versetzte schnippisch die Neuangekommene, obgleich wir sämmtlich viel älter waren als sie. ›Lieben und Lieben – das ist ein großer Unterschied.‹

›Welcher?‹ frugen wir mit dem größten Respect.

›Nun, die eine Liebe ist die, welche man uns befiehlt, die andere ist die, welche man uns verbietet.‹

Mit dieser Erklärung waren wir nicht zufrieden, und nur einige angeführte Beispiele von jungen Mädchen, die gegen den Willen der Eltern ihr Haus verlassen, um einem Fremden zu folgen, den sie, aber nicht die Eltern liebten, vermochten uns die Sache deutlich zu machen.

Dieses Mädchen wußte uns eine Menge Geschichten ganz neuer Art zu erzählen, von unglücklichen Ehen, Entführungen, Verkleidungen, die wir alle mit offenem Munde anhörten. Denn unsere Begriffe gingen bis jetzt nur zu einer glücklichen, durch den Segen der Eltern geheiligten Ehe, wie die Nonnen uns die unsrer Eltern geschildert, wenn einmal unsre Fragen unumgänglich die Rede darauf brachten.

Die ›Neue‹ – denn so hieß immer die zuletzt Gekommene, bis wieder eine Andere kam – die Neue hatte sogar einige Romane eingeschmuggelt, von Frau von Genlis, Madame Cottin, sowie einige Mährchenbücher. Die gingen nun um die Reihe nach – ja aus diesen Romanen stammt alle meine Welt- und Menschenkenntniß,« setzte Adelgunde mit dem ihr eigenen anmuthigen Lächeln hinzu.

Ingram sah sie gerührt an, er schwur sich innerlich, diese reine Unschuld zu hüten, diese weiße Perle in Gold und Edelstein zu fassen, und kein unedles Metall, keinen rauhen Stoff in ihre Nähe zu bringen. Alles um sie, so träumte er, sollte schön und edel, anmuthig und harmonisch sein, nichts sollte ihr Auge, nichts ihr Ohr verletzen.

Denselben Abend schrieb er noch an seinen Sohn. Er sollte kommen, Adelgunden kennen lernen, dann wollte ihm der Vater mittheilen, wozu er sie erlesen. »Aber wie,« sagte er, im Schreiben innehaltend, »wenn nun Lothar sich in sie, oder, was für mich eben so traurig wäre, wenn sich Adelgunde in ihn verlieben sollte – besser, ihm meine Verlobung gleich bei seiner Ankunft mittheilen. – Nein, nein, ich will das Schicksal walten lassen, mag es entscheiden, wem sie gehören soll; meinem eignen Sohne will ich diese Braut, die Lieblichste ihres Geschlechtes, nicht vorenthalten, da vielleicht der Himmel sie ihm bestimmt.«

Einige Tage später kam der Student an. Ein schöner, rothwangiger Jüngling mit großen dunkelblauen Augen; hellbraune Locken flogen um seine breiten kräftigen Schultern, und er war eine Handbreit größer als sein Vater.

Bei Tische wurde er Adelgunden vorgestellt. Ihre Schönheit machte offenbar einen großen Eindruck auf ihn. Er starrte sie unverwandt während der Mahlzeit an. Sie selbst war schüchtern wie immer, noch schüchterner wie immer.

Nach Tische erzählte Cosmus seinem Sohne, wie sie in das Haus gekommen.

»Das ist also so eine Art großes Findelkind,« lachte der junge Mann – »nun, ein solches Findelkind läßt sich Jeder von uns gefallen!«

Der Freiherr zog die Augenbrauen zusammen.

»Mache keine schlechten Spässe, Lothar, das Mädchen ist ein Engel.«

»Ach, Papa, wer kann das wissen. Vielleicht eine listige Betrügerin, die sich in Ihr Testament einschleichen will.«

»Er verdient sie nicht,« sagte Cosmus zu sich selbst.

»Die mag von schöner Herkunft sein,« fuhr sein Sohn fort.

»Sicher,« sagte Ingram mit einer gewissen Heftigkeit, »sicher ist sie von einer schönen und guten Herkunft, darüber täusche ich mich nicht.«

»Sonderbar, Papa,« lachte der Sohn, »daß Sie diesesmal weniger vornehm-mißtrauisch, weniger aristokratisch-exclusiv sind, als ich. Und vor einiger Zeit noch, als mich mehrere meiner Freunde nach Ihnen frugen, war ich gottlos genug zu sagen: ›Mein Papa wäre ein vortrefflicher Man, wenn er nur nicht so ein Erzaristokrat wäre!«

»Warum glaubst Du das von mir?« frug Cosmus in jener nachsichtsvollen Güte, die Eltern so häufig einzigen Kindern gegenüber entwickeln.

»Weil Sie so strenge gegen die Tante waren,« versetzte Lothar ernst und etwas vorwurfsvoll.

»Hast Du von ihr gehört?«

»Nein – an mich hat sie sich ja überhaupt noch nie gewandt. Ich hätte dann auch für die einzige Schwester meines Vaters gethan, was in meinen Kräften stand.«

Der Freiherr antwortete nicht, sondern ging mit verschränkten Armen und düsterer Stirne im Zimmer auf und ab.

Die Geschichte dieser Schwester, Rosaliens von Ingram, war der wunde Fleck des freiherrlichen Hauses. Sehr schön, sehr jung und sehr unerfahren, und schwärmerisch, wie man es in dem Alter von sechzehn Jahren ist, hatte sich ihre unbeschäftigte Phantasie darin gefallen, eine Leidenschaft für den ersten Liebhaber einer herumziehenden Schauspielertruppe in sich auszubilden. Sie entfloh mit ihm nach einer Vorstellung, wo er im Schlosse den Karl Moor in den Räubern gespielt.

Das junge Paar, obgleich aller Bestechungsmittel beraubt, fand dennoch einen Geistlichen, der sie traute. Rosalie trat nun zuerst in's Leben. Sie machte da manche schmerzliche Erfahrung, die allerschmerzlichste war ihr aber, daß ihr Mann ein schlechter Schauspieler war.

Diese Entdeckung machte sie bei der ersten großen Bühne, wo sie wirkliche Künstler sah. Sie schrieb an ihren Bruder und bat ihn um Verzeihung. Da er viel älter war als sie, so hatten seine Eltern ihn bei ihrem Tode zum Vormund seiner Schwester ernannt; er hatte also ihr ganzes Vermögen in Händen, was aber nicht bedeutend war, da in der Familie beinahe alles zum Majorat gehörte und sein Eigenthum war. Er antwortete ihr nicht selbst, sondern ließ ihr nur durch ihre ehemalige Gouvernante ihren Trauschein abfordern. Als er diesen erhalten, schickte er ihr blos eine Anweisung, um ihr Erbtheil bei einem Banquier zu erheben. Kurze Zeit darauf verheirathete er sich.

Zu seiner Ehre wollen wir glauben, daß zuweilen ein Gefühl von Reue über sein Benehmen gegen die Schwester sein stolzes Herz beschlich, und nur die Scham, unconsequent zu erscheinen, ihn abhielt, seinen Fehler gut zu machen.

So hart wie Herr von Ingram jetzt handelte, haben vor ihm und nach ihm viele eben so edle Männer gegen Frauen gehandelt. Wenn einer ihres Geschlechtes einer leichtsinnigen Tänzerin nachläuft und ihr vielleicht sein Vermögen zum Opfer bringt, so lächeln sie nur über dieses cavaliermäßige Betragen. Wenn aber ein unerfahrenes Mädchen, so unerfahren wie nie ein Mann ist, einem Unwürdigen, oft nur einem niedrig gebornen Mann ihre Stellung und ihre Existenz aus wirklicher Leidenschaft zum Opfer bringt, so verdammen sie diese ohne Mitleid! Ueberhaupt sind es ja nicht die Gerechten und Schuldlosen, welche die Steine auf die Schuldigen schleudern! So ist es auch in der Frauenwelt selbst, die schärfsten Zungen gehören da nicht den Reinsten!

Rosalie hatte, seitdem sie ihr Vermögen erhalten, nur den Empfang durch ihre Unterschrift bescheinigt und dann nicht wieder geschrieben. In ihrem ersten Briefe hatte das arme Kind allen Schmerz, alle Reue, alle Liebe ihres jungen Herzens dem Bruder zu Füßen gelegt – zum zweiten Male konnte sie das nicht. Cosmus erfuhr nichts mehr von ihr. Zufällig hörte er, daß ihr Gatte seine Gastspiele mehreren bedeutenden Bühnen angetragen, aber von diesen wegen seines Mangels an Talent, abgewiesen worden. Er war weiter nichts, als ein schöner Mann.

Vor zwanzig Jahren hatte Cosmus Schwester sein Haus verlassen, und jetzt stand ihm durch Lothar's Mahnung der letzte Tag ihrer Anwesenheit so lebendig vor Augen, als wäre es gestern gewesen.

Lothar hatte für die Tante, die er nie gesehen, eine jugendlich schwärmerische Zuneigung, er rechnete aus, daß sie jetzt erst sechs und dreißig Jahre alt sein konnte, denn sie war zwanzig Jahre jünger als sein Vater. Sie war vielleicht noch eine schöne Frau, o wenn er ihren Aufenthalt gewußt, er würde zu ihr geeilt sein und sich zu ihrem Ritter aufgeworfen haben. Ein schönes Miniaturbild von ihr hatte er aus dem Schranke seines Vaters heimlich zu sich genommen, und war förmlich verliebt in dies schöne blonde Gesicht. Von seiner Kindheit an hatte er ohnedem für Blondinen geschwärmt.

Dies, kindisch wie er nun einmal war, konnte vielleicht auch die Ursache sein, weshalb er, bei gerechter Anerkennung von Adelgundens großer Schönheit, sich doch im Anfange nicht so von ihr angezogen fühlte, wie dies außerdem natürlich gewesen wäre. Denn Adelgunde besaß einen hinreißenden Zauber, eine Anmuth und Lieblichkeit, wie sie vielleicht unter vieltausend Frauen nur Einer zu Theil wird. Doch Lothar entzog sich am Ende mit seinen achtzehn Jahren eben so wenig diesem Zauber, wie sein Vater mit seinen sechs und fünfzig Jahren.

Als er acht Tage zu Hause war, sagte er nach Tisch zu seinem Vater: »Es ist sonderbar, wie Adelgundens Schönheit Einem jeden Tag mehr in die Augen sticht; sie ist doch das schönste Frauenzimmer, das ich in meinem Leben gesehen – und eine Stimme hat sie, ein Organ – schade, daß sie nicht immer singt und spricht!«

»Meinst Du?« sagte Cosmus, indem er lächelte.

Es war gut, daß Lothar noch kein Menschenkenner war, sonst wäre ihm aus dem Lächeln seines Vaters viel, sehr viel klar geworden.

»Wie gefällt Ihnen mein Sohn, liebe Adelgunde?« frug der Freiherr an demselben Abend das junge Mädchen.

Sie wurde verlegen. »Ich habe so wenig Urtheil,« sagte sie stockend, »Sie und Ihr Herr Sohn sind außer den Geistlichen im Kloster die einzigen Herrn, die ich kenne, aber ich bin fest überzeugt, daß Baron Lothar verdient, Ihr Sohn zu sein.«

»Eine sehr diplomatische Antwort,« sagte Cosmus etwas gereizt.

»Ich verstehe Sie nicht, Herr Baron; was heißt das: ›diplomatisch‹?«

Cosmus lachte und erklärte es ihr. Diese häufig vorkommende Unkenntniß der in der Welt so gebräuchlichen Worte verlieh Adelgunden in seinen Augen immer noch einen Reiz mehr. Ueberhaupt ihre fabelhafte Unkenntniß und Unerfahrenheit. Sie kam ihm vor wie ein frischer, eben erst dem Felsen entsprungener Waldbach, den noch kein Sonnenstrahl geküßt.

»Können Sie sich denken, Adelgunde,« fuhr Cosmus mit unendlicher Ueberwindung fort– »können Sie sich denken, daß Sie diesen ›Baron Lothar,‹ wie Sie ihn immer nennen, bald ›Sohn‹ nennen sollen?«

»Nein, das kann ich nicht, das werde ich auch nicht können, und bitte, bestehen Sie nicht darauf. Lassen sie uns einander fremd bleiben, wie wir eben sind, oder vielmehr, da wir nicht Geschwister sein können, so erlassen Sie uns, zweien Menschen von gleichem Alter, das unnatürliche Verhältniß von Mutter und Sohn.«

»Sie haben mein Urtheil gesprochen, Adelgunde!«

»Ihr Urtheil, wie so?«

Aber Cosmus hörte sie schon nicht mehr, er hatte sich rasch entfernt.

Die nächsten Tage bekam ihn Adelgunde nicht zu sehen. Er war nach der Residenz gereist und hatte Lothar mitgenommen. Adelgunde war allein im Schlosse, sie schrieb da in ihr Tagebuch:

»Wie liebe ich Dich und lerne Dich verstehen, Du altes, schönes Schloß, seitdem wir allein und ungestört mit einander leben. Heimathlich umfängst Du die Heimathlose und erzählst ihr lockende Mährchen, und sie selbst dünkt sich eine verzauberte Prinzessin. Ihr heißester Wunsch ist, daß ihre Wiege in Deinen Räumen gestanden, daß sie hier ein Kind wäre, o Gott! ein Kind des Hauses!«


Fünftes Kapitel.

Die Trauung.

Cosmus und Lothar kamen zurück, beide blässer, beide schmäler als sie gegangen. Adelgunde aber war in der Zeit der Trennung blühender geworden – sie stand wie eine Rosenknospe zwischen dem blassen Jüngling, dem blassen älteren Mann.

»In acht Tagen ist die Trauung,« flüsterte ihr Cosmus im ersten Augenblicke unbeobachteten Zusammenseins zu.

»Weiß es Lothar?« frug Adelgunde statt aller Antwort.

»Warum diese Frage?«

»Weil er mir heute gesagt hat, er werde morgen oder übermorgen abreisen.«

»Das hat er Ihnen gesagt?« rief auf's Höchste erstaunt Cosmus aus – »das hat er Ihnen gesagt, und mir, seinem Vater, keine Sylbe!«n

»Er fürchtete wohl, Ihnen wehe zu thun wollte vielleicht ohne Abschied gehen,« erklärte Adelgunde mit einer Ruhe, die Cosmus mit all' seiner Menschenkenntniß dies Mädchen zum tiefen Räthsel machte.

Lothar durfte nicht abreisen, sein Vater bewog ihn zu bleiben, was ihm um so leichter glückte, da der junge Mann von der Verlobung mit Adelgunde nichts ahnte.

Sie blieb sich durchaus gleich in ihrem ganzen Wesen: sanft, gefällig, heiter und lieblich wie immer.

Lothar sah sie nur bei den Mahlzeiten, und da betrug er sich oft so sonderbar, daß sein Vater kopfschüttelnd ihn betrachtete. Er hatte ganz und gar das innere Gleichgewicht verloren; die erste Liebe verdreht ja gewöhnlich jungen Männern den Kopf. Die erste Liebe des Mannes hat etwas von dem ausschließlichen Hingeben der weiblichen Liebe. Ein Jüngling, der zum ersten Male liebt, thut auch nichts Anderes daneben, während er später als Mann noch hundert andere Dinge dabei treibt, selbst – eine zweite Liebe.

Lothar war jetzt oft ausgelassen lustig; je gleichmäßiger Adelgunde sich benahm, desto ungleicher und kindischer wurde sein Benehmen. Wenn sie ihn zufällig eine Weile nicht angesehen, stieß er seinen Stuhl zurück und verließ das Zimmer, und bald darauf hörte man ihn wie rasend auf seinem Pferde vom Hofe jagen; oder wenn sie, in ein Gespräch mit seinem Vater vertieft, ihn bei seinem Eintritte in's Zimmer nicht gleich beachtete, war er im Stande, ihr die bittersten, für sie ganz unverständlichen Vorwürfe zu machen, daß selbst sein Vater ihm einen Verweis in Adelgundens Gegenwart nicht ersparen konnte. Noch etwas störte sie bei ihm, woran er aber eigentlich unschuldig war: seine Gespensterfurcht nämlich. In diesem Punkt war er wie eine Pensionärin. Um keinen Preis der Welt wäre er allein des Abends in die Capelle gegangen, und er glaubte fest an die Erscheinungen der Ahnfrau, so wie jedes anderen Gespenstes, von dem man ihm erzählte. Bei Adelgundens klarer, vernünftiger Einsicht konnte dies nur den kindischen, unmännlichen Eindruck vermehren, den sie ohnedies von ihm empfangen.

So kam denn, ohne daß er es ahnte, Adelgundens Hochzeitstag heran. Der Freiherr hatte eine große Gesellschaft bitten lassen, worüber sich Adelgunde sehr wunderte, da er ihr früher gesagt, er werde in aller Stille sich mit ihr trauen lassen. Niemand der Geladenen wußte aber, welches Fest im Schlosse sollte begangen werden, man erwartete nur einen ländlichen Ball. Adelgunde erschien ganz zuletzt unter den Gästen in einem einfachen Mousselin-Kleide, den Myrthenkranz in ihrem reichen Haar. Als sie eingetreten, nahm Cosmus sie bei der Hand und stellte sie der Gesellschaft als die Braut seines Sohnes vor.

Adelgunde sah ihn blaß und erschrocken an, als verstehe sie ihn nicht. Lothar aber blickte mit leuchtenden Augen auf die Gesellschaft, und man las darin die Frage: »Hat noch Jemand eine so schöne Braut wie ich?«

Der Freiherr fuhr, gegen die Gäste gewendet, fort: »Ein Hand-Billet unseres Fürsten ermächtigt den Geistlichen, ohne Weiteres die beiden Kinder zu trauen, was deshalb diesen Abend noch geschehen soll.«

»Ich muß Sie allein sprechen,« sagte nun Adelgunde mit zitternder Stimme, indem sie des Freiherrn Hand fester faßte.

»Das Fräulein ist unwohl,« versetzte er rasch, indem er Adelgunden zum Saal hinausführte. Auf ihrem Zimmer brach sie in Schluchzen aus.

»Um des Erbarmens willen, was haben Sie gethan? Ihnen habe ich meine Hand zugesagt, und Sie schleudern sie ohne mich zu fragen Ihrem Sohne zum Erbtheil zu, als wäre sie ein Theil des Inventars dieses Hauses!«

»So lieben Sie Lothar nicht?«

»Nein! nein, wie konnten Sie das glauben? Wie kann ich diesen kindischen, zornigen, tollen Menschen lieben? Verzeihen Sie, es ist Ihr einziger Sohn, und vielleicht wird er noch eines Tages ein ganz vernünftiger Mann, jetzt aber ist er ein Kind. Ihnen wollte ich mit Freuden meine Hand reichen, ich hatte mich an den mir Anfangs so fremden Gedanken längst gewöhnt, und nun, o Gott!« – Sie brach in Thränen aus und konnte nicht fortfahren.

Cosmus stand stumm, wie ein Träumender vor ihr. »Ist das möglich,« dachte er immerwährend, ist das möglich, daß sie mich meinem schönen, jungen, achtzehnjährigen Sohne wirklich vorzieht?«

»Sagen Sie mir nur,« jammerte Adelgunde auf's Neue, »warum Sie, wenn Sie auch mich zu Ihrer Tochter machen wollten, die Sache so beeilen mußten? Warum schoben Sie es nicht auf mehrere Jahre hinaus, wie es bei der Jugend Lothar's so natürlich gewesen?«

»Weil ich Sie liebte!« rief Cosmus leidenschaftlich. »Als die Frau meines Sohnes, als meine Tochter wurden Sie mir heilig, und ich konnte hoffen, mein widerspenstiges Herz Ihnen mit väterlicher Liebe sich zuneigen zu sehen; so aber – als seine Geliebte nur – waren Sie mir zu gefährlich – ich fühlte, ich mußte Sie auf ewig von mir trennen, oder auf ewig mit mir verbinden – anderes ertrug ich nicht.«

Beide standen stumm, rathlos einander gegenüber; endlich sagte Cosmus:

»Ich will zu Lothar.«

Nach einer Viertelstunde kam er wieder. »Da ist nichts zu machen, Adelgunde, der ist wie rasend. Als ich ihm sagte, ich habe irrthümlich an Ihre Liebe zu ihm geglaubt und deshalb einen großen Fehler begangen, wurde er wie wahnsinnig, er schwört, sich noch diese Nacht zu tödten, wenn Sie nicht ihm heute Abend angetraut werden, wie ich ihm vor aller Welt versprochen. Werde hingegen die Trauung vollzogen, so gelobt er, eine Stunde nachher schon auf dem Wege nach der Universitätsstadt zurück zu sein, um erst in zwei Jahren wiederzukehren, da ich ihm gesagt, daß Ihre Haupteinwendung seine große Jugend sei – ebenso sein kindisches Benehmen, daß er aber in seinem zwanzigsten Jahre, was er jetzt für ein hohes Alter hält, gewiß abgelegt zu haben glaubt. Schlagen Sie ein, Adelgunde, ich stehe Ihnen dafür, daß mein Sohn ein tüchtiger Mann wird, sobald er das Alter dazu hat – es steckt mehr in dem Jungen, als Sie glauben – machen Sie mich nicht unglücklich, bringen Sie mich nicht um mein einziges Kind!«

Adelgunde war siebzehn Jahre alt, hatte also noch all' den Respect vor den Todtschießungs-Vorsätzen der jungen Leute, den alle unerfahrenen Mädchen haben. Man muß älter sein, um zu wissen, daß es sich damit eben so verhält, wie mit dem Nie-wieder-lieben- wollen der jungen Mädchen, wenn sie von ihrer ersten Liebe, einem Studenten oder Fähnrich, vergessen wurden. Adelgunde glaubte also, Lothar werde sich erschießen, und edel und wahr und einfach, wie sie war, zauderte sie keinen Augenblick, dem Freiherrn ihr Jawort zu geben. Ueberdem hatte sie zwei Jahre Zeit, und zwei Jahre sind für junge Leute eine Ewigkeit, an deren Ende sie kaum glauben.

Sie wurde also mit Lothar getraut, in derselben Capelle, wo man sie gefunden. Zitternd sprach sie die Worte der ewigen Treue, und eine Centnerlast fiel mit dem Jawort auf ihr junges, bis jetzt so leichtes Herz. Ihr Gemahl stand neben ihr wie ein junger Gott: schön, stolz, strahlend von Glück.

Dann ging man zum Nachtessen, und mit den Gästen zugleich setzte der junge Ehemann sich in den Wagen, nachdem er mit Siegermuth die erbleichende und dann wieder erröthende Wange seiner jungen Frau geküßt.

Als er fort war, waren eigentlich alle Theile ziemlich zufrieden. Adelgunde legte gottvertrauend, im Gefühle, mit ihrem Theuersten, ihrer Freiheit, die Gastfreundschaft dieses Hauses vergolten zu haben, ihr rundes Haupt auf ihr Kissen, und schlummerte ein wie immer, mit einem Gebet auf den Lippen.

Der Freiherr war froh, sein Kleinod unter seinem Schutze noch zwei Jahre sicher zu besitzen – wenn auch als Tochter. Lothar schwärmte im Wagen von Plänen, wie er am besten männlichen Sinn und ernstes Benehmen vor seiner jungen Gemahlin an den Tag lege – wie wollte er sich auszeichnen, wie ihre Achtung erringen! Die ganze Welt sollte ihn nennen und kennen, und sie sollte stolz sein, ihm anzugehören und beschämt vor ihm das Haupt beugen, das schöne Haupt, das ihn im Traume noch umgaukelte.


Sechstes Kapitel.

Das Bild.

Sieben Vierteljahre waren seitdem verflossen, und Lothar hatte sein zwanzigstes Jahr erreicht. Sein Aeußeres erschien seitdem ungemein verändert. Aus einem bildhübschen Jünglinge war ein schöner Mann geworden. Er sah jetzt viel älter aus, als er war, doch lag dies mehr in dem Ausdruck seines Gesichts, als in den Zügen selbst. Er hatte in dieser Zeit viel gelernt in jeder Beziehung, und sein Examen glänzend bestanden. Seine übrigen Pläne, berühmt zu werden und dergleichen, hatte er aufgegeben; so jung er war, so sah er doch ein, daß dazu etwas mehr oder weniger gehöre, als er besaß – Genie oder Charlatanerie.

Obgleich sein Character und seine ganze Geistesrichtung originell und ursprünglich, ja oft sogar genial waren, so besaß er doch keinen schöpferischen Geist, mußte sich also begnügen, ein Mensch zu sein, ohne Aussicht je ein Gott, ein Held oder ein Don Quixote zu werden. Wenn er auch viele Eigenheiten und Schwächen, wie jeder liebenswürdige Mensch, besaß, so war er doch für seine Jugend ungewöhnlich klar und ausgebildet. Eine seiner ärgsten Schwächen war noch immer die Gespensterfurcht, und zahllose Duelle mußten diese schwache Seite seines moralischen Muthes zudecken, um in den Augen der andern jungen Leute seinen männlichen Character zu rehabilitiren. Seine Wärterin, eine alte Französin, die im Geisterreiche förmlich zu Hause war und schauerliche, haarsträubende Geschichten nur so aus dem Aermel geschüttelt, hatte wohl den ersten Grund zu dieser Eigenschaft gelegt, denn sie stand außerdem in gar keiner Verbindung mit seinem Wesen, das so einfach und unverschroben war, wie Justinus Kerner's ustinus Kerner (1786-1862), deutscher Arzt, medizinischer Schriftsteller und Dichter. Im Lauf seiner medizinischen und schriftstellerischen Betätigung hatte sich Kerner auch spiritistischen, okkultistischen und somnambulistischen Fragen zugewandt. So nahm er z.B. die populäre Seherin von Prevorst, Friederike Hauffe (1801-29), einige Zeit bei sich auf und veröffentlichte 1829 zwei Bücher über sie. Wesen, der doch an seine Geister mit einer Andacht glaubt, die jeder vernünftigen Einrede bei dem außerdem so vernünftigen Manne spottet.

Lothar hatte eine freundliche, angenehme Wohnung; der Eingang zu seinen Zimmern war durch einen kleinen Garten; er hatte dies so einrichten lassen, da er seiner Studien wegen, die durchaus im Laufe der beiden Jahre beschlossen sein sollten, nicht die Stadt verlassen wollte, und doch aus alter Knabengewohnheit grüne Bäume nicht missen konnte.

Obgleich es heute ein ziemlich kühler Abend war, standen die Thüren seines Zimmers dennoch weit offen; er selbst saß im Luftzuge in einem weiten Sessel und rauchte eine Cigarre; dabei dachte er an seine junge Frau. Ein sonderbarer Wechsel war seitdem in seinen Gefühlen eingetreten. Er liebte Adelgunden noch, aber nur mit halber Seele, es war, als hätte diese Neigung sein Wesen in zwei Theile gespalten. Der eine Theil dachte und philosophirte gleichgültig über den andern, und war förmlich neugierig, wie jener sich bei dem Wiederseh'n mit seiner Liebe benehmen werde – aus der Leidenschaft war eben eine gewöhnliche männliche Neigung geworden, eine bewußte, kritisirende, berechnende.

Es ist nicht gut, wenn man lange getrennt von dem Gegenstande seiner Liebe lebt; man sieht dann ein, daß man auch ohne diesen Gegenstand das Dasein ertragen, ja zuweilen sogar die Geliebte auf Augenblicke ganz und gar vergessen kann. Es liegt ja im menschlichen Character eine bodenlose Vergeßlichkeit, ein unbegreiflicher Leichtsinn – wie könnte man sonst das Sicherste, Unabweisbarste, Traurigste, den Tod, so ganz und gar vergessen, wie wir es beinahe Alle thun?

Lothar dachte eben an den Tod, nicht an den seinigen, aber an den seines Vaters, und wie sehr er ihn vermissen werde, als ein heftiger Schlag gegen das ihm zunächst gelegene geschlossene Fenster erfolgte. Lothar war beinahe in demselben Augenblicke zur offenen Thüre hinaus gestürzt: im Garten sah er nichts, nur meinte er einen weißen Schleier im nächsten Gebüsch flattern zu sehen, aber auch dies war nichts, als er näher hinzutrat. Er durchschritt den ganzen kleinen Garten, den das helle Mondlicht größer und schöner erscheinen ließ; er begegnete Niemanden, keinem lebendigen Wesen, und die Pforte war verschlossen. Aufgeregt und verwirrt kehrte er in sein Zimmer zurück und schellte seinem Bedienten, der die Mansarden über seinen Zimmern bewohnte. Dieser erklärte auf Lothar's Fragen, nichts gehört zu haben; dies beruhigte aber seinen jungen Herrn keineswegs er war überzeugt, der Schlag an's Fenster sei die Geistermeldung irgend eines ihn betreffenden traurigen Ereignisses gewesen.

Am folgenden Morgen erhielt er einen Brief von seinem Vater, worin ihm dieser schrieb, Adelgunde sei tödtlich krank gewesen, ein Nervenfieber habe gedroht, sie ihnen zu entreißen: nun, da die Gefahr glücklich vorüber, wolle er ihm erst Kunde von dem Unglücke geben. Lothar beschloß darauf, sogleich nach Hause zu reisen, er hielt es unter diesen Verhältnissen für unnöthig, die zwei Jahre auszuhalten; überdem fehlten ja nur noch einige Monate daran. Sein Geisterglaube aber war durch dies zufällige Eintreffen eines traurigen Ereignisses wieder um ein gutes Theil fester gewurzelt.

Als er im Schlosse ankam, war sein Vater gerade ausgegangen: er befand sich auf einem Spaziergange, um sich etwas zu erholen von der langen und mühsamen Pflege Adelgundens, für die er wie eine Mutter gesorgt.

Lothar erwartete seinen Vater auf dessen Zimmer, denn obgleich er hörte, daß Adelgunde sich wieder außerhalb des Bettes befinde, so wagte er doch nicht, so unvorbereitet bei der Kranken einzutreten. Die Zen wurde ihm lang; er machte es wie alle Wartenden, er besah sich die Bilder an der Wand, endlich blieben seine Blicke an dem verschleierten Bilde der Ahnfrau hängen.

»Warum mein Vater es mich nur bei meinem letzten Aufenthalte nicht sehen lassen wollte! Sonderbare Grille des alten Herrn!«

Er trat dicht an das Bild, er schob mit gewandter Hand die Ringe, die den Vorhang hielten, zurück, und das ihm aus seiner Kindheit her nur noch dunkel erinnerliche, schöne blasse Gesicht der längst verstorbenen Dame blickte ihn mit traurigen Augen an – es kam ihm jetzt bekannter vor, als ehemals, er wußte aber selbst nicht warum, und ein kleiner Schauder überkam ihn.

Da hörte er den Schritt seines Vaters und schob den Vorhang wieder vor das Bild. Cosmus war sehr überrascht, den Sohn zu sehen, aber freudig, denn er liebte ihn doch gleich Adelgunden, und bemerkte deshalb nicht das erschrockene Gesicht Lothar's, als dieser ihn ansichtig wurde. Cosmus war nämlich unglaublich verändert in der kurzen Zeit, er sah zum Erschrecken aus. Indem er Adelgunden seinem Sohne vermählte, und sie dennoch bei sich behielt, hatte er sich mehr zugemuthet, als er tragen konnte. Wenn in das Herz eines Mannes von seinem Alter eine Leidenschaft einkehrt, so zieht sie nur mit dem Leben wieder aus – und so schien es auch bei ihm der Fall zu sein. Glücklich, daß Lothar nichts von der Existenz dieser Leidenschaft wußte!

»Bitte, liebster Vater, führen Sie mich zu Adelgunden, oder geh'n Sie erst zu ihr und bereiten Sie sie auf mein Kommen vor.«

»Das will ich augenblicklich.«

Nach einer kleinen Viertelstunde kehrte er zurück und faßte Lothar's Hand. »Sei milde und sanft, mein Sohn, und rede leise bei dem kranken Engel!«

Das versprach Lothar, aber als sie eintraten und Adelgunde ihnen, bleich und angegriffen wie sie war, einige Schritte entgegen ging, fuhr er mit einem lauten Schreckensschrei zurück:

»Mein Gott, die Ahnfrau!« Und ohne sich von Cosmus halten zu lassen, stürzte er wieder zur Thüre hinaus.

»Was ist ihm?« frug zitternd und weinend vor Schreck Adelgunde.

Cosmus hielt es für das Beste, die Wahrheit zu sagen, die er errathen. »Es ist weiter nichts, als eine auffallende Aehnlichkeit, die Sie mit einem Bilde haben, welches sich in meinem Zimmer befindet, und die Ahnfrau unseres Hauses vorstellt. Als ich Sie das erste Mal sah, erging es mir eben so wie meinem Sohne.«

»Wie kam es denn, daß Lothar diese Aehnlichkeit nicht früher bemerkte?«

»Er hatte das Bild lange nicht gesehen, und heute vielleicht – ja gewiß, heute, als er wieder allein in meinem Zimmer war, hat er es betrachtet.«

Cosmus ging nun weg, um Lothar aufzusuchen; er fand ihn ganz außer sich.

»O, mein Vater – ist sie noch da?« rief er ihm entgegen und faßte in der höchsten Aufregung seine beiden Hände.

»Gewiß, und sie erwartet Dich. Komm mit mir und laß Dir nicht von dieser zufälligen Aehnlichkeit die heitere Laune stören – bedenke, es ist Deine Frau!«

»Meine Frau! nun und nimmermehr! Es ist irgend ein böser Spuk, ein Gespenst – die Ahnfrau selbst!«

Wäre Lothar nicht offenbar in Verzweiflung gewesen, sein Vater hätte sich über diese Behauptungen eines Lächelns nicht enthalten können.

»So bedenken Sie doch nur, Vater, wie dieses Wesen in ihr Haus kam. Man fand sie todtenähnlich, schlafend, in weißen Schleier gehüllt, am Fuße des Altars, in der verschlossenen Kirche – die Lichter brannten wie von Geisterhand angezündet, und sie selbst trägt unläugbar die Züge unserer vermoderten unglücklichen Ahnfrau, die jeder Bewohner dieses Schlosses schon bei Nachtzeit ruhelos umher irren sah – o mein geliebter Vater, gehen Sie nicht mehr hinüber zu diesem Wesen! Könnte ich Ihnen den Eindruck schildern, den ich eben von ihr empfing, wie sie bleich und gespensterähnlich, mit todtem Auge auf mich zuschwebte – wie Grabesluft wehte es mich an.«

»Lothar, Du bist wahrhaftig auf dem Wege verrückt zu werden! Adelgundens Anblick erschreckte Dich, aber Du mußt bedenken, daß das arme Kind eben erst von einer tödtlichen Krankheit erstanden ist, da kann man nicht blühend aussehen – hättest Du sie vor einem Vierteljahre gesehen!«

»Glauben Sie, was Sie wollen, mein Vater, ich kann keine Gemeinschaft mit dieser Adelgunde haben. Das Romantische, Abenteuerliche ihres Schicksals ist für mich zum Gespenstig-Schauerlichen geworden – ich könnte nie ihre Hand fassen – nein, mein Vater, lassen Sie mich wieder gehen, und am besten, gehen Sie selbst mit mir und lassen Sie dieses gespenstige Haus mit seinen Bewohnern hinter sich. Jetzt kann ich Ihnen nicht mehr verhehlen, was ich Ihnen Anfangs verschwieg, daß Sie außerordentlich übel aussehen und durchaus einer Erholung bedürfen.«

»Lothar, ist es möglich, daß mein Sohn so handeln kann und aus kindischem Aberglauben im Begriffe steht, ein edles weibliches Wesen dem Hohn und dem Spotte der Welt preiszugeben, indem er es verlassen will? Lothar, wenn Du das wirklich thun könntest, würdest Du meine ganze Liebe verlieren.«

»O Gott! so sehr sind Sie in den Schlingen dieser – Adelgunde – und ha – was fällt mir ein, Adelgunde hieß ja auch die Ahnfrau unseres Hauses, hören Sie, Vater, sie heißt auch Adelgunde, was sagen sie nun noch dazu?«

»Daß ich das längst weiß. Was ist aber da Schauerliches dabei? Es ist nur ein sonderbarer Zufall, weiter nichts.«

»So wäre es ein Zufall, daß man sie in der Capelle, dem Aufenthalt der Ahnfrau, in der verschlossenen Capelle gefunden, ein Zufall, daß sie ihr gleicht, als hätte sie ihrem Bilde gesessen, ein Zufall, daß sie heißt wie sie? O mein Vater, so überlegen Sie doch nur!«

»Schweige, wenn Du mich nicht erzürnen willst.«

Cosmus stand auf. Er fühlte zum ersten Male in seinem Leben den Zorn in sich mächtiger werden als seine Vernunft, und das seinem einzigen Kinde gegenüber! In diesem Augenblicke empfand er deutlich, daß er Adelgunden weit mehr liebe als seinen Sohn, und er hatte sie ihm aufgeopfert, und das war der Dank! Er verhüllte sein Antlitz und verließ im höchsten Schmerze die Gegenwart seines Sohnes.

Eine halbe Stunde darauf war Lothar aus dem Schlosse und wieder auf der Landstraße, zu Fuße zwar, denn er hatte unbeachtet entkommen wollen, aber mit dem festen Willen, nicht vor Morgen einzukehren. Nur in der weiten Entfernung von seines Vaters Hause dünkte ihm Heil und Trost zu liegen, und er schritt in die Nacht hinaus, als entfliehe er seinem ärgsten Feinde.


Siebentes Kapitel

Der Schauspieler.

Es war tiefer Spätherbst, und in den Kaminen des Schlosses Ingram brannten schon lustig die Buchenscheite. Beinahe alle Zimmer waren unbehaglich groß und kalt, nur ein kleines war im Schlosse, das graue Cabinet genannt, und das bewohnte jetzt Adelgunde.

Sie saß vor dem Feuer, bleich und hinfällig wie sie Lothar vor vier Wochen gesehen; sie hatte sich seitdem nicht erholt. Sein plötzliches Verschwinden, so wie der sichtbare Kummer des Freiherrn darüber beunruhigten sie zu sehr, um nicht schädlich auf ihre Herstellung einzuwirken – sie war nicht mehr eigentlich krank und doch recht elend. Ueberdem war ihr Lothar bei seiner kaum minutenlangen Gegenwart, trotz seinem kindischen Abscheu vor ihrem Anblick, so sehr zu seinem Vortheile verändert erschienen, daß sie seine Entfernung doppelt beklagte; denn sie war in diesen einsamen zwei Jahren zuletzt so weit gekommen, sich auf ihn zu freuen. Cosmus melancholische Gesellschaft war ja in dieser langen Zeit, außer ihren Büchern und ihrem Instrumente, ihre einzige Zerstreuung gewesen; sollte sie sich da nicht zuletzt nach ihres Gatten Gegenwart sehnen, der doch jung und heiter war, mochte er in ihren Augen auch noch so viele Fehler haben? Cosmus hatte ihr über Lothar's Verschwinden keine hinreichende Erklärung gegeben, er hatte nur gesagt: sein Sohn werde wiederkommen, wichtige Geschäfte hielten ihn für jetzt noch fern. Daran glaubte sie aber nicht.

Sie saß, den Kopf auf die schmale Hand gestützt, und überlief in Gedanken ihr noch so junges und doch so freudeloses Leben. Seitdem sie Lebens- und Characterschilderungen las, war ihr klar geworden, daß sie keine Kindheit gehabt, daß sie jetzt keine Jugend hatte – es fehlte ihrem Leben das, was der Blume die Sonne ist, die mütterliche Liebe. »O meine Mutter, wo bist Du,« seufzte sie leise, »liebst Du Dein Kind denn gar nicht?« Es verging kein Tag, wo nicht dieser Gedanke ihr Herz erfüllte.

Sie saß noch in tiefem schmerzlichem Sinnen verloren, als Cosmus bei ihr eintrat. Er war beinahe eben so krank wie Adelgunde, und nur die Rücksicht auf sie hielt ihn aufrecht. Er litt unendlich viel mehr, denn ihn peinigte die stechendste Reue, aus väterlicher Liebe Adelgunden aufgegeben zu haben. Er mußte sich sagen, daß sie mit ihm ein heiteres, glückliches Leben geführt haben würde. Als sie seine Braut noch war, hatte er sich vorgenommen gehabt, sie nach der Trauung nach Paris zu führen, damit sie die Welt sehe und ihres jungen Lebens froh werde. Lothar's Frau konnte natürlich nur von ihm selbst in die Welt eingeführt werden, und Cosmus blieb nichts anderes übrig, als ihr Gesellschaft einzuladen, was sich aber Adelgunde auf das Ernstlichste verbat; denn wenn die steifen, feierlichen Gesichter des benachbarten Adels sich in den großen Sälen des Schlosses zeigten, wurde ihr selbst dieser sonst so liebe Aufenthalt fremd und unheimlich.

Cosmus fühlte aber recht gut, welche traurige Existenz es für ein junges Mädchen, das aus dem Kloster kam, war, in einem verwitterten Landschlosse ganz allein auf die Gesellschaft eines alten Mannes und einer eben so alten Haushälterin beschränkt zu sein; er fühlte das schmerzlich, maß sich allein die Schuld dieses verfehlten Geschickes bei, und konnte es doch nicht ändern. Lothar's Ankunft und wie dann Alles gut werden solle, war bisher, trotz seiner eigenen nie erstorbenen Liebe zu Adelgunden, sein einziger Trost gewesen; nun fehlte ihm auch dieser, und als Uebermaß, das er nicht mehr zu tragen vermochte, kam der unsinnige Abscheu seines Sohnes vor der ihm mit tausend Schmerzen abgetretenen Braut hinzu.

Kaum hatte er sich bei Adelgunden niedergelassen, und beide mit Ueberwindung aller ihrer Schmerzen sich freundlich zugelächelt, als ein Bedienter eintrat und einen Fremden meldete. Der Mann sehe zwar abgerissen aus, behaupte aber, ein früherer genauer Bekannter des Barons zu sein.

Cosmus ging, etwas Unangenehmes erwartend, in sein Zimmer, und ließ den Fremden dorthin bescheiden.

Es war ein Mann von höchstens zwei und vierzig Jahren, aber ganz verkümmert und gealtert. Seine Züge, denen man ehemalige große Schönheit noch ansah, entbehrten alles geistigen Ausdrucks, seine Kleidung war alt und armselig, verrieth aber ein gewisses Bestreben, elegant zu sein.

»Verzeihen Sie, Herr Baron,« hub er mit hochtönender Stimme und einem gewissen Pathos an, welches das sicherste Zeichen mangelhafter Bildung ist: denn wirklich gebildete, geistig-vornehme Menschen werden nie in den Kathederton fallen oder jenes zweideutige Lob: ›er spricht wie ein Buch‹ verdienen. »Verzeihen Sie, Herr Baron, daß ich Sie störe, mein Besuch galt eigentlich Ihrer Frau Schwiegertochter, aber man sagte mir, daß sie krank sei und für Niemand zu sprechen – und so wagte ich denn –«

»Ganz recht; haben Sie vor allen Dingen die Güte, mir Ihren Namen zu nennen.«

»Manfred.«

»Manfred – ich kann mich wirklich nicht entsinnen.«

»Vielleicht ist Ihnen der Name meines Vaters erinnerlicher, den ich aber, weil er zu unästhetisch für den Stand eines Mimen klang, abgelegt habe. Früher nannte ich mich nach ihm, er hieß Schnauffer.«

»Schnauffer – Sie sind doch nicht –«

»Ja, ich bin!« Und mit steigendem Pathos fuhr er fort: »Ja, mein Herr Baron, ich bin, oder vielmehr ich habe die Ehre zu sein Ihr Schwager, der rechtmäßige Gemahl der Freiin Rosalia von Ingram zu Ingram, und der Vater Ihrer Frau Schwiegertochter, der Freifrau Adelgunde von Ingram zu Ingram, geborne Manfred-Ingram! – also eigentlich Ingram-Ingram, denn mein bescheidener Name kann ganz wegfallen, um allein dem erhabenen Namen ihrer Mutter Platz zu machen.«

»Sie – Sie Adelgundens Vater? das ist nicht möglich!«

»Warum nicht?« sagte Manfred, und ein gewisses großartiges Lächeln spielte um seine welken Lippen, »warum nicht?« – er dachte sich in diesem Augenblicke in die Rolle des Vaters der Griseldis »Griseldis« (1835) ist das erste veröffentlichte Drama des österreichischen Dichters Friedrich Halm (1806-71). Griseldis' Vater ist der Köhler Cedric, ihr Gatte Percival. Halm verlegt die dem »Decamerone« des Boccaccio entlehnte Handlung nach England in das Umfeld des sagenhaften Königs Artus., wie er ihrem stolzen Gatten gegenübertritt und die Rechte auf sein Kind geltend macht.

»Beweise, Beweise!« rief Cosmus zitternd.

Manfred griff in die Tasche seines Rockes, und holte einen großen verrosteten Schlüssel von eigenthümlicher Form hervor. »Kennen Sie diesen Schlüssel?«

»Ja, es ist ein Schlüssel zu den Seitenthüren der Capelle.«

»Ganz recht. Sie wissen, Herr Baron, daß jedes Mitglied Ihrer Familie einen solchen Schlüssel besaß, um zu jeder Stunde ungesehen in die Capelle gelangen zu können. Diesen Schlüssel nun nahm meine Gemahlin aus Pietät mit sich. Sie sagte: ›Wenn mir auch das Haus meiner Familie wegen meiner Flucht mit Dir verschlossen bleibt, so ist mir doch mein Gotteshaus immer zugänglich.‹«

»Erzählen Sie weiter, denn dieser Schlüssel erklärt mir nur eine Thatsache, wie Adelgunde in die verschlossene Kirche kam, also weiter – wo ist meine Schwester?«

»Rosalia ist todt, sie starb, als Adelgunde ein Jahr alt war. In ihrer letzten Stunde bat sie mich, das Kind nach Frankreich in ein Kloster zu bringen, und erst, wenn es erwachsen, Ihnen zu übergeben. Ihr eignes Vermögen, von dem ich nie einen Pfennig angerührt, reichte hin zum Kostgeld bis zu ihrem sechzehnten Jahre. Ich übergab mein Kind selbst der Äbtissin, um es erst hier auf deutschem Boden schlafend wiederzusehn. Ich brachte sie in Schleier gehüllt durch die Thüre, die auf das Feld geht, in Ihre Capelle, legte sie am Fuße des Altars nieder, und nachdem ich alle Kerzen angezündet, verließ ich die Capelle, den Schlüssel mit mir nehmend.«

»Aber warum brachten Sie nicht ganz einfach meine Nichte zu mir? Ich würde gewiß das Kind meiner armen Rosalie mit offnen Armen empfangen haben.«

»Erlauben Sie, mein Herr Baron: die Weise, die ich wählte, war besser, weil sie sicherer war.«

»Nein, nur theatralischer,« sagte Cosmus hart.

»Wenn auch, es war eben meine Weise, und dem Kinde konnte so nichts geschehen, ihre offenbare Unschuld mußte ihr Schutz sichern, überdem sprach schon ihr Taufname, als der der Ahnfrau dieses Hauses, für sie. Als sie geboren wurde, trug sie schon das auffallende Merkmal, die zusammengewachsenen Augenbrauen an der Stirne, deshalb, wegen der Aehnlichkeit mit der verstorbenen Adelgunde, gab ihr meine Gemahlin denselben Namen.

Ich wollte nie meine Rechte auf dies Kind geltend machen,« fuhr er fort, »sie sollte glücklich sein in der hohen Sphäre, welcher sie durch ihre Mutter angehörte, aber –« er stockte, seine Lippen zitterten –

»Ersparen Sie sich ein Geständniß, Herr Manfred, das Ihnen schmerzlich ist. Ich bin bereit, Alles für Sie zu thun, Ihre Zukunft sicher zu stellen, allen Ihren gerechten Wünschen zu genügen. Doch eine Bitte« – er trat näher auf den Schauspieler zu – »eine Bitte, die ich kaum vorzutragen wage, und an deren Gewährung meine Anerbietungen geknüpft sind, wird Ihnen schwer zu erfüllen werden, obgleich Sie bis jetzt aus freien Stücken in meinem Sinne gehandelt.«

»Ich errathe Sie: ich soll meinem Kinde mich nicht zu erkennen geben, soll fortgehen, ohne sie gesehen zu haben – das kann ich nicht! Früher wollte ich es freilich selbst, aber seitdem mich die Noth den Entschluß fassen ließ, mich an Adelgunden zu wenden, seitdem kann ich die Stunde nicht erwarten, wo ich endlich den Vaternamen von meinem einzigen Kinde hören werde.«

Dies hatte der Mann ohne Pathos gesprochen: der Vater, der sein Kind verlieren sollte, hatte den Schauspieler verdrängt.

Cosmus war gerührt, aber er sagte fest: »Es geht nicht.«

»Und ich kann auch nicht nachgeben, Herr Baron, das fühle ich deutlicher jede Minute. Behalten Sie Ihr Geld, mein Kind wird mich nicht darben lassen, und wenn sie auch nur über Weniges zu verfügen hätte – sie weiß dann doch, daß ich ihr Vater bin, ich kann sie zuweilen sehen, sie kann die Freude meines Alters sein.«

»Es geht nicht. – Aber hören Sie einen Vorschlag. Niemand kennt Sie hier. Lassen Sie sich im nächsten Dorfe nieder, besuchen Sie, so oft Sie wollen, Ihr Kind, wozu ich Ihnen Gelegenheit geben werde, aber geben Sie mir Ihr Wort, nie Adelgunden gegenüber sich zu verrathen; es würde nur einen Zwiespalt in ihre kindliche Seele werfen. Dies neue Verhältniß, welches sie von frühester Kindheit an nicht kannte und an dessen Entbehrung sie gewöhnt ist, würde, indem sie das traurige Leben ihrer Eltern erführe, einen Schatten mehr in ihr ohnehin so dunkles Leben werfen, aber nicht es aufklären, wie Sie zu glauben scheinen. – Ich vertraue Ihnen, denn Sie haben in der Art, wie Sie sich Alles versagt, um für Ihre Tochter zu sorgen, bewiesen, daß Sie ein Mann von Character sind – und ich ehre auf der andern Seite Ihre väterlichen Gefühle und möchte sie nicht gerne zu einer Quelle der Schmerzen werden lassen – wie sie es so oft bei andern Vätern ist!«

Manfred reichte ihm seine Hand, die ein schmuzziger, zerrissener Handschuh nur halb bedeckte.

»Ich schlage ein, Herr Baron: Sie handeln wie ein Edelmann, und ich werde handeln wie ein edler Mann.«

Sehr zufrieden mit diesem ihm sehr erhaben dünkenden Wortspiel wollte er sich weg begeben, als ihn Cosmus noch einmal zurückrief, um wegen seiner Niederlassung das Nöthige mit ihm zu verabreden.

Die Nacht darauf schloß der Freiherr kein Auge, und am folgenden Morgen schrieb er an seinen Sohn; den Inhalt kann man sich denken, und wir wollen deshalb nur hinzufügen, daß er Lothar auf das Ernstlichste aufforderte, sogleich zurückzukehren, da er sich selbst zu elend fühle, um ferner als Adelgundens Schutz und Trost dienen zu können. Er schloß mit den Worten:

»Da Dir nun das große Räthsel von Adelgundens Aehnlichkeit mit der Ahnfrau unseres Hauses gelöst ist, so kehre zurück, Du, dem es an wahrem Geisterglauben dennoch fehlt; Du, der wohl an die Geister der Erde, aber nicht an die Geister des Himmels, die Geister der Tugend, der Unschuld, der Vergeltung glaubt; kehre zurück, um beschämt vor ihr, der alle diese Geister unterthan sind, Abbitte zu leisten.«

Und Lothar kehrte zurück. Seine Gegenwart warf die letzten heitern Strahlen auf das schwindende Leben seines Vaters. An seinem Krankenlager umfing Lothar die blasse Adelgunde, und freute sich nun an der Aehnlichkeit mit der Ahnin des Hauses, da sie ihm die ächte verwandte Enkeltochter bezeugte.

Cosmus lebte noch einige Monate schwankend zwischen Schmerz und Freude, als er das Glück seiner Kinder sah – als er starb, weinten sie um ihn, und hätten sich doch seines Todes freuen sollen, denn er erlös'te ihn von einem Leben, das ihm nur noch Dornen und keine Rosen mehr bot.

Adelgundens Lieblichkeit gewann ihr bald das volle Herz ihres Gemahls, sie erlebten in innigen Austausch ihrer Herzen ein seltenes Glück – doch Beide behielten ewig ein Geheimniß vor dem Andern – er verschwieg ihr ihre Herkunft, sie ihm die Leibe seines Vaters zu ihr – in allem Andern waren sie ein Herz und eine Seele.


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